“Mich kümmert nur das Zeitlimit“

Sagan: Mit Hulk-Jubel auf dem Weg zum siebten Grünen Trikot

Von Joachim Logisch aus Colmar

Foto zu dem Text "Sagan: Mit Hulk-Jubel auf dem Weg zum siebten Grünen Trikot"
Jubel a la Hulk: Peter Sagan (Bora - hansgrohe) im Ziel der 5. Tour-Etappe in Colmar | Foto: Cor Vos

11.07.2019  |  (rsn) - Der Hulk-Jubel ist wieder da! Mit den in Gürtelhöhe zusammengepressten Fäusten feierte Peter Sagan (Bora - hansgrohe) seinen Sieg im Ziel der 5. Etappe der Tour de France von Saint Dié des Vosges nach Colmar. Dass er spontan zu seinem berühmten Jubel zurückkehrte, mit dem er 2012 schon den Gewinn der 3. Tour-Etappe in Boulogne sur Mer zelebriert hatte, zeigt vielleicht, wie sehr er diesen Erfolg nach einer langen Durststrecke in dieser Saison herbeisehnte.

Eine Durchfallerkrankung hatte Sagan im Frühjahr alle Kräfte geraubt. "Ich glaube, dass diese Erkrankungen viel Schaden in meinem Körper angerichtet haben. Ich habe in ein paar Tagen viel Gewicht verloren. Auch wenn’s nur Flüssigkeit war, hat mein Körper gelitten", blickte der dreimalige Weltmeister in der Siegerpressekonferenz auf seine Leidenszeit zurück und erklärte, warum ihm bis gestern für seine Verhältnisse erst bescheidene drei Siege im Jahr 2019 gelungen waren. "Ich denke, dass mein Körper dieses Jahr nach all den harten Rennen nicht wie sonst üblich regeneriert hat. Ich habe bei Tirreno-Adriatico, das ich gleich nach meiner Krankheit gefahren bin, viel gelitten. Danach wurde es bei Mailand-San Remo und den Klassikern nicht besser, es war ziemlich hart. Ich habe mich dann erst in der darauffolgenden Ruheperiode erholt. Ich habe schliesslich meine übliche Vorbereitung absolviert und jetzt bin ich hier."

Und der Erfolg auch! Wie bei Viviani am Tag zuvor Deceuninck – Quick-Step, so  bereitete ihm seine deutsche Mannschaft Bora – hansgrohe den Triumph mustergültig vor. "Wir haben die letzten Tage mit Absicht versucht, Kraft zu sparen, mit unseren Helfern nicht zu viel zu investieren", verriet der Sportliche Leiter Enrico Poitschke gegenüber radsport-news.com, warum seine Truppe, allerdings in Zusammenarbeit mit Sunweb und Deceuninck – Quick-Step, genug Kraft hatte, das Rennen zu kontrollieren und den Kapitän perfekt zu platzieren.

Zum Sieg gehörte aber auch die Genialität des Popstars der Radsportszene dazu. Den ganzen Tag über war von ihm nichts zu sehen. Als es jedoch um den Sieg ging, raste Sagan an vierter Stelle am Hinterrad von Matteo Trentin (Mitchelton - Scott) der Ziellinie entgegen, um sich genau im richtigen Moment aus dessen Windschatten zu lösen. "Peter ist jemand, der immer in der perfekten Position fährt, auch um Kraft zu sparen, um im richtigen Moment an der richtigen Stelle zu sein", beschrieb Poitschke die Klasse seines Stars.

In der Punktewertung schon jetzt wieder deutlich vorn

Der Sieg in Colmar ist bereits ein deutlicher Fingerzeig im Kampf ums Grüne Trikot, das Sagan als erster überhaupt zum siebten Mal gewinnen will. Denn unter dem Tempodiktat von Sunweb, Bora – hansgrohe und Deceuninck – Quick-Step wurden die reinen Sprinter eliminiert. Nur die bergfesten schnellen Leute wie Sagan, Michael Matthews (Sunweb), Sonny Colbrelli (Bahrain - Merida) oder Wout Van Aert (Jumbo - Visma) kamen mit dem Spitzenfeld auf die Zielgerade.

Nach seinem Sieg führt Sagan nun mit 144 Punkten vor Matthews (97 Punkte) die Sprintwertung an. Die anderen Topsprinter wie Vortagessieger Viviani (92) oder Caleb Ewan (46, Lotto – Soudal) gingen im Ziel leer aus. "Genau das wollten wir mit der Aktion erreichen", freute sich Poitschke über die gelungene Aktion.

Viviani schrieb er als gefährlichen Rivalen für das Grüne Trikot noch nicht ab. Aber Sagan machte sich auch jetzt noch keine Gedanken darüber. "Ich denke von Tag zu Tag. Ich versuche mein Bestes zu geben. Sobald ich einen Vorsprung auf ihn (Viviani), Matthews oder van Aert kriegen kann, will ich ihn auch haben. Aber jetzt sind wir erst auf der 5. Etappe und es liegt noch viel Arbeit vor uns. Wie jedes Jahr kann man mal einen guten Tag haben und viele Punkte holen, dann einen schlechten mit weniger Punkten", rechnete er am Mittwoch mit weiteren knappen Entscheidungen.

Sagan hat keine "Höhenangst"

Auch dass diese Tour insgesamt sieben Berge mit mehr als 2000 Metern Höhe beinhaltet, scheint ihm keine Sorgen zu bereiten. "Ich kümmere mich nicht um Berge oder wie hoch die sind, 2000 oder 3000 Meter... Was mich kümmert, ist, im Zeitlimit anzukommen", sagte er. Bezüglich der Höhenlage sollten andere aufpassen, meinte er. "Zum Beispiel die Klassementfahrer. Die Bergetappen werden interessant für sie sein, viele von denen sind kurz mit vielen Anstiegen."

Sagans Sorglosigkeit kommt allerdings auch nicht von ungefähr. "In den sechs oder sieben Tours, die ich gefahren bin, hatte ich nie Probleme in den Bergen. Vielleicht war ich ein oder zwei Mal am Limit, aber okay…", sagte er auf der Pressekonferenz.

Dass er gerade sein 109. grünes Trikot gewonnen hat und nahe an der Bestmarke von Eddy Merckx dran ist, der 111. Mal Gelb trug, ordnete er völlig uneitel ein: "Da gibt es doch einen grossen Unterschied!"

Das stimmt! Aber das siebte Grüne Trikot würde ihn in den Olymp der Tour-Giganten aufsteigen lassen!

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.07.2020Video-Rückblick: Bernals Weg zum Tour-Triumph

(rsn) - Vor genau einem Jahr gewann Egan Bernal (Ineos) als erster Kolumbianer die Tour de France. Nach einem harten Kampf über drei Wochen wurde der damals 22-Jährige am 28. Juli 2019 am Ende der 1

18.02.2020Tour-Sieger Bernal gewinnt Laureus World Sports Awards

(rsn) - Tour-de-France-Gewinner Egan Bernal (Ineos) ist als erster Radsportler seit Lance Armstrong mit dem Laureus World Sports Awards ausgezeichnet worden. Der 23-jährige Kolumbianer gewann die Wer

04.12.2019Van Aert: “Als würde ich bei lebendigem Leib brennen“

(rsn) - Wout Van Aert (Jumbo-Visma) hat sich erstmals die Aufzeichnung seines schrecklichen Sturzes bei der Tour de France angeschaut und im Rahmen der flämischen Doku-Serie Het Huis (Das Haus) ein I

15.11.2019Wetter-Wahnsinn bei Giro, Tour und WM

(rsn) - Extremwetter macht auch vor dem Radsport nicht halt. Eurosport hat in einem Video die fünf wildesten Szenen bei Radrennen zusammengefasst, die von Regen oder Schnee heimgesucht wurden.

24.10.2019Mitchelton - Scott: Vier Tour-Etappensiege als Saison-Highlights

(rsn) - Am Ende einer Saison, in der die GrandTour-Kandidaten Simon und Adam Yates sowie Esteban Chaves die großen Klassementhoffnungen nicht erfüllen konnten, zieht Mitchelton - Scott dennoch ein p

08.09.2019Van Aert sitzt erstmals seit Tour-Aus wieder auf dem Rad

(rsn) - "Guess what?! :)" - so betitelte Wout Van Aert am Sonntagmorgen eine Aktivität auf Strava. Und ja, ratet mal: Der Belgier saß erstmals seit seinem schweren Unfall im Einzelzeitfahren der Tou

06.09.2019Van Aert: OP-Fehler verlängerte die Zwangspause

(rsn) - Die Rechtskurve aus dem Tunnel unter dem Parc du Chateau heraus in die Rue d´Etigny, kurz vor der 1.000-Meter-Marke im Einzelzeitfahren der Tour de France in Pau: Maximilian Schachmann (Bora

16.08.2019Bardet wird in dieser Saison keine Rennen mehr bestreiten

(rsn) - Nach einer trotz des Gewinns des Bergtrikots enttäuschend verlaufenen Tour de France hat sich Romain Bardet (AG2R) dazu entschlossen, 2019 keine Rennen mehr zu bestreiten. "Gemeinsam mit dem

02.08.2019Van Aert: Nach zwei Operationen vor langer Rehabilitation

(rsn) - Nach zwei Operationen an seiner Oberschenkelwunde ist unklar, wann Wout Van Aert (Jumbo - Visma) wieder ins Peloton zurückkehren wird. Das teilte sein Team bereits vor einigen Tagen mit. Am D

02.08.2019Tour-Sieger Bernal kehrt nach der Clasica in seine Heimat zurück

(rsn) - Noch konnte Tour-de-France-Sieger Egan Bernal sein Gelbes Trikot seinen Fans in der Heimat nicht präsentieren. In der zu Ende gehenden Woche bestritt der Kolumbianer noch drei Kriterien in Be

02.08.2019Deceuninck - Quick-Step: Tour-Rückblick im Video

(rsn) - Mit drei Etappensiegen und 14 Tagen das Gelbe Trikot in den eigenen Reihen blickt Deceuninck - Quick-Step auf eine erfolgreiche Tour de France zurück. In einem selbst erstellten Video lässt

01.08.2019Greipel: “Die schlechteste Tour meiner Karriere“

(rsn) – André Greipel (Arkéa – Samsic) hat auf seiner Facebook-Seite seine neunte Tour de Frace bilanziert und betonte dabei, dass diese für ihn absolut nicht zufriedenstellend verlaufen ist.

Weitere Radsportnachrichten

24.11.2025Ex-Profis Bettini und Pozzato sprechen sich für Ticket-System aus

(rsn) – Die mögliche Einführung von bezahlpflichtigen Zonen für Zuschauer am Streckenrand von Radrennen, vor allem an Schlüsselstellen im Streckenverlauf, hat in den letzten Tagen neue Für- und

24.11.2025Tony Martins Erfolgsstory begann in Mamas Radklamotten

(rsn) - Von der "Idiotenrunde" zur Tour de France und zu vier Goldmedaillen im WM-Zeitfahren - diese Geschichte beschreibt Tony Martin in seiner Dokumentation "Panzerwagen, Reise zum Weltmeister". D

24.11.2025Belgischer Radsportler des Jahres: Evenepoel zieht mit Museeuw gleich

(rsn) - Merhawi Kudus (Burgos - Burpellet - BH) ist afrikanischer Meister im Straßenrennen. Der 31 Jahre alte Eritreer sicherte sich den kontinentalen Titel zum ersten Mal in seiner Karriere. Bei den

24.11.2025Knie, Krankheit, Katastrophe? Ein kompliziertes Jahr mit Lichtblicken

(rsn) – Vor einem Jahr war Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) einer der großen Hoffnungsträger des deutschen Radsports. Sein Etappensieg als Ausreißer am Passo Brocon beim Giro d’It

24.11.2025Guernalec nächstes Opfer eines schweren Trainingsunfalls

(rsn) – Erneut wurde ein Radprofi während des Trainings Opfer eines schweren Unfalls. Thibault Guernalec wurde von einem Auto angefahren. Der 28 Jahre alte Franzose trug Frakturen an den Lendenwirb

24.11.2025Anstoß Remco: Evenepoel eröffnet Liga-Spiel in Belgien

(rsn) - Die fußballerischen Wurzeln von Remco Evenepoel sind wohlbekannt, der Belgier spielte in seiner Jugend für den RSC Anderlecht und die belgische Junioren-Nationalmannschaft, auch ein Profiver

24.11.2025Schritt nach Belgien und erster Sieg ermöglichten Profivertrag

(rsn) – Nach zwei Jahren im vertraut-familiären Umfeld des rad-net-Teams, das von seinem Vater Ulrich Müller geleitet wurde, hat sich Tobias Müller in der Saison 2025 bei Wanty – Nippo – ReUz

24.11.2025Giro-Zweiter Chaves beendet lange Karriere, Cavallar wechselt zu “Dreamteam“

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

23.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

23.11.2025Sensationell Straßenmeister und die Nummer 1 auf der Bahn

(rsn) - 2025 war ein Jahr, das dem Tim Wafler in Erinnerung bleiben wird. Überraschend gewann der Österreicher auf flachen Kurs die Nationalen Straßenmeisterschaften, wobei er als Kontinentalfahrer

23.11.2025Nys macht’s in Tabor im Stil von van der Poel

(rsn) – Er schien beim Weltcup-Auftakt in Tabor über einen Gang mehr zu verfügen als die Konkurrenz: Als Thibau Nys (Baloise – Glowi Lions) Ernst machte, konnte keiner seiner Gegner folgen. Der

23.11.2025Brand egalisiert mit Sieg in Tabor den Vos-Rekord

(rsn) - Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) hat den Weltcup-Auftakt in Tabor gewonnen. Die Niederländerin bestimmte gemeinsam mit Sara Casasola (Crelan – Corendon) und deren Teamkollegin Inge v

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)