Erst runter vom Berg, dann wieder rauf

Fehlinformation sorgt für Chaos ums Rote Trikot: O´Connor “etwas angepisst“

Von Felix Mattis

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Ben O´Connor (Decathlon - AG2R) verteidigt an den Lagos de Covadonga das Rote Trikot - doch dann beginnt eine Odyssee. | Foto: Cor Vos

03.09.2024  |  (rsn) – Der Arbeitstag von Ben O'Connor (Decathlon – AG2R) ist am Dienstag nach der Bergankunft an den Lagos de Covadonga noch einmal unangenehm verlängert worden. Aufgrund einer Fehlinformation fuhr der Australier vom Ziel nach einigen Interviews hinunter ins Tal, nur um dort zu erfahren, dass Siegerehrung, Anti-Doping-Test und Pressekonferenz oben im Nebel stattfanden und er noch einmal hinauf musste – das dann natürlich mit dem Auto, aber noch immer in seiner Rennkleidung.

"Ich muss mich umziehen, ich bin verdammt am frieren", sagte O'Connor nach der Podiumszeremonie gegen 19 Uhr – weit mehr als eine Stunde nach seiner Zielankunft. "Mir wurde gesagt, ich solle ins Tal herunterfahren und das habe ich getan, aber dort wurde mir dann gesagt, ich müsse wieder hoch. Das war ehrlich gesagt etwas frustrierend. Ich könnte jetzt wirklich eine heiße Dusche gebrauchen", versuchte sich der Australier anschließend in diplomatischer Wortwahl ob des Ärgernisses, gab auf Nachfrage dann aber doch auch deutlich zu verstehen:

"Ich bin jedenfalls nicht froh, das kann ich Ihnen sagen", lachte er. "Ich versuche hier ein nettes Gesicht zu wahren, aber in mir drin bin ich etwas angepisst." Von wem genau O'Connor, nachdem er im Ziel zunächst eine Jacke übergezogen und ein paar kurze erste Interviews gegeben hatte, angewiesen worden war, aus dem Ziel knapp 15 Kilometer weit ins Tal zurückzufahren, wo die Teambusse standen, wurde am Dienstagabend zunächst nicht klargestellt.

Normalerweise bekommen die Fahrer Anweisungen im Zielbereich von ihren Betreuern und Betreuerinnen, wo der Mannschaftsbus steht. Etappensieger und Trikotträger aber werden auch von Mitarbeitenden der Rennveranstalter abgefangen und zum Podium begleitet. An den Lagos de Covadonga jedoch war dieses Podium nicht direkt am Zielstrich, sondern rund 400 Meter davon entfernt. Im Nebel war es nicht sofort sichtbar und so scheint es ein Missverständnis gegeben zu haben und für den Australier nicht klar gewesen zu sein, dass das Podium oben am Gipfel war.

Gesamtführung mit großem Kampfgeist nochmal behalten

Seine anschließende Fahrt zurück den Berg hinauf war kompliziert. O'Connor saß zwar in einem Teamwagen, der aber musste von zwei Polizei-Motorrädern eskortiert werden. Denn zunächst befanden sich noch andere Fahrer im Rennbetrieb im Anstieg und dann kamen Zuschauer auf ihrer Heimreise den Berg hinunter. So dauerte es bis fast 19 Uhr bis O'Connor, noch immer im nassen Trikot, wieder oben ankam.

Weniger ärgerlich als die Geschehnisse nach dem Rennen war der Ausgang des Rennens für den Australier gewesen. Zwar büßte er 58 Sekunden auf Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe), Enric Mas (Movistar) und Richard Carapaz (EF Education – EasyPost) ein, doch die Gesamtführung rettete er mit starkem Kampfgeist. O'Connor war am Schlussanstieg früh abgehängt worden und es schien, als würde er das Rote Trikot verlieren, doch auf den letzten Kilometern hielt er den Abstand zu seinen Kontrahenten konstant und verteidigte Rot letztlich um fünf Sekunden vor Roglic.

"Wäre überrascht, wenn ich das Trikot am Freitag wieder verteidige"

"Ich habe das Rote Trikot noch für morgen, also werde ich alles aufsaugen und es so gut es geht nochmal genießen, denn ich bin mir nicht sicher, ob das noch lange anhält. Wahrscheinlich werde ich es morgen nochmal behalten, vielleicht auch den Tag danach. Aber am Freitag wäre ich überrascht", sagte O'Connor mit Blick auf die beiden leichteren Überführungsetappen am Mittwoch und Donnerstag sowie die nächste Bergankunft am Freitag am Alto de Moncalvillo.

Doch auch wenn der 28-Jährige die Gesamtführung auf der 19. Etappe dann verlieren sollte, so dürfte er mit erhobenem Haupt von dieser Spanien-Rundfahrt abreisen. "Letztendlich war es eine ziemlich gute Zeit im Trikot", meinte er – und auch ein Podestplatz am Ende der Vuelta wäre sicher kein schlechter Erfolg für den Tour-de-France-Vierten von 2021. Auf den Gesamtvierten Carapaz hat er 1:46 Minuten Vorsprung, auf Mikel Landa (Soudal – Quick-Step) auf Rang fünf 2:18 Minuten und auf den neuen Gesamtsechsten David Gaudu (Groupama – FDJ) 3:48 Minuten. Wenn am Wochenende kein Totaleinbruch folgt, sollte O'Connor zumindest in den Top 5 bleiben können.

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