Junioren-Weltmeister ist mehr als nur ein Zeitfahrer

Kämna hat vor Samstag keine Zeit zum feiern

Von Felix Mattis aus Ponferrada

Foto zu dem Text "Kämna hat vor Samstag keine Zeit zum feiern"
Lennard Kämna | Foto: Cor Vos

23.09.2014  |  (rsn) – Als Lennard Kämna am zweiten Messpunkt bei Kilometer 21,3 des WM-Zeitfahrens der Junioren alle bis dahin erzielten Zeiten pulverisierte und sich mit 34 Sekunden Vorsprung an die Spitze setzte, konnte es sich der Streckensprecher im Zielbereich nicht mehr verkneifen: „Das sieht aus wie bei Tony Martin!“ Da war er, der unvermeidbare Vergleich mit dem dreimaligen Zeitfahr-Weltmeister der Profis, der im Fall eines 18-Jährigen einen etwas zu dicken Büschel Vorschuss-Lorbeeren bedeutet.

So sieht das auch Kämna selbst. Er lacht, wenn man ihm erzählt, welche Vergleiche während seiner Fahrt angestellt wurden. „Sicher ist es eine Ehre und ich freue mich darüber, weil er ein großes Vorbild von mir ist. Aber man kann sich nicht mit Tony Martin vergleichen!“

Und der Vergleich selbst beruht auch kaum auf Kämnas sportlichem Werdegang, als vielmehr auf dem ersten Eindruck, den der WM-Titel im Zeitfahren vermittelt. Doch Kämna ist keineswegs ein reiner Spezialist im Kampf gegen die Uhr. Der seit erst zwei Wochen 18 Jahre alte Norddeutsche wurde im Juli schließlich auch mit großem Vorsprung deutscher Bergmeister der Junioren, gewann im September den Schweizer GP Rübliland und belegte bereits im April den zweiten Gesamtrang bei der Istrien-Rundfahrt sowie im Juni Rang drei bei der Trofeo Karlsberg.

„Ich kann auch Bergfahren und bin in den letzten Wochen eher ein Klassementfahrer geworden“, erklärt Kämna, dass er nicht unbedingt in dieselbe Schublade gesteckt werden sollte wie der letzte deutsche Weltmeister im Junioren-Zeitfahren, Marcel Kittel. Bundestrainer Wolfgang Ruser bestätigt: „Kämna ist ein Allrounder und könnte zu einem Rundfahrer werden – das ist ja das, was uns hier in Deutschland momentan ein wenig fehlt.“

Kämna selbst ist aber vorsichtig mit allzu weiten Vorausblicken. „Sicher träumt man von einer großen Karriere. Aber man muss auf dem Boden bleiben und weitersehen, wie es in der U23 weiterläuft. Denn das ist wirklich entscheidend“, weiß der Youngster aus dem Großraum Bremen, der bereits vor knapp vier Jahren sein Elternhaus verließ, um in Cottbus auf ein Sport-Internat zu gehen.

Dort wird er im Frühjahr sein Abitur machen, um danach erst einmal voll auf den Radsport zu setzen und die Ausbildung ein Jahr warten zu lassen. Seine schnelle Entwicklung im Jahr 2014 verdankt er vor allem seinem Cottbuser Trainer Rainer Gatzke, der auch schon Nikias Arndt und Michel Koch betreute.

„Er hat großen Anteil an meinem Erfolg – und auch Michael Gaumitz. Aber in letzter Zeit hat vor allem Rainer Gatzke meine Trainingspläne gemacht, und er weiß wirklich, was er tut“, so Kämna. „Ich bin ihm sehr dankbar, dass er mit so viel Herzblut dabei ist und jeden Tag im Training hinter uns herfährt.“

Gatzke dürfte wegen des WM-Titels zuhause ähnlich stolz gewesen sein wie Bundestrainer Ruser und Kämnas Eltern vor Ort in Ponferrada. Doch sie alle werden vorsichtig sein und die Freude nicht zu sehr hochkochen lassen in den nächsten drei Tagen, denn ihr Schützling will sich nun auf das Straßenrennen am Samstag konzentrieren. Auf dem Weg zur Pressekonferenz erinnerte Ruser ihn deshalb auch daran, später noch zum Ausfahren auf die Rolle zu gehen.

Doch diese Erinnerung wäre nicht nötig gewesen. Kämna und seine Teamkollegen, die ihn auf der Strecke anfeuerten und anschließend die Abfahrt zum Ziel mit ihren Trainingsrädern hinunterrauschten, um auch der Siegerehrung beizuwohnen, sind ohnehin voll auf Samstag konzentriert. Deshalb werde auch Kämnas Erfolg am Abend nicht gefeiert, erklärten sie radsport-news.com – „nicht vor Samstag“.

Mehr Informationen zu diesem Thema

19.03.2015Ponferrada hat nach der WM mit dickem Minus zu kämpfen

(rsn) – So gut die Straßen-Weltmeisterschaften im vergangenen September für den Bund Deutscher Radfahrer verlaufen sind, und so reibungslos in Ponferrada alles für die Medienvertreter und Zuschau

23.10.2014Verdienstkreuz in Gold für Weltmeister Kwiatkowski

(rsn) – Nach Rafal Majkas beiden Etappensiegen bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt und Michal Kwiatkowskis Sensations-Coup bei der Straßenweltmeisterschaft ist der polnische Radsport, der bi

12.10.2014Kwiatkowksi präsentierte sich in Torun seinen Fans

(rsn) – Für Michal Kwiatkowski ist die Saison 2014 zu Ende. Bevor der Straßenweltmeister in die verdiente Renn- und Trainingspause ging, zeigte er sich seinen Fans am vergangenen Sonntag im Regenb

10.10.2014Herklotz wehrt sich gegen Grabschs Kritik

(rsn) – Während mit Sprinter Phil Bauhaus (zu Bora Argon 18) einer der beiden Kapitäne das Team Stölting in Richtung zweite Liga verlässt, bleibt mit Rundfahrer Silvio Herklotz die andere wichti

30.09.2014Millar: In Ponferrada schloss sich der Kreis

(rsn) - David Millar hat am Sonntag im WM-Straßenrennen von Ponferrada seinen Abschied vom Profiradsport gegeben. Der 37 Jahre alte Schotte, der noch einmal für das britische Team nominiert worden w

30.09.2014Martin: „Kwiatkowskis Titel beste Alternative zu deutschem Sieg"

(rsn) – Nach dem WM-Straßenrennen von Ponferrada hat Tony Martin eine positive Saisonbilanz gezogen. „Insgesamt bin ich zufrieden, auch wenn ich das Zeitfahrergebnis bei der WM dabei ein bisschen

30.09.2014Kwiatkowski interessierte nur die Goldmedaille

(rsn) - Dass Patrick Lefevere ein Näschen für Radsport-Talente wie kaum anderer hat, ist hinlänglich bekannt. Der belgische Teammanager weiß, wie man mit den Champions der Zukunft umgehen und

29.09.2014Cancellara jagt weiter dem Regenbogentrikot hinterher

(rsn) – Fabian Cancellara jagt weiter seinem ersten Weltmeistertitel auf der Straße hinterher. Der Schweizer, als einer der Gold-Kandidaten in das 254,8 Kilometer lange Straßenrennen von Ponferrad

29.09.2014BDR-Nachwuchs verspricht eine goldene Zukunft

Ponferrada (dpa/rsn) - Rudolf Scharping soll sich fast täglich von China aus per Telefon nach dem Rechten erkundigt haben. Die Nachrichten von der Straßen-WM in Ponferrada dürften den BDR-Präsiden

29.09.2014Kwiatkowski vergoldet in Ponferrada die Gala seines Teams

(rsn) – Michal Kwiatkowksi ist nicht nur der erste Pole, der in einem WM-Straßenrennen der Profis das Regenbogentrikot erobert hat. Mit seinen 24 Jahren ist der Teamkollege von Tony Martin ist der

28.09.2014Kwiatkowski ließ sich in Ponferrada auf keine Spielchen ein

(rsn) - Auf diesen Tag haben die polnischen Fans lange warten müssen. Vor 25 Jahren sicherte sich Joachim Halupczok im französischen Chambery das Regenbogentrikot des Amateur-Weltmeisters. Am

28.09.2014Mehrere Verletzte bei Autounfall im WM-Straßenrennen

(rsn) - Bei einem schweren Unfall im WM-Straßenrennen sind am Sonntag mehrere Personen verletzt worden. Auf einer der regennassen Abfahrten prallte der Begleitwagen des norwegischen Teams gegen einen

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Kräftezehrendes Jahr mit zwei Grand Tours

(rsn) – Die Ambitionen von Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) waren vor dem Jahr 2024 berechtigter Weise groß. Denn der Österreicher konnte auf eine erfolgreichste Saison zurückblicken,

25.12.2024Alles offen nach einer erfolgreichen Saison

(rsn) - Das Resümee ihrer ersten vollständigen Profi-Saison dürfte durchweg positiv für die Schweizerin Elena Hartmann vom Team Roland ausgefallen sein. Erst vor zwei Jahren gelang der inzwischen

25.12.2024Traum erfüllt und doch unzufrieden

(rsn) – Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als die Saison 2024 von Pascal Ackermann zu bewerten. Auch er selbst ist da ein wenig zwiegespalten. Schließlich hat er es mit dreißigeinhalb Jahren en

25.12.2024Meistertitel das Highlight im insgesamt bislang besten Jahr

(rsn) - Die abgelaufene Saison wird Franziska Koch vom Team dsm-firmenich - PostNL wohl noch länger in Erinnerung bleiben - war es doch mit Abstand ihre erfolgreichste, seit sie im Jahr 2019 beim Tea

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine