RSNplusHintergründe der Saudi Tour, Teil 2

Sportwashing oder Aufbruch in eine freiere Welt?

Von Tom Mustroph aus Al Ula (Saudi Arabien)

Foto zu dem Text "Sportwashing oder Aufbruch in eine freiere Welt?"
Das Fahrerfeld der Saudi Tour, die an fünf Tagen um die Oasenstadt Al Ula ausgetragen wurde. | Foto: Cor Vos

07.02.2022  |  (rsn) - Warum setzt nun auch Saudi-Arabien auf den Radsport? Zum zweiten Mal wurde die Saudi Tour ausgetragen. Auch andere hochkarätige Sport-Events sollen in den nächsten Jahren in dem Wüstenstaat ausgetragen werden. Unser Reporter Tom Mustroph beleuchtet die Hintergründe, Teil 2:

Die Saudische Royal Commission ist gegenwärtig Schultersponsor und potenzieller Hauptsponsor bei BikeExchange, einem Rennstall, der ein Männer- und ein Frauenteam unterhält. Für ein Land wie Saudi-Arabien, in dem vor wenigen Jahren Frauen noch nicht einmal Auto fahren durften, bedeutet dies natürlich einen Riesenschritt. "Wir hatten vor dieser Saison schon ein Trainingslager mit unseren Frauen und Männern hier geplant. Wegen Covid mussten wir dies auf den Herbst verschieben“, erzählt Brent Copeland, Manager von BikeExchange, radsport-news.com.

___STEADY_PAYWALL___

Er bezeichnet den Deal mit dem saudischen Sponsor als etwas, was beiden nutzt. "Sie wollen mit Radsport ihre Region promoten. Wir haben im letzten Jahr ihre Werbung auf Eurosport während der Klassikersaison gesehen und eine Agentur von uns hat Kontakt mit ihnen aufgenommen“, blickt Copeland zurück. Das finanzielle Engagement scheint aktuell noch überschaubar. "85 bis 90% des Gesamtbudgets kommen noch immer, schätze ich, von (Hauptsponsor) Gerry Ryan“, sagt er.


Die Saudi Tour soll der Förderung des Tourismus' dienen. Um diesen anzukurbeln, sollen in zehn Jahren insgesamt 32 Milliarden Euro investiert werden. | Foto: Cor Vos

Aber die Saudis wollen perspektivisch stärker einsteigen. Der Radsport, einst ein Aufsteigersport des europäischen Proletariats, wird immer mehr arabisch. Für die meisten Beteiligten handelt es sich schlicht um eine Wachstumsgeschichte. "Wenn man eine Sportveranstaltung organisiert, sind erstmal all die, die involviert sind, froh, dass diese Sportveranstaltung stattfindet. Wir wollen hier unsere Sponsoren präsentieren, wir wollen Sport betreiben auf dem höchsten Level. Das ist unser Ziel, und mehr wollen wir nicht“, sagt etwa Enrico Poitschke, sportlicher Leiter bei Bahrain Victorious, zu radsport-news.com.


Sportdirektor Rolf Aldag bestritt mit seinem Team Bora - hansgrohe die Saudi Tour. | Foto: Cor Vos

Wer außerhalb dieses Geschäfts steht, sieht die gesamten Sportfinanzierungen aus dem arabischen Raum kritischer. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch werfen den Ländern der Region Sportswashing vor, also Imagekampagnen, um von Einschränkungen von Freiheitsrechten abzulenken. Und bei aller Freude über die Möglichkeiten, die der Radsport Mädchen und Frauen jetzt schon gibt und weiter geben kann, muss eben auch daran erinnert werden, dass eine Aktivistin wie Loujain al-Hathioul, die für das Recht auf Autofahren kämpfte, lange Zeit eingesperrt war, und wenn die Informationen stimmen, aktuell unter Hausarrest steht. Für sie gilt das Gegenteil von Bewegungsfreiheit.

Ausblenden oder wegschieben könne man das alles nicht, meint daher auch Rolf Aldag. Statt der oft noch sehr jungen Sportler sieht er aber eher Medien und die großen Sportorganisationen in der Pflicht, auf Probleme hinzuweisen und Verbesserungen einzufordern. „Wir sind halt die Darsteller, indem wir das Radrennen fahren. Auf der anderen Seite sind ja auch Journalisten hier. Ich finde, da ist es weniger die Aufgabe von einem Radrennfahrer, der eine Nummer auf dem Rücken hat und mit einem Puls von 185 von A nach B fährt als von einem Journalisten, hinter die Fassade gucken. Wie ist so ein Rennen organisiert? Was passiert in dem Land? Ich glaube jetzt nicht, dass einer sein Filmmaterial kontrolliert kriegt, wenn er nach Hause fährt und, dass das dann irgendwie im Gefängnis endet“, sagt er zu radsport-news.com. Da hat er weitgehend recht. Physisch kontrolliert wurde der Autor dieses Beitrags nicht. Die Expertise über Spähsoftware ist nicht ausreichend, um das auch ausschließen zu können. Saudi-Arabien ist aber auf alle Fälle offener, als es manche Klischees glauben machen.


Das Fahrerfeld der Saudi Tour in der Wüste in der Nähe der Gräberstadt Hegra. | Foto: Cor Vos

Allerdings können auch Sportler Haltung beziehen. Formel 1-Pilot Lewis Hamilton fuhr bei seinem letzten Grand Prix in Saudi-Arabien etwa mit einem Helm in Regenbogenfarben, um auf die eingeschränkten Rechte von homosexuellen und diversen Menschen hinzuweisen. Negative Reaktionen von offizieller Seite habe es daraufhin nicht gegeben, teilte der Rennstall radsport-news.com auf Nachfrage mit. Kritik äußern geht also!

"Die eigene Meinung zu äußern, darf nicht verboten sein. Das ist klar. Mundtot machen ist sicherlich für keinen gut. Es bringt dem Rennen nichts, dem Projekt hier nichts, und generell auch nichts. Ich tue mich aber so ein bisschen schwer, was wird von den Sportlern immer erwartet an Statements, an selbstbewusstem Auftreten, wenn die höchste Instanz im Sport, das IOC halt sagt, ist uns eigentlich alles scheißegal. Wir geben Spiele nach China“, sagt Aldag. Und er fordert: "Die großen Sportorganisationen senden halt immer die Signale. Es ist klar, wenn die nichts sagen, dass man was ändern muss, und wenn es nur in kleinen Schritten ist, dann wird sich nichts ändern. Dann laufen alle nur mit. Die Initialzündung muss von oben kommen.“


Auch eine Gravel-Passage mussten die Fahrer im Verlauf der Rundfahrt bewältigen. | Foto: Cor Vos

So eine Initialzündung wäre, die Einhaltung von universellen Menschenrechten zu den Rahmenbedingungen einer internationalen Sportveranstaltung überhaupt zu machen. Genau hier mangelt es an Interesse und auch Durchsetzungsvermögen auf den hohen Funktionärsebenen!

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.02.2022Ballerstedt bei der Saudi Tour: Gestürzt, gelernt, befördert

(rsn) – Auf seinen schweren Sturz hätte Maurice Ballerstedt zwar gerne verzichtet. Doch ansonsten hatte der 21-Jährige beim Profidebüt keinen Grund zur Klage. Sein Team Alpecin – Fenix war mit

06.02.2022Radsport als Image-Vehikel und Treiber des Wandels

(rsn) - Warum setzt nun auch Saudi-Arabien auf den Radsport? Zum zweiten Mal wurde die Saudi Tour ausgetragen. Auch andere hochkarätige Sport-Events sollen in den nächsten Jahren in dem Wüstenstaat

06.02.2022Highlights der Schlussetappe der Saudi Tour im Video

(rsn) – Dylan Groenewegen (BikeExchange – Jayco) hat die Schlussetappe der Saudi Tour im Massensprint für sich entschieden und damit seinen zweiten Tagessieg im Verlauf der Rundfahrt errungen. De

05.02.2022Groenewegen erhöht zum Abschluss seine Quote

(rsn) – Dylan Groenewegen (BikeExchange – Jayco) hat die fünfte und letzte Etappe der Saudi Tour im Massensprint für sich entschieden und damit seinen zweiten Tagessieg im Verlauf der Rundfahrt

05.02.2022Vorschau auf die Rennen des Tages / 5. Februar

(rsn) - Welche UCI-Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus, welche Fahrer und Teams stehen am Start und wer sind die Favoriten? Wir geben Ihnen kompakt und übersicht

04.02.2022Denz und der DSM-Sprintzug: “Wir würfeln durch“

(rsn) - Die Saudi Tour ist für viele Teams eine Art Versuchslabor. Neue Fahrer müssen in die Systeme integriert werden. Die bisherigen Sprintetappen boten daher ein Experimentierfeld vor allem für

04.02.2022Highlights der 4. Etappe der Saudi Tour im Video

(rsn) - Nachdem Teamkollege Caleb Ewan bereits den Auftakt der Saudi Tour (2.1) für sich hatte entscheiden können, zog Maxim Van Gils (Lotto Soudal) auf der Königsetappe nach. Mit einem beeindrucke

04.02.2022Van Gils stürmt mit erstem Profisieg ins Grüne Trikot

(rsn) - Maxim Van Gils (Lotto Soudal) hat mit seinem ersten Profisieg das Grüne Trikot der Saudi Tour (2.1) übernommen. Der 22-jährige Belgier setzte sich auf der 4. Etappe über 149,3 Kilometer vo

04.02.2022Highlights der 3. Etappe der Saudi Tour im Video

(rsn) Dylan Groenewegen hat am dritten Tag der Saudi Tour (2.1) seinen ersten Sieg im Trikot von BikeExchange - Jayco eingefahren. Der 28-jährige Niederländer holte sich die 3. Etappe über 181,2 K

04.02.2022Aldag macht nicht alles neu, aber vieles anders

(rsn) - Rolf Aldag will Bora - hansgrohe mit der Neuausrichtung auf Siege im Gesamtklassement fest an der Spitze der Profiteams etablieren. Eine Schlüsselrolle kommt dabei Lennard Kämna zu. Der Rund

04.02.2022Vorschau auf die Rennen des Tages / 4. Februar

(rsn) - Welche UCI-Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus, welche Fahrer und Teams stehen am Start und wer sind die Favoriten? Wir geben Ihnen kompakt und übersicht

03.02.2022Groenewegen und BikeExchange lernten aus den Fehlern

(rsn) – Bei der Saudi Tour tritt der im Winter von Jumbo – Visma zu BikeExchange – Jayco gewechselte Dylan Groenewegen erstmals für seine neue Equipe an. Der Auftakt endete für den Niederländ

Weitere Radsportnachrichten

10.08.2025Strong lässt beim Arctic Race am Schlusstag nichts mehr anbrennen

(rsn) – Fredrik Dversnes (Uno-X Mobility) hat überraschend die 4. Etappe des Arctic Race of Norway (2.Pro) über acht Runden und 141 Kilometer in Tromso gewonnen. Er war der Beste im Sprint der run

10.08.2025Koppenburg stimmt in Gewichtsdebatte ein

(rsn) - Die Rechnung ist eigentlich einfach. Je weniger Gewicht die Schwerkraft nach unten zieht, desto weniger Kraft braucht man, um es nach oben zu bewegen. Bleibt die Kraft gleich, geht es eben sch

10.08.2025McNulty beendet Polen-Rundfahrt mit Doppelschlag

(rsn) - Brandon McNulty (UAE – Emirates – XRG) hat die die Tour de Pologne (2.UWT) mit einem Doppelschlag beendet. Er gewann sowohl die 7. Etappe als auch die Rundfahrt. Im 12,5 Kilometer langen Z

10.08.2025Pogacar erneuert Gedanken zum Rücktritt: “Ich zähle die Jahre“

(rsn) – Während der letzten Etappen der Tour de France zählte zählte Tadej Pogacar noch die Kilometer bis Paris. Jetzt rechnet der Profi vom Team UAE – Emirates – XRG in anderen Maßstäben.

10.08.2025Unibet Tietema künftig auf deutschen Rädern unterwegs

(rsn) - Das französische ProTeam Unibet Tietema Rockets wird aber der neuen Saison auf Rennrädern aus Deutschland unterwegs sein. Bisher noch von Cannondale ausgestattet, wird das Team im kommenden

10.08.2025Grand Départ 2030 in Deutschland stößt bei ASO auf offene Ohren

(rsn) – Ein Grand Depart 2030 in Mitteldeutschland? Im April hatte Rudolf Scharping, mittlerweile Ehrenpräsident bei German Cycling, auf der Bundeshauptversammlung des Verbandes einen Start der Tou

10.08.2025Uno-X holt nächsten Norweger nach Hause

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

09.08.2025Highlight-Video der 6. Etappe der Polen-Rundfahrt

(rsn) - Brandon McNulty (UAE - Emirates - XRG) schien bereits wie der sichere Sieger, bevor von Irgendwoher noch Victor Langellotti (Ineos Grenadiers) herangerauscht kam und den US-Amerikaner kurz vor

09.08.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

09.08.2025Strong kommt nicht an Pidcock vorbei, verteidigt aber Gelb

(rsn) – Tom Pidcock (Q36.5) hat die 3. Etappe des Arctic Race of Norway (2.Pro) gewonnen. Bei der Bergankunft in Malselv schlug er Corbin Strong (Israel – Premier Tech) im Zweiersprint. Der Neusee

09.08.2025Ciccone gewinnt die Königsetappe, del Toro die Gesamtwertung

(rsn) – Die Entscheidung über den Gewinn der Burgos-Rundfahrt 2025, sie sollte auf den allerletzten Kilometern des Rennens fallen. An den Lagunas de Neila gewann Giulio Ciccone (Lidl – Trek) nach

09.08.2025Langellotti schreibt in Polen doppelt Geschichte

(rsn) – Victor Langellotti (Ineos Grenadiers) hat auf der 6. Etappe der Polen-Rundfahrt (2.UWT) Radsportgeschichte geschrieben. Der 30-Jährige wurde in Bukowina Tatrzanska nach 147 Kilometern der e

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Pologne (2.UWT, POL)
  • Radrennen Männer

  • Großer Silberpilspreis (BLM, GER)
  • Tour de la Guadeloupe (2.2, 000)
  • Gran Premio Sportivi di (1.2u, ITA)
  • Vuelta a Colombia (2.2, COL)
  • Arctic Race of Norway (2.Pro, NOR)