Wie war das noch mit den Kapitäns-Trios?

Jumbo - Visma gegen Ineos: 1:0 für Primoz Roglic

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Jumbo - Visma gegen Ineos: 1:0 für Primoz Roglic"
Primoz Roglic (Jumbo - Visma) gewann die Schlussetappe der Tour de l´Ain und holte den Gesamtsieg - beides vor Egan Bernal (Ineos) und Nairo Quintana (Arkéa - Samsic). | Foto: Cor Vos

09.08.2020  |  (rsn) - Seit Monaten ist es das große Thema im Radsport: Jumbo - Visma will Ineos, das sieben der letzten acht Frankreich-Rundfahrten gewonnen hat, bei der Tour de France herausfordern und hat dafür aufgerüstet. Beide Teams sollen drei potentielle Gesamtsieger ins Rennen schicken. Das Aufeinandertreffen der Supermächte. Zwei ebenbürtige Kapitäns-Trios gegeneinander. Bernal-Thomas-Froome vs. Roglic-Kruijswijk-Dumoulin.

Nun sind es noch drei Wochen bis zum Tour-Start am 29. August in Nizza, und die ersten Kurz-Rundfahrten nach der Corona-Pause haben einen klaren Verdacht offenbart: Anstatt ein 3 vs. 3 könnte es im September auch einfach ein 1 vs. 1 mit extrem prominenten Edelhelfern werden. Denn Primoz Roglic (Jumbo - Visma) und Egan Bernal (Ineos) schienen ihren Teamkollegen bei der Tour de l'Ain mehr als nur einen Schritt voraus zu sein, und die wiederum ordneten sich schon jetzt sehr bereitwillig als Arbeitstiere unter.

Roglic war im Jura über jeden Zweifel erhaben. Der Slowene gewann zwei der drei Etappen und ganz souverän auch die Gesamtwertung, während Bernal nach seinem ebenso souveränen Route d'Occitanie-Gesamtsieg - dort in Roglic's Abwesenheit - nun etwas wackelte.

Bernal wackelt, oder doch nicht?

Allerdings konnte man angesichts des Antritts von Bernal auf dem Schlusskilometer des Grand Colombier am Sonntag auch den Eindruck bekommen, Bernal habe auf den Kilometern zuvor, als er etwas Probleme zu haben schien, einfach nur geblufft.

Jedenfalls hatte Bernal bereits am Samstagabend, nachdem er zum ersten Mal von Roglic geschlagen worden war, gesagt: "Es war eine wirklich gute Etappe für uns." Er schien zufrieden damit, zwar gegen den explosiveren Roglic im Schlussspurt verloren, insgesamt aber bis zum Ziel bei den Besten gewesen zu sein - während Froome und Thomas vorher für ihn gearbeitet hatten. Die interne Hierarchie unterstrichen zu haben, könnte man aus Bernals Sicht schließlich auch als 'gut' beschreiben.

Roglic: "Wir sind positiv überrascht, wie stark wir als Team schon sind"

Und Roglic? Der wählte am Samstag sogar das Wort 'perfekt' und lobte nach beiden Bergetappen sein Team für die tolle Arbeit. "Ich bin froh, dass ich es dann vollenden konnte", sagte er außerdem. Tom Dumoulin, Steven Kruijswijk und natürlich der ohnehin voll auf Helferdienste gepolte George Bennett fuhren ganz offensichtlich voll für den Slowenen, wobei Kruijswijk sich noch am ehesten hatte schonen dürfen.

"Wir sind positiv überrascht davon, wie stark wir als Team schon sind. Nach so einer langen Pause weiß man nie genau, wo man steht. Aber soweit scheinen wir auf einem ordentlich hohen Level zu sein", freute sich Roglic darüber, dass das Gelb der niederländischen Supermarktkette Jumbo in der Favoritengruppe stets dominanter war als das Dunkelrot von Ineos.

Dumoulin: "Ich hatte keine sehr guten Beine"

Entsprechend offen ging man bei Jumbo - Visma auch allgemein mit den Kräfteverhältnissen um. Dumoulin etwa, der auf der 1. Etappe im Finale Roglic den Sprint anzog, gab am Samstag zu, sich nicht allzu gut gefühlt zu haben und tauschte deshalb mit Bennett die Rolle, übernahm einen früheren Turn beim Tempobolzen und scherte dann auch früher aus als geplant.

