Interview beim Pre-Event der Middle East Peace Tour

Van Vleuten fordert Mindestlohn und gleiche Prämien

Von Tom Mustroph

Foto zu dem Text "Van Vleuten fordert Mindestlohn und gleiche Prämien"
Annemiek van Vleuten beim Pre-Events der Middle East Peace Tour | Foto: Tom Mustroph

03.05.2017  |  (rsn) - Frauenradsport hat sich entwickelt. Annemiek van Vleuten sieht ausgerechnet das Straßenrennen in Rio als Katalysator der Entwicklung. Die Niederländerin war dort in Führung liegend schwer gestürzt und musste bewusstlos ins Krankenhaus gebracht werden.

Stolz sagt sie nun am Rande des Pre-Events der Middle East Peace Tour, den sie als Gast begleitete: "Das war ein tolles Rennen, sehr spektakulär. Man soll von mir nicht nur den Sturz in Erinnerung behalten und allein diese Bilder zeigen. Man soll auch zeigen, was davor geschah, wie ich am Anstieg alle abhängte und die Stärkste im ganzen Peloton war."

Nach Rio ging es aus van Vleutens Perspektive mit dem Frauenradsport weiter bergauf. "Wir hatten jetzt das Amstel Gold Race. Jahrelang haben wir danach gefragt, in diesem Jahr gab es das endlich für uns", erzählt sie. Von 2001 bis 2003 gab es schon einmal ein Frauenrennen beim Amstel, dann eine lange Pause.

Bei der Neuauflage war van Vleuten Dritte, geschlagen von Landsfrau Anna van der Breggen und der Britin Lizzie Deignan. "Die ganze Atmosphäre des Rennens war toll. Wir sind zusammen mit den Männern gestartet, beim Einschreiben waren 10.000 Fans da. Die letzten 45 Minuten wurden live im Fernsehen übertragen, sogar in Australien", meint die für den australischen Rennstall Orica-Scott startende Athletin.

Dass die Flandern-Rundfahrt der Frauen inzwischen das gleiche Finale wie die Ausgabe für die Männer hat, sieht van Vleuten - bei diesem Rennen Vierte - ebenfalls als Zeichen des Aufschwungs. Und da erstmals Lüttich - Bastogne - Lüttich als Frauenrennen ausgetragen wurde und der Wallonische Pfeil (seit 1998 im Programm) zur Women's World Tour gehört, haben die Profi-Frauen jetzt auch ein exzellentes Klassikerfrühjahr.

Nicht ganz so gut zu sprechen ist van Vleuten auf La Course, das Frauenrennen  der Tour de France. "La Course ist nur so eine Show auf den Champs Elysees, da sieht man nicht, was Frauenradsport wirklich ausmacht", urteilte sie. Lieber hätte sie ein Etappenrennen, zur gleichen Zeit und mit den gleichen Etappenzielen wie die Tour de France. Am besten an den letzten zehn Tagen der Tour. In diesem Jahr rückt La Course bei der Tour ein paar Tage vor und findet bei der Bergankunft am Col d'Izoard statt.

Van Vleuten warnt aber auch, die bisherigen Wettbewerbe nicht zu vernachlässigen. "Sie sind wichtig für uns, sie sollten erhalten und gestärkt werden", sagt sie, und hebt als besonders schöne Rennen die Baskenland- und die Thüringen-Rundfahrt hervor. Nicht zufrieden ist sie jedoch mit der finanziellen Situation. "Es gibt bei uns Frauen, die nebenbei noch einen Job machen, um Geld zu verdienen, weil sie von ihren Rennställen nichts erhalten. Das ist nicht gut für den Sport. Es sollte, ähnlich wie bei den Männern, ein Mindesthonorar geben", fordert sie.

1000 Euro pro Monat hält sie für angemessen. "Man kann es nicht sofort und nicht von allen Teams verlangen. Manche würden dann finanziell kaputt gehen. Man muss ihnen auch Zeit lassen. Aber die besten zehn, fünfzehn Teams sollten 1.000 Euro im Monat für jede Fahrerin schon aufbringen können", sagt sie.

Auch bei den Preisgeldern sieht van Vleuten Nachbesserungsbedarf. Zunächst einmal bei der UCI: "Die fordert für den Sieger des schwersten Männerrennens, der Tour de France, 16.000 Euro als Minimum der Siegprämie. Fürs schwerste Frauenrennen, den Giro d'Italia, setzt die UCI aber nur 1.100 Euro als Minimum an. Es liegt dann an den Veranstaltern, ob sie noch mehr zahlen. Aber dass Männer und Frauen schon vom Weltverband so ungleich behandelt werden, ist nicht gut."

Freilich warnt van Vleuten auch hier vor einer Überforderung. "Manche Veranstalter könnten finanziell an die Grenzen kommen", sagt sie - und stellt dann noch eine drastische Überlegung an "Von mir aus müsste es gar keine Preisgelder geben. Man sollte Rennen fahren, weil man sie gewinnen will, nicht, weil es da Geld gibt. Wenn es aber Geld gibt, dann sollte es zwischen Männern und Frauen gleich verteilt sein", meint sie. Klare Ansagen einer konsequenten Sportlerin.

Als sportlichen Höhepunkt dieser Saison plant van Vleuten den Giro d'Italia, zum ersten Mal mit Klassement-Ambitionen. "Ich bin keine Kletterin, das wird nicht leicht. Aber ich mag Herausforderungen." Das glaubt man ihr sofort.

 

Weitere Jedermann-Nachrichten

02.07.2025Evenepoel: “Auch bei dieser Tour geht es um Geduld“

(rsn) – Vor seiner zweiten Tour de France gibt sich Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) vorsichtig optimistisch. Nachdem er beim Critérium du Dauphiné gegen Tadej Pogacar (UAE – Emirates –

02.07.2025Thomas will bei seiner Abschieds-Tour nochmals alles geben

(rsn) – Als letztes der 23 Teams hat nun auch Ineos Grenadiers sein Aufgebot für die am 5. Juli in Lille beginnenden 112. Tour de France bekannt gegeben. Der britische Rennstall, der seit 2019, als

02.07.2025Die Teams für die 112. Tour de France

(rsn) – Nach drei Auslandsstarts in Folge (Kopenhagen, Bilbao, Florenz) beginnt die Tour de France erstmals seit dem Jahr 2021 wieder in ihrem Heimatland. Am 5. Juli werden im nordfranzösischen Lil

02.07.2025Giro-Zweiter Del Toro startet bei der Tour of Austria

(rsn) – Es hatte sich bereits angedeutet, aber jetzt wurde von den Organisatoren offiziell bestätigt: Auch der Giro-Zweite Isaac Del Toro (UAE – Emirates - XRG) wird am 9. Uli am Start der Tour o

02.07.2025Giro d`Italia Women im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Erstmals bereits 1988 ausgetragen, zählt der Giro d`Italia Women zu den traditionsreichsten Rennen im Frauenkalender. Radsport-news.com blickt auf die letzten zehn Austragungen der aktuell

02.07.2025Keine Bonussprints bei der Tour de France 2025

(rsn) – Bei den letzten Ausgaben der Tour de France konnten die Fahrer nicht nur im Ziel, sondern auch unterwegs an einigen ausgewählten Stellen Bonussekunden sammeln. Zur diesjährigen 112. Ausgab

02.07.2025Die fünf schweizerischen Starter bei der 112. Tour de France

(rsn) – Mehr als fünf Schweizer bei einer Tour de France gab es zuletzt 2021. Damals waren sechs Eidgenossen am Start des größten Radrennens der Welt. Das ist immer noch weit weg vom Rekordjahr 1

02.07.2025Die drei österreichischen Starter bei der 112. Tour de France

(rsn) – Vom kleinen Zwischenhoch, das 2022 und 2023 gleich sechs österreichische Tour-Starter lieferte – und damit fast so viele wie aus Deutschland – haben sich die Fahrer aus der Alpenrepubli

02.07.2025Das Reglement der Tour de France auf einen Blick

(rsn) – Jeder Radsportfan kennt die Wertungstrikots und weiß meist auch, was sie symbolisieren. Das Gelbe Trikot geht an den Zeitschnellsten, das Grüne an den Punktbesten, das Gepunktete an den F

02.07.2025Das Preisgeld: Wie viel gibt´s wofür bei der Tour de France 2025?

(rsn) - Von Lille nach Paris - über 21 Renntage, zwei Ruhetage und 3338 Kilometer - das ist die Tour de France 2025. Mehr als 80 Stunden Rennzeit werden die Fahrer auf ihrem Weg durch Frankreich im

02.07.2025Die Aufgebote für den 36. Giro d´Italia Women

(rsn) – Mit dem Giro d’Italia Women (6. – 13. Juli / 2.WWT) steht einen Tag nach dem Start der Tour de France der Männer die zweite Grand Tour der Frauen an. Die 36. Ausgabe der Italien-Rundfa

01.07.2025Red Bull - Bora - hansgrohe im Sondertrikot zur Tour de France

(rsn) - Das Team Red Bull - Bora - hansgrohe wird in einem Sondertrikot zur 112. Tour de France antreten. Zu Ehren der ´Grande Nation´ tauscht der deutsche WorldTour-Rennstall sein normales Trikot f

JEDERMANN-RENNEN DIESE WOCHE
  • Keine Termine