Orderte er Blut per Privatjet?

Armstrong: Um mich muss niemand weinen

Foto zu dem Text "Armstrong: Um mich muss niemand weinen"

Lance Armstrong muss mit unangenehmen Folgen rechnen. Foto: Ian Langsdon

26.08.2012  |  Leipzig (dapd) -  Jan Ullrich verzichtet auf Tour-Siege am Grünen Tisch, Eddy Merckx bemängelt das Kontrollsystem, und Jens Voigt hofft einfach nur auf ein Ende der Diskussionen. Der tiefe Fall von Lance Armstrong sorgt auch nach der gegen ihn verhängten lebenslangen Sperre für Unruhe. Im Mittelpunkt stehen dabei die möglicherweise neu zu vergebenden sieben Siege bei der Tour de France, die Armstrong von der US Anti-Doping-Agentur (USADA) aberkannt worden waren.


Größter Nutznießer wäre Jan Ullrich, dem die Siege 2000, 2001 und 2003 zufielen würden. Doch davon will der zurzeit selbst wegen Dopings gesperrte Radsport-Rentner nichts wissen. "Ich war dreimal Zweiter hinter Lance Armstrong. Das ist der Wettkampf, der wirklich gilt", sagte Ullrich am Samstag in Sölden auf einer Pressekonferenz: "So viele Jahre später am Grünen Tisch noch einen Titel zugesprochen zu bekommen, da bin ich nicht der Typ dafür. Das interessiert mich auch nicht."

Das mag zum einen daran liegen, dass Ullrich, wie er oft betont, einfach seine Ruhe haben will. Auf der anderen Seite weiß der gebürtige Rostocker auch, dass dem Radsport mit einem viermaligen Tour-Sieger Jan Ullrich auch nicht wirklich geholfen wäre. Das empfindet auch Anwalt Michael Lehner. "Ich weiß nicht, ob er sich so recht freuen kann, denn er weiß, wie er seine zweiten Plätze erkämpft hat. In einem System, er hat sich an die Regeln strikt gehalten, sage ich mal provozierend, in dem die Spitzenleute haben mutmaßlich alle gedopt waren", sagte der Sportrechtler der ARD.

Was dem Radsport wirklich helfen würde, wäre ein Ende der Causa Armstrong. So sieht es zumindest Jens Voigt. "Man wird wahrscheinlich nicht alles aufdecken, aber ich hoffe, dass es bald zu Ende ist. Dann können wir zwar nicht neu starten, aber wir können mit der Vergangenheit abschließen", sagte der 40-Jährige. Man solle nach vorn blicken und versuchen, den Sport sauberer zu gestalten.

Mit der Vergangenheit einfach abzuschließen ist jedoch nicht so einfach. Wenn ein Ausnahmesportler wie Armstrong enttarnt wird, haben viele Parteien ein berechtigtes Interesse daran, den Fall in all seinen Details zu begutachten. Eine dieser Parteien ist die französische Anti-Doping-Agentur AFLD, die sich unter ihrem früheren Präsidenten Pierre Bordry oft und offen mit Armstrong angelegt hatte.

In ihrem Kampf gegen Doping hinkte die AFLD offenbar immer einen Schritt hinterher, wie ein wissenschaftlicher Berater nun zu Protokoll gab. Michel Rieu behauptete im Gespräch mit der französischen Tageszeitung "Le Monde", dass Armstrong oft vor Dopingkontrollen gewarnt worden war. "Armstrong wurde stets vorher informiert, also hatte er 20 Minuten, um seine Spuren zu beseitigen. Er hätte sein Blut verdünnen oder seinen Urin manipulieren können. Wir waren machtlos", sagte Rieu. Gerüchte kursierten, wonach sich Armstrong sein Blut per Privatjet aus den USA kommen ließ.

Für Eddy Merckx gehören solche Gerüchte wohl zu den unzähligen bösen Geschichten, die man seinem Freund Lance Armstrong anhängen will. Belgiens Radsport-Legende ließ nach dem Urteil auch keinen Zweifel daran, auf wessen Seite er stehe und teilte mit, dass er das auf Zeugenaussagen basierende Verfahren ungerecht finde und übte Kritik an den Dopingjägern: "Alle Dopingtests fielen negativ aus. Entweder sind die Kontrollen nutzlos oder Armstrong war sauber."

Armstrong selbst ließ sich am Wochenende in Aspen in der Öffentlichkeit blicken. Er nahm an einem Mountainbike-Rennen teil und gab sich betont locker. "Um mich braucht niemand zu weinen. Mir wird es großartig gehen", sagte der Texaner. Er posierte bereitwillig mit Fans für ein Foto, gab Autogramme und berichtete über seine Zukunftspläne.

In deren Mittelpunkt steht neben der Familie die Krebsstiftung Livestrong. Die erlebte einen kleinen Boom, nachdem Armstrong nicht mehr in eigener Sache gegen die Dopinganschuldigungen kämpfen wollte. Von Donnerstag zu Freitag war das Spendenaufkommen 25-mal so hoch. In den vergangenen 15 Jahren hatte Armstrongs Stiftung 470 Millionen Dollar gesammelt.

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