Porte ist der neue Giro-Star

Favoritenstürze auf historischer Etappe

Foto zu dem Text "Favoritenstürze auf historischer Etappe"
Die Uhr im Ziel der 11. Giro-Etappe zeigt den gewaltigen Rückstand der Favoritengruppe an. Foto: ROTH

19.05.2010  |  (rsn) – Denkwürdig, historisch, episch – es war einer dieser Tage des Radsports, an dessen Ende die Beobachter zu den immer gleichen Adjektiven greifen, um die Ereignisse angemessen einzuordnen. Selbst unter Verzicht auf diese Stereotype bleibt die Tatsache bestehen, dass man sich an die 11. Etappe des Giro d’Italia noch lange zurück erinnern wird.

Die Frage stellt sich: Müssen die Topfavoriten Alexander Winokurow (Kasachstan/Astana), Cadel Evans (Australien/BMC Racing), Ivan Basso, Vincenzo Nibali (beide Liquigas) oder Damiano Cunego (Lampre) den Sieg schon nach dem 262 Kilometer langen, vom Dauerregen heimgesuchte Tagesabschnitt von Lucera durch die Abruzzen nach L'Aquila abschreiben?

12:42 Minuten verloren die hochgewetteten Profis  auf eine gewaltige Ausreißergruppe, die bereits nach 20 Kilometern auf und davon gezogen war – ursprünglich in der Stärke von 56 Mann, also fast ein Drittel des noch im Rennen befindlichen Feldes.

„So etwas habe ich in meiner ganzen Karriere noch nicht erlebt. Als sich die große Spitzengruppe abgesetzt hat, sind die Favoriten ruhig geblieben. Keiner hat gezuckt", so Milram-Sportdirektor Christian Henn ungläubig. Sein Team hatte sich wie die übrigen Mannschaften auch bereits um sieben Uhr morgens vom per Bus auf die 165 Kilometer Anreise zum Startort machen müssen.

Linus Gerdemann und Matthias Ruß waren aber hellwach, als sich das Feld teilte. Beide schafften den Sprung in die vordere Gruppe, in der eine ganze Reihe großer Namen dabei war – allen voran der Spanier Carlos Sastre (Cervélo), der gleich drei Helfer an seiner Seite hatte, der Brite Bradley Wiggins (Sky), der Schotte David Millar (Garmin-Transitions), der Spanier David Arroyo (plus vier seiner Caisse d’Epargne-Teamkollegen). Nicht zu vergessen der Australier Richie Porte (Saxo Bank), Träger des Weißen Trikots und bestplatzierter Fahrer im Gesamtklassement.

Die Ausreißer hatten schon nach wenigen Kilometern einen Vorsprung von über vier Minuten herausgefahren, der bei der Fahrt über drei klassifizierte Berge - einen der 1. und zwei der 2. Kategorie - schließlich auf knapp 18 Minuten anwuchs. Bereits rund 80 Kilometer vor dem Ziel war klar, dass die Gruppe, die bis in den vorletzten Anstieg hinein auf 40 Fahrer zusammen schmolz, durchkommen würde. Die große Überraschung war, dass das ebenfalls stetig kleiner werdende Feld den Rückstand nicht nennenswert verringern konnte. Da half es auch nichts, dass Astana, Liquigas, Androni und BMC mehrere Helfer aus der Spitzengruppe nach hinten beorderten – 20 Kilometer vor dem Ziel betrug der Abstand ziemlich genau noch 12:30 Minuten.

Das Finale läutete schließlich knapp sieben Kilometer vor dem Ziel Dario Cataldo (Quick Step) auf der letzten Abfahrt ein. Mehrere Fahrer sprangen aber wieder zum Italiener hin, der unbedingt den ersten Tagessieg für die Gastgeber und den dritten für sein Team einfahren wollte. Kurz vor dem letzten, durchschnittlich 6,9 Prozent steilen Kilometer trat Gerdemann an – zu früh, wie sich herausstellen sollte. An der steilsten Stelle zog zunächst der Russe Evgeni Petrov (Katjuscha), schließlich noch Cataldo (Quick Step) und der wieder erstarkte Sastre am Münsteraner vorbei, der schließlich bis auf Platz sechs durchgereicht wurde, sich aber im Gesamtklassement auf Platz sieben verbesserte.

Knapp 13 Minuten später erreichte die auf rund 15 Fahrer geschrumpfte Favoritengruppe das Ziel. Das 40 Fahrer starke Gruppetto hatte am Ende eines langen Tages sogar rund 45 Minuten Rückstand. Die Siegerzeit betrug genau 6 Stunden, 28 Minuten und 29 Sekunden.

Im Gesamtklassement tun sich ähnlich dramatische Abstände auf wie zuvor auf der Etappe. Die bisherige Spitze mit Winokurow, Evans, Nibali, Basso und Marco Pinotti (HTC-Columbia) findet sich auf den Plätzen 12 bis 16 wieder. Winokurow hat fast zehn Minuten Rückstand auf Porte, Evans 11:10 Minuten, Nibali 11:28, Basso 11:49 und Pinotti 12:15 Minuten. Die großen Gewinner waren neben Porte, - der 25-Jährige ist spätestens jetzt die Sensation dieses Giro – der neue Gesamtzweite Arroyo (+1:42), Gerdemann (7./+5:34) Sastre, der als Achter allerdings auch schon mehr als sieben Minuten Rückstand auf das Rosa Trikot aufweist, sowie Wiggins (9./+8:14).

Ob Winokurow und Evans den gewaltigen Rückstand in den Bergen noch werden gutmachen können, scheint auch deshalb fraglich, weil beide nur noch über je vier Helfer verfügen. Dagegen können Basso und Nibali noch auf alle ihre Liquigas-Helfer bauen. Zudem sind die Italiener in einer taktisch günstigeren Situation, denn mit dem Kroaten Robert Kiserlovski auf Platz drei hat das Team von Giuseppe Saronni einen kletterstarken Fahrer auf Rang drei.

Zum zweiten Mal bei diesem Giro musste Alexander Winokurow das Rosa Trikot abgeben - fraglich, ober er es in diesem Jahr noch mal zurückerobern kann.

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.06.2010McQuaid: Giro-Dopingtests alle unauffällig

Edinburgh (dpa) - UCI-Präsident Pat McQuaid spricht drei Wochen vor dem Start der Tour de France von „ermutigenden Zeichen“ im Anti-Dopingkampf. Die Tests des vergangenen Giro d`Italia „sehen n

01.06.2010Lampre zieht gegen Liquigas den Kürzeren

(rsn) – Das mit Spannung erwartete Giro-Duell der beiden italienischen ProTour-Teams fiel aus – zu überlegen präsentierte sich Ivans Bassos Liquigas-Team gegen die Lampre-Mannschaft von Damiano

31.05.2010Basso: "Wir greifen Contador bei der Tour an"

(rsn) - Ivan Basso im Glück. Kurz nachdem er zum zweiten Mal den Giro d’Italia gewann, gab der Liquigas-Kapitän die baldige Geburt seines dritten Kindes bekannt. Im Interview mit cyclingnews.com

31.05.2010Evans: "Rang fünf etwas enttäuschend"

(rsn) – Auf Platz fünf beendete Weltmeister Cadel Evans (BMC Racing) den zweiten Giro d’Italia seiner Karriere – ein Ergebnis, mit dem der Australier nicht zufrieden war. "Wir alle traten an, u

30.05.2010Giro-Sieger Basso stärker als 2006?

Verona/Hamburg (sid/dpa/rsn) - Ivan Basso hat sich im alten Amphitheater von Verona zum König des 93. Giro d`Italia gekrönt. „Ich bin sehr, sehr glücklich. Dieser Sieg ist fantastisch“, sagte B

30.05.2010Basso als "Champion wieder geboren"

Verona (dpa) - Ivan Basso (Liquigas) hat zum zweiten Mal nach 2006 den Giro d`Italia gewonnen. Vier Jahre nach seinem ersten Triumph verwies der 32-Jährige in der Endabrechnung den Spanier David Arro

30.05.2010Basso nach "tiefem Fall" wieder ganz oben

Verona (dpa) - Ivan Basso ist wieder da. 21 Monate Monate nach Ablauf seiner Dopingsperre trumpfte der 32-Jährige beim 93. Giro d`Italia wie zu alten Zeiten auf.Der Italiener, der mit einem relativ k

30.05.2010Startliste Zeitfahren des 93. Giro d´Italia

(rsn) - Marco Corti eröffnet als Letztplazierter des Gesamtklassements das Zeitfahren von Verona um 14:40 Uhr. Im Abstand von einer Minute gehen die Fahrer auf die 15 Kilometer lange Strecke. Vor den

29.05.2010Tschopp siegt! Evans attackiert zu spät

Ponte di Legno-Tonale (dpa) - Ivan Basso steht beim Giro d`Italia vor seinem zweiten Gesamtsieg nach 2006. Der italienische Liquigas- Kapitän verteidigte auf der letzten Bergetappe sein 24 Stunden zu

28.05.2010Evans gibt den Kampf um das Rosa Trikot auf

(rsn) – Nach der 19. Etappe des Giro d’Italia ist Cadel Evans (BMC Racing) nicht nur vom vierten auf den fünften Platz der Gesamtwertung zurückgefallen, sondern wohl auch keine Chance auf den Ge

28.05.2010Wiederholt sich für Basso Giro-Geschichte?

