Trotz Enttäuschung mit gutem Gefühl nach Hause

Kittel: "Ich bin gerutscht, als gäbe es kein Morgen"

Von Felix Mattis aus Abu Dhabi

Foto zu dem Text "Kittel:
Marcel Kittel (Quick-Step Floors) bekam quasi zum Trost den "Don´t crack under pressure"-Preis. | Foto: Cor Vos

27.02.2017  |  (rsn) - Rang 34 - die genaue Position dürfte Marcel Kittel (Quick-Step Floors) reichlich egal gewesen sein, als er wie ein begossener Pudel und mit herunterhängenden Mundwinkeln durch die Boxengasse des Yas Marina Circuit von Abu Dhabi rollte. Entscheidend war: Am Sprint um den Tagessieg hatte der 28-Jährige auf der verregneten Schlussetappe der Abu Dhabi Tour nicht teilgenommen. Und trotzdem durfte oder musste er anschließend aufs Podium.

"Don't crack under pressure", Unter Druck nicht zerbrechen, hieß der Sonderpreis, den die Veranstalter dem deutschen Sprint-Ass vermachten - dotiert mit einer wohl nicht ganz billigen Uhr. Wofür genau er diesen Preis bekommen hatte, war nicht ganz klar. Kämpferischster Fahrer? "Vom ersten und zweiten Tag vielleicht, ja", konnte Kittel im Gespräch mit radsport-news.com dann immerhin schon wieder lachen. "Nein, das ist vielleicht auch ein Preis, der so ein bisschen Sympathiepunkte hier im Mittleren Osten zeigt - und das beruht ja auf Gegenseitigkeit."

Kittel ist beliebt in den Emiraten. Schließlich sammelte er schon bei der Dubai Tour vor wenigen Wochen Siege. Da wollte man ihn zum Abschluss der Abu Dhabi Tour wohl gerne noch einmal aufs Podium holen. Dem Quick-Step-Profi selbst wäre es aber sicher lieber gewesen, hätte er das auch durch sportlichen Erfolg auf der Formel-1-Rennstrecke geschafft. Denn glücklich war er im Ziel nun wirklich nicht. "Ne, das war ich nicht. Ich habe mich heute wirklich gut gefühlt und bin schon enttäuscht, dass ich es nicht entsprechend abschließen konnte", sagte der 28-Jährige.

Schon knapp einen Kilometer vor dem Ziel, als sich das Asphaltband durch ein Labyrinth aus 90-Grad-Kurven unter dem Mannschaftshotel Yas Viceroy hindurchschlängelte, hatte Kittel den Anschluss an seinen Sprintzug verloren, wie sein Sportlicher Leiter Rik Van Slycke erklärte. "Irgendwie ist er vom Hinterrad seines Zuges gefahren worden, und dann nimmt man bei diesen Bedingungen kein Risiko mehr, um zurückzukommen. Sprinter spüren, ob sie noch vorrücken können oder nicht", so der Belgier. "Auf der 2. Etappe war es auch hektisch, aber da hatte er noch den Platz und die Kraft vor zu fahren - heute eben nicht."

Kittel selbst gab noch eine konkretere Erklärung ab und war dabei angenehm offen: "Ich muss ehrlich zugeben, dass ich Schwierigkeiten mit dem Rad hatte, um wirklich am Hinterrad der anderen Sprinter und auch meiner eigenen Leute zu bleiben", sagte er. "Ich weiß noch nicht genau, woran das lag und werde das mit den Mechanikern jetzt nochmal checken. Ich bin in den Kurven gerutscht, als gäbe es kein Morgen. Vielleicht hatte ich einfach einen Platten. Die Bremse wollte auch nicht so, wie ich. Vielleicht ist das die Umstellung zwischen den Rädern im etwas unerwarteten Regen heute."

Kittel hatte nach den Diskussionen um die Sicherheit seiner Scheibenbremsen in Anschluss an den Sturz auf der 1. Etappe am zweiten Tag der Abu Dhabi Tour zurück auf Felgenbremsen gewechselt, obwohl er in dieser Saison sonst bislang nur mit Scheiben unterwegs war. Im Trockenen machte ihm das am Freitag auf der 2. Etappe keine Probleme und er gewann. Doch zum Abschluss der viertägigen Rundfahrt regnete es nun. "Aber ich will da jetzt nicht blöd rumdiskutieren, denn ich war auch einfach nicht da, wo ich sein wollte", gab er sich angesichts der verkorksten Anfahrt zum Finale selbstkritisch.

Denn an der Spitze des Feldes kontrollierte Orica-Scott beeindruckend souverän auf der gesamten 5,5 Kilometer langen Schlussrunde das Geschehen, um den Tagessieg von Caleb Ewan perfekt vorzubereiten, während Kittel und Quick-Step Floors ganz vorne nicht zu sehen waren. "Wir hatten hier nicht den perfekten Sprintzug, und in reinen Sprinterrennen setzen wir auch andere Jungs ein", erklärte Van Slycke. "Aber wenn man sieht, wie Bauer arbeitet und was Sabatini und Martinelli gemacht haben, denke ich, dass es immer besser wird in den nächsten Sprints."

Die Ehrung mit dem "Don't crack under pressure"-Preis, ein TV-Interview und einige Fotos mit den Fans sowie ein Gespräch mit radsport-news.com - nach seiner enttäuschenden Zielankunft auf dem Yas Marina Circuit konnte Kittel abschließend trotzdem positiv Bilanz ziehen: Ein Etappensieg beim einzigen Sprint, in den er mit reinhalten konnte, stand nach drei Flachetappen in Abu Dhabi zu Buche. "Ich habe mich hier gut gefühlt und bin da, wo ich sein will. Deshalb fliege ich mit einem guten Gefühl nach Hause und konzentriere mich jetzt aufs nächste Rennen." Das wird in einer Woche die Fernfahrt Paris-Nizza sein. Ob er anschließend auch bei Mailand-Sanremo startet, will Kittel von seinem Gefühl in Nizza abhängig machen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.02.2017Quintana: "Scheibenbremsen sind unnötig und gefährlich"

(rsn) - Mehr als das sportliche Geschehen scheint derzeit das Thema Scheibenbremsen die Schlagzeilen im Radsport zu vereinnahmen. Ausgangspunkt der Diskussionen ist nach wie vor der Sturz auf der 1.

27.02.2017Ewan und Kluge harmonieren auch in Abu Dhabi prächtig

(rsn) - Schon nach wenigen Rennen steht fest: Sprinttalent Caleb Ewan (Orica-Scott) und sein neuer Anfahrer Roger Kluge harmonieren prächtig. Bereits bei der Tour Down Under im Januar beim ersten gem

27.02.2017Greipel: Auch ohne Sieg "eine schöne Woche" in Abu Dhabi

(rsn) - André Greipel ist ein Sprinter, und Sprinter wollen immer gewinnen. Doch auch ohne den erhofften Tagessieg hatte der Hürther am Ende der Abu Dhabi Tour in den Formel-1-Boxen des Yas Marina C

26.02.2017Highlight-Video der 4. Etappe der Abu Dhabi Tour

(rsn) - Caleb Ewan (Orica-Scott) hat die 4. Etappe der 3. Abu Dhabi Tour gewonnen. Der 22-jährige Australier ließ zum Abschluss der Rundfahrt am Abend auf dem Formel-1-Kurs von Yas Marina über 143

26.02.2017Majka und Konrad in Top Ten - Bora mit Abu Dhabi Tour zufrieden

(rsn) - Angesichts von Peter Sagans überragendem Wochenende in Belgien, wo der Weltmeister zunächst Zweiter bei Het Nieuwsblad wurde und am Sonntag Kuurne-Brüssel-Kuurne gewann, geriet der ebenso Ã

26.02.2017Ewan: Zum Auftakt in Abu Dhabi am Boden, am Ende obenauf

(rsn) - Nachdem er auf der 2. Etappe der Abu Dhabi Tour zu früh gejubelt hatte und von Marcel Kittel (Quick-Step Floors) praktisch auf dem Zielstrich noch abgefangen worden war, machte Caleb Ewan (Or

26.02.2017Ewan siegt in Yas Marina, Rui Costa sichert sich Gesamtwertung

(rsn) - Caleb Ewan (Orica-Scott) hat die 4. Etappe der 3. Abu Dhabi Tour gewonnen. Der 22-jährige Australier ließ zum Abschluss der Rundfahrt am Abend auf dem Formel-1-Kurs von Yas Marina über 143

25.02.2017Bora-Kapitän Majka trat am Jebel Hafeet zu spät in Aktion

(rsn) - Ein siebter Platz für Rafal Majka mit 46 Sekunden Rückstand auf Tagessieger Rui Costa (UAE Team Emirates), Platz 16 für Patrick Konrad und Rang 45 an einem schlechten Tag für Emanuel Buchm

25.02.2017Highlight-Video der 3. Etappe der Abu Dhabi Tour

(rsn) - Rui Costa (UAE Team Emirates) hat nach seinem Sieg auf der Königsetappe der 3. Abu Dhabi Tour beste Chancen, die morgen endende Rundfahrt durch das gleichnamige Emirat für sich zu entscheide

25.02.2017Konrad: "Es macht irrsinnig Spaß mit der Mannschaft"

(rsn) - Patrick Konrad (Bora-hansgrohe) arbeitete auf der Königsetappe der 3. Abu Dhabi Tour am Jebel Hafeet viel für seinen Kapitän Rafal Majka und übernahm die Verantwortung für das Tempo der F

25.02.2017Quintana wird Contador nicht los, Rui Costa nutzt die Chance

(rsn) – Im knapp elf Kilometer langen Schlussanstieg der Königsetappe der 3. Abu Dhabi Tour testete Nairo Quintana (Movistar) gleich mehrmals seine Beine und die Konkurrenz. Der Kolumbianer hinterl

25.02.2017Rui Costa stürmt auf der Königsetappe ins Rote Trikot

(rsn) - Rui Costa (UAE Team Emirates) hat mit seinem Sieg auf der Königsetappe die Führung im Gesamtklassement der 3. Abu Dhabi Tour übernommen. Der 30 Jahre alte Portugiese verwies über 153 Kilom

Weitere Radsportnachrichten

15.11.2024Fährt Cavalli künftig für dsm-firmenich – PostNL?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

15.11.2024Im Schatten von Behrens und Teutenberg voll überzeugt

(rsn) – Auch wenn er in seiner ersten U23-Saison im Schatten seiner Teamkollegen Niklas Behrens und Tim-Torn Teutenberg stand, die beide den Sprung zu den Profis schafften, kann Louis Leidert (Lidl

15.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine