Meisterstück auf Trentins Rad

Alle für Martin! Sein Team schenkt ihm das Gelbe Trikot

Von Joachim Logisch aus Cambrai

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Endlich: Tony Martin (Etixx-Quick-Step) hat das Gelbe Triko der Tour de France | Foto: Cor Vos

08.07.2015  |  (rsn) - Wenn das nicht passt. Nach vier Tagen im „Ausland“ ist die Tour in Frankreich angekommen. In der Picardie, der Heimat der drei Musketiere. Und schon machte sich das Team Etixx-Quick Step deren Motto zu eigen: Alle für einen! Alle für Martin!

Die gesamte Mannschaft stemmte sich auf der 4. und längsten Etappe der 102. Tour de France von Seraing nach Cambrai (223,5) gegen das Pech ihres Kapitäns. Mark Cavendish und Zdenek Stybar verzichteten sogar auf eigene Siegchancen, um dem Pechvogel der ersten drei Tour-Tage endlich ins so erträumte Gelbe Trikot zu verhelfen.

Dabei war Martins Ausgangsposition denkbar schlecht, der knapp 20 Kilometer vor dem Ziel wegen eines Plattens der ersten Gruppe hinterher hetzte, während Stybar und Cavendish in der ersten Gruppe fuhren. Obwohl sie bestimmt frischer waren, nahmen sie sich zurück und unterstützten Martin.

„Tony machte es auf seine Art. Kein Glück, nur Kraft und Körner. Ich bin so stolz auf ihn“, twitterte Mark Cavendish, der Martin das Gelbe versemmelt hatte, als er am Ende der 2. Etappe die Füße hoch nahm und damit Fabian Cancellara die Zeitgutschrift und damit Gelb ermöglichte (radsport-news.com berichtete). Für den Lapsus entschuldigte sich der Brite später unter Tränen.

Auch Brian Holm, Martins Sportlicher Leiter, freute sich für seinen Schützling: „Tony ist so ein guter Junge. Er ist so bescheiden, liegt aber jeden Tag so knapp hinter dem Gelben Trikot. Dabei hatte er immer Pech. Beim Prolog hatte er wohl etwas mehr Gegenwind, das können wir jetzt sagen, dann unsere Fehler auf Zeeland und dann die Mauer von Huy. Trotzdem so viel Moral zu haben, das zeichnet seine Stärke aus.“

Nach dem Defekt glaubte auch Holm nicht mehr an den Erfolg, weil Martin auf einem fremden Rad, dem von Teamkollege Matteo Trentin nmlich, unterwegs war. Holm: „Was er da machte, war sein Meisterstück. Unglaublich.“
Kaum zu fassen dabei, wie gut Martin mit den für ihn verkehrt montierten Bremsen zurechtkam. „Die meisten bremsen mit der linken Hand das Vorderrad und rechts das Hinterrad. Tony umgekehrt. Wenn du umgekehrt bremst und es nicht gewohnt bist, gehst du über den Lenker. Dass er damit, ohne sich zu versteuern, ins Ziel kommt und auch noch gewinnt, hätte ich nicht für möglich gehalten“, staunte sogar Etixx-Berater Rolf Aldag.

Die Erleichterung über das Gelbe Trikot war auch ihm anzumerken. Aldag: „Es ist eine Erlösung. Wir waren ständig so dicht dran. Jetzt haben wir an einem Tag eine Etappe gewonnen und das Gelbe Trikot. Da kann die Tour nicht mehr schlecht werden. Wir können die Tour nicht gewinnen. Aber wir wollten uns an den ersten neun Tagen messen lassen. Und da waren wir immer dumm Zweiter, dumm Vierter und dumm im Klassement Zweiter und wieder Pech gehabt. Jetzt haben wir es gedreht.“

Aldag fand sein Team bestätigt, das immer an Martin geglaubt hatte. „Wenn einer unter den 200 das Trikot verdient hat, dann Tony.  Rein logisch hätten wir auf dieser Etappe anders entscheiden müssen. Stybar ist vorne dabei, der geht in die Gruppe und versucht zu gewinnen. Oder Cavendish ist dabei. Für ihn geht es um den Sieg und auch ums Grüne Trikot bis Paris. Da kann man keine Punkte herschenken. Auch ein Trentin kann so eine Etappe gewinnen. Aber alle geben ihre Chance auf, sagen Nein, Tony soll die Etappe gewinnen und ins Gelbe Trikot. Sagen: ‚Wir probieren das mit ihm weiter.‘“ Alle für einen! Alle für Martin!

Matteo Trentin, der auf die eigene Siegchance verzichtete, hatte im Ziel nur eine Sorge: „Ich bin Martins Rad gefahren. Das war so unkomfortabel. Ich kann nicht glauben, dass es ihm auf meinem besser ergangen ist. Deshalb hoffe ich aber, dass er mein Rad nicht bis zum Ende der Tour haben will.“

Das nicht, aber vielleicht das gelbe Hemd noch ein paar Tage? Aldag: „Die heutige 5. Etappe ist wellig. Da sollte es funktionieren. Dann kommt Le Havre, das wird schon schwieriger. Und die Mur de Bretagne – schaun wir mal. Wenn wir dort nicht mehr als 20 Sekunden verlieren, sind wir nicht aus der Welt und können es vielleicht noch mal wiederholen.“

Es geht weiter: Alle für einen!

 

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