(rsn) – Aprica war auch diesmal für Ivan Basso (Liquigas) eine Anstrengung wert. 2006, dem Jahr als er den Giro gewann – und kurz darauf wegen seiner Verstrickung in die Operacion Puerto von der

28.05.2010Basso strahlt in Rosa

(sid/rsn/dpa) - Zwei Tage vor dem Ende des 93. Giro d´Italia hat der Italiener Ivan Basso (Liquigas) das Rosa Trikot erobert und damit seinen zweiten Gesamtsieg nach 2006 dicht vor Augen. Der Ende 20

Weitere Radsportnachrichten

03.11.2025Roglic über Lipowitz: “Natürlich kann er mithalten“

(rsn) – Für Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) ging die Saison endgültig mit dem Tour-Kriterium in Singapur zu Ende. Der 35-Jährige feierte 2025 – aus seiner Sicht - "nur“ drei

03.11.2025Van der Poel testet noch unveröffentlichtes Canyon-Rad

(rsn) - Mathieu van der Poel (Alpecin - Deceuninck) wurde bei einer Trainingsausfahrt auf einem noch unveröffentlichten Canyon-Rad gesichtet. Der Niederländer, der auch in Spanien einen Wohnsitz hat

03.11.2025Blonde Mähnen, China-Auswanderer, KT-Größen und Neo-Profis

(rsn) – 139 Fahrer haben sich mit unserem neuen Punktesystem für die Radsport-News-Jahresrangliste 2025 qualifiziert. Nicht alle können wir in den letzten zwei Monaten des Jahres auch mit komple

03.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Urvater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt

03.11.2025Das neue Punkteschema der RSN-Jahresranglisten 2025

(rsn) – Seit jeher berechnet sich die Radsport-News-Jahresrangliste der besten Fahrer und Fahrerinnen aus deutschsprachigen Ländern nicht wie die UCI-Weltrangliste, sondern durch ein eigenes Punkte

03.11.2025Matthews verlängert bei Jayco - AlUla

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

02.11.2025“Projekt Pidcock“ soll bei Q36.5 ausgebaut werden

(rsn) – Die Tatsache, dass Radprofis sich in ihrer Umgebung wohl und von ihrem Team gesehen fühlen möchten, um für den Arbeitgeber bestmögliche Leistungen abliefern zu können, ist nicht neu im

02.11.2025Degenkolb feiert in Chemnitz ersten UCI-Sieg

(rsn) – Anfang des Jahres noch Austragungsort der Deutschen Crossmeisterschaften, fand in Chemnitz der neunte Lauf zur Cross-Bundesliga statt. Das international ausgeschriebene Rennen war damit in

02.11.2025Mallorca Challenge nimmt Mannschaftszeitfahren ins Programm

(rsn) – Zum fünftägigen Rennprogramm der Mallorca Challenge wird 2026 erstmals ein Mannschaftszeitfahren gehören. Im Süden der Insel soll am 29. Januar, dem zweiten Tag der ohne Gesamtwertung au

02.11.2025Nieuwenhuis in Lokeren eine Klasse für sich

(rsn) – Joris Nieuwenhuis (Ridley) hat bei der X2O Badkamers Trofee in Lokeren seinen zweiten Saisonsieg gefeiert. Der Niederländer war 48 Sekunden schneller als Michael Vanthourenhout (Pauwels Sau

02.11.2025Milan gewinnt Tour-de-France-Kriterium in Singapur

(rsn) – Noch einmal durfte Jonathan Milan (Lidl – Trek) sein Grünes Trikot überstreifen, das er im Sommer bei der Tour de France gewonnen hatte. Beim Singapore Criterium, ausgetragen auf einem 2

02.11.2025Brand baut in Lokeren mit einem Sieg ihre Podiumsserie aus

(rsn) – Einen Tag nach ihrem Auftaktsieg bei der X2O Badkamers Trofee auf dem Koppenberg hat Titelverteidigerin Lucinda Brand (Baloise – Glowy Lions) auch das zweite Event der Serie für sich ents

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine