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27.07.2023 | (rsn) – Nur zwei Tage nach Liane Lippert (Movistar) darf sich die nächste deutsche Starterin im Feld der Tour de France Femmes über einen Etappensieg freuen. Ricarda Bauernfeind (Canyon - SRAM) triumphierte als Solistin auf dem 126,1 Kilometer langen Teilstück von Onet-le-Chateau nach Albi. 36 Kilometer vor dem Ziel attackierte sie und nutzte die fehlende Zusammenarbeit im klein gewordenen Peloton zu ihren Gunsten.
“Um ehrlich zu sein, kann ich das nicht glauben. Es ist fantastisch. Wir haben jetzt so lange auf den Sieg gewartet, nun ist er da“, erzählte Bauernfeind im ersten Ziel-Interview. Wie ihre Landsfrau und Teamkollegin Antonia Niedermaier, die zuletzt eine Giro-Etappe gewonnen hatte, konnte sich die 23-Jährige nun auch mit einem Sieg in den Geschichtsbüchern der Women’s WorldTour verewigen. Die Ingolstädterin ist dabei die jüngste Etappengewinnerin in der zweijährigen Geschichte des Rennens, unterbot die bisherige Marke von Sprinterin Lorena Wiebes (SD Worx) um wenige Tage.
Dabei hatte der Tag für Bauernfeinds Team alles andere als ideal angefangen. Denn zuerst verpasste die von Ronny Lauke und Magnus Backstedt geleitete Equipe den Postabgang und musste der ersten Spitzengruppe lange nachjagen. Als das Feld kleiner wurde, setzte Canyon - SRAM voll auf die Karte Bauernfeind, welche ihre Soloaktion erfolgreich abschließen konnte.
“Wir mussten die erste Gruppe verfolgen, weil wir sie nicht besetzt hatten. Am Ende lag es an mir, ich habe attackiert und es ist aufgegangen“, strahlte die junge Bayerin. In der letzten Abfahrt lösten sich auch Lippert und die Schweizerin Marlen Reusser (SD Worx) noch aus dem Feld. Doch die Bernerin wusste die Gesamtführende Lotte Kopecky (SD Worx) noch im Feld hinter sich und stellte ihre Mitarbeit ein, weswegen das Duo Bauernfeind nicht mehr erreichen konnte.
Im Schlusssprint zog dann Reusser noch an Lippert vorbei und verhinderte 22 Sekunden nach der Zieldurchfahrt von Bauernfeind so einen möglichen deutschen Doppelsieg. Zehn Sekunden hinter den beiden sprintete Kopecky im Gelben Trikot über den Zielstrich in Albi. Die Belgierin behielt ihre Führung in der Gesamtwertung.
Nichts zu lachen hatte die Niederländerin Demi Vollering (SD Worx), die eine 20-sekündige Zeitstrafe aufgebrummt bekam, weil sie nach einem Defekt von ihrem Teamfahrzeug wieder ins Feld zurückgefahren wurde. Anstatt die Topfavoritin auf den Gesamtsieg an den Konvoi wieder ranzubringen, entschied sich die Sportliche Leitung, sie gleich auch noch an den anderen Autos vorbeizulotsen, was den Rennkommissären zu viel war.
Vollering verlor damit gleich sechs Positionen in der Gesamtwertung und ist nun Siebte. Neue Zweitplatzierte ist die Südafrikanerin Ashleigh Moolman-Pasio (AG Insurance – Soudal – Quick-Step / + 0:49) vor Elisa Longo Borghini (Lidl – Trek / + 0:51). Lippert (+ 1:25) und Bauernfeind (+ 1:38) folgen auf den Rängen acht und neun.
In der Bergwertung übernahm Yara Kastelijn (Fenix – Deceuninck) das Führungstrikot nachdem die bisher führende Anouska Koster (Uno-X) schon vor dem ersten Anstieg die Segel an der Spitze streichen musste. In der Sprintwertung führt weiter Kopecky und auch die Französin Cedrine Kerbaol (Ceratizit - WNT) verteidigte das Trikot der besten Nachwuchsfahrerin. Als kämpferischste Fahrerin des Tages wurde Bauernfeind ausgezeichnet.
Schon vor dem Start gab es die erste große Überraschung: Wiebes verließ die Rundfahrt mit Magenproblemen. Nach gut zehn gefahrenen Kilometern auf dem fünften Tagesabschnitt von Onet-le-Chateau nach Albi löste sich dann eine größere Gruppe, in der sich auch Clara Koppenburg (Cofidis) sowie Hannah Ludwig (Uno-X) aus Deutschland befanden. Die Britin Claire Steels (Israel - Premier Tech - Roland) war die bestplatzierte Fahrerin unter den Ausreißerinnen, mit einem Rückstand von 2:44 Minuten auf das Gelbe Trikot. Da einige Teams wie Canyon - SRAM aber nicht vorne vertreten waren, wurde den elf Fahrerinnen kein großer Vorsprung zugesprochen.
Im Feld dahinter hatte Vollering einen Defekt. Der wurde zwar schnell behoben, aber dann agierten die Sportlichen Leiter der Niederländerin im Begleitfahrzeug zu offensiv. Anstatt sie ans Ende des Konvois zu bringen, überholten sie mit Vollering im Schlepptau noch zahlreiche Fahrzeuge, wurden von den Kommissären zuerst verwarnt und Vollering wurde schließlich, nachdem sie keine Reaktion darauf zeigten, eine Zeitstrafe aufgebrummt.
Das Profil der 5. Etappe der Tour de France Femmes | Foto: ASO
Nachdem die Spitzengruppe eingeholt war, wartete noch der hügelige Teil des Rennens mit den drei Bergwertungen. Schon an der ersten wurde das Peloton immer kleiner, bestand oben nur noch aus gut 35 Fahrerinnen. Kastelijn holte sich den Bergpreis und wiederholte das Ganze auch an der zweiten Bergwertung. Dort angekommen, startete dann Bauernfeind ihre Attacke. Zuerst hatte sie noch Begleitung von der Britin Steels, doch diese ließ sie nur einen Kilometer später stehen.
Nachdem sich das Feld nicht über die Nachführarbeit einigen konnte, wuchs der Vorsprung der jungen Deutschen bis auf 1:30 Minuten an. Diesen verteidigte sie bis ins Finale hinein. Nach der letzten Abfahrt lösten sich dann Lippert und Reusser und starteten die Verfolgungsjagd. Die Schweizerin, die zuvor schon lange im Feld das Tempo gemacht hatte, stellte ihre Arbeit ein, blieb am Hinterrad der Deutschen, womit die Chance, Bauernfeind noch aufzuhalten, vertan war.
Diese siegte als Solistin, während dahinter Reusser noch Lippert im Kampf um das Podium absprintete. Zehn Sekunden dahinter führte Kopecky das Feld über den Zielstrich.
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