RSNplus24-Kilometer-Solo in die Glückseligkeit

Ludwig: “Dachte so oft, dass ich nie einen Profisieg hole“

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Ludwig: “Dachte so oft, dass ich nie einen Profisieg hole“"
| Foto: Cor Vos PRÜFEN

09.05.2024  |  (rsn) – Hannah Ludwig hat geschafft, woran sie selbst nicht geglaubt hat. Die 24-Jährige aus Traben-Trarbach machte am Mittwoch den Tag für ihr Team Cofidis perfekt. Nachdem kurz zuvor Benjamin Thomas in Lucca bereits zum Giro-Etappensieg gefahren war, feierte seine deutsche Teamkollegin bei der Navarra Classic (1.Pro) in Pamplona ihren ersten Profisieg.

"Ich dachte so oft, dass ich nie einen Profisieg haben werde und bin super überrascht. Es fühlt sich an, als hätte jemand gewonnen, der immer ein bisschen Außenseiter ist", sagte Ludwig radsport-news.com an einem sehr emotionalen Abend. "Ich denke es wird erst in ein paar Tagen wirklich ankommen bei mir, aber ich bin schon sehr, sehr froh."

Die Cofidis-Fahrerin, nachdem sie am schwersten und längsten Anstieg des Tages, der Muro de Tirapu (3,4 km bei 5,8%), knapp 30 Kilometer vor Schluss sieben Fahrerinnen um die Favoritinnen Liane Lippert (Movistar), Erica Magnaldi (UAE Team ADQ) und Shirin van Anrooij (Lidl - Trek) ziehen lassen musste und in der Abfahrt zu ihnen zurück kam, 24,5 Kilometer vor dem Ziel attackiert und von da an ein fulminantes Solo zum Sieg durchgezogen. ___STEADY_PAYWALL___

"Habe nicht gedacht, dass ich wegbleiben kann"

"Ich habe nicht gedacht, dass ich wegbleiben kann, weil es noch so weit war. Aber wir sind genau diesen Teil ab dem Berg am Tag vorher abgefahren und ich dachte: Mal gucken wie es mit dem Wind wird", erzählte Ludwig. "Ich kannte nicht so richtig den Abstand, aber ich habe einfach versucht, nur nach vorne zu schauen, weil ich mich sonst immer viel zu viel umgucke. Es war hart, weil ich wusste, dass sie an den Bergen hinten immer attackieren werden und ich dort Zeit verliere."

Bloß nicht nach hinten gucken: Hannah Ludwig (Cofidis) allein an der Spitze des Navarra Classic. | Foto: Getty Sport / Team Cofidis

Doch Ludwig baute vielmehr ihren Vorsprung anfangs kontinuierlich bis auf eine halbe Minute aus - und als dann hinten taktiert wurde, standen 18 Kilometer vor Schluss sogar fast anderthalb Minuten auf der Uhr. Mit ihrer Prognose hatte sie Recht: Hinter ihr wurde immer wieder angegriffen und der Abstand ging in Schritten herunter, blieb dann aber auch immer wieder für eine Weile konstant.

"Zehn Kilometer vor Schluss dachte ich schon mal, dass es vielleicht klappen kann. Aber dann habe ich wieder gezweifelt – ich war mir gar nicht sicher", sagte Ludwig und berichtete von einem schweren Rennen auch schon vor ihrem Solo: "Es war an den Bergen immer hart, ist danach aber immer wieder auch stehen geblieben, weil es windig war – manchmal war aber auch ein bisschen Windkante. Es war ein spezielles Rennen."

Starke Teamleistung von Cofidis am perfekten Mittwoch

Gemeinsam mit ihren Teamkolleginnen Spela Kern und Julie Bego hielt sich Ludwig aber bis zur Muro de Tirapu im ersten Feld der Favoritinnen. An dieser vorentscheidenden Steigung schaffte die Französin Bego dann sogar den Sprung in die siebenköpfige Spitzen-Selektion mit den Top-Favoritinnen. Aber auch Ludwig war nicht weit zurück und kam anschließend wieder zurück – um dann ihr Solo zu starten.

Spela Kern (links) und Julie Bego (rechts) feiern den Sieg mit Hannah Ludwig. | Foto: Getty Sport / Team Cofidis

"Die Mädels haben gemeinsam eine unglaubliche Leistung erbracht und wurden dafür folgerichtig belohnt", kommentierte der Sportliche Leiter Takehiro Mizutani den Auftritt seines Cofidis-Teams und auch Ludwig lobte ihre Teamkolleginnen: "Ich bin so dankbar! Es sind heute alle so gut zusammengefahren", sagte sie.

Nachdem Ludwig bereits in ihrem ersten Junioren-Jahr WM-Vierte im Einzelzeitfahren geworden war und ein Jahr später EM-Zweite in derselben Disziplin, kam sie 2019 direkt in den Profikader von Canyon – SRAM und zeigte auch dort sofort einige sehr ansprechende Leistungen, verpasste als 19-Jährige eine Medaille bei den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften der Elite hinter Lisa Klein, Mieke Kröger und Lisa Brennauer nur knapp und wurde U23-Europameisterin in ihrer Paradedisziplin. In ihrem zweiten Profijahr verletzte sie ich beim Omloop Het Nieuwsblad und musste fast fünf Monate pausieren, verteidigte dennoch ihren U23-EM-Titel im Kampf gegen die Uhr.

"Der Wechsel hat mir so viel Kraft gegeben"

2021 dann holte sie mit Bronze ihre erste Elite-Medaille bei den Deutschen Meisterschaften, gehörte in Tokio sogar zum Olympia-Aufgebot des BDR fürs Straßenrennen und holte diesmal Silber bei der U23-EM auf dem Zeitfahrrad. Der ganz große Durchbruch in internationalen Straßenrennen aber gelang Ludwig noch nicht und so wechselte sie im Winter von Canyon – SRAM zu Uno-X.

Vorne jubelt Ludwig, hinten sprinten die geschlagenen Favoritinnen. | Foto: Getty Sport / Team Cofidis

Doch der erhoffte ganz große nächste Schritt in Richtung Weltspitze ließ weiter auf sich warten. Ludwig wurde 2022 zwar wieder DM-Dritte im Zeitfahren, darüber aber war sie damals eher enttäuscht als glücklich – und sonst fehlten Spitzenergebnisse. 2023 setzte sich das so fort, bei Uno-X gelang die Weiterentwicklung nicht wie erhofft – auch wenn Ludwig mit einem 13. Platz am Col du Tourmalet bei der Königsetappe der Tour de France Femmes bewies, dass großes Potenzial in ihr schlummert.

Nach zwei Jahren in der norwegischen Mannschaft schließlich gab es für 2024 den nächsten Tapetenwechsel, und der scheint Ludwig sehr gut getan zu haben. "Der Wechsel hat mir so viel Kraft gegeben, ich fühle mich richtig, richtig gut hier im Team", sagte sie RSN nun nach dem Sieg in Pamplona. "Ich bin wirklich glücklich, genieße es und bin dankbar."

Mehr Informationen zu diesem Thema

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Die Trikots der Women´s WorldTeams für die Saison 2025

(rsn) – Auch die Teams der Women’s WorldTour zeigen ihre Trikots für die Saison, teilweise in gemeinsamen Präsentationen mit ihren männlichen Kollegen. Den Anfang machte in diesem Winter das US

24.12.2024Horror-Jahr mit zwei Knie-OPs: “Ich saß weinend auf dem Rad“

(rsn) – Sie war gemeinsam mit Teamkollegin Antonia Niedermaier der Shootingstar im deutschen Frauen-Radsport und nach ihrem Tour-de-France-Etappensieg in Albi am 27. Juli 2023 die gefeierte Heldin.

24.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

23.12.2024Alvarado auch im Sand am Zilvermeer die Beste

(rsn) – Einen Tag nach ihrem Sieg beim Weltcup in Zonhoven war Ceylin del Carmen Alvarado (Fenix – Deceuninck) auch im Sand von Mol erfolgreich. Im fünften Lauf der Superprestige baute die Nieder

23.12.2024Nach Teamwechsel zum ersten Profisieg

(rsn) - Nach zwei Jahren im hohen Norden bei Uno-X zog es Hannah Ludwig zu Saisonbeginn 2024 wieder in mildere Gefilde, nach Frankreich. "Mein Vertrag wurde zum Saisonende nicht verlängert und so mus

22.12.2024Alvarado mit kalten Händen zum achten Saisonsieg

(rsn) - Ceylin del Carmen Alvarado (Fenix – Deceuninck) hat in und an der berühmten Kuil den Cross-Weltcup von Zonhoven gewonnen. Nach einem spannenden Rennen verwies sie Zoe Bäckstedt (Canyon –

22.12.2024Bis zur Corona-Infektion lief es richtig gut

(rsn) - Erst zwölf Tage des neuen Jahres waren vergangen, da standen für Linda Riedmann vom Team Visma - Lease a Bike schon die ersten Rennen an. In Australien bei der Santos Tour Down Under begann

21.12.2024Schreiber startet am schnellsten und bleibt bis zum Schluss vorn

(rsn) – Schnellstarterin Marie Schreiber (SD Worx – Protime) hat den Cross-Weltcup in Hulst mit einem Start-Ziel-Sieg für sich entschieden. Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) baute als Zweite

21.12.2024Vom Niemandsland nach Alpe d’Huez in wenigen Monaten

(rsn) – Als Ruderin stand Valentina Cavallar schon bei den Olympischen Spielen am Start und ihr Einstieg in den Radsport kam dann doch sehr überraschend. Erst im April fand sie einen Platz bei der

20.12.2024Meisterschaftsdoppel versöhnte nach Olympia-Enttäuschung

(rsn) – Die Olympischen Spiele in Paris hatten die Österreicherin Anna Kiesenhofer (Roland) wieder in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit zurückgeholt. Immer wieder wurde ihre Sensationsfahrt v

20.12.2024Vollering will mit weniger Rennen zurück zum Tour-Sieg

(rsn) – Demi Vollering hat in einem Interview mit dem niederländischen TV-Sender NOS angekündigt, in Zukunft weniger Rennen zu bestreiten, diese aber alle in Top-Form angehen zu wollen. Damit folg

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

24.12.2024Die Trikots der Women´s WorldTeams für die Saison 2025

(rsn) – Auch die Teams der Women’s WorldTour zeigen ihre Trikots für die Saison, teilweise in gemeinsamen Präsentationen mit ihren männlichen Kollegen. Den Anfang machte in diesem Winter das US

24.12.2024Horror-Jahr mit zwei Knie-OPs: “Ich saß weinend auf dem Rad“

(rsn) – Sie war gemeinsam mit Teamkollegin Antonia Niedermaier der Shootingstar im deutschen Frauen-Radsport und nach ihrem Tour-de-France-Etappensieg in Albi am 27. Juli 2023 die gefeierte Heldin.

24.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

24.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

23.12.2024Eine Saison, die keinen Grund zur Klage gab

(rsn) – Auch wenn er gegenüber RSN nicht von einer perfekten ersten Saisonhälfte sprechen wollte, so war Tim Torn Teutenberg (Lidl – Trek Future Racing) doch sehr nahe dran. Dazu wurden seine st

23.12.2024Van der Poel gräbt den Schatz am Silbersee aus

(rsn) – Am Zilvermeer in Mol hat Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) bei seinem zweiten Saisoneinsatz den zweiten Sieg gefeiert. Dabei war der Weltmeister - obwohl er es in der Anfangsphas

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine