Warum zieht er nicht durch?

Buchmanns Attacken faszinierten die Fans am Tourmalet

Von Joachim Logisch vom Tourmalet

Foto zu dem Text "Buchmanns Attacken faszinierten die Fans am Tourmalet"
Emanuel Buchmann (Bora - hansgrohe) am Tourmalet | Foto: Bora - hansgrohe / Bettiniphoto

20.07.2019  |  (rsn) - Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) greift an, wird eingeholt, attackiert wieder, dreht sich um und schaut nach seinen Konkurrenten. Warum zieht er nicht durch?, fragten sich sicher viele am Bildschirm, die sein Treiben atemlos verfolgten. Schon lange hat kein Deutscher mehr die Fans so in ihren Bann gezogen wie der 26-jährige Ravensburger bei dieser 106. Tour de France.

Denn Buchmann kämpft nicht nur um einen Etappensieg, sondern um einen Spitzenplatz in der Gesamtwertung und sogar das Gelbe Trikot. Diesen Beweis hatte er mit seinem vierten Rang auf dem nur 117,5 Kilometer kurzen Tagesabschnitt von Tarbes über den Col du Soulor (1.474 m) hinauf zum legendären Col du Tourmalet (2.115 m) angetreten.

Das überraschte sogar seinen Sportdirektor Enrico Poitschke: "Man hat die Hoffnung, dass er ganz vorne mitfahren kann. Dass er heute Vierter wurde, war nicht unbedingt zu vermuten. Viele andere Fahrer, die man vielleicht stärker eingeschätzt hatte, waren hinter ihm. Deshalb war es eine besonders starke Leistung."

So groß die Begeisterung um ihn herum ist, so zurückhaltend, ja gerade schüchtern, beantwortete Buchmann nach der Zielankunft die Fragen am Teambus. Ob ihn nicht auch der Ausgang dieser Etappe überrascht habe. "Gehofft hatte ich schon, dass es ungefähr so abläuft. Dass ich mich aber so gut gefühlt habe und attackieren konnte, das fand ich auch überraschend. Ich war nie in Schwierigkeiten. Das war schon ein sehr gutes Gefühl", antwortete er beim Ausfahren auf der Rolle, um dann noch anzufügen: "Ich hoffe, dass geht die nächsten Tage so weiter."

Auch wenn er immer sehr zurückhaltend in seiner Wortwahl ist, auf dem Rad kennt er diese leisen Töne nicht. Souverän analysierte er das Geschehen der Tourfavoriten um ihn herum. So hielt er sich zu Beginn des 19 Kilometer langen und im Schnitt 7,4 Prozent steilen Anstieg auf den Tourmalet zunächst hinten in der Gruppe mit Titelverteidiger Geraint Thomas (Ineos) und den anderen Sieg-Kandidaten auf. Was kein Zeichen von Schwäche wie bei Rigoberto Uran (Education First) oder Nairo Quintana (Movistar) war, die auch schnell zurückfielen, sondern reine Überlegung: "Ich habe mir erst mal alles von hinten angeschaut, um zu sehen, was die anderen machen."

"Wenn die am Hinterrad sind, bringt es nichts, wenn ich sie zum Ziel führe"

Dabei überraschte ihn, dass Quintana und Yates so früh Probleme bekamen und so viel Zeit kassierten. "Umso besser für mich", bemerkte der Ravensburger. Als es schließlich um die Entscheidung ging, setzte er sich als Vierter hinter die drei Profis von Jumbo – Visma, die das Tempo diktierten: "Am Schluss habe ich gedacht, lieber etwas weiter vorne fahren, falls jemand attackiert!"

Seine Gegner beobachtete er genau: "Man sieht, ob die anderen schon Schwierigkeiten haben oder noch leichtfüßig aussehen. Als ich bemerkte, dass sie auch nicht mehr gut aussahen, keiner mehr ganz locker war, habe ich es mal selbst probiert", begründete er seine Attacken. Dass er nicht durchzog war keineswegs ein Zeichen dafür, dass er sich eventuell übernommen haben könnte. "Als die anderen am Hinterrad waren, wollte ich auch nicht alles von vorne fahren. Da habe ich ein bisschen rausgenommen und auf den Schluss gewartet. Wenn die am Hinterrad sind, bringt es nichts, wenn ich sie zum Ziel führe", führte Buchmann weiter aus.

Der deutsche Kapitän von Bora - hansgrohe kann seine Stärken einschätzen und wusste, dass er im Schlussspurt keine Chance gegen Fahrer wie den späteren Tagessieger Thibaut Phinot (Groupama – FDJ) oder den Etappenzweiten Julien Alaphilippe (Deceuninck – Quick-Step) haben würde.

Auch nach seiner starken Vorstellung mit der Rückkehr auf Platz 5 der Gesamtwertung beantwortete Buchmann die Interviewfragen nüchtern und trocken, wie es sein Stil auch auf dem Rad ist.Trotzdem versuchten die Kollegen hartnäckig, ihm ein paar Gefühle zu entlocken: "Ich bin auf jeden Fall zufrieden. Es sind aber noch ein paar Etappen bis Paris, da heißt es konzentriert bleiben", entgegnete er. Ob sich der 26-Jährige nicht wenigstens ein bisschen freue, wurde weiter nachgebohrt. "Freuen kann ich mich in Paris", antwortete er kurz und grinste dabei.

Da war der erste zarte Hinweis, dass mehr in ihm schlummert als nur kühles Abwägen. An seinen Zielen will Buchmann trotz seiner guten Vorstellung nichts ändern: "Ich kämpfe um einen Platz unter den Top Ten".

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