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23.11.2011 | Beim "Gran Fondo Colnago Miami" in Florida war Jan Ullrich am vergangenen Sonntag als "Botschafter" der amerikanischen Jedermann-Serie zum ersten Mal am Start. Jan, sein Manager Falk Nier und sein Freund Paco Wrolich (ein alter Kumpel aus Kärnten, der jetzt Manager beim "Gran Fondo"-Veranstalter Star Events ist, und Jan in die USA gelockt hat) fuhren die lange 100-Meilen-Runde (also gut 160 km); ebenfall angetreten waren der zweifache Giro-Sieger Gilberto Simoni und der Ex-Formel-1-Weltmeister Jenson Button, die die kurze 27-Meilen-Runde (40 km) drehten.
Hier der Bericht unseres Reporters vor Ort, der am vergangenen Wochenende in Miami mit Jan Ullrich unterwegs war.
Sonntag morgen in Miami Beach, Hotel-Balkon. Es stürmt und regnet. Ich zweifle ein wenig, ob es eine gute Idee war, am Samstag fast tausend Kilometer im Auto zu sitzen, um heute ein Radrennen zu fahren. Aber immerhin ist es 21 Grad warm. Und hey, es ist Jans erstes Rennen in den USA, sage ich mir. Zudem lässt der Wetterbericht hoffen.
Also das Rad ins Auto und los. Sonntag früh um fünf sind die Straßen von South Beach noch erstaunlich voll. Viele schicke Menschen ziehen um die Häuser, trotz des heftigen Regens. Rennradler sehe ich allerdings keine.
Der Start des Granfondo liegt im Stadtteil Coral Gables. Auf dem Weg dorthin sind dagegen viele Renner unterwegs, die meisten mit dem Rad. Immerhin: Es regnet nicht mehr. Im Startbereich herrscht schon buntes Treiben. Die Veranstalter schätzen, dass über 1500 Teilnehmer gekommen sind.
Um kurz vor sieben kommt Jan, begleitet von seinem Manager Falk Nier, seinem Freund Paco Wrolich, und umringt von einer großen Schar Fans. Die Fotografen stürmen nach vorn. Wenig später erscheinen auch noch der zweifache Giro-Sieger Gilberto Simoni, Stefano Garzelli und der Formel-1-Weltmeister Jenson Button.
Der Brite ist ein passionierter Rennradler, erzählt Falk: "Jenson hält sich für die F-1-Rennen vor allem auf dem Rad fit." So hat er auf dem Weg zum Grand Prix nach Brasilien einen Zwischenstop in Miami eingelegt, extra für den Gran Fondo. Leider fährt er nur die kurze 27-Meilen-Runde.
Am Start steigt die Spannung: Die hübsche Ex-Giro-Sprecherin Barbara Pedrotti macht Stimmung, die Ferrari-Führungsfahrzeuge lassen die Motoren aufheulen. Dann der Startschuss - los geht's. Prompt fängt es wieder leicht an zu regnen. Immerhin hat es mittlerweile um 25 Grad Lufttemperatur. Aber die Luftfeuchtigkeit ist hoch, um 80 Prozent. Da läuft einem schon im Stehen das Wasser runter...
Der ersten Meilen fahren wir zick-zack durch die Blocks von Coral Gables. Das Tempo ist hoch, fast 40 km/h! Und prompt gibt es auch einen Sturz, da sich viele Teilnehmer drängen, um mal neben "Ulle" zu fahren. "Eigentlich hatte ich mir das ein wenig gemütlicher vorgestellt", sagt Jan. Denn bei den amerikanischen Grand Fondos gibt es keine Zeitmessung; man nennt das hier „Social Ride“. Leider ist mancher Fahrer nicht ganz so sozial, wenn er unbedingt mit Jan fahren will. Aber im Rennverlauf gibt sich das allmählich.
Mittlerweile kommt die Sonne raus. Dafür wird der Wind immer heftiger. Nach gut 15 Meilen verabschiedet sich die "italienische Fraktion" mit Simoni und Garzelli auf die kleine Runde, Button im Schlepptau. "Die wollen Urlaub machen", grinst Jan.
Jetzt haben wir Miami verlassen. Über schöne Palmen-Alleen kommen wir zu den Everglades-Sümpfen. Das Tempo bleibt hoch, der Gegenwind nimmt weiter zu. Das wird richtig anstrengend, denke ich. "Mir macht es Spaß", sagt Ulle, der oft im Wind fährt, und stets eng umringt ist von begeisterten Mitfahrern.
Pllötzlich zieht Paco an; er will zur Spitzengruppe aufschließen, wo einige Südamerikaner das Tempo machen. Doch Ulle fährt das Loch schnell wieder zu. "Der fährt mir heute nicht davon", lacht er.
Nach 60 Meilen und weiter starkem Wind sinkt das Tempo im Feld allmählich; die hohe Anfangsgeschwindigkeit fordert ihren Tribut. Auch wir lassen’s ruhiger angehen, und halten an einem Drugstore. Auf der Strecke gibt es zwar drei Verpflegungsstationen, aber Jan will unbedingt ein kaltes Cola. Bald ist er von gut 80 Fahrern und Zuschauer umringt. Er gibt Autogramme, und lässt sich bereitwillig mit vielen Fans fotografieren.
Das erstaunt mich doch: Obwohl Jan noch nie ein Rennen in den Staaten gefahren ist (nur zum Training war er in seiner aktiven Zeit öfters hier), und obwohl er fünf Jahre praktisch untergetaucht war, scheint ihn hier jeder zu kennen. Und die Reaktionen sind durchweg positiv.
Weiter im Rennen: Noch 15 Meilen bis zum Ziel; die Beine werden immer schwerer. Doch die tolle Natur lenkt ab. Jetzt geht’s Richtung Meer, mit atemberaubenden Blicken auf die Karibik. Um 11:15 sind wir dann im Ziel, am Rathaus auf dem Pan American Drive von Miami.
In der Expo riecht es verführerisch nach italienischem Essen: "Pasta, Pizza, Prosciutto, Parmesan", lacht Jan, und schiebt eine selbst belegte Pizza in den Ofen: "Nach 100 Meilen haben wir uns das verdient!" Und nach dem Rad-Marathon folgt der Foto-Marathon. Meine Landsleute sind weniger scharf auf Autogramme denn auf Fotos mit Jan. Und der macht klaglos (fast) alles mit...
Mein Resümé: Der Grand Fondo Miami 2011 war eine feine Veranstaltung, und Jan Ullrich ist ein echter Kumpel! Wer auch mal mit ihm in den USA unterwegs sein möchte: Im April 2012 wird er den Granfondo San Diego und im Juni den Granfondo Los Angeles fahren. Wir Amis freuen uns!
"Gran Fondo USA" ist die größte amerikanische Radmarathon-Rennserie, mit traditionell italienischem Radsport-Flair. Neben Jan Ullrich sind weitere aktive und ehemalige Radprofis wie Mark Renshaw, Paco Wrolich, Peter Luttenberger oder Geoffroy Lequatre als "Botschafter" der "Gran Fondo USA"-Serie engagiert.
(Übersetzung, Redaktion: Wolfgang Preß)
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