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04.10.2011 | Dafür, dass Mike Kluge nicht viel mehr als vier Stunden geschlafen hat (die "Rider's Night" am Vorabend im Team-Holiday Inn...), springt er erstaunlich fit auf die Bühne des "Lila Logistik Trucks" vor der Sporthalle in Heimerdingen. Auch sein Rad-Slalom durchs Publikum ging problemlos vonstatten; der Fast-Zusammenstoß mit einer fotografierenden hübschen Blonden war wohl nicht ganz unbeabsichtigt... "Hallo Mannschaft", ruft Mike gutgelaunt, und schüttelt jedem seiner rund 50 Mitfahrer die Hand.
Seit fünf Jahren gibt es den "Charity Bike Cup" in Ditzingen,
und seit fünf Jahren ist Mike Kluge dabei (so wie heuer auch Jan Ullrich, Hanka Kupfernagel, Alessandro Petacchi, Davide Rebellin, Didi Thurau, Steffen Wesemann, Danilo Hondo, Ricarda Lisk, Mike Kluge, Marcel Wüst, Frank Wörndl, Stefan Schumacher und einige weitere prominente Sportler). Der mehrfache Querfeldein-Weltmeister geht immer wieder gern auf die wellige Runde durch das Strohgäu: "Das macht einfach Spaß hier - fast jedes Jahr schönes Wetter, nette Leute, und dann auch noch was Gutes tun."
Jeder der 849 Starter hat 25 Euro an an "Star Care" gespendet, eine Organisation, die Kindern in Not hilft. "Damit wird heuer vor allem ein Projekt an Stuttgarter Kliniken zur Erforschung der Stoffwechsel-Erkrankung Mukoviszidose unterstützt“, sagt Heinz Betz vom Veranstalter "Radsport-Akademie" bei der Vorstellung der Mannschaften. Und gestern abend beim "Lila Opening" in der Heimerdinger Turnhalle haben Jan Ullrich und Michael Müller, Vorstand des Hauptsponsors "Lila Logistik" nochmal je 5000 Euro draufgelegt („Meine Frau wird mir den Kopf abreißen“, sagte Jan lachend, „aber das ist eine Herzens-Angelegenheit.“).
Zurück auf die Bühne: Sprecher Karsten Migels
von Eurosport fragt Mike nach seinen Ambitionen fürs Rennen. "Nicht aus der Wertung fallen", kommt frech ein Kommentar aus der Mannschaft. Mike grinst: "Ok, dann heute kein Stop an der Würstchenbude." Der Team-Käptn lieferte sich letztes Jahr einen harten Kampf mit Jan Ullrich, wer die 60-km-Runde am langsamsten absolviert. "Nach Jan wollten wir schon eine Suchmeldung rausgeben", erinnert sich Heinz Betz: "Der ist zweimal Kaffee trinken gegangen!"
Als wir dann eine gute Stunde später, nach der launigen Vorstellung aller 60-km-Mannschaften, an den Start gehen, ist die Stimmung recht gelöst. Kein Vergleich mit der Anspannung, die sonst am Start vieler Jedermann-Rennen herrscht. Es wird geflachst und gelacht, bis Michael Makurath, Oberbürgermeister von Ditzingen und Schirmherr des Cups, die Start-Pistole krachen läßt.
Gemütlich geht's in die erste 20-km-Runde,
die neutralisiert gefahren wird. So ist reichlich Zeit für ein Schwätzchen mit Mike, was seine Team-Fahrer auch ausführlich nutzen. Obwohl wir schon eher gemütlich unterwegs sind, laufen wir immer wieder auf die "Gelben" von Tria-Weltmeister Daniel Unger auf, die als erste Truppe hinter dem Wagen der Rennleitung herzuckeln. Mike hat alle Mühe, seine Leute zusammenzuhalten: "Ganz ruhig da vorne - es geht ja bald los."
Nach dem vier Kilometer langen Schlussanstieg zum Ziel in Heimerdingen ist es dann soweit: Sammeln für den "scharfen" Start. Wieder kracht der Schuß - und diesmal geht es rund. Ortskundige Nachwuchs-Renner springen auf die Gehsteige, hauen sich in die Pedale, um bis zur ersten Engstelle vor einem asphalierten Feldweg schon mal Boden gut zu machen. Ich hänge mich an ein paar Team-Kollegen, und mache die Jagd mit.
Das Tempo ist schätzungsweise doppelt so hoch wie vorher
(mein Tacho liegt leider im Hotel...), und in engen Kurven wird's manchmal ein wenig hektisch. An der Verpflegung dann ein Sturz; gottseidank nix Ernstes. Haben es doch glatt drei Radler geschafft, sich um eine Flasche zu balgen - obwohl auf jeder Straßenseite drei Helfer stehen, die gefüllte Trinkflaschen anbieten.
Nun geht's in die Schlußsteigung, nicht heftig, aber doch einige Kilometer lang. Die Jugend stürmt hoch, ich bleibe erstmal im Sattel. Ab der Hälfte kann ich dann doch den einen oder anderen offensichtlich weniger Trainierten wieder einfangen, der mich zuvor im Wiegetritt hat stehenlassen. Auf dem letzten halben Kilometer vor dem Ziel dann immer mehr klatschende, johlende Zuschauer: Das motiviert, doch noch zum Zielsprint anzusetzen. Auch wenn noch eine Runde zu fahren ist.
Überhaupt: die Zuschauer - die machen richtig Stimmung
an vielen Streckenabschnitten, mit rhythmischem Klatschen, Tröten, Trillerpfeifen, laut knarrenden Ratschen. Da kommt Renn-Feeling auf, und die Motivation steigt deutlich. Immer wieder auch Plakate mit Grüßen an die prominenten Starter. In einem Dorf hat eine Familie einen Tisch mit Kaffee und Kuchen aufgebaut, darüber ein großes Plakat: "Jan, halt an!" - was er dann auch getan hat.
Auf der zweiten "scharfen" Runde lasse ich's dann ruhiger angehen. Schließlich sind heute etliche Radsport-Größen unterwegs; da wollte ich den einen oder anderen doch mal live auf der Strecke sehen, und vielleicht sogar ein wenig plaudern.
Als ersten treffe ich auf Marcel Wüst,
auch er ein alter Hase beim Charity Bike Cup. Und er fährt immer wieder mal Jedermann-Rennen, wie er mir erzählt, als ich es schließlich geschafft habe, neben ihn zu kommen. Zuletzt war er mit einer Firmen-Mannschaft bei den Cyclassics in Hamburg: "Das macht schon nochmal besonders Spaß, soviele Zuschauer an der Strecke." Hier sei es ja schon toll, aber Hamburg wäre nochmal eine echte Steigerung, sagt Marcel. Und als "ächte kölsche Jong" fährt er natürlich auch regelmäßig die Jedermann-Runde seines Heimrennens. Wichtigste Station dabei, verrät Marcel: "die Schmitzebud, mit ihrer großen Radsport-Party!"
Weiter im Schwabenland: Ich lasse mich nochmal zurückfallen, und lande irgendwann bei Danilo Hondos Truppe. Der Kapitän ist allerdings dicht umringt, und recht flott unterwegs. Mich da reinzudrängen, scheint mir zu riskant, und ich lasse bald reißen. Bin schließlich zum Vergnügen hier...
Als dann in meinem "Rückspiegel" Frank Wörndl auftaucht,
wird es wieder entspannter. Er ist offensichtlich auf Brautschau, und plaudert angeregt mit einer großen, athletischen Blonden. Schon bei der Mannschafts-Präsentation vor dem Start hatte er alle Damen in seinem Team recht unverblümt gefragt, ob sie denn verheiratet seien. Da hatte er allerdings noch Pech; eine flotte Brünette hatte sogar ihren Mann dabei, der ein wenig säuerlich guckte ob Franks Werbungsversuchen. Wie weit er bei der Blonden noch gekommen ist, konnte ich nicht mehr eruieren... Und leider hat ihn später dann auch noch das Sturzpech erwischt: Er musste mit einer Schultergelenk-Verletzung ins Krankenhaus. Von hier aus alles Gute, Frank!
Ein wenig später braust Iris Kurz mit ihren schnellen Mannen heran. Die mehrfache Kunstrad-Weltmeisterin hatte die Zuschauer bereits beim "Opening" am Samstag abend mit einer tollen Aufführung begeistert; man mochte ob ihrer Pirouetten, Lenker-Handstände und sonstiger für Normal-Radler unfaßbarer Kunststückchen nicht glauben, dass sie seit fast zehn Jahren keine Wettkämpfe mehr bestreitet. Ihre Erklärung: Sie absolviert immer wieder Show-Auftritte, und müsse dafür weiter fleißig trainieren. Den Wunsch von Moderator Karsten Migels, sie möge doch auch das Rennen mit ihrem Fixie-Kunstrad fahren, hat sie dann allerdings doch nicht erfüllt: Zu lange Abfahrten, ergab meine Nachfrage bei der verschmitzt lächelnden Iris.
Nun geht's langsam wieder auf den Schlußanstieg zu.
Wie schnell doch 20 km rum sind, wenn man sich nett unterhält. Hinter mir höre ich das Surren einer heranrauschenden Gruppe, und beschließe, mich dranzuhängen. Langsam wird's steiler, und die jungen Burschen gehen aus dem Sattel. Ich muß bald reißen lassen, und erwische gerade noch das Hinterrad einer fitten jungen Dame, die mit zwei etwas älteren Herren unterwegs ist.
Gottseidank habe ich mich während der Plaudereien zuvor gut erholen können. So bleibe ich dran, gehe selbst zweimal in den Wind. Am Steilstück verlieren wir einen Mit-Renner, und im Bergauf-Zielsprint zieht die sportliche Dame unwiderstehlich davon. Respekt! Da kann man nur anerkennend hinterherhecheln. Aber einmal mehr motivieren die begeisterten Zuschauer, auch selbst noch den Sprint anzuziehen. Geschafft! Jetzt erstmal ein schönes kühles Radler...
Im Zielbereich gehen wenig später die 100-km-Mannschaften
auf die Strecke; unter ihnen das spätere Sieg-Team um Steffen Wesemann. Dann folgt der Höhepunkt für den Nachwuchs: Rund 70 Kinder dürfen mit Alessandro Petacchi, Mike Kluge, Danilo Hondo und Davide Rebellin fünf kleine Runden um den Sportplatz drehen. Die Kleinen strampeln, was das Zeug hält, und Mike muß sie immer wieder einbremsen, vor allem vor einem recht eckigen Kabeltunnel auf der Strecke.
Hier kann der alte Quer-Kämpe Mike wieder seine Cross-Qualitäten zeigen: Er hüpft über Kabel und Bordsteine, legt zur Freude der Kids diverse Slides hin, schlängelt sich elegant durchs Feld. "Er ist halt ein echter Poser", meint Veranstalter Heinz Betz grinsend: "Aber ein guter..."
Das Resüme des Cup-Chefs: "849 Teilnehmer, fast 25 000 Zuschauer,
über 35 000 Euro Spenden, tolles Fest, Super-Wetter - was will man mehr?"
Dem kann ich mich nur anschließen: Wer Radsport-Stars einmal unkompliziert aus der Nähe erleben möchte (und auf der Runde), der sollte sich den 3. Oktober 2012 schon mal vormerken, den nächsten Charity-Bike-Cup.
Sicher wieder dabei ist Mike Kluge.
Hat er mir jedenfalls versprochen. Und wohl auch Jan Ullrich, sein dann hoffentlich wieder genesener Freund Frank Wörndl, Marcel Wüst, Hanka Kupfernagel, und viele andere mehr. Sagt Heinz Betz. Wir sind gespannt...
(rsn) - Wer schon länger eine 300-km-Radrunde auf der Liste hat, der sollte sich mal die Mecklenburger Seen-Runde genauer anschauen: Weitgehend flach, nur gelegentlich wellig geht´s entspannt durc
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