"Ich hatte gestern keine sehr guten Beine, es fühlt sich nach der langen Pause noch etwas seltsam an", gab er mit Blick auf 420 Tage ohne Renneinsatz zu, bevor er am Sonntag dann aber erneut vor Bennett und Kruijwijk die Segel streichen musste und somit nur die Nummer vier bei Jumbo - Visma war, was aber immer noch zu Rang acht reichte. Kruijswijk präsentierte sich an beiden schweren Jura-Tagen stark, aber eben ein Level unter Roglic und Bernal - und Bennett übertraf die Erwartungen als stärkster reiner Helfer im Feld sogar nocht.

Froome so leidend wie selten - oder?

Die größten Fragezeichen stehen nach der Tour de l'Ain weiterhin hinter den Namen Froome und Thomas. Beide spannten sich im Jura voll für Bernal ein und nahmen danach konsequent die Beine hoch - am Samstag Froome früher, am Sonntag Thomas früher.

Bauke Mollema (Trek - Segafredo) ließ sich am Samstag zu der Aussage hinreißen, Froome rechne er "nicht mehr mit zu den Favoriten" für den Tour de France-Sieg - und mit dieser Einschätzung ist er derzeit wohl alles andere als allein. Immerhin sah man Froomes Gesicht auch am Sonntag am Ende seines Arbeitseinsatzes für Bernal so schmerzverzerrt wie selten in den letzten acht Jahren. Allerdings gibt es auch mit Blick auf den vierfachen Tour-Sieger weiterhin Stimmen, die glauben, dass seinerseits derzeit bewusst tiefgestapelt wird.

Thomas legt noch keine Karten auf den Tisch

Und Thomas? Der scheint sich ganz unaufgeregt im Schatten des Geredes um Bernal und Froome wohlzufühlen, testete sich am Wochenende hier und da - am Samstag beispielsweise mit einem kurzen Antritt, bevor die Favoritengruppe endgültig zerfiel und auch er sich zurückfallen ließ - und rollte an beiden Tagen dann jeweils mit großem Rückstand ins Ziel.

Der Ineos-Fahrer, der am Wochenende abgesehen von Bernal am längsten vorne mitfuhr, war Jonathan Castroviejo. Und der Spanier hätte teilweise auch noch schneller gekonnt oder gewollt, wurde dann aber vom Tour-Sieger zurückgepfiffen und besprach sich immer wieder mit Bernal. Die Abstimmung schien bei Ineos noch nicht so gut zu funktionieren wie bei Jumbo - Visma - aber auch das könnte Teil eines großen Theaterspiels gewesen sein.

Am Mittwoch geht es in den nächsten Akt - dann auch mit Buchmann

Den nächsten Akt bietet ab Mittwoch das Critérium du Dauphiné - dann auch zusätzlich zum Tour de l'Ain-Starterfeld um Nairo Quintana (Arkéa - Samsic), Guillaume Martin (Cofidis), Daniel Martin (Israel Start-Up Nation), Mollema und Richie Porte (beide Trek - Segafredo) und Fabio Aru (UAE Team Emirates) auch noch mit Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step), Thibaut Pinot (Groupama - FDJ), Rigoberto Uran und Sergio Higuita (beide EF Pro Cycling), Miguel Angel Lopez (Astana), Mikel Landa (Bahrain McLaren), Romain Bardet (Ag2r) und Emanuel Buchmann (Bora - hansgrohe) im Peloton.

Der Ravensburger war am Wochenende übrigens ebenfalls bereits in den Alpen unterwegs und hat sich die entscheidenden Bergetappen der Tour angesehen - darunter auch jene zum Grand Colombier, nur eben nicht wie das Teilnehmerfeld der Tour de l'Ain im Renntempo.

Mehr Informationen zu diesem Thema

10.08.2020Finale der Schlussetappe der Tour de l´Ain im Video

(rsn) - Primoz Roglic (Jumbo - Visma) hat am Grand Colombier auch die 144,5 Kilometer lange 3. Etappe der Tour de l´Ain gewonnen und sich damit überlegen den Gesamtsieg der dreitägigen Rundfahrt ge

09.08.2020Tour de l´Ain: Roglic kontert Bernal und holt auch die Schlussetappe

(rsn) - In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour.Tour de

09.08.2020Mollema: “Ich rechne Froome nicht mehr mit ein“

(rsn) - Bauke Mollema (Trek - Segafredo) ist eine der positiven Überraschungen nach der Corona-Pause. Der 33-Jährige, der die Saison 2019 mit Siegen bei Il Lombardia und dem Japan Cup bereits stark

09.08.2020Vorschau auf die Rennen des Tages / 9. August

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

08.08.2020Highlight-Video der 2. Etappe der Tour de l´Ain

(rsn) - Nachdem er sich zum Auftakt der Tour de l’Ain (2.1) noch mit Rang zwei hatte begnügen müssen, schlug Primoz Roglic (Jumbo - Visma) auf der 2. Etappe der Kurzrundfahrt zu. Der Slowenische M

08.08.2020Tour de l`Ain: Roglic macht es besser als zum Auftakt

(rsn) - Mit seinem Gesamtsieg bei der Route d’Occitanie präsentierte sich Egan Bernal (Ineos) in der vergangenen Woche bereits in beeindruckender Form. Am Samstag fand der Tour-de-France-Gewinner a

08.08.2020Tour de l´Ain: Roglic lässt Bernal keine Chance

(rsn) - In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour. Tour d

08.08.2020Tour de l`Ain: Jumbo - Visma setzt gegen Ineos erste Duftmarke

(rsn) – Der Auftakt der Tour de l`Ain (2.1) hat bereits einen Vorgeschmack auf das erwartete Duell der Teams Ineos und Jumbo – Visma bei der kommenden Tour de France gegeben. Beide Mannsschaften s

08.08.2020Vorschau auf die Rennen des Tages / 8. August

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

07.08.2020Tour de l´Ain: Bagioli bezwingt offensiven Roglic auf letzten Metern

(rsn) - In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour. Tour d

07.08.2020Klären sich an diesem Wochenende schon wichtige Tour-Fragen?

(rsn) - Die Tour de l´Ain ist eigentlich kein großes Rennen. Mit der UCI-Kategorie 2.1 ist das dreitägige Etappenrennen im französischen Jura lediglich drittklassig - auch wenn Lokalmatador Thibau

07.08.2020Vorschau auf die Rennen des Tages / 7. August

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2025Pogacar verdankt Niederlage gegen Vingegaard viel

(rsn) – Als Tadej Pogacar 2019 die Tour de l’Avenir (2.2Ncup) gewann, war er in seinem zweiten U23-Jahr Teil des Drittdivisionärs ROG – Ljubljana. In einer – nachträglich kann man das nicht

25.12.2025Auf Trainingsgruppe schießender Autofahrer festgenommen

(rsn) – Drei Tege nachdem die Trainingsgruppe des Drittdivisionärs S.C. Padovani Polo - Cherry Bank im Etschtal aus einem fahrenden Auto heraus aus nächster Nähe beschossen wurde, wurde der mutma

25.12.2025Baroncini: “Ein Wunder, dass ich noch lebe und sehen kann“

(rsn) – Am 6. August stürzte Filippo Baroncini (UAE – Emirates – XRG) bei der Polen-Rundfahrt (2.UWT) schwer. Er wurde in ein künstliches Koma versetzt und es wurde um sein Leben gefürchtet.

25.12.2025In Chongming um den WorldTour-Sieg gebracht

(rsn) – Zum dritten Mal in ihrer Karriere eroberte Kathrin Schweinberger (Human Powered Health) das Trikot der Österreichischen Meisterin, nachdem sie sich im Burgenland aus einer frühen Gruppe he

25.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

24.12.2025Saisonziel erster Profisieg schon früh im Jahr erreicht

(rsn) – Fabio Christen stammt aus einer radsportbegeisterten Familie. Der ältere Bruder von Jan Christen (UAE Emirates – XRG) hat bei Q36.5 Pro Cycling seine sportliche Heimat gefunden und ver

24.12.2025Thomas: “Oscar passt perfekt zu diesem Projekt“

(rsn) – Nach offensichtlich wochenlangen Verhandlungen haben sich Picnic - PostNL und Ineos Grenadiers über einen vorzeitigen Wechsel von Oscar Onley geeinigt. Wie beide Teams bestätigen, wird der

24.12.2025In einem Bilderbuchjahr “mich immer wieder selbst überrascht“

(rsn) – Wenn man dem Begriff ´Beständigkeit´ im deutschen Profiradsport in den letzten Jahren einen Namen geben sollte, dann sicherlich den von Franziska Koch (Picnic – PostNL). Mittlerweile g

24.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

24.12.2025Powless auch weiterhin mit EF auf Klassikerjagd

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

23.12.2025Del Grosso schlägt van Aert in Heusden-Zolder im Sprintduell

(rsn) – Tibor del Grosso (Alpecin – Deceuninck) hat in Heusden-Zolder seinen ersten internationalen Profisieg im Cross gefeiert. Bei der Superprestige war er im Sprintduell schneller als Wout van

23.12.202517.600 Fans beim Comeback: Hofstade reif für eine WM?

(rsn) – Erstmals seit 17 Jahren wurde in Hofstade wieder ein Crossrennen ausgetragen – und die Rückkehr in den Kalender war ein voller Erfolg. Nach Angaben der Veranstalter sahen 17.600 Zuschauer

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)