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08.02.2016 | (rsn) – Nach seinem perfekten Saisoneinstieg bei der Dubai Tour traf radsport-news.com auf einen entspannten und glücklichen Marcel Kittel. Im Interview sprach der Erfurter über seine Gefühle nach den frühen ersten Saisonsiegen, über sein neues Team Etixx-Quick-Step und über den Reiz, den der Radsport auf ihn ausübt.
Marcel Kittel, Glückwunsch zum Gesamtsieg. Wie war es nach all den Seuchenmonaten zuvor, jetzt wieder auf dem Siegerpodium zu stehen. Verlernt man, wie sich das anfühlt?
Marcel Kittel: Die Erinnerung verblasst schon ein bisschen. Und auf jeden Fall weiß man es dann zu schätzen, wenn man wieder die Erfahrung macht.
Wie groß ist die Erleichterung über den geglückten Saisonstart?
Kittel: Ich bin superglücklich. Klar, da war Druck, da war eine hohe Erwartung, auch von mir selber, auch eine Ungewissheit nach dem letzten Jahr. Und ich selber wusste auch nicht so recht, wo wir jetzt als Mannschaft stehen, wie gut die Abläufe gleich funktionieren. Ich wusste, dass ich zwar fit bin, aber es hätte auch viel schief gehen können. Mit so einem Sieg zu starten, ist auch wichtig, zum einen für das Team, um Vertrauen zu gewinnen in den neuen Sprinter, und umgekehrt natürlich auch für mich, dass ich das Vertrauen in die Mannschaftbekommen. Ich glaube, das war für uns alle ein ganz wichtiger Start.
Wie sind Sie mit dem Druck, gleich etwas zeigen zu wollen und es auch zu müssen, umgegangen? Wenn der Sieg auf sich hätte warten lassen, hätte man sich unschwer all die Kommentare ausdenken können...
Kittel: Ach, meine Erfahrung von letzten Jahr ist, dass ich keinem anderen etwas beweisen muss außer mir selbst. Deshalb habe ich mir persönlich hohe Ziele gesteckt. Ich will wieder an meine alten Stärken anknüpfen und mich glücklich machen mit dem, was ich tue. Ich habe gemerkt, wenn man ein Jahr ausfällt, dann landen auf dem Handy viel weniger Nachrichten. Jetzt ist das wieder anders. Ich habe darüber eine Gelassenheit entwickelt, die mir auch hier in Dubai geholfen hat.
Ist das nun angenehmer, wenn das Handy mal ruhig ist, oder sind doch die Siege schöner?
Kittel: Zu sprinten und dieses besondere Gefühl im Zielsprint zu haben, das macht für mich den Reiz dieses Sports aus. Das sind die Emotionen, für die ich da bin, egal, ob sie positiv oder negativ sind. Aber das ist das, was ich kann. Und das will ich nicht vermissen. Und es ist schwierig, wenn das weg ist.
Ihre Position im neuen Team ist jetzt eine andere. Bei Giant-Alpecin haben Sie angefangen, sind gewachsen und das Team ist auch dank Ihnen gewachsen. Zu Etixx-Quick-Step kommen sie als ein Star, allerdings auch in ein Team, das selbst schon einiges erreicht hat. Was ändert das für sie?
Kittel: Klar, ich bin jetzt in einer Mannschaft, die im letzten Jahr über 60 Siege geholt hat, und das nicht nur mit ein oder zwei Fahrern, sondern mit einer unglaublichen Breite. Jetzt bin ich der Neue und habe den Druck. Ich bin der Sprinter und ich muss die Siege holen. Aber der Rennstall ist im Umgang mit den Fahrern sehr professionell. Man spürt den Druck nicht so. Ich spüre vielmehr von allen die Bereitschaft, für große Ziele zu arbeiten. Man hat schon hier in Dubai gesehen, wie hoch das Level dieser Mannschaft ist. Wir versuchen uns da auch immer weiter zu pushen. Und andererseits ist es gut zu wissen, dass dann, wenn es einmal nicht so gut laufen sollte, noch vier, fünf andere Jungs da sind, die Rennen gewinnen können. Das ist eine unglaublich gute Erfahrung.
Haben Sie als Neuer auch irgendeine Bewährungsprobe bestehen müssen, eine Art Aufnahmneritual?
Kittel: Ich bin da ganz gut drum herumgekommen. Ich habe gehört, so etwas gab es in den letzten Jahren. Aber dieses Jahr hat es nicht so gut gepasst. Da habe ich Glück gehabt. Wir haben uns voll aufs Training konzentriert und mir ist nichts Schlimmes passiert.
Das klingt nach Respekt vor den Etixx-Ritualen. Was erzählt man sich da von früher?
Kittel: Ich glaube, das war meistens bei den Teamtreffen. Da hat man ein Wochenende gemeinsam verbracht und die Jungs sind zusammen weggegangen. Und natürlich gab es für die Neuen dann noch den einen oder anderen Schnaps extra. Das ist ja in vielen Gruppen und zeigt, wie gut die Atmosphäre ist, auf dem Rad, aber auch abseits davon.
Sie sollen höllisch viel trainiert haben im Winter. Bei Etixx war man jedenfalls schwer beeindruckt und auch in anderen Teams haben die belgischen Rennfahrer voller Respekt von Ihrem Training erzählt. Was haben Sie da gemacht?
Kittel: Ich habe mir auf jeden Fall das Ziel gesetzt, im Winter nichts liegen zu lassen und mich voll aufs Training zu konzentrieren, auch gesundheitlich stabil zu bleiben und mit dem Team gut zu arbeiten. Aber generell haben in diesem Winter alle Profis gut trainiert, weil das Wetter so gut war. Und für mich persönlich war das auch eine neue Erfahrung mit den Belgiern: Die fahren immer Kette rechts, auch im Training. Das war ich vorher so nicht gewohnt. Da musste ich mich umstellen. Das hat auch weh getan am Anfang. Aber am Ende sind das auch neue Reize für den Körper. Und ich bin froh, dass ich im Training einen neuen Schritt gemacht habe. Und ich glaube, deswegen habe ich auch einen super Start ins neue Jahr.
Fast noch mehr als Ihre beiden Sprintsiege hier in Doha hat ja Ihre Performance auf dem Anstieg nach Hatta Dam beeindruckt, als Sie Klassiker-Cracks wie Fabian Cancellara und Philippe Gilbert nicht vom Rad wichen. Haben wir hier einen neuen Marcel Kittel entdeckt, ein Klassiker-Talent gar?
Kittel: Ich muss dazu sagen, 2011 bei der Vuelta gab es auch eine Etappe, bei der ich den Sprint des Feldes gewonnen habe, obwohl es ganz schön bergauf ging. Ich wusste also, ich kann so etwas. Aber es ist natürlich immer schön, so einen rauszuhauen und zu zeigen, was man drauf hat. Ich weiß aber auch, wo mein Limit ist. Das hat an diesem Tag gepasst.
Macht Hatta Dam nicht aber doch Lust auf Klassiker, auf Mailand - Sanremo etwa?
Kittel: Ich denke, der Poggio ist länger als die 200 Meter von Hatta Dam. Aber klar, für mich ist es ein persönliches Ziel, Mailand-Sanremo auch einmal zu fahren. Ich will nicht meine Karriere beenden, ohne es versucht zu haben. Ich habe aber auch den Willen, bei Rennen nur an den Start zu gehen, wenn ich kompetetiv bin, und um den Sieg mitkämpfen kann.
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