Vuelta-Kolumne - Das Graue Trikot

Rebellin reloaded

Von Guido Scholl

Foto zu dem Text "Rebellin reloaded"

Davide Rebellin (Gerolsteiner) auf der 8. Etappe der Vuelta a Espana.

Foto: ROTH

09.09.2008  |  Bei der Vuelta entwickelt sich ein geradezu epischer Kampf um das Trikot des besten Ãœ35-Fahrers. Davide "Tintin" Rebellin hat nach der Schlappe am Pla de Beret zum Gegenschlag ausgeholt und Chechu Rubiera aufs Neue distanziert. Der neue und (ganz) alte Führende hat damit das Graue Trikot wieder fest im Griff.

Da sah es für einen Tag so aus, als würde Tintin dem Ansturm des Kletterspezialisten Rubiera nicht mehr lange Stand halten können - und schon spuckt der Vulkan aus der Eifel Feuer in Richtung seines spanischen Widersachers. So oder so ähnlich hätte wohl Klaus Angermann (in Fankreisen "Mikro-Gott" ... das Gegenteil von "Makro-Gott"? ... genannt) den Schlagabtausch zwischen den beiden Alt-Alt-Stars kommentiert. Nüchtern ausgedrückt, ist Tintin heute zum ernsthaften Widersacher Rubieras geworden.

Die gut sieben Minuten, die er nun vor dem Astana-Mann liegt, könnten ein wichtiges Polster für den Alto de l'Angliru sein. Bei genauerer Betrachtung könnte die Befürchtung der Rebellin-Fans, er sei dem ultra-steilen Angliru möglicherweise nicht gewachsen, völlig unangebracht sein. Man nehme das Jahr 1999, als am Angliru vorn der Kampf zwischen Chaba Jimenez, Pavel Tonkov und Roberto Heras tobte. Gar nicht weit dahinter kam zwar zuerst Rubiera als Achter ins Ziel. Auf Platz neun folgte aber bereits - Tintin. Er lag gerade mal 15 Sekunden hinter dem damaligen Kelme-Fahrer zurück.

Direkt nach Rebellin kamen Igor Galdeano, Roberto Laiseka und Santiago Blanco an - allesamt keine Leichtmatrosen im Gebirge. Das war auch so ziemlich die letzte Großtat Rebellins an den ganz schweren Bergen. Umso mehr ist zu wünschen, dass Ende dieser Woche eine Art "Rebellin reloaded" vonstatten geht. Der Angliru, der in Radsport-Europa eine hysterische Suche nach dem schwersten per Rad zu erklimmenden Anstieg begründete, die bis heute nicht beendet, höchstens unterbrochen scheint, ist wohl der Scharfrichter nicht nur der "normalen Vuelta", sondern auch der Ü35-Wertung.

Zeit für einen Rückblick. Vor neun Jahren, als der Angliru - Vorgänger von Zoncolan, Kronplatz und Rettenbachferner - erstmals auf dem Routenplaner der Radprofis auftauchte, waren eine ganze Reihe jetziger Ü35-Fahrer noch Jungspunde im besten Radsport-Alter und bereits bei der Vuelta dabei. Bester der heutigen Grauen war Rubiera, wie erwähnt 15 Sekunden vor Rebellin. 13:10 Minuten hinter Chechu kam Inigo Cuesta ins Ziel. (An dieser Stelle sei erwähnt, dass Cuesta gestern bei der Analyse übersehen wurde. Er ist derzeit Dritter der Senioren-Wertung, nicht Ete Zabel) Txente Garcia Acosta büßte vor neun Jahren 22:03 Minuten ein. Die anderen Fünf der Ü35-Rangliste haben damals gekniffen. Oder sie haben kein drittes Kettenblatt mehr ergattern können. Wie auch immer.

In diesem Jahr gibt's kein Kneifen. Alle müssen hinauf. Und während Rubiera, Rebellin und Cuesta sich belauern werden, bietet sich die Gelegenheit für einen anderen Grauen Wolf, die Beute zu schnappen. Ich tippe auf Gorazd Stangelj. Bisher fragt man sich, was er in Spanien verloren hat. Seine Unschuld? Sein Portemonnaie? Sein Gedächtnis? Oder einfach die Orientierung? Nichts davon.

Er hat bisher Altersschwäche vorgetäuscht, weil er alles auf die Karte Angliru setzt. Dort will er punkten. Und ungefähr eine Stunde auf die jetzt Führenden gutmachen. Gewagte Taktik, stimmt. Aber wenn man erstmal so alt ist, wie Stangelj aussieht, dann hat man eh alles gesehen und geht ungewöhnliche Wege. Und heute hat Stangelj so ziemlich erstmals überhaupt bei der diesjährigen Spanienrundfahrt keine Zeit aufs Hauptfeld verloren. Er nimmt also Tempo auf. Es bleibt spannend.

SN-Wertung Graues Trikot:

1. Tintin Rebellin
2. Chechu Rubiera + 7:15
3. Inigo Cuesta + 12:14
4. Ete Zabel + 37:04
5. Jose-Luis Arrieta + 43:34
6. Michi Blaudzun + 43:48
7. Bingen Fernandez + 58:51
8. Txente Garcia Acosta + 1:09:09
9. Gorazd Stangelj + 1:16:05

Etappensiege "Grau": Tintin (4), Ete (2), Blaudzun (1), Rubiera (1)

Mehr Informationen zu diesem Thema

21.09.2008Rubiera zieht durch

Chechu Rubiera ist der Gewinner des Grauen Trikots bei der 63. Spanien-Rundfahrt. Mit knapp einer halben Stunde Vorsprung auf seinen ärgsten Widersacher, Inigo Cuesta, hat sich der 35-jährige vom Te

21.09.2008Chechu vor Cuesta

Die beiden Stärksten der Ü35-Wertung in der diesjährigen Spanien-Rundfahrt haben gestern bei der letzten harten Prüfung ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen gezeigt. Der Zweitplatzierte der Wertung

20.09.2008Blaudzun oder Bergziege?

Nicht nur für Alberto Contador und Levi Leipheimer geht es heute am Alto de Navacerrada um die sprichwörtliche Wurst. Auch die acht verbliebenen Ü35-Fahrer kämpfen um die finalen Platzierungen. Da

19.09.2008Lehrstunde für Jungspunde

Kurz vor Toresschluss zeigen die alten Hasen den jüngeren Kollegen bei der Spanienrundfahrt, was das Wort Ausdauer bedeutet. In der gestrigen 18-Mann-Fluchtgruppe befanden sich mit Inigo Cuesta und J

18.09.2008Franzosenschreck vor

Armer Ete. Da wollte Zabel gestern in Valladolid die Scharte des elften Platzes von Zamora auswetzen, und dann ereilt ihn vier Kilometer vorm Ziel das Platten-Pech. Gut, dass er es mit viel Einsatz no

16.09.2008Arriba Arrieta!

Auf dem Papier scheint Chechu Rubiera bereits so gut wie sicher Madrids Mann in Grau zu sein. Doch leicht wird es für ihn bestimmt nicht, das Ü35-Trikot zu verteidigen. Das hat die gestrige Etappe g

15.09.2008Schwarzer Tag für Grau

Da waren´s nur noch acht - ein schwarzer Tag für das Graue Trikot. Dessen Träger Davide Rebellin ist aus der Spanien-Rundfahrt ausgestiegen. Er will sich gezielt auf die WM vorbereiten. Einerseits

14.09.2008Rey-bellin regiert weiter

Davide Rebellin hat´s geschafft. Als Bester der Ü35-Wertung hat er sich seit gestern endgültig seines Spitznamens Tintin entledigt. Seit der Ankunft am mythischen Angliru heißt Tintin, zumindest i

12.09.2008Streik beendet

Der zweitägige Streik in der Ü35-Wertung der Vuelta ist beendet worden. Und zwar mit einem Paukenschlag. Um ein Haar hätte Tintin Rebellin, der Tagesbeste der Senioren, sogar den Etappensieg der "o

11.09.2008Pummelchen gesucht

Keine Veränderungen in der Ü35-Wertung der Vuelta. Alle Senioren kamen zeitgleich ins Ziel der 11. Etappe, Ete Zabel hat nach seinem vierten Grauen Tagessieg gleichgezogen mit Davide Rebellin. Der W

10.09.2008Der Lenz ist schon wieder da

Nur geringfügige Verschiebungen in der Ü35-Wertung auf dem 10. Abschnitt der Spanienrundfahrt. Schade eigentlich, dass Sebastien Hinault nicht ein paar Monate früher zur Welt gekommen ist. Dann wä

08.09.2008Das Duell: Tintin vs. Chechu

Welch eine Spannung gestern im Anstieg zum Pla de Beret! Am Ende geriet der Kampf ums Graue Trikot zum Sekundenspiel. Das bessere Ende behielt Tintin Rebellin für sich - 21 Sekunden seines Vorsprungs

Weitere Radsportnachrichten

26.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

26.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Brandon McNulty (UAE Team Emirates) hat das Einzelzeitfahren der 77. Tour de Romandie gewonnen. Der US-Meister in dieser Disziplin benötigte für den 15,5 Kilometer langen Parcours rund um

26.04.2024Helferrolle bei der Vuelta: Vorjahresfünfte Bauernfeind kränkelt

(rsn) – Im vergangenen Jahr hat eine Deutsche bei der Vuelta Espana Femenina die Weltspitze überrascht und ist bei den Bergankünften am Mirador de Penas Llanas und an den Lagos de Covadonga mit de

26.04.2024Teutenberg büßt Führung ein, peilt nun aber Gesamtwertung an

(rsn) - Auf der 2. Etappe der Tour de Bretagne (2.2) hat Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) das hellgrüne Trikot des Gesamtführenden abgeben müssen. Der 21-Jährige aus Mettmann, der

26.04.2024Bike Aid nach Türkei-Königsetappe “etwas enttäuscht“

(rsn) - Aufgrund der starken Leistungen an den ersten fünf Tagen und der guten Ausgangssituation für die Kletterer im Team ging Bike Aid optimistisch in die Königsetappe der Türkei-Rundfahrt (2.P

26.04.2024McNulty gewinnt Zeitfahren, Teamkollege Ayuso holt Gelb

(rsn) – 142 Fahrer lang musste Brandon McNulty (UAE Team Emirates) warten, ehe er endgültige Gewissheit darüber hatte, dass ihm seine 20:06 Minuten für das 15,5 Kilometer lange Zeitfahren auf der

26.04.2024Vermeersch von Lotto - Dstny zum UAE Team Emirates?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

26.04.2024Van den Broek nach Sieg auf Königsetappe neuer Spitzenreiter

(rsn) – Mit seinem Sieg auf der Königsetappe hat Frank van den Broeck (dsm-firmenich – PostNL) die Führung im Gesamtklassement der 59. Türkei Rundfahrt (2.Pro) übernommen. Der 23-jährige Nie

26.04.2024Die Startliste des Einzelzeitfahrens der Tour de Romandie

(rsn) – Der Belgier Stan Van Tricht (Alpecin – Deceuninck) eröffnet um 14.24 Uhr das Einzelzeitfahren der 77. Tour de Romandie, bei dem rund um Oron 15,5 Kilometer auf dem Programm stehen. Die S

26.04.2024Türkei: Van Poppel zur Königsetappe nicht mehr angetreten

(rsn) – Danny van Poppel (Bora – hansgrohe) ist nicht mehr zur Königsetappe der Türkei-Rundfahrt angetreten. Wie sein Team auf X meldete, haben sich der Niederländer am Morgen unwohl gefühlt.

26.04.2024Vollering, ´ELB´ & Niewiadoma kämpfen um erste GT der Saison

(rsn) – Die erste Grand Tour der Saison beginnt nicht erst am 4. Mai in Italien, sondern bereits am Sonntag in Valencia. Zugegeben: Die Vuelta Espana Femenina (28. April - 5. Mai) ist keine dreiwöc

26.04.2024Evenepoel nach schwerem Sturz auf dem Weg zurück

(rsn) – Drei Wochen nach seinem schweren Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt hat Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) erstmals wieder im Freien trainiert. Wie der Zeitfahrweltmeister auf der Train

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)