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16.10.2010 | (rsn) – Philippe Gilbert (Omega Pharma-Lotto) hat zum zweiten Mal in Folge die Lombardei-Rundfahrt gewonnen. Der 28 Jahre alte Belgier triumphierte in überragender Manier beim letzten großen Klassiker des Jahres über 260 Kilometer von Mailand nach Como. Gilbert schüttelte im letzten Anstieg des Tages, dem San Fermo, seinen letzten Konkurrenten, den Italiener Michele Scarponi (Androni Giocatoli) ab und erreichte bei strömendem Regen das Ziel als Solist.
Scarponi hatte als Zweiter 12 Sekunden Rückstand auf den souveränen Titelverteidiger, Dritter wurde der überraschend starke Spanier Pablo Lastras (Caisse d’Epargne/+0:55). Platz vier sicherte sich der Däne Jakob Fuglsang (Saxo Bank) vor Vuelta-Sieger Vincenzo Nibali (Liquigas/beide +1:06) und dem Vorjahreszweiten Samuel Sanchez (Euskaltel/+1:12). Siebter wurde mit Mikel Nieve (Euskaltel/+2:07) ein weiterer Spanier. Auf Rang acht hatte der Italiener Mauro Santambrogio (BMC) bereits 3:01 Minuten Rückstand.
"Das war bei diesen Bedingungen ein richtig harter Tag. Aber ich komme mit Regen und Kälte gut zurecht. Ich als Belgier bin ja solche Bedingungen gewohnt", sagte Gilbert nach dem Rennen zufrieden. "Als Solist zu gewinnen, war ein besonderes Gefühl."
Deutsche Fahrer hatten mit der Entscheidung des Rennens nichts zu tun. Fabian Wegmann (Milram) belegte mit knapp sechs Minuten Rückstand Rang 15, sein Teamkollege Johannes Fröhlinger wurde beim letzten Rennen der Teamgeschichte 32.
Gilbert, der am Donnerstag die Piemont-Rundfahrt gewonnen hatte, zeigte bei widrigen Temperaturen - Dauerregen und Temperaturen von maximal zehn Grad - eine weitere Gala-Vorstellung. Ab dem Gipfel des neu ins Programm genommenen Sormano-Anstiegs fuhr er rund 40 Kilometer lang von vorn und spielte auf glitschigen Straßen schließlich gegen Scarponi seine physische Überlegenheit aus.
195 Fahrer nahmen bei kühlen Temperaturen von nur zehn Grad am Morgen in Mailand – erstmals seit 1984 wieder Startort des Klassikers – das „Rennen der fallenden Blätter“ mit zehnminütiger Verspätung in Angriff. Grund war der Protest gegen Äußerungen von Ettore Torri, dem Anti-Dopingstaatsanwalt des Nationalen Olympischen Komitees von Italien. Nach diversen Attacken setzten sich schon bei Kilometer 12 eine sechs Fahrer starke Ausreißergruppe ab.
Bei einsetzendem Regen bauten der Schweizer Michael Albasini (HTC-Columbia), die Italiener Mauro Da Dalto (Lampre), Gianluca Mirenda und Diego Caccia (beide ISD-Neri), der Franzose Tony Gallopin (Cofidis) und der Finne Kjell Carlström (Sky) ihren Vorsprung schnell aus. Bereits nach 40 Kilometern betrug dieser knapp neun Minuten – und das alles bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 47,9 Kilometer in der ersten Rennstunde. Im Feld übernahm Gilberts Omega-Pharma Lotto-Team die Last der Nachführarbeit. Der Vorsprung der Ausreißer blieb aber zunächst stabil bei sieben bis acht Minuten.
Nach einem Sturz verloren zunächst Gallopin und Mirenda den Anschluss an die Spitzengruppe, im Anstieg zur 754 Meter hohen Madonna del Ghisallo schüttelte Albasini seine restlichen Mitausreißer ab. Dahinter hatten sich aus dem zu diesem Zeitpunkt nur noch gut 50 Mann starken Hauptfeld der Russe Vladimir Gusev (Katjuscha), der Spanier Angel Madrazo (Caisse d'Epargne) sowie die beiden Italiener Giovanni Visconti und Diego Caccia (beide ISD-Neri) abgesetzt.
In der Abfahrt schlossen die Verfolger zu Albasini auf und noch vor dem neu ins Profil genommenen 9,4 Kilometer langen und 6,7 Prozent steilen Anstieg zum 1.124 Meter hohen Colma di Sormano bildete sich mit Gusev, Madrazo und Visconti eine neue Spitzengruppe. Die hatte allerdings nur noch weniger als eine Minute Vorsprung auf das weiterhin von Gilberts Team angeführte Feld, aus dem heraus der Niederländer Bauke Mollema (Rabobank) nach einem entschlossenen Antritt bei strömendem Regen an Visconti und Gusev vorbeizog.
Derweil sorgte der starke Nibali mit einer Attacke für eine weitere Reduzierung der Verfolgergruppe. Es war dann der aufmerksame Gilbert, der die nur noch knapp 20 Fahrer starke Gruppe 30 Sekunden nach Mollema über den Gipfel führte und der von da an das Rennen bestimmte. Auf der 13 Kilometer langen Abfahrt auf regennassen Straßen zogen Gilbert, Nibali und der Spanier Pablo Lastras (Caisse d’Epargne) an Mollema vorbei, gefolgt von Scarponi, der schließlich zu dem Trio aufschloss. Nibali fiel nach einem Sturz in einer der gefährlich glatten Serpentinen zurück, während Gilbert seine Konkurrenten an der Spitze stehen ließ.
Nur Scarponi konnte sich wieder an den Topfavoriten herankämpfen. Der 31-Jährige schloss rund 17 Kilometer zu Gilbert wieder auf. Gut eine Minute dahinter versuchte eine Gruppe mit Nibali, Fuglsang, Samuel Sanchez, Lastras, Mollema, Mikel Nieve (Euskaltel), Rigoberto Uran (Caisse d’Epargne) und Carlos Barredo (Quick Step) vergebens den Rückstand zu reduzieren.
Auch im letzten Anstieg zum San Fermo hinauf blieb die Konstellation unverändert, auch wenn die Verfolgergruppe sich auf Fuglsang, Nibali, Sanchez und Lastras verkleinerte. Kurz vor dem Gipfel des letzten Berges zog Gilbert dem kurzzeitig mit technischen Problemen kämpfenden Scarponi davon und steuerte schließlich souverän seinem zweiten Sieg entgegen. Scarponi konnte den Abstand auf den letzten Kilometern zwar auf gut zehn Sekunden halten, an den Vorjahressieger konnte er aber nicht mehr herankommen. Bereits 300 Meter vor dem Ziel ließ sich Gilbert im Gefühl des sicheren Sieges feiern, wenige Sekunden hinter ihm überquerte dann Scarponi den Zielstrich. Dahinter erreichte Lastras, der sich auf den letzten Kilometern noch aus der Verfolgergruppe lösen konnte, mit einer knappen Minute Rückstand das Ziel.
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