Referenten-Entwurf geleakt

Neues Bundeswaldgesetz: Massive Einschränkungen für Radler im Wald?

Foto zu dem Text "Neues Bundeswaldgesetz: Massive Einschränkungen für Radler im Wald?"
Bald nur noch mit starken Einschränkungen möglich? Gravelbiken im Wald | Foto: Sambuchli

26.11.2023  |  (rsn) - Eine Änderung des Bundeswaldgesetzes von 1975 ist schon länger angekündigt. Nun wurde der Redaktion des Fach-Portals forstpraxis.de der Referenten-Entwurf zugespielt, der mit 58 Seiten deutlich länger geriet als das noch gültige Gesetz, das mit elf Seiten auskommt. Die Forst- und Jagd-Lobby konnte hier zumindest teilweise ihre Forderungen in den Entwurf einbringen, die Aktivitäten von Fußgängern, Radfahrern und Reitern stärker zu regulieren.

Alarmierend für Waldnutzer wie Radfahrer, Wanderer, Spaziergänger und Reiter ist dabei vor allem der Paragraph 29, mit dem die Länder das Betreten und Befahren des Walds "aus wichtigem Grund" weitreichend einschränken können. Zudem soll laut Absatz drei "das Fahren mit betriebserlaubnisfreien Fahrrädern" nur noch "auf dafür geeigneten Wegen zulässig" sein.

Die Bundesländer haben dabei mehrere Möglichkeiten zur Einschränkung: Das Befahren regulieren sie durch die als “geeignet” eingestuften Wege; dabei haben sie erhebliche Interpretations-Spielräume in der Definition, was “geeignet” ist. Und Absatz vier bestimmt: "Die Länder können ferner das Betreten des Waldes aus wichtigem Grund einschränken." Wichtige Gründe sind dabei laut Entwurf unter anderen: die "Wald- oder Wildbewirtschaftung" und die "Wahrung anderer schutzwürdiger Interessen des Waldbesitzenden".

Digitales Aufzeichnen von Routen nur noch mit Zustimmung
Neu und verwirrend ist der sogenannte “Komoot-Paragraph” 33 der Referenten-Vorlage, der das digitale Aufzeichnen von Routen mit Outdoor-Apps wie Komoot und Strava nur noch mit ausdrücklicher Zustimmung des Waldbesitzers erlaubt. Zudem muss die Aufzeichnung von der zuständigen Forstbehörde genehmigt werden.

Heiko Mittelstädt, bei der "Deutschen Initiative Mountainbike" (DIMB) für politische Arbeit zuständig, ist von dem Entwurf "überrascht", wie er in einem Interview mit dem Schweizer MTB-Magazin "ride" sagte: "Wir sind Teil der etwa 2015 aufgekommenen Diskussion um die Waldnutzung, haben Stellungnahmen abgegeben und an Konferenzen teilgenommen. Wir haben erwartet, dass Ende 2024 der nächste offizielle Schritt des parlamentarischen Verfahrens stattfindet, die Verbandsanhörung. Und dann plötzlich das!"

"Der aktuelle Entwurf enthält drei Hauptpunkte, die nicht gut sind für Waldbesucher in Deutschland", so Mittelstädt: "Die Formulierung, dass nur auf geeigneten Wegen Rad gefahren werden darf. Zweitens dass die Bundesländer die Möglichkeit erhalten, Radfahren pauschal auf dafür ausgewiesene Wege zu beschränken, ohne dass 'wichtige Gründe' genannt werden müssen - wie es im aktuell gültigen Gesetz für das Erlassen von Befahrungsbeschränkungen noch nötig ist. Und schliesslich der 'Komoot-Paragraf', der verbietet, neue Wege digital zu markieren und auszuweisen."

Heiko Mittelstädt weiter: "Im Gesetzentwurf steht: 'Keine geeigneten Wege sind Feinerschließungs-Linien wie Rückegassen, Zugänge zu forstlichen und jagdlichen Infrastrukturen, Wildwechsel und Pirschpfade.' Heisst das, eine Forststrasse, an der sich ein Hochsitz befindet, darf nicht befahren werden? Was gilt, wenn ein Jäger sagt, ein bestimmter Weg sei sein Pirschpfad? Zum Rechtsfrieden werden solche Formulierungen nicht beitragen."

Weitreichende Ermächtigung für die Bundesländer
"Sehr bedenklich" findet Mittelstädt zudem, dass die Bundesländer mit dem neuen Gesetz deutlich einfacher restriktive Regelungen für Radler/innen erlassen können: "Hier muss für die Beschränkung kein 'wichtiger Grund' mehr vorliegen, so wie bisher. Im Extremfall führt das wie in Österreich dazu, dass Radfahren im Wald verboten wird, außer auf einzelnen dafür ausgewiesenen Wegen. Die weitreichende Länder-Ermächtigung ist eine Gefahr für den Sport, und sie widerspricht dem ursprünglich formulierten Gedanken, in allen Bundesländern eine einheitliche Regelung herbeizuführen."

Wohlgemerkt: Das Papier ist ein Entwurf, und er wird sicher noch für viele Diskussionen sorgen. Doch die Vorlage verdeutlicht auch die in den vergangenen Jahren gewachsene Spannung zwischen Waldnutzern und der Forst- und Jagd-Lobby. Man darf gespannt sein, wie sich das Ganze noch entwickelt.

Was halten Sie, geschätzte rsn-Nutzer/innen, von der Vorlage? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, wie immer an jedermann@radsport-news.com  Wir werden in einigen Tagen einen Überblick über Ihre Einsendungen veröffentlichen.

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