Edelhelfer Gall in schwieriger Situation

O´Connor gibt nicht auf: “Ich bin immer noch in Rot“

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "O´Connor gibt nicht auf: “Ich bin immer noch in Rot“"
Ben O´Connor (Decathlon - AG2R) trägt auch nach der 13. Vuelta-Etappe weiter Rot. | Foto: Cor Vos

30.08.2024  |  (rsn) – 1:55 Minuten hat Ben O'Connor (Decathlon – AG2R) auf den letzten 4,2 Kilometern am Puerto de Ancares gegenüber Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) eingebüßt. Der Mann im Roten Trikot war im Finale der 13. Etappe dieser 79. Vuelta a Espana von Roglics Teamkollegen schon unten in den Anstieg hinein ans Limit gebracht worden und musste abreißen lassen, als der Giro-Zweite Daniel Felipe Martinez ein Höllentempo vorlegte.

"Ich war ziemlich durchgekocht und konnte nicht mehr schnell fahren. Das ist traurig, aber ich bin immer noch in Rot – und das ist wenigstens gut", übte sich der Australier im Ziel in Zweck-Optimismus. Dass es bei nun nur noch 1:21 Minuten Vorsprung auf Roglic in der Gesamtwertung sehr schwer werden wird, die Gesamtführung bis zum Abschluss-Zeitfahren in Madrid zu behaupten, dürfte aber auch ihm am Freitag klar geworden sein.

In den ganz steilen Rampen kann O'Connor mit Roglic und Co. einfach nicht ganz mithalten. "Ich habe Roglics Beschleunigung ehrlich gesagt gar nicht gesehen, weil ich da schon weg war", lachte O'Connor als Reaktion auf die Frage, was er beim Vorstoß seines Kontrahenten gedacht habe, etwas sarkastisch. "Ich habe nur versucht mein Tempo zu fahren. Aber es ging einfach nicht wirklich viel für mich."

Bei Decathlon – AG2R musste man am Freitag anfangen, sich Gedanken über die interne Rollenverteilung zu machen. Felix Gall wartete anfangs auf seinen Teamkollegen in Rot, obwohl der Österreicher ganz offensichtlich deutlich schneller gekonnt hätte. Ein ums andere Mal drehte er sich um, schien noch recht locker zu pedalieren, als O'Connor schon am Limit war.

Als Gall dann offenbar freie Fahrt bekam – wie genau die Kommunikation im Team zu diesem Zeitpunkt lief, war am Freitagabend nicht öffentlich bekannt - fuhr er sehr schnell davon und kam noch nah an die längst enteilten Kontrahenten heran. Roglic mag auch für den Österreicher am Puerto de Ancares nicht zu halten gewesen sein, aber es schien, als hätte er in der Gruppe dahinter um Mikel Landa (Soudal – Quick-Step), Mattias Skjelmose (Lidl – Trek) und Carlos Rodriguez (Ineos Grenadiers) mithalten können. 32 Sekunden vor ihm kam Landa ins Ziel. Wäre Gall da dabei gewesen, hätte er sich in der Gesamtwertung nicht nur vom neunten auf den achten, sondern sogar auf den sechsten Platz verbessert.

Wer ist eigentlich wirklich die bessere GC-Option?

Angesichts der noch vier Bergankünfte und fünf schweren Bergetappen im restlichen Vuelta-Verlauf scheint Gall inzwischen das größere Potential für die Gesamtwertung zu haben, als O'Connor. Am Sonntag wird daher spannend, was passiert, wenn der Australier hinauf zum Cuitu Negru wieder schwächeln sollte. Gall dann zurückzuhalten könnte ein Fehler sein.

Andererseits liegt der Österreicher eben auch mehr als vier Minuten hinter O'Connor zurück und das 24,6 Kilometer lange Abschlusszeitfahren von Madrid dürfte für sein Gesamtwertungsergebnis noch etwas gefährlicher sein, als für O'Connor. Und den Mann im Führungstrikot allein zurückzulassen, wie am Puerto de Ancares, das sieht nach außen eben auch immer etwas blöd aus.

Es ist eine komplizierte Situation, in der man sich bei Decathlon – AG2R derzeit befindet. Oder vielleicht auch nicht? Denn unterm Strich steht weiterhin: O'Connor steht auf Platz eins der Gesamtwertung. Bis ihm das Rote Trikot ausgezogen wird, könnte die Lage bei der Vuelta für die französische Mannschaft besser doch gar nicht sein. Für den Australier jedenfalls scheint das Zwischenziel nun erstmal der Ruhetag am Montag zu sein – genau wie schon vor einer Woche.

"Mal sehen, wie es weiter geht. In Granada habe ich mich wirklich gut gefühlt, heute hatte ich quasi gar nichts in den Beinen. Morgen werde ich versuchen, mich so gut es geht zu erholen und noch einen weiteren Tag in Rot zu bleiben – und dann mal schauen, wie der Sonntag läuft", sagte der Vuelta-Spitzenreiter jedenfalls. Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist.

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