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01.09.2022 | (rsn) – Mit einem entschlossenen Antritt zwei Kilometer vor dem Ziel konnte sich Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) die 12. Etappe der Vuelta a Espana sichern. Der Olympiasieger setzte sich am Schlussanstieg nach Peñas Blancas souverän gegen seine Fluchtgefährten Wilco Kelderman (Bora – hansgrohe / +0:09) und Marc Soler (UAE – Emirates / +0:24) durch. Vuelta-Debütant Marco Brenner (DSM) erkämpfte sich 34 Sekunden hinter Carapaz einen hervorragenden fünften Rang. Im Gesamtklassement führt weiterhin Remco Evenepoel (Quick – Step), der alle Angriffe souverän parierte.
Der 29-jährige Carapaz gehörte zu einer 32 Fahrer starken Spitzengruppe, die auf den ersten 35 der 192 Kilometer langen Etappe aus dem Feld gelöst hatte und den Tagessieg schließlich unter sich ausmachte. “Ich bin sehr glücklich. Unser Ziel für diese Vuelta war natürlich ein anderes, aber das hat leider nicht geklappt. Darum konzentrieren wir uns jetzt auf Etappensiege und das hat heute geklappt“, spielte Carapaz auf seine Ambitionen im Gesamtklassement an, die er nach der ersten Woche bereits begraben musste.
Der Olympiasieger hofft auf weitere Etappensiege
“Die ersten Tage in den Niederlanden habe ich mich nicht gut gefühlt. In den ersten Wochen gab es einige schwere Bergetappen im Norden und da lief es gar nicht. Ich probierte mich mental zu resetten für den zweiten Teil der Vuelta, um dort Etappen zu gewinnen. Das hat geklappt. Ich war schon einige Mal Zweiter oder Dritter bei der Spanien-Rundfahrt, jetzt habe ich endlich den Etappensieg“, führte der Ecuadorianer weiter aus.
Am 19 Kilometer langen Schlussanstieg blieb geduldig und wartete auf seine Chance, die sich ihm bot, als Keldermans Teamkollege Matteo Fabbro im oberen Teil des Berges aus der Führung ausscherte. “Fabbro hat gut gearbeitet und ich konnte ihm gut folgen. Als er weg war, gab es verschiedene Angriffe und ich habe auf den richtigen Moment gewartet. Ich musste alles geben, um vorn zu bleiben. Ich habe meine gute Form zurückgefunden und werde das jetzt genießen“, freute sich Carapaz, dem man die Erleichterung beim Zieljubel ansah. “Es kommen noch einige schöne Etappen für mich und ich werde sicher probiere noch eine für mich zu entscheiden“, kündigte der Kletterer an.
Brenner glücklich, Kelderman geschlagen, aber jetzt Gesamtsechster
Auch der 20-jährige Brenner konnte mehr als nur zufrieden mit seiner Leistung sein. “Ich bin sehr glücklich. Ich hatte ein paar Gesundheitsprobleme, aber beim Ruhetag und im Zeitfahren konnte ich es ruhig angehen lassen. So habe ich mich gut erholt und heute hatte ich einen wirklich guten Tag und ich freue mich über das Ergebnis“, meinte der junge Augsburger.
Der 31 Jahre alte Kelderman konnte zwar die gute Vorarbeit seines Teamkollegen Fabbro nicht in einen Tagessieg ummünzen, kletterte im Gesamtklassement allerdings vom 21. auf den sechsten Rang. Auch Jan Polanc (UAE – Emirates) nutzte den großzügigen Vorsprung, den Quick-Step der Spitzengruppe gewährte, um sich auf den neunten Gesamtplatz zu schieben.
Folgenlose Schrecksekunde für Evenepoel
Spitzenreiter Evenepoel reagierte am Schlussanstieg souverän auf die Angriffe von Enric Mas (Movistar) und Carlos Rodriguez (Ineos Grenadiers). “Im Anstieg fühlte ich mich gut. Auf den letzten 200 Metern bin ich voll gesprintet, weil ich noch etwas im Tank hatte“, kommentierte der 22-jährige Belgier das Finale. Sein Vorsprung in der Gesamtwertung bleibt weiterhin bei 2:41 Minuten auf Primoz Roglic (Jumbo-Visma) und 3:03 Minuten auf Mas.
Während der Etappe musste Evenepoel allerdings einen Schreckmoment überstehen, als er auf einer kurzen Abfahrt wegrutschte.“Nur mein Bein hat es ein bisschen erwischt. Ich denke meinem Rad geht es schlechter als mir. Es war sehr glatt. Die Motorräder sind wohl auch gerutscht und haben deswegen gebremst. Ich wollte innen durch, aber ich habe es übertrieben. Ich werde jetzt meine Wunden versorgen und versuchen mich für morgen zu erholen, das wird eine Sprintetappe!“, schilderte Evenepoel die gefährliche Situation.
Die Punktewertung wird weiterhin von Mads Pedersen (Trek – Segafredo) angeführt. Jay Vine (Alpecin – Deceuninck) verpasste zwar den Etappensieg, bleibt aber im Bergtrikot. Evenepoel führt auch das Nachwuchsklassment an. In der Teamwertung übernahm UAE – Emirates wieder die Führung.
