Brennauer Achte: "Großer Abstand enttäuscht mich"

Armstrong mit Nasenbluten zum Olympiagold-Hattrick

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Armstrong mit Nasenbluten zum Olympiagold-Hattrick"
Kristin Armstrong hatte seit der ersten Zwischenzeit Nasenbluten. Trotzdem gewann sie zum dritten Mal in Folge Gold im Olympischen Zeitfahren. | Foto: Cor Vos

10.08.2016  |  (rsn) - Michael Phelps hat inzwischen 21 Stück, da kommt Kristin Armstrong nicht heran. Doch die US-amerikanische Zeitfahrspezialistin hatte in ihrer Karriere auch deutlich weniger Chancen auf eine Olympische Goldmedaille, als ihr schwimmender Landsmann - genau genommen startete die morgen 43 Jahre alte Sportphysiologin in ihrem Leben drei Mal im Einzelzeitfahren um Olympia-Gold. Und drei Mal hat sie gewonnen. In Rio gelang nach Peking 2008 und London 2012 der Hattrick.

Um lediglich fünf Sekunden verdrängte die US-Amerikanerin die Russin Olga Zabelinskaya auf nasser Strecke in Rio auf Rang zwei, die ihre Starterlaubnis im russischen Startverbots-Chaos erst kurzfristig erwirkt hatte. Als ehemals wegen Doping gesperrte Fahrerin war sie vom IOC zunächst ausgeschlossen, dann aber doch zugelassen worden. Bronze ging an die Niederländerin Anna Van der Breggen. Die Olympiasiegerin im Straßenrennen verpasste das Gold-Double um elf Sekunden. Lisa Brennauer fuhr 56 Sekunden hinter Armstrong auf Rang acht, Trixi Worrack landete mit 2:26 Minuten Rückstand auf dem 16. Platz.

"Ich wusste, wie ich es an dem einen Tag anstellen muss. Ich wusste es", sagte Armstrong, die nach dem Überqueren der Ziellinie sofort anhielt, sich umdrehte, fragend auf die Anzeigetafel schaute und sich dann auf den nassen Asphalt fallen ließ. Dort lag sie einen Moment und saugte den Moment in sich auf. "Es war sehr hart, aber abgesehen davon war es die spaßigste Olympia-Erfahrung meines Lebens", so die Siegerin weiter, die schon an der ersten Zwischenzeit Nasenbluten hatte.

2012 hatte sie in Rio 15 Sekunden vor Judith Arndt gewonnen und anschließend ihre Karriere beendet. Knapp drei Jahre später erklärte sie ihr Comeback, gewann prompt die US-Zeitfahrmeisterschaften und wurde Fünfte bei der Heim-WM in Richmond, wo sie lange auf dem Hot Seat der Zeitschnellsten saß. Dass sie dort am Ende leer ausging, war nach dem Jubel über die zwischenzeitliche Führung eine Enttäuschung, bei kaum Rennkilometern im Comeback-Jahr aber keine Überraschung.

Die Heim-WM war Bestandteil eines langfristigen Form-Aufbaus für Rio 2016, für den Griff nach dem dritten Olympischen Gold. Auf dem Weg wurde sie im Mai Gesamtzweite bei der Tour of the Gila sowie der bestens besetzten Tour of California und im Juli noch einmal beim Cascade Cycling Classic. Armstrong bekam von ihrem Körper das gewünschte Feedback und kündigte daher auch vor dem Olympia-Zeitfahren selbstbewusst an: "Ich will mein drittes Gold."

24 Stunden später baumelte die Medaille um ihren Hals. Nach Bestzeit bei der ersten Zwischenzeit bei Kilometer 10 verlor Armstrong ihre Führung bei Kilometer 19,7 zwar an Zabelinskaya, wo sie plötzlich zwei Sekunden hinter der Russin zurücklag, die beim ersten Messpunkt noch 23 Sekunden Rückstand hatte. Doch Armstrong blieb auf vom Start bis zum Ziel nasser Strecke cool, fuhr ihr Rennen zu Ende und gewann schließlich denkbar knapp mit fünf Sekunden Vorsprung.

"Ich bin mein Zeitfahrrad wahrscheinlich öfter im Regen gefahren als irgendwer sonst da draußen", sagte sie angesichts ihrer sehr spezifischen Vorbereitung auf den Zeitfahrwettbewerb. "Also konnte ich meinen Kopf etwas austricksen und mir Selbstvertrauen geben. Ich habe gesagt: Okay, nimm es einfach so wie es ist, jede andere muss da auch durch."

Eine, die auf der nassen Strecke und bei teilweise starkem Wind den Durchblick nicht behielt, war die Niederländerin Ellen Van Dijk. Sie versteuerte sich früh im Rennen, als sie in einer eigentlich unproblematischen Rechtskurve innen in den Graben fuhr. Sie verlor wichtige Sekunden und zog am Ende tief enttäuscht vom Hot Seat ab, als Zabelinskaya, Van der Breggen und Armstrong nacheinander  schneller waren als sie. Bronze verpasste Van Dijk um elf Sekunden, Gold um 22. "Ich habe alles richtig gemacht - mit einer Ausnahme. Und das kostet mich hier eine Medaille", haderte sie mit sich selbst.

Während Van Dijk wegen des Fahrfehlers natürlich sofort wusste, woran es gelegen hatte, konnte Brennauer sich ihren großen Rückstand zunächst nicht erklären. "Eigentlich dachte ich, dass ich ein gutes Rennen gefahren bin. Auch die Wattzahlen unterwegs waren gut", sagte die Zeitfahrweltmeisterin von 2014. "Aber ich habe unterwegs die Zeitabstände gehört und wusste, dass es nicht zu einer Medaille reicht. Dass die Abstände so groß sind, das hat mich enttäuscht. Woran es lag, das werden wir später in Ruhe analysieren müssen."

Weniger zu analysieren hatte Worrack. Die Deutsche Zeitfahrmeisterin wusste sehr gut, woher ihr Rückstand kam. "Diejenigen, die eine Medaille gewinnen wollten, sind Risiko gegangen. Ich wollte kein Risiko", sagte die Erfurterin nach dem Rennen. Schon im Vorfeld hatte sie sich keine Hoffnungen auf eine Medaille gemacht: "Ich hatte mir für das Zeitfahren nichts vorgenommen."

Im Verlauf des Rennens hatte zunächst die Italienerin Elisa Longo Borghini geglänzt, die an der ersten Zwischenzeit die Bestzeit hielt, bis Armstrong als letzte Starterin fünf Sekunden schneller war. Van der Breggen lag hier sieben Sekunden hinter der späteren Siegerin zurück, Zabelinskaya 23, Van Dijk 25 und Brennauer bereits 53.

Am zweiten Messpunkt dann ein völlig anderes Bild: Zabelinskaya hatte plötzlich 25 Sekunden gut gemacht und die Führung übernommen, zwei Sekunden vor Armstrong, sieben vor Longo Borghini und 16 vor Van der Breggen. Van Dijk lag wie Weltmeisterin Linda Villumsen aus Neuseeland hier 24 Sekunden zurück und Brennauer 1:09 Minuten.

Im abschüssigen bis flachen Schlussdrittel übernahm Armstrong schließlich wieder die Führung, während Zabelinskaya Zeit einbüßte und Longo Borghini die Kraft ausging, so dass die Italienerin noch auf Rang fünf zurückfiel. Brennauer holte noch elf Sekunden auf Armstrong auf, konnte sich vom achten Rang aber nicht mehr nach vorne verbessern.

Mehr Informationen zu diesem Thema

21.08.2016Ernüchternde Olympia-Bilanz für deutsche Radfahrer

Rio de Janeiro (dpa) - Rudolf Scharping war fein raus. Den Debatten über neue Strukturen und einer besseren Nachwuchsförderung musste sich der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer nach d

20.08.2016Spitz startet im Olympischen Mountainbike-Rennen

Rio de Janeiro (dpa) - Die Ärzte raten von einem Start ab, doch Sabine Spitz nimmt das letzte große Rennen ihrer Karriere trotzdem in Angriff. Entgegen der Empfehlung der Teammediziner wird si

19.08.2016Brethauer und Pries scheiden im Halbfinale aus

Rio de Janeiro (dpa) - Luis Brethauer und Nadja Pries sind beim olympischen BMX-Turnier im Halbfinale ausgeschieden. Der 23-jährige Brethauer verpasste im Deodoro X-Park von Rio de Janeir

19.08.2016Spitz: Weiter Fragezeichen hinter letztem Olympia-Start

Rio de Janeiro (dpa) - Die Vorbereitung auf ihr letztes olympisches Rennen hatte sich Sabine Spitz ganz anders vorgestellt. Angriffslustig wollte sie sein, mutig, der Konkurrenz das Fürchten l

18.08.2016Sagan will im Mountainbike-Rennen Spaß haben

(rsn) Straßen-Weltmeister Peter Sagan hat eher bescheidene Erwartungen, was seine Medaillenchancen im Olympischen Mountainbike-Wettbewerb angeht. "Ich bin seit sieben Jahren keine Mountainbike-Re

18.08.2016Mechaniker Knepper ärgert sich: Bei Tempo 70 flog der Sattel weg

(rsn) - Rio de Janeiro. Am Tag danach war der Rauch verzogen und Detlef Uibel bedankte sich bei Mechaniker Udo Knepper auch via Faceboook für die Zusammenarbeit. Sekunden nach dem dramatischen Sprint

17.08.2016Sky ohne Landa zur Vuelta, Ag2r mit Latour und Peraud

(rsn) – Das Team Sky muss bei der Vuelta a Espana kurzfristig auf  den Spanier Mikel Landa verzichten. Der 26-jährige Kletterspezialist leidet an einer Hüftverletzung. Für Landa wurde nun Landsm

17.08.2016Vogel: "Leicht gibt es bei mir nicht"

Rio de Janeiro (dpa) - Weit nach Mitternacht und angeschwipst von einigen Bierchen im Deutschen Haus fiel Kristina Vogel mit ihrer Goldmedaille ins Bett. Realisiert hatte die neue Sprintkönigin ihren

17.08.2016Olympia-Sonderstatus für die Briten?

Rio de Janeiro (dpa/rsn) - Erst die "Rambo"-Aktion von Mark Cavendish, nun der Keirin-Frühstart von Jason Kenny:  Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro gibt es Kritik an den Offiziell

17.08.2016Uibel: "Hinter den Briten fängt der Rest der Welt an"

Rio de Janeiro (dpa) - Die Goldmedaille von Kristina Vogel hat die Bilanz der deutschen Bahnasse bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro aufpoliert. Doch gerade der Rückstand zu den Briten ist eklat

17.08.2016Kenny holt sich im Keirin sein drittes Gold, Eilers wird Vierter

(rsn) – Jason Kenny ist der Gold-König der Olympischen Bahnwettbewerbe von Rio. Der 28-jährige Brite holte sich am Abend im Keirin seine dritte Goldmedaille bei diesen Spielen und seine sechste in

16.08.2016Vogel verliert den Sattel, aber gewinnt Gold

Rio de Janeiro (rsn) - Kristina Vogel hat bei den Olympischen Bahn-Wettbewerben in Rio de Janeiro im Sprint die Goldmedaille gewonnen. Die Erfurterin bezwang im Finale die Britin Rebecca James in zwei

Weitere Radsportnachrichten

12.08.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

12.08.2025Uijtdebroeks will es langsam angehen lassen und “lernen zu gewinnen“

(rsn) – Cian Uijtdebroeks hat sich bei der Tour de l`Ain zurückgemeldet. Mit seinem Erfolg bei der schweren Rundfahrt durch Frankreich, die ihm seine ersten beiden Profisiege bescherte, hat sich de

12.08.2025Pedersen krönt sich zum König von Bornholm

(rsn) – Das Resultat kommt nicht unbedingt überraschend, der Etappenverlauf schon eher. Mads Pedersen (Lidl – Trek) ist mit einem Sieg in die Dänemark-Rundfahrt (2.Pro) gestartet. Dabei pokerte

12.08.2025Consonni gewinnt Auftakt der Polen-Rundfahrt

(rsn) – Chiara Consonni (Canyon – Sram – zondacrypto) hat den Auftakt der Polen-Rundfahrt der Frauen (2.1) gewonnen. Rund um Zamosc nahe der Grenze zur Ukraine gewann die Italienerin den Massens

12.08.2025Kitzki zieht die Handbremse: Wenn die Angst mitfährt

(rsn) – Mit nur 21 Jahren hat Louis Kitzki seine Karriere beendet. Am Montag verkündete das deutsche Nachwuchstalent in den Sozialen Medien seinen Rücktritt – und ließ dabei tief blicken. "Ohne

12.08.2025Vermaerke wechselt als Allround-Helfer zu UAE

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

12.08.2025Hamburger Cyclassics im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(ran) - Die Cyclassics in Hamburg sind seit Jahren fester Bestandteil des WorldTour-Rennkalenders. Das meistens Ende August ausgetragene Rennen kommt den Sprintern entgegen, auch wenn im Finale mehrm

12.08.2025Fürsprecher Hushovd: Trondheim für Start der Tour de France 2030 im Gespräch

(rsn) – So langsam kommen sie alle aus der Deckung. Nachdem sich Dresden und Mitteldeutschland als Kandidat für den Grand Départ 2030 zuletzt nochmal etwas lauter ins Spiel gebracht haben, wird nu

11.08.2025McNulty widmet Sieg in Polen verletztem Teammitglied

(rsn) – Brandon McNulty (UAE – Emirates – XRG) feierte mit dem Gesamtsieg bei der Tour de Pologne (2. UWT) seinen ersten Rundfahrten-Sieg bei einem WorldTour-Rennen. Im Augenblick des Triumphs

11.08.2025Tour de Romandie Féminin im Rückblick: Die ersten drei Jahre

(ran) - Während die Tour de Romandie der Männer seit Jahren fester Bestandteil des Kalenders ist, existiert die Tour de Romandie Féminin erst seit 2022. Radsport-news.com blickt auf die ersten Aus

11.08.2025“Zeit für etwas Neues“ – Evenepoel über Red-Bull-Wechsel

(rsn) – Remco Evenepoel hat sich bislang noch nicht ausführlich zu seinem Wechsel von Soudal – Quick-Step zu Red Bull-Bora-hansgrohe geäußert. Der Doppel-Olympiasieger ging nach Abschluss des

11.08.2025Gianetti: “Pogacar zu sein ist schön, aber nicht einfach“

(rsn) – Mauro Gianetti, der Teamchef von UAE – Emirates – XRG hat sich zum kommenden Rennkalender und zum Vuelta-Verzicht von Tadej Pogacar geäußert. Am Ende der Tour de Pologne sagte er gege

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Maurice (2.2, 000)
  • Tour of Szeklerland (2.2, ROU)
  • PostNord Tour of Denmark (2.Pro, DEN)