Ciccone holte sich Gelb dank Zeitgutschriften

Herzschlagfinale in einer 24 Prozent steilen Rampe

Von Joachim Logisch vom Planche de Belles Filles

Foto zu dem Text "Herzschlagfinale in einer 24 Prozent steilen Rampe"
Giulio Ciccone (Trek - Segafredo) hat das Gelbe Trikot erobert. | Foto: Cor Vos

11.07.2019  |  (rsn) - Diese 6. Etappe von Mülhausen hinauf zur Planche des Belles Filles war als das erste Spektakel der 106.Tour de France eingeplant. Es wurde eins! Mit einem echten Herzschlagfinale, mit einem Kampf Mann gegen Mann um den Tagessieg und das Gelbe Trikot und einem wie entfesselt losstürmenden Spitzenreiter Julian Alaphilippe (Deceuninck – Quick-Step), der alles gab und schließlich knapp am Zeitbonus scheiterte, aber alle Herzen gewann!

Wer hätte vor dem Start geglaubt, dass der eine Debütant, Dylan Teuns (Bahrain – Merida), die schwere Bergankunft gewinnt, und der andere, Giulio Ciccone (Trek – Segafredo), das Gelbe Trikot  erobert?

Nicht mal die beiden selbst. Dementsprechend waren sie in der ersten Siegerinterviews auch fassungslos. "Es ist ein unglaublicher Sieg. Es ist ein Traum, der wahr wird. Das ist meine erste Tour und ich gewinne gleich. Ich wusste seit dem Dauphiné, dass ich in Form bin. Auf den letzten 500 Metern war es extrem hart. Ich war sehr nervös, habe aber die Kontrolle behalten. Ich habe mir einen kleinen Vorsprung erarbeitet und habe ihn dann so gut wie ich konnte verteidigt,“ freute sich der 27-jährige Teuns über seinen Überraschungstriumph.

"Es ist unglaublich, ein verrücktes Gefühl. Ich bin erst 24 Jahre alt und hätte das nicht erwartet“, jubelte auch Ciccone. Der Italiener war direkt nach dem Zieleinlauf aber traurig, weil er glaubte, als Zweiter der Etappe auch Zweiter im Gesamtklassement geworden zu sein. Doch mit den Zeitgutschriften für die gewonnene Bergwertung am Col des Chevreres (acht) und seinen 2. Platz (sechs) im Ziel zog er an Alaphilippe vorbei.

Der Zweikampf zwischen Ciccone und Teuns in den extrem steilen Rampen der Bergankunft gehört in der Rangliste der Highlights dieser Tour ganz nach vorne. Das Duo war von einer ursprünglich 14-köpfigen Ausreißergruppe übriggeblieben, nachdem sie im Schlussanstieg mit Tim Wellens (Lotto Soudal) und Xandro Meurisse (Wanty - Gobert) auch ihre letzten beiden Begleiter abgeschüttelt hatten.

Die Entschiedung fiel auf den letzten 1000 Metern. "Es war ein Kampf Mann gegen Mann. Am letzten Kilometer war er noch vor mir, ich habe dann die Spitze auf den letzten 500 Metern übernommen. Ich war sehr nervös auf den letzten 500 Metern, da es genau die gleiche Situation war wie letztes Jahr bei der Vuelta, als ich gegen Michael Woods verloren habe",schilderte Teuns den packenden Zweikampf. "Damals habe ich Fehler gemacht, weil ich zu nervös war und den Sieg zu sehr wollte. Dieses Mal bin ich ruhig geblieben und habe die richtigen Entscheidungen zum richtigen Moment getroffen.“

Ciccone will nun Gelb genießen und dann Porte helfen

Das war im mit 24-Prozent steilsten Teil. "Ich habe zum letzten Mal beschleunigt. Danach habe ich eine kleine Lücke aufgehen sehen und bin einfach weitergefahren. Kurz vor der Linie wusste ich, dass ich gewonnen hatte. Ich war so erschöpft, dass es schwierig war, meine Arme zu heben. Ich habe gesehen, wie glücklich meine Mutter und meine Freundin im Ziel waren. Es ist unglaublich, dass ich es zu Ende bringen konnte.“

Nicht weniger fertig und glücklich war auch Ciccone, der nicht auf der Rechnung hatte, dass er die Tourführung übernehmen könnte, obwohl er virtuell schon viele Kilometer im Gelben Trikot unterwegs war. Zu weit entfernt erschien ihm wohl der Gedanke. "Ehrlich gesagt, den letzten Anstieg fuhr ich nur mit dem Ziel Etappensieg. Ich habe den Abstand zu den Favoriten mitgekriegt . Es waren weniger als zwei Minuten. Daher wollte ich mich auf die Etappe konzentrieren. Nach der Etappe habe ich einen zweiten Platz und – noch besser – das Gelbe Trikot vorzuweisen“, strahlte der junge Italiener, der in guter Form aus dem Giro d’Italia gekommen war, wo er das Bergtrikot erobert und ebenfalls einen Tagessieg gefeiert hatte.

Die Belastung aus der Italien-Rundfahrt war dann möglicherweise auch der Faktor, der gegen ihn am Donnerstag den Ausschlag gab: "Dylan Teuns war halt einfach stärker. Der Giro war mein Hauptziel für diese Saison und ich wurde zur Tour mitgenommen, um Erfahrungen zu sammeln", sagte er.Solange es geht, will er nun das Gelbe Trikot genießen. Ciccone: "Die nächste Etappe ist die längste dieser Tour. Es wird ein wenig schwierig werden, Gelb zu behalten. Aber wir haben ein großartiges Team hier. Deshalb, wieso nicht?“

Bis Paris wird er es nicht tragen können, denn Trek – Segafredo setzt auf einen anderen. Das weiß auch Ciccone: "Richie Porte ist unser Mann fürs Gesamtklassement. Hoffentlich kann ich ihm ein guter Verbündeter sein.“


Mehr Informationen zu diesem Thema

28.07.2020Video-Rückblick: Bernals Weg zum Tour-Triumph

(rsn) - Vor genau einem Jahr gewann Egan Bernal (Ineos) als erster Kolumbianer die Tour de France. Nach einem harten Kampf über drei Wochen wurde der damals 22-Jährige am 28. Juli 2019 am Ende der 1

18.02.2020Tour-Sieger Bernal gewinnt Laureus World Sports Awards

(rsn) - Tour-de-France-Gewinner Egan Bernal (Ineos) ist als erster Radsportler seit Lance Armstrong mit dem Laureus World Sports Awards ausgezeichnet worden. Der 23-jährige Kolumbianer gewann die Wer

04.12.2019Van Aert: “Als würde ich bei lebendigem Leib brennen“

(rsn) - Wout Van Aert (Jumbo-Visma) hat sich erstmals die Aufzeichnung seines schrecklichen Sturzes bei der Tour de France angeschaut und im Rahmen der flämischen Doku-Serie Het Huis (Das Haus) ein I

15.11.2019Wetter-Wahnsinn bei Giro, Tour und WM

(rsn) - Extremwetter macht auch vor dem Radsport nicht halt. Eurosport hat in einem Video die fünf wildesten Szenen bei Radrennen zusammengefasst, die von Regen oder Schnee heimgesucht wurden.

24.10.2019Mitchelton - Scott: Vier Tour-Etappensiege als Saison-Highlights

(rsn) - Am Ende einer Saison, in der die GrandTour-Kandidaten Simon und Adam Yates sowie Esteban Chaves die großen Klassementhoffnungen nicht erfüllen konnten, zieht Mitchelton - Scott dennoch ein p

08.09.2019Van Aert sitzt erstmals seit Tour-Aus wieder auf dem Rad

(rsn) - "Guess what?! :)" - so betitelte Wout Van Aert am Sonntagmorgen eine Aktivität auf Strava. Und ja, ratet mal: Der Belgier saß erstmals seit seinem schweren Unfall im Einzelzeitfahren der Tou

06.09.2019Van Aert: OP-Fehler verlängerte die Zwangspause

(rsn) - Die Rechtskurve aus dem Tunnel unter dem Parc du Chateau heraus in die Rue d´Etigny, kurz vor der 1.000-Meter-Marke im Einzelzeitfahren der Tour de France in Pau: Maximilian Schachmann (Bora

16.08.2019Bardet wird in dieser Saison keine Rennen mehr bestreiten

(rsn) - Nach einer trotz des Gewinns des Bergtrikots enttäuschend verlaufenen Tour de France hat sich Romain Bardet (AG2R) dazu entschlossen, 2019 keine Rennen mehr zu bestreiten. "Gemeinsam mit dem

02.08.2019Van Aert: Nach zwei Operationen vor langer Rehabilitation

(rsn) - Nach zwei Operationen an seiner Oberschenkelwunde ist unklar, wann Wout Van Aert (Jumbo - Visma) wieder ins Peloton zurückkehren wird. Das teilte sein Team bereits vor einigen Tagen mit. Am D

02.08.2019Tour-Sieger Bernal kehrt nach der Clasica in seine Heimat zurück

(rsn) - Noch konnte Tour-de-France-Sieger Egan Bernal sein Gelbes Trikot seinen Fans in der Heimat nicht präsentieren. In der zu Ende gehenden Woche bestritt der Kolumbianer noch drei Kriterien in Be

02.08.2019Deceuninck - Quick-Step: Tour-Rückblick im Video

(rsn) - Mit drei Etappensiegen und 14 Tagen das Gelbe Trikot in den eigenen Reihen blickt Deceuninck - Quick-Step auf eine erfolgreiche Tour de France zurück. In einem selbst erstellten Video lässt

01.08.2019Greipel: “Die schlechteste Tour meiner Karriere“

(rsn) – André Greipel (Arkéa – Samsic) hat auf seiner Facebook-Seite seine neunte Tour de Frace bilanziert und betonte dabei, dass diese für ihn absolut nicht zufriedenstellend verlaufen ist.

Weitere Radsportnachrichten

05.01.2025Van Aert bleibt in Dendermonde ungeschlagen

(rsn) – Wie erwartet hat Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) auf einem seiner Lieblingskurse das Feld dominiert. Beim Weltcup in Dendermonde schüttelte der Belgier in Abwesenheit von Mathieu van

05.01.2025Brand krönt sich zur “Matsch-Königin“ von Dendermonde

(rsn) – Vom Weißen Trikot der Weltcup-Gesamtführenden war nach dem längsten Cross der Saison nur noch wenig zu sehen, aber es war tatsächlich Lucinda Brand (Baloise – Glowy Lions), die nach 55

05.01.2025UAE-Zugang Narváez hofft auf mehr Freiheiten bei den Klassikern

(rsn) – Auch wenn er nach seinem Wechsel von Ineos Grenadiers zum UAE Emirates – XRG mit Tadej Pogacar den weltbesten Radprofi und zahlreiche weitere Spitzenfahrer vor oder neben sich hat, verspri

05.01.2025Pithie kann bei Red Bull mehr er selbst sein

(rsn) – In weniger als drei Wochen wird Laurence Pithie seine Premiere im Trikot von Red Bull – Bora – hansgrohe geben. Der 22-jährige Neuseeländer gehört zum Aufgebot des deutschen Rennstall

05.01.2025Rick Zabel neuer Marken-Botschafter von Canyon

(rsn) – Rick Zabel wird künftig als Marken-Botschafter von Canyon aktiv sein. Das kündigten der deutsche Radhersteller und der Sohn des ehemaligen Weltklassesprinters Erik Zabel mit einem Video in

05.01.2025Ausgerenkte Schulter: Van der Haar hilft sich selbst

(rsn) – Lars van der Haar (Baloise – Glowy Lions) hat sich den Superprestige-Lauf in Gullegem sicher anders vorgestellt. Nicht nur, dass er sich beim Sieg von Wout van Aert (Jumbo – Visma) mit R

04.01.2025Van Aert schenkt Sohn Georges zum Geburtstag einen Sieg

(rsn) – Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) und Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Cibel) haben den Crossfans bei der Superprestige in Gullegem ein Duell zum Genießen geliefert. Erst in der Schluss

04.01.2025Brand dreht bei der Superprestige in Gullegem den Spieß um

(rsn) – Mehr als das halbe Rennen fuhr Lucinda Brand (Baloise – Glowy Lions) zehn Sekunden hinter der Spitzengruppe her; im Finale der Superprestige von Gullegem machte sie aber ernst, schloss zu

04.01.2025Drei Jahre nach dem Aus: SEG Racing Academy kehrt zurück

(rsn) – Drei Jahre nach der Auflösung kehrt die Talentschmiede SEG Racing Academy in den Radsport zurück – nunmehr allerdings nicht als U23-Team, sondern als Projekt für U17-Fahrer und Junioren

04.01.2025Unibet Tietema Rockets verlängern mit Kopecky

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

04.01.2025Cross-Weltmeister van der Poel fehlt auch in Dendermonde

(rsn) – Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) hat auch seinen Start beim am 5. Januar stattfindenden Cross-Weltcup in Dendemonde abgesagt und wird erst in drei Wochen zum Weltcup in Maasmech

03.01.2025Red Bull will bis 2035 “Tour-Sieger aus den eigenen Reihen“

(rsn) – Paul Fietzke war in seinem jungen Leben schon einige Male Erster. Und nun zählt der 18-jährige Cottbuser, Jahrgang 2006, auch zu den ersten Fahrern, die dem neuen Development-Team von Red

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine