RSNplus(Rad)Sport als Impulsgeber

Straßen-WM in Ruanda sorgt für Afrika-Boom

Von Tom Mustroph aus Kigali

Foto zu dem Text "Straßen-WM in Ruanda sorgt für Afrika-Boom"
Auch die jungen Zuschauer sind von der ersten Radsport-WM in Afrika begeistert. | Foto: Cor Vos

21.09.2025  |  (rsn) - Der Radsport erreicht Afrika. Manche merken es mit Schmerzen. Vielen Europäern setzte etwa die Hitze zu. "Das Zeitfahren war extrem hart, denn es war heiß, dazu die Luftfeuchtigkeit. Schon am ersten Anstieg war ich wie gekocht“, beschrieb Kasia Niewiadoma ihre ersten Kilometer. Auch dem Franzosen Paul Seixas machte die Hitze zu schaffen. Er überpacte am Anfang, wie er RSN sagte, und blieb trotzdem - oder gerade deswegen - unter seinem eigentlichen Watt-Fahrplan.

Viele nahmen die Ankunft der ersten Welttitelkämpfe auf dem afrikanischen Kontinent aber mit Freuden entgegen. Ok, es waren die Funktionäre, die nicht selbst aufs Rad steigen mussten. David Lappartient zum Beispiel, Präsident des Weltradsportverbandes UCI, konnte sich selbst prima loben. "Ich hatte zu Beginn meiner Präsidentschaft schon versprochen, eine WM nach Afrika zu bringen. Und jetzt ist die WM hier“, bilanzierte er in seiner Eröffnungsrede in der BK Arena, einer 10.000 Plätze fassenden Indoor-Arena, in der auch schon FIFA-Präsident Gianni Infantino anlässlich eines FIFA-Kongresses seine Aufwartung gemacht hatte. ___STEADY_PAYWALL___

Ruandas Sportministerin Nelly Mukazayire beschrieb die Eröffnung der WM auf dem Boden ihres Heimatlandes als "historischen Moment". Gegenüber RSN sagte sie: "Es ist eine Ehre für Ruanda, diese WM zu beherbergen.“ Sie stellte aber auch heraus: "Wir sind ein Land, das an die Kraft des Sports glaubt, und auch an die Fähigkeit Afrikas, Veranstaltungen von globaler Bedeutung auszurichten.“

Dass der Sport im Land eine besondere Bedeutung hat, ist nicht nur eine Funktionärsfloskel. Erste Begegnungen nach dem Genozid 1994 zwischen zurückgekehrten Überlebenden und jenen, die nicht flüchten mussten, weil sie sich entweder nicht gefährdet fühlten oder sich sogar an den Massakern beteiligt hatten, fanden ausgerechnet bei Fußballturnieren statt, erzählte ein Veteran des ruandischen Fußballs und aktueller Nachwuchscoach RSN.

Fans beim Start in der BK Arena | Foto: Uli Hergesell-Bulian

Sport als Impulsgeber

"Der Sport war ein wichtiger Impulsgeber für den Aufbau unserer Gesellschaft nach dem Genozid“, bestätigte auch die Ministerin. Und jetzt investiere man weiter viel in den Sport, um die nächste Entwicklungsstufe zu erreichen: Internationales Renommee durch die Veranstaltung globaler Sportevents, aber auch Impulse für die eigene Wirtschaft. Nächste Entwicklungsschritte sind unter anderem die Ausrichtung eines Formel 1-Rennens. "Ja, dafür haben wir uns beworben“, versicherte die Ministerin.

Aktuell ist aber der Sport auf zwei Rädern und mit nur menschlichen Motoren angesagt in dem "Land der 1000 Hügel“. Eine Starterin aus Ruanda, Xaverine Nirere, eröffnete dann auch die Welttitelkämpfe. Sie war die erste, die von der Zeitfahrrampe fuhr. Mit 16 war sie schon Landesmeisterin im Straßenrennen, ein echtes Talent also. Ihre Liebe zum Radsport entzündete sich, als sie noch zur Schule ging. "Ich war in der sechsten Klasse, als ich damit begann. Es machte mir Freude. Mein Bruder, der auch Radsportler war, schenkte mir mein erstes Rad. Ich betrieb dann Schule und Radsport zusammen", erzählte sie RSN.

Ihr Bruder ist übrigens Valens Ndayisenga, Gewinner der Tour du Rwanda 2014 und 2016. Er fuhr auch ein Jahr in Europa bei Tirol Cycling. Der Durchbruch bei seiner Schwester wurde aber ausgerechnet durch die Pandemie befördert. "Damals fiel die Schule aus, und ich konnte mich voll auf den Radsport konzentrieren“, sagt sie mit schelmischem Lächeln. Jetzt ist sie 23 Jahre jung, fährt für das kenianische Team Amani, das bei Männern und Frauen mit einem Mix aus Straßen- und Gravelrennen zum Erfolg zu kommen sucht.

Diantouba Diallo (Mali) absolviert sein Zeitfahren | Foto: Cor Vos

Die Kombination ist auch deshalb notwendig, weil der afrikanische Straßenkalender sehr lückenhaft ist. In Zukunft will Nirere aber gern bei der Tour de France Femmes fahren. Beste afrikanische Teilnehmerin (als 27. unter 44 Starterinnen) war die Eröffnungsfahrerin dieser WM schon mal. Zwei Auftritte hat sie diese Woche noch; mit dem ruandischen Team tritt sie bei der Mixed Staffel an, vier weitere afrikanische Teams übrigens auch – ein weiteres Novum. Und dann will sie ihr Glück noch im Straßenrennen versuchen.

Afrika stellt die meisten Teilnehmerländer

Interessant ist überhaupt die Teilnehmerstatistik dieser Titelkämpfe. 36 Länder aus Afrika nehmen laut eines Kommuniques der UCI daran teil, mehr als eine Verdopplung im Vergleich zu Zürich 2024 (15). Aus Afrika kommt mit 33,64 % sogar der größte Anteil an Athletinnen und Athleten. Europa folgt mit 32,71%, Amerika mit 17,76%. Das liegt natürlich auch daran, dass zahlreiche europäische Verbände mit eher geringerer Teilnehmerzahl als gewohnt ankommen, vor allem aufgrund der Kosten.

Nationen wie Dänemark lassen sogar komplett den Nachwuchs zu Hause. Dem gegenüber steht der Boom der afrikanischen Verbände. Ob das ein Katalysator ist oder nur einem am Himmel verglühenden Kometen gleicht, werden die nächsten Welttitelkämpfe in Montreal zeigen – mit dann wesentlich höheren Reisekosten auch wieder für die Afrikaner.

Mehr Informationen zu diesem Thema

18.11.2025Aserischer Nachwuchsfahrer positiv auf “Crystal Meth“

(rsn) – Der Radsportweltverband UCI hat Nachwuchsfahrer Artyom Proskuryakov vorläufig suspendiert. Grund ist nach Angaben der UCI eine positive Dopingprobe, die der 18-jährige Aserbaidschaner bei

12.11.2025Tour du Rwanda ab 2027 mit WorldTour-Status?

(rsn) – Der Radsportweltverband UCI hat trotz der Kritik an der WM-Vergabe an ein autokratisch regiertes Land die vergangene Straßen-Weltmeisterschaften sowohl aus sportlicher als auch aus organisa

30.09.2025Keine Medaille in Ruanda: German Cycling muss umdenken

(rsn) – Ohne eine einzige Medaille ist German Cycling von den Straßen-Weltmeisterschaften in Ruanda abgereist. Seit der Wiedervereinigung ist der deutsche Straßenradsport nur in einem einzigen Jah

29.09.2025Saison für Van Wilder nach Sturz im WM-Straßenrennen beendet

(rsn) – Er wird letztlich nicht entscheidend für die Vergabe von Gold und Silber gewesen sein, doch der Ausfall von Ilan Van Wilder als mutmaßlich wichtigstem Helfer von Remco Evenepoel war schon

29.09.2025Pogacars Rekordjagd geht weiter: “Durchhalten ist die einzige Option“

(rsn) – Es war eine schnelle Nummer. Das Rennen an sich einerseits. Knapp 270 Kilometer mit 5500 Höhenmetern. 6:21 Stunden benötigte Weltmeister Tadej Pogacar dafür. Trotz enormer Länge und Höh

29.09.2025Healy fuhr mit einem speziellen Rennanzug aufs WM-Podium

(rsn) – “Es ist ein besonderes Bild“, sagte Ben Healy. Da kam er gerade von der Siegerehrung am Convention Center von Kigali und war auf dem Weg zur Pressekonferenz. “Viele der Großen sind da

28.09.2025Ayuso bleibt am längsten Berg als einziger an Pogacar dran

(rsn) – Juan Ayuso hat es am Mont Kigali 104 Kilometer vor dem Ziel des WM-Straßenrennens als einziger Fahrer geschafft, direkt am Hinterrad von Tadej Pogacar zu bleiben und mit ihm die Abfahrt in

28.09.2025Skujins glänzt auch in Kigali: “Habe Gewichtsklasse 70+ gewonnen“

(rsn) – Toms Skujins hat bei den Weltmeisterschaften in Ruanda einmal mehr unter Beweis gestellt, dass er wohl einer der unterschätztesten Fahrer im gesamten Peloton ist. Der Lette wurde nach Platz

28.09.2025Sattel-Drama kostet Evenepoel die Chance aufs WM-Double

(rsn) – Remco Evenepoel war am Boden zerstört. Im Ziel des WM-Straßenrennens von Kigali setzte sich der Belgier an die Bande und blickte minutenlang schwer enttäuscht nach unten. Es dauerte, bis

28.09.2025Hirschi schon 90 Kilometer vor dem Ziel im “Überlebenskampf“

(rsn) – Für die Schweiz sind am Sonntag ziemlich erfolgreiche Weltmeisterschaften zu Ende gegangen. Vier Medaillen – ein Mal Gold, ein Mal Silber und zwei Mal Bronze – nehmen die Eidgenossen mi

28.09.2025Roglic: “Bin glücklich, dass ich das Rennen beendet habe“

(rsn) – Der alte und neue Weltmeister Tadej Pogacar aus Slowenien kann offensichtlich nicht anders, als die internationale Konkurrenz durch lange Solo-Ritte bei Welttitelkämpfen zu düpieren. Ähnl

28.09.2025Highlight-Video des WM-Straßenrennens der Männer

(rsn) – Tadej Pogacar hat seinen WM-Titel aus Zürich mit einem 67-Kilometer langen Solo in Kigali verteidigt. Der Slowene eröffnete 104 Kilometer vor dem Ziel am Mont Kigali das Finale und ließ d

Weitere Radsportnachrichten

23.11.2025Evenepoel zu möglichem Giro-Zeitfahren: “Maßgeschneidert für mich“

(rsn) – Remco Evenepoel hat nach eigenen Worten seinem neuen Team Red Bull – Bora – hansgrohe zwei Pläne für die Saison 2026 vorgelegt. Der erste sieht eine Klassikerkampagne und die Tour de F

23.11.2025Van Aert: “Ronde- und Roubaix-Siege wären i-Tüpfelchen“

(rsn) – Wie sein großer Konkurrent Mathieu van der Poel (Alepcin – Deceuninck) begann Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) seine Karriere als Crosser. In dieser Disziplin gewann der Belgier dre

23.11.2025Gazzoli von Astana zu Solution Tech – Vini Fantini

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

22.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

22.11.2025Wieder ein Trikotregen, wieder ein Pausentag

(rsn) - Robert Müller ist wieder auf Achse. Wer seine Berichte aus den unterschiedlichsten Ecken der Radsport-Welt – von Südamerika bis Asien – kennt, weiß: Wenn "Radbert" unterwegs ist, wird e

22.11.2025Krahl mit Schürfwunden zum Weltcup-Auftakt nach Tabor

(rsn) – Im tschechischen Tabor findet am Sonntag der Auftakt des Cross-Weltcups 2025/26  statt. Mit dabei ist auch eine deutsche Delegation, bekanntester Name ist der von Judith Krahl (Rose Racing

22.11.2025Mit einer späten Zündung in die Geschichte

(rsn) - Sensation, Coup, Paukenschlag – geschieht in der Welt des Sports ein unerwartetes Ereignis, gibt es vielerlei Begriffe, um es ihn Worte zu fassen. In ein solches Rampenlicht rückte Mathieu

22.11.2025Total-Chaos: Bernaudeau bleibt doch Manager

(rsn) – Vor zwei Tagen meldete die französische Zeitung Ouest-France, dass sich Jean-René Bernaudeau am Ende der Saison nach 26 Jahren als Teammanager des französischen Zweitdivisionärs TotalEne

22.11.2025Im zweiten U23-Jahr ging es rein ins Scheinwerferlicht

(rsn) – Nachdem er 2024 neben Nillas Behrens und Tim Torn Teutenberg der Jüngste von drei Deutschen im Nachwuchsteam von Lidl – Trek gewesen war, blieb Louis Leidert 2025 als einziger aus dem T

22.11.2025Kittel heuert in neuer Rolle bei Unibet an

(rsn) – Kurz nachdem sich Rose Bikes dem in Frankreich registrierten Unibet als Namenssponsor angeschlossen hatte, präsentierte die Mannschaft mit Jannis Peter (Vorarlberg) auch einen ersten deutsc

21.11.2025Neuer AIOCC-Chef Guillén rechnet nicht mehr mit Protesten

(rsn) – Nach der Umbenennung und Neuausrichtung des bisherigen Teams Israel – Premier Tech ist Vuelta-Direktor Javier Guillén zuversichtlich, dass es bei der kommenden Austragung der Spanien-Rund

21.11.2025Mehr als ein Feuerwehrmann: Kluge auch mit 39 noch gefragt

(rsn) - Rembe - rad-net kann auch in der Saison 2026 auf seinen routiniertesten und namhaftesten Fahrer setzen. Wie das deutsche Kontinental-Team meldete, wurde der Vertrag mit Roger Kluge um ein wei

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)