Wagners Tour-Tagebuch

Marcel hatte wieder den "Oberbums"

Von Robert Wagner und Sebastian Paddags

Foto zu dem Text "Marcel hatte wieder den
Robert Wagner (LottoNL-Jumbo) | Foto: Cor Vos

08.07.2017  |  (rsn) - Etappe Nummer 7 brachte uns von der Champagne in die Bourgogne und aus Schampus wird nun Rotwein. Wagis Kumpel Ulli als Weinkenner und Genießer hatte schon vor dem Start der Tour angekündigt, dass diese Region auf jeden Fall einen der besten Rotweine der Welt ins Rennen schickt und wie es der Zufall wollte, sahen auch die Rennfahrer heute kurz mal "rot“.

Aber der Reihe nach: Würde man rein analytisch auf die gestrige Etappe blicken und das Rennen mit einem eher lapidaren Kommentar betiteln wollen, so könnte man sagen: Die Etappe von Freitag war der Etappe vom Donnerstag extrem ähnlich. Wenn man das ganze aber mit etwas mehr Pfiff ausdrückt, klingt das so: Die gestrige Etappe war im Prinzip ein schönes "Copy-Paste“ zum Tag davor, bei dem alle Beteiligten quasi noch mal die Gelegenheit hatten, ihre Rennaktionen, die vielleicht am Vortag noch nich so gut klappten, zu verbessern.

Somit "hunzelten“ bei Kilometer 0 wieder vier "motivierte Typen“ weg, dann wurde sich im Feld sortiert und nach ein paar Kilometern nahmen der "gute alte“ Julien Vermote und Lars Bak wieder die Stellung der Galionsfigur an der Spitze des Feldes ein und bekamen sogar noch Gesellschaft eines FDJ-Kollegen. Seitenwind gab es natürlich auch wieder - diesmal sogar noch mehr davon und selbstverständlich grüßte auch die liebe Sonne wieder herzlichst und schweißtreibend aus der Höhe. Einziger Unterschied war der glückliche Umstand, dass wir phänomenale vier Kilometer weniger auf der Agenda hatten. Unterm Strich also wieder so eine Kaugummi-Etappe, die schon wieder dabei war, sich enoooooorm in die Länge zu ziehen…

Allerdings änderte sich das Drehbuch zur Rennhälfte abrupt und es kam tatsächlich jede Menge Action ins Peloton. Nach der Verpflegungskontrolle sammelte sich nämlich die "Rote Brigade“ an der Spitze des Feldes und Euer Wagi, der alte Fuchs, ahnte in dem Moment bereits, dass das nichts Gutes heißen würde. Das Team Lotto Soudal um André Greipel wollte diesmal nicht einfach nur wieder ins Ziel fahren und verbündete sich demnach mit dem penetranten Seitenwind.

Für etliche Fahrer war jetzt ganz schön "Klemmen“ angesagt, denn am Ende des Feldes macht sowas wirklich keinen Spaß! Das Ganze war zwar keine richtig krasse Windkanten-Aktion, die das komplette Feld sprengte, aber dennoch verging die zweite Rennhälfte plötzlich wie im Fluge. Alle Klassement-Teams waren auf einmal an der Spitze und keiner wollte einen Meter zu weit hinten sein. Unterm Strich war das fast so, als hätte jemand nach der Verpflegung auf die ">> -Taste“ gedrückt und das Rennen beschleunigt.

Wir Jumbos hatten uns für die 25 Kilometer-Marke verabredet und fanden an dieser Marke auch gut zusammen. Wer es gesehen hat, konnte registrieren, dass wir zum Finale hin wirklich gut geschlossen vorne dabei waren und uns so aus dem Gröbsten raushalten konnten. Leider war auf den letzten fünf Kilometern dann wieder etwas Chaos und wir hätten noch 1-2 Mann mehr gut gebrauchen können. Dennoch kommt Dylan auf Platz sechs, was zwar nicht das Ziel war, aber immerhin in die richtige Richtung geht.

Tja, und Marcel Kittel hatte heute ja wohl mal wieder den "Oberbums“. Wie der hier grade abgeht, ist wirklich der Wahnsinn. Ob mit oder ohne Lead-out, ob von Position 100 oder 5…. Wenn der Zielstrich da ist, ist Marcel vorn. Gut - heute hat er es in der Tat sehr spannend gemacht, aber im Bezug auf die Einleitung dieses Textes, bringt das sicherlich keine Nachteile mit sich.

Ganze 6 Millimeter Vorsprung hatte er am Zielstrich. 6! Man kann sich wohl gar nicht vorstellen, wie sehr  Edvald Boasson Hagen da "abkotzt“  - und wahrscheinlich nicht nur einmal! Er hätte sich wahrscheinlich heute 28mm dicke Reifen Gewünscht - oder nen 29er… Man muss auch sagen, dass er einen wirklich formidablen Lead-Out hatte, der schon alleine siegeswürdig war. Der Kollege van Rensburg hat da ganze Arbeit geleistet!

Unseren Freund Thomas De Gendt habe ich heute auch wieder nicht vorne gesehen und er hatte wohl noch mal sowas wie "frei“. Da verwette ich jetzt schon eine Jahresration Schokolade drauf, dass er in den nächsten Tagen noch mal richtig vorne für Action sorgen wird. Man erinnere sich an die Ventoux-Etappe im letzten Jahr, als er definitv nicht zu Fuß ging!

Am Start stand ich übrigens neben ihm und neben André Greipel (der ja letztes Jahr als erster in den Ventoux hinein fuhr!) und André fragte ihn, wie oft er eigentlich schon bei der Massage war. Jetzt haltet Euch fest: in der kompletten Tour de France 2017 genau 1 Mal und in der ganzen Saison 2 Mal. Wahrscheinlich geht der da nur hin, um den Physios einen Gefallen zu tun und damit sie ihn nicht vergessen…

Mein Fahrer der Woche ist aber unumstritten Julien Vermote von Quick-Step. Wenn es eine Statistik für die meisten Kilometer an der Spitze des Feldes gäbe, dann hätte er sie definitiv gewonnen. Egal, wann ich gucke - der ist immer vorne dabei. Und auch nach 160 Kilometern Nachführarbeit hält er im Finale noch voll mit rein und hilft seinem Team. Wirklich Hut ab!

Titi Voeckler war heute etwas weniger auffällig, aber dennoch dabei. Er roch deutlich weniger stark nach seinem Duft - aber das kann wohl auch am Seitenwind gelegen haben. Oder sein Fläschchen ist schon leer. Wir werden sehen - an ihm bleiben wir dran!

Mit Etappe 8 geht die Tour nun so richtig los und ich hoffe, ihr drückt die Daumen, dass es nicht ausartet mit der Kletterei! Ach ja: Und an dieser Stelle natürlich herzliche Grüße an alle Jungs im Peloton, die heimlich mitlesen. Marcel, Tony, Marcus, Rick… Wenn ihr ein Autogram möchtet, dürft ihr ruhig fragen!“

Euer Wagi feat. Paddi


PS: Wir freuen uns sehr, dass Ihr alle so viel Spaß habt beim Lesen des Blogs. Wenn ihr mögt, schaut Euch doch mal Paddi's Buch über die Tour im letzten Jahr an - das wird Euch definitiv auch gefallen. Wagi kommt dabei natürlich auch nicht zu kurz. "DNF - Dienstreise Nach Frankreich“ ist pünktlich zum Tourstart 2017 erschienen und es werden 5€ je verkauftem Buch an den deutschen Radsport-Nachwuchs gespendet. Alle Infos unter: www.dienstreise-nach-frankreich.de

Mehr Informationen zu diesem Thema

24.07.2017Etappensieg für Dylan!

(rsn) - Hallo liebe Gemeinde, wenn Ihr das Finale der letzten Etappe am gestrigen Abend mitverfolgt habt, ist Euch sicherlich nicht entgangen, dass der Traum: "Etappensieg für Dylan“ nun wirklich a

23.07.2017Vier Typen im Verfolgungsmodus an der Wand von Marseille

(rsn) - Marseille, eine Stadt, die in meiner sportlichen Laufbahn noch nicht allzu oft in Erscheinung getreten ist und somit eine Stadt, die mich heute sehr positiv überrascht hat. Bereits beim War

22.07.2017Eine arbeitnehmerfreundliche Sportaktivität

(rsn) - Du weißt, dass Du es nun beinahe geschafft hast, wenn "der Dicke“ Dich am Telefon mit den Worten "Gratu! Wenn Du Dich jetzt nicht noch völlig behindert anstellst, dann sollte ja Paris für

21.07.2017Gar nicht mal so lahm für einen "Ruhetag"

(rsn) - Sollte der Sportsfreund Thomas "The Duracell Hase“ De Gendt am Sonntag in Paris NICHT die rote Nummer für den angriffslustigsten Fahrer gewinnen, dann läuft irgendwas falsch - und zwar gew

20.07.2017Champagner - Rogla holt den Etappensieg für unser Team!

(rsn) - Hallo Freunde. Der Mittwoch brachte wirklich mehr als eine akute Reizüberflutung mit sich. Ich fange am besten mal ganz vorne an, denn dann laufe ich nicht Gefahr, irgendwas zu vergesse

18.07.2017Ein Ruhetag zur rechten Zeit

(rsn) - So ein Ruhetag zur rechten Zeit ist doch was Feines! Die Sonne scheint, es ist angenehm warm und wir sind in St. Etienne. Es ist wirklich schön hier, und wenn ich nicht noch eine komplette

17.07.2017Gesichtslähmung dank "Google Maps"

(rsn) - Heute weiß ich schon wieder gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich liege hier grade auf dem Rückweg von der Etappe zum Hotel auf´m Boden unseres Teambusses und mache mich lang. Inzwischen ken

16.07.2017De Gendt brachte den Asphalt zum Schmelzen

(rsn) - Die Tour bleibt spannend, Froomey hat seine gelbe Trikotage zurück, Aru fährt nun wieder als "Italiener“ durch Frankreich, und dieses Finale heute (Samstag) war auf jeden Fall mal wieder s

15.07.2017It´s always good to have an Eisel in the Gruppetto

(rsn) - Vorweg ein paar "angeschwitzt, knackige“ Minuten auf der Rolle. Im Hauptgang einhundert und eins "bezaubernde“ Kilometer, garniert mit drei "herausragenden“ Cols, serviert an übertrie

14.07.2017Bergfahren ist eine andere Sportart

(rsn) - Ein Blick in´s Tourbuch weckt Erinnerungen in meinem Radfahrergedächtnis. Dieses Finale kommt mir doch irgendwie bekannt vor. Waren wir da letztes Jahr bei der Tour nicht auch? Immerhin hatt

13.07.2017Tausche Salami gegen Leberwurst!

(rsn) - Hallo aus Pau. Auf die Plätze, fertig…los. Bei Kilometer 0 nehmen drei Mann, darunter natürlich einer von Wanty, ihre Beine in die Hand, fahren um ihr Leben - und einer von ihnen schafft e

12.07.2017Bak hatte Bock!

(rsn) - Etappe Numero 10 durch die Dordogne war in doppelter Hinsicht besonders. Einerseits kennen wir die Region hier wie erwähnt noch aus U23-Zeiten und andererseits war auch Paddi an diesem Dienst

Weitere Radsportnachrichten

23.11.2024Scott David: Trotz Traumwerten keine WorldTour

(rsn) – “Mein Ziel ist ein WorldTour- oder ProTeam-Vertrag. Ich habe mir ein Limit von zwei Jahren gesetzt, so lange möchte ich es auf Kontinental-Niveau versuchen“, hatte Scott David im letzte

23.11.2024Wafler: Rückkehr nach Paris weckt Olympia-Erinnerungen

(rsn) - Tim Wafler hat es erstmals in das illustre Feld der Ausdauerfahrer der UCI Track Champions League geschafft. Der Österreicher startet am Samstagabend im Velodrome National in Saint-Quentin-en

23.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

22.11.2024Top-Favoritin? Archibald nach schwerem Jahr eine “7 von 10“

(rsn) – Katie Archibald ist die Königin der Track Champions League. 2021 und 2023 gewann sie jeweils souverän den Titel in der Endurance League und auch 2022 wäre das wohl gelungen, wenn sie dama

22.11.2024Spiegel will “versuchen, ´die Großen´ etwas zu ärgern“

(rsn) – Luca Spiegel wird am Samstag sein Debüt in der Track Champions League geben. Der 20-jährige U23-Europameister im Sprint will auf der Bahn, auf der er im Sommer zu den jüngsten Olympia-Sta

22.11.2024Olympia-Reservistin Pröpster: Gelingt bei TCL der nächste Schritt?

(rsn) – Mit drei Rennsiegen, dem zwischenzeitlichen Tragen des Führungstrikots und schließlich Gesamtrang zwei in der Sprint League hat Alessa-Catriona Pröpster bei der Track Champions League 202

22.11.2024Eschborn-Frankfurt-Sieger van Gils: “Ich würde lieber gehen“

(rsn) – Maxim van Gils (Lotto - Dstny) scheint entschlossen, sein Team trotz eines noch bis Ende 2026 gültigen Vertrags so schnell wie möglich verlassen zu wollen. Wie er im Gespräch mit mehreren

22.11.2024Gall: Tour of the Alps “absoluter Fokus“ der ersten Saisonhälfte

(rsn) – Felix Gall bestritt 2022 seine bisher letzte Tour of the Alps. In seinem damals ersten Jahr im Trikot von Decathlon – AG2R La Mondiale beendete der Österreicher nach vier Top-Ten-Etappenp

22.11.2024Tour of the Alps auch 2025 ein Kletterfestival mit kurzen Wegen

(rsn) - Fünf Etappen, 739 Kilometer und 14.700 Höhenmeter: Das sind die Eckdaten der Tour of the Alps 2025. Die 48. Ausgabe des grenzüberschreitenden Etappenrennens findet vom 21. bis 25. April 202

22.11.2024Tour Colombia wegen finanzieller Probleme erneut in Gefahr

(rsn) – Nachdem sie bereits in den Jahren 2022 und 2023 aufgrund von finanziellen Problemen ausgefallen war, scheint die Tour Colombia (2.1) erneut zu wackeln. Wie die Zeitung El Tiempo berichtete,

22.11.2024Geht Vingegaard 2025 das Giro-Tour-Double an?

(rsn) – Schon seit einiger Zeit kursieren Gerüchte, wonach Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) Interesse am Giro d´Italia 2025 zeigen würde. In einem Interview mit dem dänischen TV 2 äuß

22.11.2024Track Champions League: Format, Kalender, Punktesystem

(rsn) – Nach Olympia in Paris im Sommer und den Weltmeisterschaften im Oktober im dänischen Ballerup endet das internationale Bahnjahr an den kommenden drei Wochenenden mit der Track Champions Leag

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine