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04.11.2019 | (rsn) - Hallo aus Batusangkar Sumatra, Indonesien! Heute Morgen wurden wir um sechs Uhr unsanft geweckt und uns wurde mitgeteilt, dass sich die Abfahrtszeit vom Hotel auf 7 Uhr statt ursprünglich 7:45 Uhr geändert hatte, da der Transfer zum Start länger als gedacht dauern würde. Als wir nach eineinhalb Stunden Fahrt dort ankamen, hatten wir noch weitere eineinhalb Stunden Zeit bis zum Start, somit war der Stress mal wieder umsonst gewesen. Der Startbereich lag sehr schön in einem malerischen, von Reisfeldern geprägten Tal mit steilen Felsen zu beiden Seiten, von denen Wasserfälle herunter rauschten.
Ich fuhr mich ausgiebig warm, denn nach 17 Kilometern stand bereits die erste Bergwertung an, vor der ich etwas Bammel hatte. Letztes Jahr war ich dort nämlich abgehängt worden und musste den ganzen Rest der Etappe in einer kleinen Gruppe hinterher fahren. Das durfte mir heute unter keinen Umständen passieren, denn meine Beine waren von den Krämpfen gestern noch angeschlagen und in den kommenden drei Tagen stehen jeweils Etappen von über 200 Kilometern Länge an. Heute ging es nur über 125 Kilometer mit drei Bergwertungen.
Daher wollte ich versuchen, mit etwas Vorsprung zum ersten Anstieg zu kommen, und fuhr wieder die obligatorischen Anfangsattacken mit. In dem Getümmel kam es vorne zu einem Sturz und ich sah wie in Zeitlupe, dass ein Iraner mir gleich direkt vors Rad stürzen würde. Irgendwie schaffte ich es gerade noch rechtzeitig, weit genug nach links auszuweichen und hatte dann genug Adrenalin im Blut, um mit Peter eine Attacke zu fahren. Wir wurden allerdings wieder eingeholt und ich hielt mich nun so weit vorne wie möglich auf, um genug Luft nach hinten zu haben.
Am Beginn des drei Kilometer langen Anstiegs attackierten die philippinischen Bergfahrer und zum Glück ließ Sapura sie gleich ziehen und fuhr weiter ein kontrolliertes Tempo. Somit schaffte ich es ohne Probleme über die Bergwertung und sortierte mich nach der Abfahrt vorne im Feld ein. Dort überstand ich auch die zweite Bergwertung und freute mich schon, dass der Tag nicht ganz so hart sein würde wie befürchtet. Doch ich hatte mich mal wieder zu früh gefreut.
Nach 70 Kilometern fuhren wir nämlich über eine Brücke mit einer Längsrille in der Mitte der Straße, die ich zu spät sah und in die ich mit dem Vorderrad einfädelte. Ich schlug hart mit der rechten Seite, besonders mit dem Kopf und der Schulter, auf dem Boden auf, und weitere Fahrer krachten von hinten in mich hinein. Zunächst war ich etwas benommen und da es mir einen Krampf in die rechte Wade zog, konnte ich nicht gleich aufstehen. Als es dann ging, stand schon ein Sanitäter neben mir und sprühte irgendwas auf meine Wunden an Schulter, Knie und Handgelenk.
Mir wurden einige Fragen gestellt, ob ich okay sei und weiter fahren wolle und ich antwortete automatisch immer mit “yes“, ohne über die Fragen wirklich nachzudenken. Mein Teamkollege Boon stand auch noch da und fragte mich, ob er auf mich warten solle, doch ich verneinte. Als ich mein Rad aufsammelte, stach mir gleich ins Auge, dass der Sattel sich zur Seite verdreht hatte, ich konnte ihn jedoch nicht mehr zurück drehen. Also rief ich nach unserem sehr guten Mechaniker, der dank Wagennummer drei auch recht schnell mit passendem Werkzeug zur Stelle war und den Sattel richten konnte.
Als ich dann weiter fahren konnte, musste ich mich erstmal ein bisschen sortieren und schauen, was eigentlich wehtut. Zum Glück war es nicht viel, nur das linke Knie ein bisschen und die rechte Wade von dem Krampf. Damit war ich noch einmal glimpflich davon gekommen und ich denke, die Hälfte des Feldes, nämlich all die abgemagerten Bergfahrer ohne Muskulatur am Oberkörper, hätte sich bei so einem Sturz auf die Schulter das Schlüsselbein gebrochen. Auch materialmäßig hatte ich mit nur einem kaputten Trikot nochmal Glück.
Unser Begleitfahrzeug nahm mich nun in den Windschatten und brachte mich bis ans Ende der Kolonne, so weit so gut. Dummerweise begann genau zu dem Zeitpunkt ein langer Anstieg. Mühsam kämpfte ich mich durch die Kolonne nach vorne und kam bis auf etwa 150 Meter an das Feld heran. Dann wurde der Abstand allerdings wieder allmählich größer und ich fiel durch die Kolonne nach hinten, bis ich sie schließlich am Ende des Anstiegs verloren hatte. Zusammen mit einem weiteren gestürzten Fahrer befand ich mich nun in einer bescheidenen Situation.
Es waren noch knapp 50 Kilometer zu fahren und wir waren allein auf weiter Flur, und das bei ordentlichem Gegenwind. Mir war klar, dass wir es nicht mehr ins Feld schaffen würden, wo es sich bei dem Wind sicher relativ einfach mitrollen ließ. Es fuhr sich sehr zäh und meine Motivation war am Boden. Wir hatten keine Fahrzeuge um uns, also keine Informationen und auch keine Versorgung. Ich wollte nicht schneller fahren als nötig, wusste aber nicht, was nötig war, da ich nicht wusste, welche von den drei möglichen Karrenzzeiten heute galt (12%, 18% oder 20%).
Außerdem fuhren wir im Blindflug ohne eine Ahnung, wie schnell vorne gefahren wurde und wie weit wir zurück lagen. Somit blieb uns nur übrig, nach dem Prinzip Hoffnung zügig zu fahren, aber ohne uns dabei zu sehr wehzutun. Ich dachte darüber nach, warum ich zum dritten Mal nacheinander hinterher fuhr und dass es eigentlich gut zu dieser Saison passt, in der es einfach nicht rund läuft. Als wir endlich im Ziel waren, flüchtete ich gleich in unseren Bus, da schon wieder zu viele Leute an mir herum zerrten, und fühlte mich unendlich leer.
Beim Mittagessen besserte sich meine Laune wieder, als ich zwei große Teller der besten Nudeln, die ich in den letzten zwei Monaten in Südostasien gegessen hatte, genießen konnte. Ich erfuhr, dass Loic zwei Plätze in der Gesamtwertung verloren hatte und mein kambodschanischer Teamkollege Phuyth an der ersten Bergwertung abgehängt worden war und später aufgegeben hatte. Im Ergebnis sah ich, dass die Karrenzzeit bei 12% lag und ich eigentlich der letzte Fahrer war, der es noch geschafft hatte, allerdings mit sechs Minuten Luft nach hinten. Es blieben jedoch auch Fahrer im Rennen, die eine halbe Stunde Rückstand aufwiesen.
Morgen steht uns ein sehr langer Tag bevor, der um 4:30 Uhr mit dem Frühstück beginnt, woran sich ab 5 Uhr ein dreieinhalb bis vierstündiger Transfer zum Start anschließt. Die Etappe führt dann über 205 Kilometer mit zwei Bergwertungen und ich hoffe, endlich mal nicht hinterher fahren zu müssen.
Radfahrzeit: 4:10 h
Transferzeit: 2:45 h
Souvenir des Tages: das Rundfahrtlogo aus Plexiglas zum Hinstellen in einer Samtschatulle
Morgen gleiche Stelle, gleiche Welle
Gez. Sportfreund Radbert
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