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28.01.2022 | (rsn) - Auch diesmal nehmen wir zu Saisonbeginn die 18 WorldTour-Teams unter die Lupe: Wie lief es im vergangen Jahr, welche Veränderungen gibt es in den Aufgeboten, was ist in der neuen Saison von den Teams zu erwarten?
Bahrain Victorious feierte die erfolgreichste Saison der Teamgeschichte und war eine der großen Überraschungen des Jahres. Damit steigen auch die Ansprüche. Ein Leistungseinbruch ist für 2022 kaum zu befürchten, dafür ist der Rennstall zu gut besetzt.
Rückblick auf die Saison 2021
Mag der Beiname “Victorious“ zu Saisonbeginn noch belächelt worden sein, so war die Equipe aus Bahrain letztendlich genau das: eine Siegermannschaft. 30 Saisonerfolge bedeuteten die beste Ausbeute seit der Gründung 2017 – gleich 16 davon gelangen in der WorldTour. Vor allem bei den dreiwöchigen Rundfahrten lief es blendend: Damiano Caruso absolvierte die Saison seines Lebens, gewann Etappen beim Giro d’Italia und der Vuelta a Espana und beendete die Italien-Rundfahrt sensationell auf Platz zwei. Gino Mäder feierte ebenfalls einen Giro-Etappensieg.
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Damiano Caruso gewann je eine Etappe beim Giro und der Vuelta. Außerdem belegte der Italiner zweite Plätze bei Tirreno-Adriatico und der Tour de Suisse und | Foto: Cor Vos
Bei der Tour de France holten Dylan Teuns und Matej Mohoric (2) zusammen drei Etappen, Bahrain Victorious gewann die Mannschaftswertung und landete mit Pello Bilbao auf Platz neun. Und bei der Vuelta gab es mit Jack Haig als Gesamtdritten einen weiteren Fahrer auf dem Podium, Mäder wurde in Spanien Fünfter und sicherte sich das Weiße Trikot des besten Jungprofis. Sonny Colbrelli fügte der Bilanz den Triumph beim Monument Paris-Roubaix hinzu und sicherte sich die Gesamtwertung der Benelux-Rundfahrt.
Sieben Sprintsiege verbuchte zudem Phil Bauhaus, darunter ein Etappenerfolg bei der Polen-Rundfahrt. Ausgerechnet Grand-Tour-Kapitän Mikel Landa blieb dagegen blass. Beim Giro war der Spanier schwer gestürzt, im August gewann er noch die Burgos-Rundfahrt. Einen faden Beigeschmack erhielt die Saison durch eine Hoteldurchsuchung der französischen Polizei während der Tour. Allerdings blieb diese ohne verdächtigen Fund.
Die wichtigsten Zu- und Abgänge
Die Routiniers Eros Capecchi und Marcel Sieberg beendeten ihre Karrieren, den erfahrenen Road Captain Marco Haller zog es zu Bora - hansgrohe. Mark Padun, der im Vorjahr noch zwei Etappen des Critérium du Dauphiné gewann, wechselte zum Team EF Education - EasyPost. Sportdirektor Rolf Aldag zog es zu Bora - hansgrohe. Dafür übernahm Enrico Poitschke, zuvor bei Bora - hansgrohe in derselben Funktion tätig, seine Position.
Phil Bauhaus feierte im letzten Jahr sieben Siege und das Sprinter-Trikot der Tour un Ungarn | Foto: Cor Vos
Als Sprinthelfer für Bauhaus verstärkt Jasha Sütterlin (DSM) das Team. Mit Luis Leon Sanchez (Astana) kommt ein erfahrender Mann als verlängerter Arm der Sportlichen Leitung. Mit Alejandro Osorio (Caja Rural) verpflichtete man einen jungen Kletterer. Zudem sind Talente wie der 22-jährige Johan Price-Pejtersen (Uno-X), Filip Maciejuk (22, Leopard) und Edoardo Zambanini (20, Zalf - Euromobil) neu im Team.
Im Fokus: Sonny Colbrelli
Mit 31 Jahren hat der Italiener offensichtlich ein neues Leistungslevel erreicht, vor allem auf hügeligem Terrain wirkt Colbrelli deutlich stärker. Hält er dieses Niveau, ist er, gepaart mit seinen Qualitäten als Sprinter, einer der aussichtsreichsten Protagonisten für die kommende Klassikersaison. Egal ob Mailand-Saremo, Pavé- oder Ardennenklassiker – Colbrelli zählt in der Verfassung von 2021 auf jedem Terrain zum engsten Favoritenkreis.
Künftig will er auch Überfliegern wie Wout Van Aert oder Mathieu van der Poel erfolgreich Paroli bieten. Große Worte, denen Colbrelli nun Taten folgen lassen muss. Außerdem fehlt ihm noch ein Grand-Tour-Etappensieg. Auch daran wird der aktuelle Europameister im Jahr 2022 arbeiten.
Sonny Colbrelli bewies mit seinem Sieg im Schlamm von Paris-Roubaix, dass er sich zu einem Weltklasse-Allrounder entwickelt hat. | Foto: Cor Vos
Aufgepasst auf ... Johan Price-Pejtersen
Der Däne kommt mit der Empfehlung einer U23-Weltmeisterschaft und zweier U23-Europameistertitel zum Team. Im Vorjahr gewann Price-Pejtersen innerhalb von elf Tagen zunächst in Trient Gold bei den kontinentalen Titelkämpfen und kurz darauf in Flandern das Regenbogentrikot. Für den Transfer zu Bahrain Victorious einigte er sich mit seinem norwegischen ProTeam Uno-X auf eine Vertragsauflösung. Auch wenn er überwiegend Nachwuchsrennen bestritt, so war Price-Pejtersen de facto schon vor dem Wechsel zu Bahrain Victorious als Profi unterwegs.
Auf U23-Niveau überzeugte er vor allem in seiner Paradedisziplin Zeitfahren, sowohl auf flachem als auch auf hügeligem Terrain. Ob er künftig noch ein vielseitigeres Profil entwickeln kann, muss sich zeigen – möglicherweise ist Price-Pejtersen ein Kandidat fürs Pavé, allerdings hat er auf dem Pflaster bislang kaum Erfahrung gesammelt. Im Kampf gegen die Uhr sollte man den 22-Jährigen aber jetzt schon beachten.
Ausblick auf die Saison 2022
Die Messlatte liegt durch die Vorsaison hoch. Anderseits hat Bahrain Victorious nur wenige Leistungsträger abgeben müssen. Der Kader besitzt weiterhin die nötige Qualität, um auf jedem Terrain erfolgreich zu sein. Im Frühjahr ruhen die Hoffnungen auf Colbrelli, dem in der Form von 2021 Podestplätze und Siege bei jedem Frühjahrsklassiker zuzutrauen sind, vor allem bei den flämischen Rennen. Mit Heinrich Haussler hat er dafür einen erstklassigen Helfer an seiner Seite.
Für die Ardennenklassiker kann Bahrain Victorious zusätzlich auf Mohoric und Teuns bauen, um auch bei diesen Rennen eine entscheidende Rolle zu spielen. Gerade Allrounder Mohoric hat das Zeug, 2022 einer der prägendsten Fahrer des Teams zu werden – sowohl bei einwöchigen Rundfahrten und Klassikern wie Mailand-Sanremo oder in Flandern als auch in den Ardennen.
Die Riege an Klassementfahrern ist nicht weniger beeindruckend: Haig, Bilbao, Landa und Mäder haben allesamt das Potenzial, bei einer Grand Tour die Top Ten oder mehr zu erreichen. Beim 34-jährigen Caruso bleibt hingegen abzuwarten, ob er das Niveau von 2021 wieder erreichen kann. Der Italiener ist derzeit für die Tour de France als Helfer für Haig eingeplant, soll daneben aber auch auf Etappenjagd gehen. Der Australier Haig schaffte bei der Vuelta 2021 seinen Durchbruch, bei der Tour ist ein Top-Ten-Resultat realistisch. Auch Mäder ist für die Tour vorgesehen.
Beim Giro baut das Team auf Landa, der nach mehreren Rückschlägen inzwischen etwas unter Ergebnisdruck steht. Das Leistungsvermögen des 32-Jährigen ist weiterhin groß, sein Selbstvertrauen muss hingegen erst wieder wachsen. Der Giro-Kurs kommt seinen Stärken entgegen und im Normalfall ist Landa weiterhin ein Top-fünf-Kandidat. Bei der Tour soll der Spanier als Co-Kapitän am Start stehen.
Am größten sind die Grand-Tour-Erfolgsaussichten für Bahrain Victorious womöglich bei der Vuelta, bei der das Team mit seinen kletterstarken Fahrern durchaus wieder überraschen kann. Das Quintett aus Haig, Bilbao, Landa, Caruso und Mäder bietet zusätzlich gute Aussichten auf Grand-Tour-Etappensiege sowie auf Top-Ergebnisse bei einwöchigen Rundfahrten.
In dieser Hinsicht sind auch Teuns, der Österreicher Hermann Pernsteiner sowie der Niederländer Wout Poels zu beachten, die zudem gute Helfer für die Grand-Tour-Ambitionen abgeben. Einige Sprintsiege sind durch Colbrelli und Bauhaus zu erwarten, auch wenn diese Ziele in der Prioritätenliste des Teams nicht ganz oben stehen. Fraglich ist deshalb, ob Bauhaus 2022 eine große Landesrundfahrt bestreiten darf.
In Summe ist für Bahrain Victorious 2022 vieles möglich: Rundfahrten-Erfolge, Etappensiege, womöglich sogar erneut ein Coup bei einem Monument. Nur die Podestplätze bei den dreiwöchigen Landesrundfahrten dürften schwer zu wiederholen sein. Ein sportlicher Einbruch ist dagegen nicht zu erwarten. Dafür befinden sich zu viele aussichtsreiche Siegfahrer im Team. Bahrain Victorious dürfte sich also weiter als eines der Spitzenteams im Peloton etablieren.
Eckdaten:
Land: Bahrain
Hauptsponsor: Regierung des Königsreichs Bahrain
Branche: -
Manager: Milan Erzen
Radausrüster: Merida
Teamranking 2021: 5
Siege 2021: 30
Fahrer im Aufgebot: 28
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