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11.03.2014 | (rsn) – Während die Organisatoren von Paris-Nizza in diesem Jahr neue Wege gehen und die 72. Auflage ohne Bergankunft und Zeitfahren auskommen lassen, haben die Veranstalter der am Mittwoch beginnenden Fernfahrt Tirreno-Adriatico den klassischen Weg eingeschlagen und mit einem Mannschafts- und einem Einzelzeitfahren sowie einer Bergankunft mehrere Prüfungen eingebaut, bei denen sich größere Zeitabstände auftun könnten und die man auch schon aus den vergangenen Jahren kennt.
Den Auftakt der 49. Auflage des Rennens zwischen dem tyrrhenischen und adriatischen Meer macht am Mittwoch ein 16,9 Kilometer langes Mannschaftszeitfahren, das zwar über einen nicht wirklich anspruchsvollen Kurs von Donoratico nach San Vincenzo verläuft, doch da die Teams entlang des tyrrhenischen Meeres fahren, müssen sie aufpassen, dass der Wind ihre Formation nicht zerpflückt.
In San Vincenzo wird man zum einen den Ausgang des Kampfes der Spezialisten um den Tagessieg erleben. „Die erste Etappe wird für uns die wichtigste der ganzen Rundfahrt sein“, kündigte etwa Oricas Sportlicher Leiter Matt White an, dessen Schützlinge das Teamzeitfahren der Tour de France gewannen.
Für die Klassementfahrer geht es dagegen darum, sich für die entscheidenden Etappen eine gute Ausgangsposition gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Große Zeitunterschiede sind aber auf der recht kurzen Distanz nicht zu erwarten.
Dies wird sich auf der 4. Etappe, die das Feld über die Mammutdistanz von 237 Kilometern von Arezzo hinauf zum Abruzzen-Dorf Cittareale führt, wo sich das Ziel in 1535 Metern Höhe befindet. An diesem Tag geht es die letzten 100 Kilometer, abgesehen von einigen kürzen Abfahrten, stetig bergauf. Die Entscheidung um den Tagessieg - und möglicherweise auch eine Vorentscheidung im Kampf um den Gesamtsieg - wird im Schlussanstieg fallen, der es durchaus in sich hat: Der Selvarotonda ist insgesamt 14 Kilometer lang und im Schnitt 5,3 Prozent steil.
Zu Beginn des Schlusskilometers werden aber die mit zehn Prozent steilsten Stellen erreicht, was einen finalen Angriff der Kletterspezialisten erwarten lässt.
Dafür kommt vor allem der Kolumbianer Nairo Quintana (Movistar) in Frage. Der Tour-Zweite hat in diesem Jahr schon mit seinem Gesamtsieg bei der Tour de San Luis ein Ausrufezeichen gesetzt und will in Italien seinen nächsten Sieg einfahren.
Während Quintana genau wie der Italiener Domenico Pozzovivo (Ag2r) und der Spanier Daniel Moreno (Katusha) schon frühzeitig alle Karten auf den Tisch liegen müssen - auch am Sonntag, wenn auf der 5. Etappe auf dem Schlusskilometer die extrem steile Muro di Guardigrele ansteht, die Steigungsgrade von bis zu 30 Prozent aufweist - kann der Australier Richie Porte (Sky) noch auf das abschließende Einzelzeitfahren über 9,1 Kilometer bauen.
Porte, der ursprünglich seinen Titel bei Paris-Nizza verteidigen sollte und erst kurzfristig für den verletzten Vorjahreszweiten Chris Froome ins Sky-Aufgebot gerutscht ist, gilt nicht nur für den für den Kampf gegen die Uhr als einer der großen Favoriten. „Ich will in der Gesamtwertung so weit vorne landen wie möglich“, will der Australier an die Sky-Personalrochade mit einem Erfolg krönen. Wenn es nach White geht, dann hat Porte beste Chancen. „Ich denke, die Zeitfahrkilometer werden entscheiden, wer am Ende auf dem Podium steht und wer nicht.“
Für Tony Martin (Omega Pharma Quick Step) wie für Fabian Cancellara (Trek) könnte das Einzelzeitfahren etwas zu kurz sein, obwohl der Deutsche es im letzten Jahr für sich entscheiden konnte. Ein Erfolgserlebnis wäre für den dreifachen Weltmeister in seiner Paradedisziplin wichtig, musste er sich doch in den ersten beiden Zeitfahren des Jahres Stärkeren geschlagen geben.
Im Gegensatz zum Martin gilt sein Teamkollege Michal Kwiatkowski auch als aussichtsreicher Kandidat für die Gesamtwertung. Der Polnische Meister hat in der noch jungen Saison schon mächtig abgeräumt und erst am Samstag in der Toskana die Strade Bianche gewonnen. Nun zählt der 23-Jährige zu den ganz heißen Anwärtern auf den Gesamtsieg der Fernfahrt. „Michal war im letzten Jahr schon Vierter und hat jetzt noch mal einen Schritt gemacht“, so Omegas Sportlicher Leiter Davide Bramati, der mit dem Kolumbianer Rigoberto Uran, in diesem Jahr schon Dritter bei der Oman-Rundfahrt ein weiteres Ass in der Hinterhand hat.
Ebenfalls zum engsten Favoritenkreis zählt das Tinkoff-Saxo, das mit dem Vorjahresdritten Alberto Contador und dem Tschechen Roman Kreuziger, zuletzt Fünfter der Strade Bianche, und 2012 Dritter bei Tirreno-Adriatico, zwei aussichtsreiche Kandidaten an den Start schickt. Ebenfalls zweigleisig fährt die niederländischen Belkin-Formation, für die die beiden Niederländer Bauke Mollema und Robert Gesink, 2011 bereits Zweiter, Spitzenresultate herausfahren sollen. „Wir wollen mit zwei Mann in die Top Ten“; kündigte der Sportliche Leiter Erik Dekker selbstbewusst an. Und Gesink ergänzte. „Wenn es Bauke oder ich sogar auf das Podium schaffen würden, dann wäre das super.“
Ob dies auch Cadel Evans (BMC), Gesamtsieger der Ausgabe von 2011, wird gelingen können, bleibt eine spannende Frage. Mit seinen mittlerweile 37 Jahren zählt der Australier zu den ältesten im Feld, zeigte in diesem Jahr aber mit dem zweiten Platz bei der Tour Down Under und am Samstag mit Rang sieben bei der Strade Bianche hervorragende Leistungen. „Ihn muss man auf der Rechnung haben“, sagte Porte zu cyclingnews.com über seinen Landsmann.
Mit dem Italiener Michele Scarponi, der die Astana-Mannschaft in Abwesenheit von Titelverteidiger Vincenzo Nibali anführt, steht ein weiterer ehemaliger Sieger der Fernfahrt am Start. Unwahrscheinlich, dass der auch schon 34 Jahre alte Scarponi seinen zweiten Gesamterfolg nach 2009 wird feiern können.
Auch für den noch zwei Jahre älteren Ivan Basso (Cannondale) wird es schwer haben, es zum ersten Mal überhaupt in seiner Karriere auf das Podium von Tirreno-Adriatico zu schaffen. Für eine Überraschung könnte hingegen der US-Amerikaner Chris Horner (Lampre-Merida) sorgen, mit 42 Jahren der Oldie im Peloton. Vor zwei Jahren musste sich der US-Amerikaner im Kampf um den Gesamtsieg nur Nibali geschlagen geben.
Zu den Außenseitern zählen der Belgier Jurgen van den Broeck (Lotto Belisol) und der Schwede Thomas Lövkvist (IAM), 2009 Gesamtdritter. „Ein Platz auf dem Podest würde mir auch bei der kommenden Ausgabe ganz gut passen. Allerdings werden viele der besten Fahrer am Start sein, was die Ausgangslage sicher nicht einfacher macht“, äußerte sich Lövkvist zurückhaltend. Das Podium hätte auch das deutsche NetApp-Endura-Team mit dem Tschechen Leopold König anvisiert. Der 26-Jährige muss wegen Knieproblemen allerdings passen, so dass der Portugiese Tiago Machado die Kapitänsrolle einnehmen wird. „Er hat gezeigt, dass er in guter Form ist. Jetzt gilt es, das zu untermauern“, so NetApp-Sportdirektor Enrico Poitschke.
Aber auch die Sprinter werden bei der 49. Auflage von Tirreno-Adriatico auf ihre Kosten kommen. So führt die 2. Etappe von San Vincenzo nach Cascina vor allem auf den letzten 80 Kilometern über flaches Terrain, nachdem zu Beginn des Tages drei kleinere Bergpreise anstehen. Diese Chance werden sich die schnellen Männer wie Marcel Kittel (Giant-Shimano), André Greipel (Lotto-Belisol), Peter Sagan (Cannondale) und Mark Cavendish (Omega Pharma- Quick Step), der ein weiteres Mal seinen neu zusammen gestellten Zug um den Australier Mark Renshaw und den Italiener Alessandro Petacchi testen wird, nicht entgehen lassen. Aber auch Greipel und Kittel können auf ihre eingespielten Teams bauen. „Marcel hat einen guten Zug an seiner Seite und hat schon in Dubai seine Power unter Beweis gestellt. Die Chancen auf ein Spitzenergebnis stehen gut“, prognostizierte etwa Kittels Sportlicher Leiter Aike Visbeek.
Den vier Top-Sprintern die Show stehlen wollen die Italiener Sacha Modolo (Lampre-Merida), in diesem Jahr schon vier Mal siegreichh, Davide Appollonio (Ag2r), zuletzt Zweiter bei der Roma Maxima, der Franzose Arnaud Démare (FDJ.fr) und der Ire Sam Bennett vom deutschen NetApp-Endura-Team, zuletzt Gewinner der Clasica Almeria. Auch Robert Wagner wird von seinem Belkin-Team in Abwesenheit der nominellen Sprint-Kapitäne Theo Bos und Moreno Hofland freie Fahrt bekommen.
Für Gerald Ciolek (MTN-Qhubeka) wird hingegen eher das dritte Teilstück liegen, das von Cascina über 206 Kilometer nach Arezzo führt und dort nach einem technisch anspruchsvollen Finale in einem Bergaufsprint enden wird. Auf der bis zu elf Prozent steilen Zielgeraden wird sich der Pulheimer auf Kopfsteinpflaster wohl vor allem mit Sagan, dem Belgier Philippe Gilbert (BMC), den Italienern Sonny Colbrelli (Bardiani CSF) und Diego Ulissi (Lampre-Merida) sowie mit seinem Landsmann Nikias Arndt (Giant-Shimano) auseinandersetzen müssen. Aber auch für Greipel ist der im Schnitt fünf Prozent steile Schlusskilometer machbar.
Eine weitere Chance für die Sprinter wird es dann erst wieder am vorletzten Tag der Fernfahrt geben. Das 187 Kilometer lange Teilstück von Bucchianico nach Porto Sant`Elpidio ist vom Profil her noch einfacher als das zweite Teilstück und wird in einem klassischen Massensprint zu Ende gehen.
Die Etappen:
Mittwoch, 12. März, 1. Etappe: Donoratico - San Vincenzo, 18,5km (MZF)
Donnerstag, 13. März, 2. Etappe: San Vincenzo - Cascina, 166km
Freitag, 14. März, 3. Etappe: Cascina - Arezzo, 210km
Samstag, 15. März, 4. Etappe: Arezzo - Cittareale, 237km
Sonntag, 16. März, 5. Etappe: Amatrice - Guardiagrele, 192km
Montag, 17. März, 6. Etappe: Bucchianico - Porto Sant`Elpidio, 187km
Dienstag, 18. März, 7. Etappe: San Benedetto del Tronto, 9,1km (EZF)
Die Teams: Sky, Lampre-Merida, Cannondale, Movistar, Tinkoff Saxo, BMC, Trek, Garmin-Sharp, Katusha, Astana, Lotto-Belisol, Omega Pharma Quick Step, Belkin, Giant-Shimano, Orica GreenEdge, Europcar, Ag2r, FDJ, MTN Qhubeka, NetApp-Endura, Bardiani-CSF, IAM
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