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18.07.2004 | Die Tour 2004 verläuft genau wie die letzten fünf Frankreich-Rundfahrten und steckt doch voller Überraschungen. Weit vor dem Feld fährt im doppelten Wortsinn Lance Armstrong, unterstützt von einer perfekt laufenden Maschinerie namens US Postal. Niemand scheint mehr des Amerikaners sechsten Sieg in Folge gefährden zu können, auch nicht der famos fahrende Italiener Ivan Basso vom dänischen CSC-Team. Nicht wenige Beobachter meinen: Seit der 14. Etappe am gestrigen Samstag ist die Tour entschieden – und Lance Armstrong wird einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellen.
Die große Überraschung dieser Tour ist genau genommen eine Enttäuschung: Keiner der hoch gehandelten Konkurrenten kann dem Patron der Tour das Wasser reichen. Jan Ullrich, erstmals mit dem öffentlich geäußerten Anspruch gestartet, die Tour zum zweiten Mal in seiner Kariere gewinnen zu wollen, musste auf beiden Pyrenäen-Etappen schwere Niederlagen einstecken und fuhr sogar seinem Edelhelfer Andreas Klöden hinterher. Sieben Minuten Rückstand auf Armstrong sind das ernüchternde Ergebnis. Selbst ein Podiumsplatz in der Endabrechnung ist nun in Gefahr. Bis zum jetzigen Zeitpunkt verläuft die Tour für Jan Ullrich so enttäuschend und frustrierend wie kaum eine zuvor.
Roberto Heras wollte endlich aus dem langen Schatten seines ehemaligen Kapitäns treten und Armstrong die Tour in den Bergen vermasseln. Als überragender Bergfahrer mit einem starken Team im Rücken wollte sich der zweifacher Vuelta-Gewinner auch in die Siegerliste des wichtigsten Radrennens der Welt eintragen. Nachdem Heras bereits beim Prolog, beim Mannschaftszeitfahren und auf der ersten Pyrenäen-Etappe distanziert worden war, erlebte er gestern ein Debakel sondergleichen: Rund 27 Minuten Rückstand degradieren den Spanier zu einem Mitläufer dieser Tour 2004.
Genauso wie seinen Landsmann Iban Mayo. Mit dem Dauphiné-Sieg und dem Triumph im dortigen Bergzeitfahren über Armstrong im Rücken, startete der Baske als einer der Top-Favoriten auf den Gesamtsieg beim Prolog nach Lüttich. In der ersten Tour-Hälfte vom Sturzpech verfolgt, fuhr Mayo schon mit großem Rückstand in die Berge. Nach einem für seine Ansprüche durchschnittlichen Rennen nach La Mangie hinauf traf Mayo gestern dann der große Hammer: Völlig entkräftet kam er mit mehr als 45 Minuten Verspätung auf dem Plateau de Beille an.
So weit kam Tyler Hamilton gar nicht erst. Nach 79 Kilometern musste der US-Amerikaner in Diensten des Schweizer Phonak-Teams vom Rad steigen. Die Prellungen, die er sich bei seinem Sturz auf der 5. Etappe zugezogen hatten, zwangen den ehemaligen Mannschaftskollegen von Lance Armstrong zur vorzeitigen Aufgabe. So ist innerhalb von nur zwei Tagen der Kreis der Konkurrenten um den Tour-Gesamtsieg von fünf auf nur einen reduziert worden. Ab heute darf immerhin über die weiteren Plätze auf dem Treppchen spekuliert werden. Beste Aussichten hat neben Ivan Basso dann doch noch ein deutscher T-Mobile-Fahrer: Andreas Klöden, der in den Bergen eine bemerkenswerte Leistung gezeigt hat und auch als hervorragender Einzelzeitfahrer gilt. Hinter Jan Ullrich allerdings stehen für den weiteren Tour-Verlauf reichlich Fragezeichen.
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