Windkante wirbelt Gesamtklassement durcheinander

Van Aert düpiert die Sprinter und feiert Tour-Debütsieg

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Van Aert düpiert die Sprinter und feiert Tour-Debütsieg"
Wout van Aert (Jumbo - Visma) stürmte vor dem ersten Ruhetag der 106. Tour de France zu seinem ersten Tour-Etappensieg. | Foto: Cor Vos PRÜFEN

15.07.2019  |  (rsn) –  Wout van Aert (Jumbo - Visma) stürmte vor dem ersten Ruhetag der 106. Tour de France zu seinem ersten Tour-Etappensieg. Der 24-Jährige verwies auf dem 217 Kilometer langen Tagesabschnitt von Saint-Flour nach Albi den Italiener Elia Viviani (Deceuninck – Quick-Step) knapp auf den zweiten Rang.

"Ich kann eigentlich gar nicht glauben, dass ich all diese schnellen Fahrer im Sprint geschlagen habe. Dieser Sieg rangiert über allem. In den letzten zehn Tagen habe ich gemerkt, wie groß dieses Rennen wirklich ist. Und jetzt gleich bei meinem ersten Antritt eine Etappe zu gewinnen, das ist einfach nur wow", brach es aus dem Belgier im ersten Interview heraus.

Hinter Van Aert und Viviani sprintete der Australier Caleb Ewan (Lotto Soudal) auf den dritten Platz. Vierter wurde sein Landsmann Michael Matthews (Sunweb) vor dem Träger des Grünen Trikots, Peter Sagan (Bora – hansgrohe). Erneut mussten sich die schnellen Männer einem Fahrer von Jumbo – Visma geschlagen geben - und wie schon am ersten Tag der Tour war es nicht der nominelle Sprintkapitän Dylan Groenewegen.

"Ich war sehr nervös im Finale. Irgendwie habe ich es geschafft, in der vorderen Gruppe zu bleiben und auch Steven Kruijswijk dort zu halten. Leider hat es Dylan nicht geschafft und so nutzte ich meine Chance im Sprint. Ich wusste schon, dass ich es früh probieren musste und so attackierte ich schon 250 Meter vor dem Ziel. Es war eng mit Viviani, aber ein Zentimeter reicht", so der überglückliche Van Aert, der im Ziel seine Freude laut herausschrie.

In der Gesamtwertung gelang Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) die souveräne Verteidigung des Maillot Jaune. Eine von EF Education First initiierte Attacke auf der Windkante zerteilte das Feld knapp 40 Kilometer vor dem Ziel in mehrere Gruppe und der Franzose und sein Team schafften es, in der vordersten dabei zu sein.

"Wir wussten, dass das Finale schwer werden würde und deshalb haben wir alles versucht, um keinen Fehler zu machen. Das war heute ein wunderschöner Tag, der mir echt Spaß gemacht hat. Ich freue mich, dass ich das Trikot verteidigt habe. Wir waren eine große Gruppe und für mich war das kein großer Stress", sagte Alaphilippe, der nun 1:12 Minuten vor Titelverteidiger Geraint Thomas (Ineos) die Gesamtwertung anführt.

"Ich könnte mir kein besseres Etappenende vorstellen. Es war ein guter Tag für uns. Wir haben es ein wenig vorher schon versucht, aber da war der Wind nicht stark genug. Als es Education First und dann Deceuninck probierten, waren wir immer aufmerksam und zu allem bereit", analysierte Thomas, dessen Teamkollege Egan Bernal (+1:16) jetzt Dritter ist.

Die beiden Bora-hansgrohe-Kapitäne Emanuel Buchmann und Patrick Konrad erreichten ebenfalls in der ersten Gruppe das Ziel und verbesserten sich im Gesamtklassement auf die Ränge 5 (+1:45) bzw.12 (+2:46). "Fünfter im Gesamtklassement, das hört sich sehr gut an. Heute musste man den ganzen Tag aufmerksam fahren, das Team hat gut gearbeitet, war immer vorne, wenn es wichtig war", sagte ein sichtlich zufriedener Buchmann im Ziel zu den Reportern.

So lief das Rennen:

Mit 217 Kilometern war der zehnte Abschnitt der 106. Tour de France einer der längsten der Ausgabe 2019. Südwärts ging es von Saint-Flour über vier kleine Bergwertungen und einen Zwischensprint nach Albi, der Hauptstadt des Departements Tarn.

Früh formierte sich eine Spitzengruppe mit Tony Gallopin (AG2R La Mondiale), Michael Schär (CCC Team), Natnael Berhane (Cofidis), Odd Christian Eiking (Wanty - Gobert), Mads Würtz Schmidt (Katusha - Alpecin) sowie Anthony Turgis (Total Direct Energie). Die sechs Fahrer bekamen nie mehr als rund drei Minuten Vorsprung zugesprochen, zumal das eher flache Finale nach dem hügeligen Beginn den Topsprintern entgegenkam.

Die ersten beiden Bergwertungen sicherte sich der Eriträer Berhane. Er gewann auch die meisten Zähler auf der Cote d’Espalion. Den Zwischensprint danach holte sich der Norweger Eiking. Im Feld waren es lediglich Sonny Colbrelli (Bahrain – Merida) und Sagan, die um die weiteren Punkte kämpften. Der Slowake blieb dabei hinter dem Italiener, verwaltete aber auch locker seine Gesamtführung im Grünen Trikot.

Nach dem Sprint probierte das Team Ineos mehrmals Windkanten zu initiieren. Die ersten beide Versuche scheiterten, aber 38 Kilometer vor dem Ende gelang es der britischen Mannschaft, mit Hilfe von EF Education First das Peloton zu zerteilen. Dabei bildeten sich mehrere Gruppen und ein Großteil der Klassementfahrer verlor den Anschluss an die Spitze, in der Ineos gemeinsam mit Bora – hansgrohe und Deceuninck – Quick-Step für Thomas, Bernal, Konrad, Buchmann sowie (beide Bora) Enric Mas und Alaphilille (beide Deceuninck) die Tempoarbeit übernahmen.

Dagegen waren Fahrer wie der Gesamtdritte Thibaut Pinot (Groupama FDJ), Rigoberto Uran (EF Education First), Richie Porte (Trek – Segafredo) oder Jakub Fuglsang (Astana) nicht aufmerksam genug, als es auf die Windkante ging. Zwar schafften sie es, zehn Kilometer vor dem Ziel auf 15 Sekunden an die Gruppe um Thomas und Alaphilippe heranzukommen, die 15 Kilometer zuvor die Ausreißer des Tages gestellt hatten. Aber nachdem die Kräfte der Helfer verbraucht waren, schafften es die Kapitäne nicht mehr, den Anschluss herzustellen.

Aber auch dahinter blieb das Feld zerteilt, und so fanden sich unter anderem der Gesamtzweite und Träger des Weißen Trikots, Giulio Ciccone (Trek – Segafredo) ebenso wie Mikel Landa (Movistar) noch weiter hinten wieder. Noch schlimmer erwischte es George Bennett (Jumbo – Visma). Der Neuseeländer war beim Auto, um sich zu verpflegen, als sich das Feld teilte, und fiel vom vierten auf den 27. Gesamtrang zurück.

Knapp 40 Mann waren es dann, die in Albi in den finalen Sprint gingen. Diesen eröffnete das deutsche Team Sunweb für Matthews. Aber der 28-Jährige ließ sich im eigenen Leadout einbauen, als links von ihm Van Aert den Sprint eröffnete. Aus seinem Windschatten schoss Viviani nah vorn, doch mit einem unglaublichen Finale wehrte der Belgier den Italiener ab.

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.07.2020Video-Rückblick: Bernals Weg zum Tour-Triumph

(rsn) - Vor genau einem Jahr gewann Egan Bernal (Ineos) als erster Kolumbianer die Tour de France. Nach einem harten Kampf über drei Wochen wurde der damals 22-Jährige am 28. Juli 2019 am Ende der 1

18.02.2020Tour-Sieger Bernal gewinnt Laureus World Sports Awards

(rsn) - Tour-de-France-Gewinner Egan Bernal (Ineos) ist als erster Radsportler seit Lance Armstrong mit dem Laureus World Sports Awards ausgezeichnet worden. Der 23-jährige Kolumbianer gewann die Wer

04.12.2019Van Aert: “Als würde ich bei lebendigem Leib brennen“

(rsn) - Wout Van Aert (Jumbo-Visma) hat sich erstmals die Aufzeichnung seines schrecklichen Sturzes bei der Tour de France angeschaut und im Rahmen der flämischen Doku-Serie Het Huis (Das Haus) ein I

15.11.2019Wetter-Wahnsinn bei Giro, Tour und WM

(rsn) - Extremwetter macht auch vor dem Radsport nicht halt. Eurosport hat in einem Video die fünf wildesten Szenen bei Radrennen zusammengefasst, die von Regen oder Schnee heimgesucht wurden.

24.10.2019Mitchelton - Scott: Vier Tour-Etappensiege als Saison-Highlights

(rsn) - Am Ende einer Saison, in der die GrandTour-Kandidaten Simon und Adam Yates sowie Esteban Chaves die großen Klassementhoffnungen nicht erfüllen konnten, zieht Mitchelton - Scott dennoch ein p

08.09.2019Van Aert sitzt erstmals seit Tour-Aus wieder auf dem Rad

(rsn) - "Guess what?! :)" - so betitelte Wout Van Aert am Sonntagmorgen eine Aktivität auf Strava. Und ja, ratet mal: Der Belgier saß erstmals seit seinem schweren Unfall im Einzelzeitfahren der Tou

06.09.2019Van Aert: OP-Fehler verlängerte die Zwangspause

(rsn) - Die Rechtskurve aus dem Tunnel unter dem Parc du Chateau heraus in die Rue d´Etigny, kurz vor der 1.000-Meter-Marke im Einzelzeitfahren der Tour de France in Pau: Maximilian Schachmann (Bora

16.08.2019Bardet wird in dieser Saison keine Rennen mehr bestreiten

(rsn) - Nach einer trotz des Gewinns des Bergtrikots enttäuschend verlaufenen Tour de France hat sich Romain Bardet (AG2R) dazu entschlossen, 2019 keine Rennen mehr zu bestreiten. "Gemeinsam mit dem

02.08.2019Van Aert: Nach zwei Operationen vor langer Rehabilitation

(rsn) - Nach zwei Operationen an seiner Oberschenkelwunde ist unklar, wann Wout Van Aert (Jumbo - Visma) wieder ins Peloton zurückkehren wird. Das teilte sein Team bereits vor einigen Tagen mit. Am D

02.08.2019Tour-Sieger Bernal kehrt nach der Clasica in seine Heimat zurück

(rsn) - Noch konnte Tour-de-France-Sieger Egan Bernal sein Gelbes Trikot seinen Fans in der Heimat nicht präsentieren. In der zu Ende gehenden Woche bestritt der Kolumbianer noch drei Kriterien in Be

02.08.2019Deceuninck - Quick-Step: Tour-Rückblick im Video

(rsn) - Mit drei Etappensiegen und 14 Tagen das Gelbe Trikot in den eigenen Reihen blickt Deceuninck - Quick-Step auf eine erfolgreiche Tour de France zurück. In einem selbst erstellten Video lässt

01.08.2019Greipel: “Die schlechteste Tour meiner Karriere“

(rsn) – André Greipel (Arkéa – Samsic) hat auf seiner Facebook-Seite seine neunte Tour de Frace bilanziert und betonte dabei, dass diese für ihn absolut nicht zufriedenstellend verlaufen ist.

Weitere Radsportnachrichten

27.12.2025Als Tudor-Aushängeschild deutlich hinter den Erwartungen zurück

(rsn) – Zunächst schien es so, als hätte sich zwar das Outfit von Marc Hirschi geändert, ansonsten aber nur wenig. Der zur Saison 2025 von UAE – Emirates zu Tudor gewechselte Schweizer gewann a

27.12.2025Verpasste Windkante und Magenkrämpfe verhinderten das i-Tüpfelchen

(rsn) – Antonia Niedermaier (Canyon – SRAM – zondacrypto) hatte hohe Erwartungen an ihre dritte WorldTour-Saison, wie sie es RSN noch im März dieses Jahres anlässlich eines langen Interviews

27.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

27.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

26.12.2025Storer kritisiert Ex-Team: “In Gewohnheiten festgefahren“

(rsn) – Der “moderne Radsport“ ist in aller Munde, aber offenbar noch nicht in jedem Team angekommen. Vor einigen Tagen hatte Arne Marit, Spät-Neuzugang bei Red Bull – Bora – hansgohe, bei

26.12.2025Van-Dijke-Zwillinge drängen auf mehr gemeinsame Einsätze

(rsn) – Familienbande sind stark. Das wissen auch Tim und Mick van Dijke. Die Zwillingsbrüder haben ihr erstes gemeinsames Jahr bei Red Bull – Bora – hansgrohe hinter sich, nachdem sie zuvor me

26.12.2025Van der Poel macht es in Gavere gegen Nys spannend

(rsn) – Beim Weltcup in Gavere hat Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) seine weiße Weste bewahrt. In der 7. von neun Runden fuhr er seinem letzten Begleiter Thibau Nys (Baloise – Glowi

26.12.2025“Nicht sehr soziale“ Brand dominiert auch in Gavere

(rsn) – Das Zählen geht weiter. Bei ihrem Sieg im Weltcup von Gavere hat Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) die 57. Podiumsplatzierung in Serie eingefahren. Außerdem war es ihr 14. Sieg beim

26.12.2025Ziel nach starkem Jahr: “Die zweiten Plätze in Siege umwandeln“

(rsn) – Das sei verraten: So weit vorne wie Max Kanter (XDS – Astana) landete in der RSN-Jahresrangliste 2026 kein anderer deutscher Sprinter. Das liegt zum einen daran, dass lange Zeit dominieren

26.12.2025Mit Uno-X bei den Topsprinterinnen angeklopft

(rsn) – Linda Zanetti (Uno-X Mobility) ist 2025 zu einem der Shootingstars im internationalen Peloton geworden. Nach zwei Jahren beim UAE-Team und einem bei Human Powered Health schloss sich die Sch

25.12.2025“Harzige Saison“ ohne Sieg und Tour, aber mit Doppelbronze

(rsn) – Stefan Küng ist sicher kein Legionär. Nach insgesamt sechs Jahren bei BMC sowie derer sieben bei Groupama – FDJ steht 2026 erst zum zweiten Mal in seiner Profilaufbahn ein Tapetenwechsel

25.12.2025Pogacar verdankt Niederlage gegen Vingegaard viel

(rsn) – Als Tadej Pogacar 2019 die Tour de l’Avenir (2.2Ncup) gewann, war er in seinem zweiten U23-Jahr Teil des Drittdivisionärs ROG – Ljubljana. In einer – nachträglich kann man das nicht

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)