Grabsch: „Ruben wäre um Gold gefahren“

Taktische Fehler kosten Deutsche im U23-Rennen eine Medaille

Von Felix Mattis aus Ponferrada

Foto zu dem Text "Taktische Fehler kosten Deutsche im U23-Rennen eine Medaille"
Ruben Zepuntke fuhr überraschend früh in einer Ausreißergruppe. | Foto: Cor Vos

26.09.2014  |  (rsn) – Die Fahrweise des deutschen U23-Teams im WM-Straßenrennen von Ponferrada konnte gefallen. Die Truppe von Bundestrainer Ralf Grabsch gestaltete das Geschehen offensiv mit und fühlte den Australiern wie geplant auf den Zahn. Trotzdem konnte man im BDR-Lager nach dem Rennen nicht glücklich sein, denn was fehlte war das gewünschte Ergebnis. 

Mit dem neunten Platz von Silvio Herklotz erfüllte die Mannschaft lediglich das Minimalziel der Top-10-Platzierung, war von der erhofften Medaille aber weit entfernt. „Wir sind für das Rennen perfekt aufgestellt“, hatte Grabsch noch am Vorabend des 182 Kilometer langen Rennens angekündigt. Und tatsächlich schien der Kader für die Strecke gut zu passen. Nur setzten die Fahrer das taktische Potenzial im Rennen nicht ideal um. 

„Wir sind offensiv gefahren und waren immer präsent - wie ich das wollte“, bilanzierte Grabsch im Gespräch mit radsport-news.com und hob damit zunächst das Positive hervor. „Aber dass Ruben in der Gruppe saß, war etwas unglücklich für uns.“ 

Der Düsseldorfer nämlich konnte seinem offenbar angeborenen Drang zur Attacke bereits Mitte des Rennens nicht mehr widerstehen. Kurz nachdem er sich zu Grabschs Begleitfahrzeug hatte zurückfallen lassen, um die Taktik für den weiteren Rennverlauf zu besprechen, nahm Grabsch  in der sechsten von zehn Runden das Heft in die Hand und setzte sich mit einigen Begleitern ab. 

„Ich bin einer, der immer mal eine – nicht unbedingt dumme, aber eben eine Attacke wie Jens Voigt reitet“, sagte er später, und erklärte auch, warum er das in diesem Moment für richtig hielt. „Wir wollten die Australier angreifen und haben mit den Holländern gesprochen, um das zusammen zu tun. Eigentlich war der Plan allerdings, dass Silvio oder Emu in die Gruppe gehen. Aber sie waren nicht vorne platziert, und deshalb musste ich mitgehen.“ 

Grabsch sah das nach dem Rennen etwas anders. „Im Nachhinein hätte man da abwarten sollen, denn es war noch recht früh. Vielleicht hätten wir besser das Risiko genommen, da nicht dabei zu sein“, sagte er. So sah das auch Herklotz, der im vergangenen Jahr in Florenz bereits Achter geworden war und sich in Ponferrada eigentlich hätte steigern wollen. 

„Wir sind etwas zu offensiv gewesen. Das war nicht optimal“, sagte der Berliner. „Für so einen Sprint aus einer größeren Gruppe hätten wir eigentlich Ruben Zepuntke und Jan Dieteren gehabt.“ Und tatsächlich wären diese beiden wohl die besseren Alternativen für das Finale gewesen, da schließlich eine rund 40 Mann starke Gruppe um Silber sprintete. Doch Dieteren warfen auf der Schlussrunde Krämpfe zurück, und Zepuntke hatte nach seiner Flucht nicht mehr die nötigen Reserven, um auf den letzten beiden Runden vorne mitzufahren. 

Um um Gold zu kämpfen, hätte alle Sprintstärke am Ende aber auch nicht ausgereicht, weil der Norweger Erik Sven Byström das Rennen als Solist mit sieben Sekunden Vorsprung nach Hause gefahren. Und deswegen geriet letztlich auch Herklotz in Erklärungsnot, der sich das gesamte Rennen über zurückgehalten hatte, um dann am letzten Anstieg glänzen zu können. Selbst am ersten Berg auf der Schlussrunde fuhr er deshalb noch weit hinten. 

