Tour du Maroc-Tagebuch von Embrace the World

Kulinarische Stadtbesichtigung mit drei Abendessen

Von Hermann Keller

Foto zu dem Text "Kulinarische Stadtbesichtigung mit drei Abendessen"
Das Team Embrace the World | Foto: Nils Laengner / ETW Cycling

09.04.2019  |  (rsn) - Und täglich grüßt das Murmeltier aus Marokko. Geweckt wurden wir im Hotel von strahlendem Sonnenschein und einem sehr guten Frühstück mit frisch gepresstem Orangensaft. Der Morgen war äußerst entspannt, da die gestrige Ziellinie der heutigen Startlinie entsprach, welche sich direkt vor dem Hoteleingang befand. Auch die Betreuer waren darüber erfreut, da die täglichen Arbeiten wie Flaschen ausspülen, Räder “abstauben“ und dergleichen in Ruhe erledigt werden konnten.

Die Taktik besprachen wir beim rituellen Kaffee vor dem Start. Da das Rennen weitgehend flach verlief, sollte Basti versuchen, die richtige Gruppe zu erwischen, während ich mich für einen eventuellen Sprint schonen wollte. Heiko fühlte sich nicht allzu gut, weshalb er als Tagesziel das Erreichen des Etappenorts im Feld ausgegeben hatte. Matias und Mathias sollten auch eher im Feld bleiben und sich für die nächsten Tage schonen beziehungsweise mir im Falle eines Sprints zur Hilfe kommen.

Der Start erfolgte glücklicherweise wieder neutralisiert, da wir einige steile Rampen passieren mussten, um aus dem Ort herauszukommen. Als das Rennen dann freigegeben wurde, erhöhte sich zwar das Tempo, allerdings kam ich überraschenderweise nicht in den roten Bereich, da sehr kontrolliert gefahren wurde.

Nach kurzer Fahrzeit lösten sich ein paar Fahrer auf einer langen, leicht ansteigenden Geraden. Dabei war kein blaues ETW-Trikot, das mich mental beinahe zusammenbrechen ließ. Als ich gerade dabei war, in Panik auszubrechen und laut um Hilfe zu schreien, entdeckte ich in gar nicht allzu weiter Ferne das erlösende blaue Leuchten von Bastis Trikot, der sich auf dem Weg nach vorne befand. Traumhaft! Er schaffte noch den Anschluss, wodurch ich meine innere Ruhe wiederfand und die Panik einem Gefühl tiefer Befriedigung Platz machte. Kurze Zeit später wurde die Gruppe aber eingeholt. Es ging das ganze Spiel von vorne los, wir besetzten nun auch in Gestalt von Matthias Plattner und mir die Gruppen. Als die entscheidende Gruppe sich dann nach 20 Kilometern lösen konnte, hat das uns leider gerade nicht so gut reingepasst.

Die restlichen 100 Kilometer verliefen renntechnisch eher ereignislos. Das Peloton wurde von der Equipe des Gesamtführenden durch die malerische Landschaft geführt. Die Küstenstraße schlängelte sich durch einige Hügel, so dass wir immer wieder wunderschöne Ausblicke genießen durften.

Etwas wilder wurde es dann wieder im Finale. Die Spitzengruppe brachte wenige Sekunden Vorsprung ins Ziel. Wir verloren uns, ich konnte mich jedoch dennoch recht gut positionieren, während rechts und links von mir immer wieder einmal ein Fahrer von der Bildfläche verschwand. Im Sprint selbst war dann der Spanier, der gestern sein Rad viermal wechselte, sehr kontaktfreudig, und wir hingen ineinander wie ein frisch verliebtes Paar. Unsere Beziehung währte allerdings nur kurz, wir konnten beide einen Sturz vermeiden und den Sprint mehr schlecht als recht zu Ende bringen. Für mich sprang dann schlussendlich der 17. Platz heraus, der uns nicht ganz zufriedenstellt.

Viel befriedigender war dann unsere kulinarische Stadtbesichtigung. Nach dem Duschen wollten wir uns in der Gegend umschauen, und da das Abendessen erst um 20:30 Uhr aufgetischt wurde, musste dieser Zeitraum natürlich mit Snacks überbrückt werden. Angefangen hat unsere Reise mit frisch gepresstem Orangensaft eines Straßenstandes, gefolgt von Fladenbroten gefüllt mit Salat, Tomaten, Zwiebeln und irgendwas, das Kartoffelpuffern sehr ähnelte. Ein anderer Kunde machte es sich zur Mission, für uns aus dem Arabischen ins Spanische zu übersetzen.

Problematisch war nur die Menge seiner arabischen Füllworte und die Tatsache, dass er sämtliche Versuche zur Kontaktaufnahme mit dem Verkäufer unterband. Dies führte zu fortlaufenden Bestellungen für uns und aus dem Snack wurde ein erstes Abendessen. Auf dem Heimweg kamen wir noch an einem anderen “Restaurant“ vorbei und wurden freundlichst hereingebeten, was wir natürlich nur aus Höflichkeitsgründen annahmen. Hier gab es einen großen Teller voller Salat und dazu ein ganzes, frisches Hähnchen. Wirklich sehr schmackhaft und auch sehr sättigend. Wir mussten dann leider schnell los, weil wir sonst das Abendessen im Hotel verpasst hätten. Das war übrigens auch sehr lecker!

Durch die ausgiebigen Mahlzeiten heute sind wir auf jeden Fall gestärkt für die noch anstehenden Aufgaben. Morgen wird es nochmal recht schwer, aber ich hoffe insgeheim auf eine Ankunft in einer der ersten Gruppen. Man wird ja noch träumen dürfen?!

Nachdem es heute einen kurzen Exkurs in die marokkanische Küche gab, werde ich morgen aller Voraussicht nach wieder mehr vom Rennen berichten.

Nur die besten Grüße aus Nador,
Hermann

Mehr Informationen zu diesem Thema

14.04.2019Ich hatte den Etappensieg schon vor Augen

(rsn) - Heute kann ich statt der Abschiedsgrüße, Liebesgrüße nach Moskau senden. Aber darauf komm ich gleich nochmals zurück. Erst möchte ich das tolle Frühstück in dem riesigen Hotel in Marra

12.04.2019Es war der Horror

(rsn) - Hallo zu einer neuen Episode meines Tagebuchs. Heute werde ich mich etwas kurzhalten, da mich die Etappe doch sehr mitgenommen hat. So ist zumindest der Plan. Das Frühstück lief ähnlich

11.04.2019Von einem Kletterer, gefangen im Körper eines Sprinters

(rsn) - Die Rundfahrt neigt sich dem Ende zu, das merkt man den Fahrern an. Wir kamen heute zum Frühstück, doch leider war alles weg, da schon ordentlich gespachtelt wurde. Glücklicherweise wurde n

11.04.2019Am Start war uns klar: Das wird heute kein Spaß

(rsn) - Ein herzliches Hallo von der Tour du Maroc. Da heute ein 2-stündiger Transfer vom Hotel zum Startort anstand, mussten wir sehr früh aufstehen. Obwohl ich sonst eigentlich kein Morgenmuffel b

09.04.2019Ich war auf mich allein gestellt und mein Herz gebrochen

(rsn) - Halbzeit-Grüße von der Tour du Maroc. Nachdem auch heute der Transfer ausfiel, konnten wir ausschlafen und ein ausgiebiges Frühstück genießen. Wir sind jeden Tag in sehr guten Unterkünft

08.04.2019Einer der abwegigsten Träume, die ich jemals hatte

(rsn) - Endlich schicke ich sonnige Grüße aus dem wunderschönen Marokko. Auf dem Programm stand heute die erste richtige Bergetappe. Doch zuvor gab es am Startort noch einen ausgezeichneten Kaffee.

07.04.2019Nach der Fehlleitung ein äußerst chaotisches Finale

(rsn) - Zum zweiten Mal grüße ich von der Tour du Maroc. Leider kann ich auch heute keine sonnigen Grüße übersenden, da auch die 2. Etappe im Regen stattfand. Um dem vor dem Start zu entgehen, su

06.04.2019Den neutralisierten Start haben sie wohl abgeblasen

(rsn) - Einen wunderschönen guten Abend wünsche ich aus Marokko. Heute (Freitag) fand hier die 1. Etappe der Tour du Maroc (2.2) statt. Doch zunächst ein Stück zurück… Als ich mir beim Packen

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Kräftezehrendes Jahr mit zwei Grand Tours

(rsn) – Die Ambitionen von Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) waren vor dem Jahr 2024 berechtigter Weise groß. Denn der Österreicher konnte auf eine erfolgreichste Saison zurückblicken,

25.12.2024Alles offen nach einer erfolgreichen Saison

(rsn) - Das Resümee ihrer ersten vollständigen Profi-Saison dürfte durchweg positiv für die Schweizerin Elena Hartmann vom Team Roland ausgefallen sein. Erst vor zwei Jahren gelang der inzwischen

25.12.2024Traum erfüllt und doch unzufrieden

(rsn) – Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als die Saison 2024 von Pascal Ackermann zu bewerten. Auch er selbst ist da ein wenig zwiegespalten. Schließlich hat er es mit dreißigeinhalb Jahren en

25.12.2024Meistertitel das Highlight im insgesamt bislang besten Jahr

(rsn) - Die abgelaufene Saison wird Franziska Koch vom Team dsm-firmenich - PostNL wohl noch länger in Erinnerung bleiben - war es doch mit Abstand ihre erfolgreichste, seit sie im Jahr 2019 beim Tea

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine