Deutsche dominieren die Tour

Greipel entdeckt die Lücke und nimmt den weiten Weg zum Sieg

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André Greipel jubelt über seinen zweiten Tour-Etappensieg in diesem Jahr... | Foto: Cor Vos

08.07.2015  |  (rsn) – Dritter Sieg in den ersten fünf Etappen, dazu Gelb und Grün auf den Schultern: Die Deutschen räumen bei der 102. Tour de France weiter ab!

André Greipel (Lotto Soudal) feierte am Mittwoch seinem zweiten Etappensieg. Tony Martin (Etixx-Quick-Step) hatte keine Mühe, sein gestern errungenes Gelbes Trikot zu verteidigen.

Nach 189,5 flachen Kilometern durch die Picardie sprintete der 32 Jahre alte Greipel an allen seinen Konkurrenten vorbei und baute mit seinem insgesamt achten Tour-Etappensieg auch seine Führung in der Punktewertung aus. Hier liegt der Hürther nun wieder 32 Zähler vor dem Slowaken Peter Sagan (Tinkoff-Saxo), den er in Amiens, wo 1962 Rudi Altig eine Etappe gewann, souverän auf Rang zwei verwies. Rang drei ging an Martins britischen Teamkollegen Mark Cavendish, der damit weiter auf seinen 26. Etappensieg bei einer Frankreich-Rundfahrt warten muss.

„Eigentlich habe ich 300 Meter vor Ziel gedacht, der Sprint ist vorbei, weil ich eingebaut war, dann tat sich vor mir noch eine Lücke auf und ich habe einfach durchgezogen“, schilderte Greipel das Finale, in dem er schon aussichtlos zurückzuliegen schien.

Doch der Lotto-Kapitän, der schon beim Zwischensprint Stärke demonstriert und sich hinter Ausreißer Pierre-Luc Perichon/Bretagne-Séché Environnement) als Zweiter 17 Punkte gesichert hatte, nutzte die Gelegenheit, fuhr einen ganz weiten Weg um seine Rivalen herum und konnte sich schließlich vor dem noch stark aufkommenden Sagan durchsetzen.

„Es hätte klappen können heute. Ich war auf den letzten 200 Metern zu weit hinten und werde trotzdem noch Zweiter, daher geht es schon. Morgen schauen wir mal weiter“, stellte der Slowakische Meister in seiner bekannt trockenen Art fest. Gegen einen Greipel in dieser Verfassung dürfte es für den 25-Jährigen aber auch morgens schwer werden, zumal Sagan nach wie vor für seinen Kapitän Alberto Contador (Saxo-Tinkoff) arbeiten muss.

Dagegen hat Greipel ein Team um sich herum, das sich ausschließlich für ihn ins Zeug legt. „Ich bin stolz darauf, was ich bisher in meiner Karriere erreicht habe, ich habe aber auch immer die Mannschaftsunterstützung dazu. Schade, dass ich immer alleine auf dem Podium stehe, eigentlich müssten die anderen bei mir sein. Dank an alle!“, betonte Greipel, der in der Sprintvorbereitung diesmal auf seinen nominellen Anfahrer Greg Henderson verzichten musste. Der Neuseeländer kämpft sich mit einem Rippenbruch, den er sich bei dem Massensturz am Montag zugezogen hatte, seit zwei Tagen durch das Rennen und ist ebenso wie der ebenfalls lädierte Australier Adam Hansen (ausgekugelte Schulter) derzeit kein Faktor im Lotto-Team.

Trotz des Verletzungspechs seiner Helfer läuft es für Greipel bei dieser Frankreich-Rundfahrt aber so gut wie zuletzt 2012, als er drei Etappen gewinnen konnte. „Wir müssen froh sein, was wir bisher erreicht haben, mit zwei Etappensiegen bin ich schon sehr stolz“, fügte er an.

Weniger rund lief es bei John Degenkolb, der sich nach dem zweiten Platz gestern heute mit Rang sechs begnügen musste – und das, obwohl er im Finale noch mehrere Helfer an seiner Seite hatte. Doch auch diesmal reichte es nicht zum ersten Tour-Etappensieg seiner Karriere. Vor dem Frankfurter landeten noch die beiden Norweger Alexander Kristoff (Katusha), der bisher ebenfalls noch hinter den Erwartungen zurückblieb, und Edvald Boasson Hagen (MZTN-Qhubeka), der einen Massensturz auf nasser Straße 25 Kilometer vor dem Ziel unbeschadet überstanden hatte.

„Wir sind ein bisschen zu früh nach vorne gefahren, aber wenn sich die Lücke auftut, muss man sie nutzen, bevor man eingebaut wird und mit vier frischen Männern irgendwo hinten sitzt“, erklärte Degenkolbs Anfahrer Koen de Kort, der auf dem leicht ansteigenden Schlusskilometer seinen Kapitän verlor, im Ziel gegenüber radsport-news.com. „Ich habe versucht, ihn wiederzufinden und bin 400 vor dem Ziel neben Renshaw gefahren, habe mich umgeschaut. Aber ich konnte John nicht sehen.“

Etwas besser lief die Sprintvorbereitung für Etixx-Quick-Step, auch weil Martin an seinem ersten Tag im Gelben Trikot sich nicht zu schade war, für Cavendish den Sprint mit vorzubereiten. Doch der Brite konnte die Vorarbeit nicht vollenden. „Es war schon immer meine Art, mich in den Dienst der Mannschaft zu stellen, das ist auch meine Aufgabe, auch wenn ich Gelb habe“, erklärte Martin, der nach Interviews und einer improvisierten Feier erst um 2 Uhr nachts ins Bett gekommen war und der sich über die schwarz-rot-goldene Bilanz freute: „Drei deutsche Siege, wir haben das Gelbe Trikot, unglaublich. Besser könnten wir uns den deutschen Fans gar nicht präsentieren.“

Auf das Gesamtklassement hatte der Ausgang der Etappe, die bei wechselndem und meist kräftigem Wind von vier größeren Stürzen auf teils regennassen Straßen gekennzeichnet war, keine Auswirkungen. Martin führt weiter mit zwölf Sekunden Vorsprung auf Chris Froome (Sky) und 25 auf Tejay van Garderen (BMC). Auf den ersten 20 Plätzen blieb alles beim Alten, lediglich Sagan tauschte mit Tony Gallopin (Lotto Soudal) die Plätze und ist nun Fünfter.

Die Stürze waren im Übrigen über weite Strecken die einzigen Aufreger. Der erste ereignete sich schon nach wenigen Kilometern, kurz nachdem sich Perrichon und sein Landsmann Nicolas Edet (Cofidis) aus dem Feld davon gemacht hatten. Dabei verletzte sich dessen Teamkollege Nacer Bouhanni so schwer, dass er  ins Krankenhaus gebracht werden musste.

Danach ließ sich Edet wieder ins Feld zurückfallen und Perichon kämpfte sich als Solist durch, wurde aber bereits knapp 100 Kilometer vor dem Ziel kurz nach dem Zwischensprint wieder gestellt. Gut 70 Kilometer vor dem Ziel teilte sich das Feld bei einer Windkantenaktion von Cannondale-Garmin, wobei die meisten Fahrer und alle Favoriten den Sprung in die erste Gruppe schafften. Im letzten Renndrittel kam es zu keinen Attacken mehr, ehe BMC 17 Kilometer vor dem Ziel mit einer Tempoverschärfung das Finale einläutete.

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