„Ich wusste, dass am langen ersten Anstieg nicht die entscheidende Gruppe geht. Ich habe geschaut und war aufmerksam, habe aber auf den letzten Anstieg gewartet. Dort ist ja dann auch die Gruppe gegangen, aber da hat mir zunächst die Kraft gefehlt, um gleich mitzufahren“, erklärte der Stölting-Profi. „Deshalb musste ich in der Abfahrt ranfahren. Das hat Kraft gekostet, und dadurch wurden wir dann auch wieder eingeholt.“ 

Doch dafür, dass Herklotz die entscheidende Attacke von Byström und auch die erste Verfolgergruppe zunächst verpasste, dürfte wohl auch seine Positionierung verantwortliche gewesen sein. „Er war auch am zweiten Anstieg zu weit hinten“, befand Grabsch, der das grundsätzlich für die größte Schwäche des 20-Jährigen hält. „Silvio darf mit seinen Voraussetzungen und Fähigkeiten nicht acht von zehn Runden unter den letzten fünf im Feld fahren.“ 

Neben Herklotz erreichte auch Emanuel Buchmann das Ziel in der großen Gruppe, die um Silber sprintete. Doch der künftige Bora-Profi hatte am letzten Berg nichts zuzusetzen, als die Stärksten attackierten, weil auch er bereits zuvor auf der Flucht gewesen war. „Die vorletzte Runde hat Kraft gekostet“, sagte der 21-Jährige, der dann auf dem Weg zum Sprint auch noch Pech hatte, weil ihm ein Italiener ins Rad fuhr und dabei eine Speiche brach. 

Trotz all der Kritik hielt Grabsch abschließend aber fest, dass taktische Fehler beim Nachwuchs eben zum Lernprozess gehören. „In der U23 kann taktisch noch nicht alles richtig gemacht werden. Da passiert natürlich noch der eine oder andere Fehler. Insgesamt war es schon ein sehr gutes Rennen von uns“, so der Bundestrainer. Schade sei eben nur, dass eine große Chance verspielt wurde: „Ruben wäre bei der Konstellation um Gold gefahren.“

Mehr Informationen zu diesem Thema

19.03.2015Ponferrada hat nach der WM mit dickem Minus zu kämpfen

(rsn) – So gut die Straßen-Weltmeisterschaften im vergangenen September für den Bund Deutscher Radfahrer verlaufen sind, und so reibungslos in Ponferrada alles für die Medienvertreter und Zuschau

23.10.2014Verdienstkreuz in Gold für Weltmeister Kwiatkowski

(rsn) – Nach Rafal Majkas beiden Etappensiegen bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt und Michal Kwiatkowskis Sensations-Coup bei der Straßenweltmeisterschaft ist der polnische Radsport, der bi

12.10.2014Kwiatkowksi präsentierte sich in Torun seinen Fans

(rsn) – Für Michal Kwiatkowski ist die Saison 2014 zu Ende. Bevor der Straßenweltmeister in die verdiente Renn- und Trainingspause ging, zeigte er sich seinen Fans am vergangenen Sonntag im Regenb

10.10.2014Herklotz wehrt sich gegen Grabschs Kritik

(rsn) – Während mit Sprinter Phil Bauhaus (zu Bora Argon 18) einer der beiden Kapitäne das Team Stölting in Richtung zweite Liga verlässt, bleibt mit Rundfahrer Silvio Herklotz die andere wichti

30.09.2014Millar: In Ponferrada schloss sich der Kreis

(rsn) - David Millar hat am Sonntag im WM-Straßenrennen von Ponferrada seinen Abschied vom Profiradsport gegeben. Der 37 Jahre alte Schotte, der noch einmal für das britische Team nominiert worden w

30.09.2014Martin: „Kwiatkowskis Titel beste Alternative zu deutschem Sieg"

(rsn) – Nach dem WM-Straßenrennen von Ponferrada hat Tony Martin eine positive Saisonbilanz gezogen. „Insgesamt bin ich zufrieden, auch wenn ich das Zeitfahrergebnis bei der WM dabei ein bisschen

30.09.2014Kwiatkowski interessierte nur die Goldmedaille

(rsn) - Dass Patrick Lefevere ein Näschen für Radsport-Talente wie kaum anderer hat, ist hinlänglich bekannt. Der belgische Teammanager weiß, wie man mit den Champions der Zukunft umgehen und

29.09.2014Cancellara jagt weiter dem Regenbogentrikot hinterher

(rsn) – Fabian Cancellara jagt weiter seinem ersten Weltmeistertitel auf der Straße hinterher. Der Schweizer, als einer der Gold-Kandidaten in das 254,8 Kilometer lange Straßenrennen von Ponferrad

29.09.2014BDR-Nachwuchs verspricht eine goldene Zukunft

Ponferrada (dpa/rsn) - Rudolf Scharping soll sich fast täglich von China aus per Telefon nach dem Rechten erkundigt haben. Die Nachrichten von der Straßen-WM in Ponferrada dürften den BDR-Präsiden

29.09.2014Kwiatkowski vergoldet in Ponferrada die Gala seines Teams

(rsn) – Michal Kwiatkowksi ist nicht nur der erste Pole, der in einem WM-Straßenrennen der Profis das Regenbogentrikot erobert hat. Mit seinen 24 Jahren ist der Teamkollege von Tony Martin ist der

28.09.2014Kwiatkowski ließ sich in Ponferrada auf keine Spielchen ein

(rsn) - Auf diesen Tag haben die polnischen Fans lange warten müssen. Vor 25 Jahren sicherte sich Joachim Halupczok im französischen Chambery das Regenbogentrikot des Amateur-Weltmeisters. Am

28.09.2014Mehrere Verletzte bei Autounfall im WM-Straßenrennen

(rsn) - Bei einem schweren Unfall im WM-Straßenrennen sind am Sonntag mehrere Personen verletzt worden. Auf einer der regennassen Abfahrten prallte der Begleitwagen des norwegischen Teams gegen einen

Weitere Radsportnachrichten

28.03.2024Die Strecken zum Oster-Highlight: Die Flandern-Rundfahrt

(rsn) – Die 108. Flandern-Rundfahrt der Männer und die 21. der Frauen werden am Ostersonntag auf den letzten 45 Kilometern ab dem Ort Melden am Fuß des berüchtigten Koppenbergs über dieselbe Str

28.03.2024Die Flandern-Rundfahrt im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die Flandern Rundfahrt ist für viele Radsport-Fans neben Paris-Roubaix das Highlight des Frühjahrs. Das belgische Monument führt über mehr als 260 Kilometer und zahlreiche Hellinge, den ku

28.03.2024Tour-Siegerin Vollering “überrascht“ von SD-Worx-Ankündigung

(rsn) –Demi Vollering hat sich verwundert über die Mitteilung ihres Teams SD Worx – Protime gezeigt, das in Person von Sportdirektor Danny Stam gegenüber GCN den zum Saisonende bevorstehenden Ab

28.03.2024Van Aert erfolgreich operiert - Giro-Debüt ungewiss

(rsn) – Einen Tag nach seinem schweren Sturz bei Dwars door Vlaanderen ist Wout van Aert nach Angaben seines Teams Visma – Lease a Bike erfolgreich operiert worden. Ob der 29-jährige Belgier rech

28.03.2024Appell an die Zuschauer: “Haben Sie Respekt vor den Fahrern“

(rsn) – Wenige Tage vor der 108. Flandern-Rundfahrt (1. UWT / 1. März), haben Tomas Van Den Spiegel, Geschäftsführer des Veranstalters Flanders Classics, und Carina Van Cauter, die Gouverneurin R

28.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Männer

(rsn) – Der Ostersonntag wirft seine Schatten voraus: Am 31. März versammelt sich das WorldTour-Peloton in Antwerpen zum Start der 270,8 Kilometer langen Ronde van Vlaanderen. Das Heiligtum des bel

28.03.2024Zeckenbiss möglicher Grund für De Lies Formschwäche

(rsn) – Da Arnaud De Lie in den vergangenen Wochen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben war, hatte sein Team Lotto – Dstny in Absprache mit dem 22-jährigen Belgier entschieden, dass diese

28.03.2024Die Aufgebote aller Teams zur Flandern-Rundfahrt der Frauen

(rsn) – Wenn die Männer nach ihrem Start in Antwerpen bereits 120 Rennkilometer hinter sich haben und erstmals durch Oudenaarde kommen, stellen sich dort auf dem Marktplatz des Zielorts der Ronde v

28.03.2024Huppertz: Vor Rennen abends einen trinken? Heute unvorstellbar

(rsn) – Eine so lange Zusammenarbeit wie die zwischen Joshua Huppertz und Teamchef Florian Monreal gibt es im Kontinental-Bereich sehr selten. Seit August 2014 steht der mittlerweile 29-Jährige Aa

28.03.2024Movistar verlängert mit “Sensation“ Meijering

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

28.03.2024Märkl will auch bei der Ronde “vor das Radrennen“

(rsn) – Wie schon beim E3 Saxo Classic schaffte Niklas Märkl (DSM Firmenich – PostNL) auch bei Dwars door Vlaanderen den Sprung unter die Ausreißer des Tages. Doch während sein Fluchtbegleiter

28.03.2024Trotz Sturz: Pedersen ist für Ronde-Start zuversichtlich

(rsn) – Ausgerechnet kurz vor der Flandern-Rundfahrt, dem Höhepunkt der flämischen Klassikersaison, wurde Lidl – Trek mächtig gebeutelt. Bei Dwars door Vlaanderen waren mit Gent-Wevelgem-Sieger

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • La Route Adélie de Vitré (1.1, FRA)