Spannung und bizarre Stürze auf der Zielgerade

Vervaeke im Oman “vor Langeweile“ zum ersten Profisieg

Von Kevin Kempf

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Louis Vervaeke (Soudal – Quick-Step) wandelte seine Langeweile in seinen ersten Profisieg um. | Foto: Cor Vos

09.02.2025  |  (rsn) - “Wenn man Chance eine bekommt, muss man sie benutzen, sonst bekommt man keine weiteren“, sagte Louis Vervaeke (Soudal – Quick-Step) nach seinem Coup auf der 2. Etappe der Tour of Oman (2.Pro) im Gespräch mit Wielerflits.

Die Chance auf seinen ersten Sieg als Berufsradfahrer hatte sich Vervaeke selbst erarbeitet – vor lauter Langeweile quasi! Vier Fahrer waren dem Feld bereits enteilt, als der 31-Jährige hinterher fuhr. “Ich dachte anfangs echt, dass es ein enorm langweiliger Tag werden würde. Ich hatte nach gestern keine Lust auf noch so eine Etappe. Also wollte ich ein bisschen Rennen fahren – und so wurde es ein wirklich schöner Tag“, blickte Vervaeke zurück.

Gelangweilt, aber nicht planlos

Doch völlig planlos erfolgte der Angriff nicht. “Wir wussten nicht, welche Mannschaft heute kontrollieren wollen würde. Darum wollten wir jemanden vorn dabei haben und eine starke Gruppe formen”, erklärte er Vervaeke. ”Tudor hat dann aufgehört zu fahren, ich habe es probiert, war aber leider direkt allein. Dann kam zum Glück der enorm starke Spanier von Q36.5 dazu”, sagte er mit Blick auf Xabier Azparren, mit dem Vervaeke 104 Kilometer vor dem Ziel zur Spitze aufschloss.

Als der Vorsprung des Sextetts auf sechs Minuten angewachsen war, habe er an einen möglichen Sieg geglaubt. Trotzdem waren die Erfolgsaussichten gering. “So etwas sieht man nicht oft. Oft gibt es langweilige Etappen. Die Gruppe ist weg – und dann passiert nichts mehr. Im Peloton schmeißen wir zu viele Chancen einfach weg“, urteilte Vervaeke und fügte an: “Es ist oft mehr möglich, als wir denken. Es kann immer nur einer gewinnen und die Mannschaften, die sich ihrer Sache nicht sicher sind, könnten mehr probieren“, plädierte er für eine offensivere Fahrweise im Profiradsport.

Ohne Rhythmus durch die Hitze

Die zahlte sich für Vervaeke auf den Weg zum Ziel an den Yitti Hills komplett aus. Zehn Kilometer vor dem Ziel ließ er am vorletzten Hügel seine verbliebenen Begleiter Azperren und Magnus Kulset (Uno-X Mobility) hinter sich. “Als ich angriff, fühlte ich mich noch supergut, aber ich bin dann etwas über mein Limit gegangen. Dadurch – und durch die Hitze – habe ich danach nie meinem Rhythmus gefunden. Ich wusste vor dem Schlussanstieg, dass es knapp werden würde. Denn an so einem Knick fährt ein Feld viel schneller als Ausreißer“, erzählte Vervaeke.

Während er dem Sieg entgegenstürmte, stolperte das jagende Feld knapp hinter ihm quasi über die eigenen Füße. Auf der sehr breiten Zielgeraden kam es zu mehreren Stürzen. Lediglich sieben Profis überstanden das späte Chaos unversehrt – sie kamen aber zu spät und zwei Sekunden nach dem Sieger ins Ziel. Zu den glücklosen Glücklichen gehörten auch die Deutschen Felix Engelhardt (Jayco – AlUla) und Marco Brenner (Tudor), die die Plätze vier und fünf belegten. Engelhardts Teamkollege Davide de Pretto wurde von der Jury für den letzten Crash verantwortlich gemacht und vom sechsten auf den 33. Rang zurückgesetzt.

Der Sieger merkte von all dem nichts. “Ich sah nur noch das Ziel und dachte: ‘Ich muss zur Ziellinie, ich muss zur Ziellinie, ich muss zur Ziellinie!‘“, erzählte er. Die erreichte Vervaeke tatsächlich als Erster – und im Moment des Sieges dachte er vor allem an seine Familie und die Entbehrungen eines Radprofis: “Meine Frau schläft schon seit einem Monat allein. Ich schlafe in meinem Höhenzelt. Und die Kinder hatten zuletzt viele schlechte Nächte“, so Vervaeke, der nun auch die Gesamtwertung der Oman-Rundfahrt anführt

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