Universität entwickelt E-Rad, das zum Nutzer kommt - mit Video
Rollen bald selbstfahrende E-Bikes durch Magdeburg?
Von Stephan Schmidt und Katharina Vorwerk
Das selbstfahrende E-Bike der Universität Magdeburg kann über eine Smartphone-App zu einem beliebigen Standort gerufen werden, und sich nach Nutzung selbstständig in ein zentrales Depot zurückbewegen. | Foto: Harald Krieg/ Universität Magdeburg
16.10.2018 |
Ein Team aus Maschinenbauern, Informatikern, Logistikern und Umwelt-Psychologen der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg entwickelt seit Dezember 2017 ein autonomes E-Bike, das auf Anfrage selbstständig zum Nutzer navigiert. Ziel ist es, eine Rufbereitschaft autonomer Lastenräder in Magdeburg zu realisieren.
In wenigen Jahren soll dann eine Flotte von E-Bikes den öffentlichen und individuellen Nahverkehr ökologisch und ökonomisch wirkungsvoll ergänzen und in einem Bike-Sharing-System mit Ruf-Funktion im Umfeld des Universitäts-Campus Anwendung finden.
Über eine Smartphone-App lässt sich das Fahrzeug zu jedem beliebigen Standort rufen lassen, und bewegt sich nach Nutzung selbstständig in ein zentrales Depot zurück.
Den Fahrerinnen und Fahrern werden variabel konfigurierbare Aufsätze zur Verfügung stehen, mit denen sich einfache Lasten transportieren oder beispielsweise Kinder befördern lassen.
Ein Prototyp des E-Bikes wird derzeit im Magdeburger Straßenverkehr getestet.
Ausgestattet mit hochentwickelter Messtechnik,
erkennt das Lastenrad Bordsteine oder andere Verkehrsteilnehmer und kann analysieren, welche Sensorik bei welchen Witterungsbedingungen am besten geeignet ist.
Zeitgleich führen Umwelt-Psychologen Umfragen mit potenziellen Nutzern des ungewöhnlichen Fahrzeuges durch. „Besonders spannend ist für uns dabei, wie die Interaktion mit Passanten gestaltet werden kann und welche Faktoren sich auf die Akzeptanz des E-Bikes auswirken“, sagt Karen Krause vom Lehrstuhl für Umwelt-Psychologie der Universität Magdeburg.
Parallel dazu waren Gespräche mit Verkehrsplanern,
mit Vertretern des öffentlichen Nahverkehrs und Versicherungen nötig, um den Testlauf in der Magdeburger Innenstadt umzusetzen.
Eine der größten Herausforderungen des Projekts liegt in der fehlertoleranten Umgebungserfassung - also in der zuverlässigen Analyse, wo sich das Fahrrad in Bezug auf die intendierte Fahrspur befindet. Verstellen Hindernisse oder Personen den Weg, welche anderen Verkehrsteilnehmer sind aktuell relevant?
Diese Fragen müssen auch bei schwierigen Witterungsbedingungen
und in kniffligen Situationen sicher beantwortet werden können. "Es muss zudem sichergestellt werden, dass das Fahrzeug zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist", sagt Tom Assmann vom Institut für Logistik und Materialflusstechnik der Universität.
Diese Revolution in der urbanen Mikro-Mobilität macht eine Vielzahl ingenieurwissenschaftlicher, betriebswirtschaftlicher, sozial- und humanwissenschaftlicher Entscheidungen notwendig. So könnte beispielsweise eine effektive Streckenführung beispielsweise die Überquerung einer vielbefahrenen Straße ohne Ampel erfordern - was technisch, juristisch und wahrnehmungspsychologisch erhebliche Herausforderungen mit sich bringt.
Die beteiligten Wissenschaftler versprechen sich
dennoch langfristig sinkende Unfallzahlen, steigenden Komfort und eine höhere Effizienz des Verkehrs. Schon ab 2020 könnte Magdeburg damit zum Vorreiter bei der Nutzung kleiner, umweltverträglicher autonomer Fahrzeuge werden.
Selbstfahrende Fahrräder, die sich auf dem Breiten Weg eigenständig zwischen Hauptbahnhof und Uni-Campus bewegen, gehören dann vielleicht ganz selbstverständlich zum Stadtbild Magdeburgs.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und ist in das Forschungs-Projekt "Netzwerk kooperative Systeme" (NekoS) eingebunden.
Stephan Schmidt,
Dr.-Ing., ist Inhaber der Junior-Professur "Autonome Fahrzeuge" am Institut für Mobile Systeme der Fakultät für Maschinenbau an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.
Katharina Vorwerk,
M.A., ist Pressesprecherin der Universität Magdeburg.