So lief das Rennen:
Nach vielen vergeblichen Attacken zu Beginn der 12. Etappe dauerte es rund 35 Kilometer, ehe sich in der Gluthitze von fast 35 Grad eine Gruppe absetzen konnte. Die umfasste nicht weniger als 32 Fahrer, darunter Carapaz, Brenner, Bergkönig Jay Vine (Alpecin – Deceuninck), Elie Gesbert (Arkéa - Samsic), Evenepoels Teamkollege Louis Vervaeke sowie das Bora-hansgrohe-Duo Kelderman und Matteo Fabbro. Lediglich vier der 23 Mannschaften waren mit keinem Fahrer in die große Gruppe präsent – dagegen waren Israel – Premier Tech, UAE Emirates und Alpecin – Deceuninck mit je drei Fahrern vertreten.
Kelderman war mit 14:04 Minuten Rückstand auch der im Gesamtklassement bestplatzierte der Ausreißer, so dass es Quick-Step nicht eilig hatte, die Ausreißer wieder zurückzuholen. Gemeinsam mit Groupama – FDJ spannten sich Evenepoels Helfer vor das Feld, das der Spitzengruppe einen Vorsprung von zunächst rund drei Minuten zugestand. Gegen Rennmitte allerdings war Quick-Step auf sich allein gestellt und so hatte sich der Abstand knapp 70 Kilometer vor dem Ziel auf fast neun Minuten vergrößert – so weit lagen Ausreißer und Feld bei dieser Vuelta noch nie auseinander.
Kurz darauf löste sich der Italiener Samuele Battistella (Astana Qazaqstan) aus der zunehmend uneinigen Spitzengruppe am Ende eines nicht kategorisierten Anstiegs. Der U23-Weltmeister konnte sich in der folgenden Abfahrt einen Vorsprung von rund einer Minute auf seine ehemaligen Begleiter herausfahren, wurde aber nach einer Soloflucht von gut 20 Kilometern wieder gestellt.
Schreckmoment für Evenepoel: Rotes Trikot landet auf dem Asphalt
Kurz zuvor war Evenepoel in einer Kurve weggerutscht und hatte sich bei dem Sturz augenscheinlich an der Hand verletzt. Doch der Gesamtführende war schnell wieder auf dem Rad und konnte auch mit Hilfe seiner Teamkollege den Rückstand zum wartenden Feld innerhalb weniger Kilometer schließen. Allerdings war so der Rückstand gegenüber den Ausreißern knapp 40 Kilometer vor dem Ziel auf mehr als 11:30 Minuten angewachsen.
In der nun folgenden Flachpassage ließ sich Vervaeke zurückfallen, um im Feld, das seinen Rückstand nur unwesentlich verringern konnte, seinen Kapitän Evenepoel unterstützen zu können. Am Fuß des 19 Kilometer langen und 6,7 Prozent steilen Schlussanstiegs betrug der Abstand noch fast elf Minuten. Kurz zuvor hatte sich Battistella in Estepona den Zwischensprint gesichert und sich damit in der Punktewertung auf den dritten Rang verbessert.
Schon im unteren Teil des Berges schlug das Bora-Duo ein so hohes Tempo ein, dass die Spitzengruppe innerhalb von nur vier Kilometern sich auf rund die Hälfte verkleinerte. Im Feld beteiligte mittlerweile auch Jumbo - Visma in Person des zweimaligen Zeitfahrweltmeisters Rohan Dennis an der Verfolgungsarbeit, so dass der Rückstand schnell schrumpfte.
Brenner hält bis zwei Kilometer vor dem Ziel an der Spitze mit
Zehn Kilometer vor dem Ziel hatte Fabbro mit seinem hohem Tempo die Spitze auf nur noch elf Fahrer reduziert, im nur noch rund 30 Fahrer umfassenden Feld tauchten nun auch die weißen Movistar-Trikots an der Spitze auf.
Knapp fünf Kilometer vor dem Ziel eröffnete Gesbert mit seinem Antritt das Finale. Nachdem seine erste Attacke vereitelt wurde, versuchte es der Franzose einen guten Kilometer später nochmals. Diesmal konnten nur noch Carapaz, Kelderman, Polanc und auch der starke Brenner folgen. Dagegen fiel der zweimalige Etappensieger Vine hier zurück. Gleiches galt auf den letzten beiden Kilometern für den jungen Augsburger, der bei einem entschlossenen Antritt von Carapaz wie auch Soler passen musste.
Kelderman probierte alles, um die nur wenige Sekunden große Lücke auf Carapaz wieder zu schließen, doch der Südamerikaner ließ sich seinen ersten Vuelta-Etappensieg nicht mehr nehmen und erreichte das Ziel neun Sekunden vor dem Bora-Profi. Brenner musste auf den letzten Metern noch das UAE-Duo Soler und Polanc noch an sich vorbeiziehen lassen und wurde mit gut einer halben Minute Rückstand Fünfter – zugleich das beste Ergebnis für den Grand-Tour-Debütanten.
Die Favoritengruppe hatte sich nach Attacken von Mas und Lopez auf den letzten sieben Kilometern auf rund zehn Fahrer verkleinert. Zwei Kilometer vor dem Ziel verschärfte Rodriguez nochmals das Tempo, doch Evenepoel zeigte trotz seinen Hautabschürfungen am rechten Oberschenkel keine Schwächen und übernahm 1,5 Kilometer vor dem Ziel sogar die Spitze der noch fünfköpfigen Gruppe, die er 7:39 Minuten hinter Carapaz ins Ziel führte.
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