RSNplusEin Besuch im Begleitfahrzeug

Highspeed, Ideallinie und Co.: Zeitfahr-Recon mit Heidemann

Von Felix Mattis aus Kigali

Foto zu dem Text "Highspeed, Ideallinie und Co.: Zeitfahr-Recon mit Heidemann"
Miguel Heidemann lässt sich von Nationalcoach Jens Zemke im Training bergauf ziehen. | Foto: Felix Mattis

21.09.2025  |  (rsn) – Miguel Heidemann hält sich am Teamfahrzeug von German Cycling im heruntergelassenen Fahrerfenster fest. Mit höherem Tempo, als es ihm durch eigene Kraft möglich wäre, fährt der 27-Jährige so die NR5 hinauf zur Cote de Nyanza, dem ersten und in Gegenrichtung später auch zweiten von vier Anstiegen im WM-Einzelzeitfahren 2025. Als es kurzzeitig flacher wird, lässt er noch mal los. "Wir wollen ja nicht, dass ich morgen Muskelkater im Arm habe", scherzt Heidemann. Dann greift er in anderer Position wieder ans Auto und es geht weiter bergan.

Für den einzigen deutschen Starter im Kampf gegen die Uhr und um das Regenbogentrikot am Sonntag ist es innerhalb des zweistündigen Trainings-Zeitfensters, während dessen der Zeitfahrparcours für den öffentlichen Verkehr an diesem Samstagvormittag gesperrt ist, bereits die zweite Runde über die Strecke.

Kaum ein anderer Fahrer unter den Profis hat sich für die doppelte Portion der 40,6 Kilometer und 680 Höhenmeter entschieden. Klar: Die Zeit war dafür eigentlich zu knapp. Auch deshalb erlaubt sich Heidemann die 'Motorhilfe' an den lang gezogenen Anstiegen. Denn bei seiner Besichtigung geht es weniger darum, die Hügel hinauf zu pedalieren und seine Pacing-Strategie entsprechend der gefühlten Belastung festzulegen. Das geschieht eher mithilfe bekannter Leistungsdaten und faktischer Streckendaten in Absprache mit Performance-Coach Robert Pawlowsky nach dem Training. ___STEADY_PAYWALL___

Miguel Heidemann rauscht die lange Abfahrt von der Cote de Nyanza bei der Streckenbesichtigung hinunter. | Foto: Felix Mattis

Die Besichtigung der WM-Strecke von Kigali dient vielmehr der perfekten Linienfindung auf den anderen, teilweise ultraschnellen Abschnitten. Denn davon gibt es in diesem Zeitfahren einige. Es geht zwar viel und lange bergauf, aber noch länger mit Höchstgeschwindigkeit bergab - natürlich nicht gemessen an der Fahrzeit, sondern an der Distanz.

Wahl des Kettenblatts ein Kompromiss

Es ist wichtig, auf den flacheren Anfangskilometern die Ideallinie zu fahren, um Sekunden zu sparen – und auch ein Gefühl für die Höchstgeschwindigkeiten im Auflieger zu bekommen. Die schnellen Abschnitte der Strecke legen nahe, dass sogar ein 64er Kettenblatt sinnvoll sein könnte, doch weil es eben teilweise auch steil bergauf geht, hat Heidemann 60 Zähne gewählt. "Da musste man ein bisschen rechnen, was sich mehr lohnt", erklärte er RSN bereits vor einigen Tagen.

Eine der wenigen engen Kurven auf dem Zeitfahrparcours kommt nach gut vier Kilometern. | Foto: Felix Mattis

Die Straßen in Kigali sind größtenteils bestens asphaltiert und breit, trotzdem lässt Nationalcoach Jens Zemke das eine oder andere Detail notieren: In einer der wenigen technisch anspruchsvolleren Stellen, eine Rechtskehre nach etwas mehr als vier Kilometern, befindet sich auf der Innenbahn beispielsweise ein Schlagloch.

Die meisten anderen Kurven gehen voll, doch auch da sind Notizen wichtig – welche Kurve fährt man wie an, wo lässt man sich am Ausgang ganz heraustragen und wo bleibt man besser auf einer engeren Linie, um anschließend den kürzeren Weg zum nächsten Knick zu haben?

Am Wendepunkt bei Kilometer 17,7 fühlt man sich beinahe wie ein Formel-1-Fahrer, da bei Höchstgeschwindigkeit am Ende einer langen und superschnellen Abfahrt quasi der perfekte Bremspunkt gefunden werden muss, um dann fast auf Null abzubremsen und die 180-Grad-Kehrtwende zu vollziehen.

Aus einer Höchstgeschwindigkeitsabfahrt müssen die Fahrer am Wendepunkt fast bis auf Null herunterbremsen. | Foto: Felix Mattis

Im sich daran anschließenden, mit 6,6 Kilometern längsten Anstieg des Zeitfahrens, gilt es den besten Weg zwischen kleinen Fahrbahnschwellen hindurch zu wählen und kurz nach der letzten Zwischenzeit bei Kilometer 31,6 ist festzuhalten: Der Kreisverkehr vor der vorletzten Bergaufpassage geht eher nicht im Auflieger – vielleicht aber doch, je nach Kraftreserven und Mut. Die Abfahrt vom dritten Anstieg dann beinhaltet noch eine unangenehme Unebenheit und auch die wird notiert.

Kopfsteinpflaster von Kimihurura ruppiger als gedacht

Was sich Heidemann am Ende seiner zweiten Proberunde dann aber nicht noch mal antut, ist der Kopfsteinpflaster-Anstieg von Kimihurua, der ebenfalls zum Parcours des Straßenrennens zählt. "Den bin ich in den letzten Tagen jetzt oft genug gefahren", meint er – und auch ohne Fahrrad wird im Auto deutlich genug: Das Pflaster dort ist wesentlich grober, als es die daheim studierten Aufnahmen von Google Street View suggeriert hatten. Denn auch im Auto wird man hier durchgeschüttelt.

Heidemann rollt am Sonntagnachmittag um 15:32 Uhr und 30 Sekunden (zur Startliste) als einziger deutscher Elite-Mann bestens vorbereitet und mit riesiger Motivation von der Startrampe in der BK Arena von Kigali. Dass es für ihn dabei kaum um eine Medaille gehen wird, ist ihm klar. Doch das Ziel des KT-Fahrers ist vor allem, einige WorldTour-Profis hinter sich zu lassen.

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