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17.10.2024 | (rsn) – Ralf Grabsch blickt auf eine erfolgreiche Saison seiner U23-Nationalmannschaft zurück, die Niklas Behrens mit der Goldmedaille im U23-Straßenrennen von Zürich krönte. Im Interview mit radsport-news.com spricht der Bundestrainer über den neuen U23-Weltmeister, die Fahrer aus der zweiten Reihe und die prekäre Lage, in der sich die deutschen Kontinental-Teams befinden. Außerdem wirft Grabsch bereits einen Blick auf die kommende Saison.
Herr Grabsch, wie fällt die Saisonbilanz des U23-Bundestrainers aus?
Grabsch: Sie fällt eher durchwachsen aus, auch wenn wir stark gefahren sind. Die Nationscup-Rennen waren sehr berglastig und dadurch ist unsere starke Fahrweise gar nicht zur Geltung gekommen. Auf Etappen konnten wir aber zumindest einige Top-Ergebnisse erzielen, wie etwa den zweiten Platz von Ole Theiler bei der Tour de L`Avenir. Bei Gent – Wevelgem sind wir ein starkes Klassikerrennen gefahren und hatten Tobias Müller auf Rang sechs. Dazu kam noch der Sieg im Mannschaftszeitfahren der Tour Alsace. Bei der EM holte Niklas Behrens im Straßenrennen Platz zwei und sein WM-Sieg war natürlich überragend. Dazu kamen bei der EM und der WM noch die Plätze acht und sieben im Einzelzeitfahren. Das waren starke Ergebnisse. Und was will man mehr, wenn man den Weltmeistertitel hat, das ist das Größte. Wir konnten die Saison optimal abschließen. Es freut mich für die Jungs, dass unser Auftreten über das ganze Jahr hinweg mit dem Weltmeistertitel belohnt wurde.
War der WM-Titel von Behrens Ihr bisher schönste Tag als Bundestrainer?
Grabsch: Ja, das war es, auch wenn ich es nicht so rübergebracht habe. Es war ein Highlight, das mir noch gefehlt hat. Aber mit dem tödlichen Unfall von Muriel Furrer lagen Freud und Leid eng beisammen. Dennoch wird der Tag unvergesslich bleiben, gerade die Art und Weise, wie Niklas das Rennen gestaltet hat, war einzigartig. Es wird lange dauern, so einen Fahrer, der als Quereinsteiger in seinem zweiten Jahr ein solches Ding durchzieht, wieder zu bekommen.
Zu Saisonbeginn zählte Behrens noch gar nicht zum Nationalkader…
Grabsch: Ich habe Niklas zunächst nicht in den Kader berufen, das stimmt. Aber ich habe ihn natürlich auf dem Schirm gehabt, was ich auch öffentlich gesagt habe. Aber er ist ein Quereinsteiger, da habe ich in der Vergangenheit schon erlebt, dass auf ein gutes erstes Jahr ein schlechtes zweites folgt. Deshalb wollte ich es behutsam angehen lassen. Umso schöner, dass er gleich die Youngster Coast Challenge gewonnen hat. Er hat auch frühzeitig zu mir Kontakt aufgenommen und ist dann ja das volle Programm bei mir gefahren.
Hätten Sie Behrens tatsächlich den WM-Titel zugetraut?
Grabsch: Sein Sieg hat eine kleine Vorgeschichte. Ich bin dieses Jahr im Training viel auf dem Rad mitgefahren, was in der Vergangenheit ein gutes Omen war. Niklas ist seine Intensitäten gefahren und hatte Hammerwerte auf dem Rennkurs. Intern hat er gesagt, dass er bereit ist, Weltmeister werden zu können. Wer ihn kennt weiß, dass seine Äußerungen Hand und Fuß haben. Als die Spitzengruppe ging und er dabei war, dachte ich mir: Wenn er über die 18-Prozent-Steigung mit drüber kommt, dann hängt ihn keiner mehr ab. Mit seiner Willensstärke und seinem Selbstbewusstsein kann er das mit seiner Urkraft auch durchziehen. Er war Vize-EM, wo er in der Sprintgestaltung einen kleinen Fehler gemacht hat, so was lässt er sich nicht noch einmal nehmen. Eine tolle Fahrt, für Niklas, die Mannschaft und für mich.
Was hat die diesjährige Nationalmannschaft aus Ihrer Sicht so besonders gemacht?
Grabsch: Die Jungs haben sich in diesem Jahr optimal ergänzt, was eine super Voraussetzung ist, weil man so taktische Dinge besser umsetzen kann. So spart man Kraft und kann Rennen auch im Finale gestalten.
Behrens scheint auf dem Rad ja fast alles zu können. In welche Richtung wird er sich Ihrer Meinung nach entwickeln?
Grabsch: Er ist ein großes Talent. Dazu nimmt er auch Sachen an. Am Anfang der Saison hat er noch ein paar taktische Fehler gemacht und auch bei der EM-Finale lief es nicht perfekt. Aber das kann man ihm nicht verübeln, er ist ja noch komplett in seiner Entwicklungsphase. Aber er will aus seinen Fehlern lernen und weiß, was er umsetzen muss. Er bringt ein Gesamtpaket mit, aber man weiß noch nicht, wo es hingeht. Aber ohne mich groß aus dem Fenster lehnen zu müssen: Er wird mal ein ganz Großer.
Behrens hat einen Profivertrag bei Visma -Lease a Bike unterschrieben, einem der stärksten Teams der Welt. War das die richtige Entscheidung oder hätte er eher zu einem kleineren World -Team wechseln sollen, wo er mehr Freiheiten bekommen hätte?
Grabsch: Er wird sich bei Visma durchsetzen. Mit seiner Stärke und seiner Moral gerade auch bei schlechtem Wetter. Wenn Wout van Aert auf Ergebnis fährt, wird er auch mal viel im Wind fahren müssen, aber das ist Teil seines Lernprozesses. Er wird schnell Fuß fassen und ich hoffe, dass er Freiheiten bekommen wird. Aber am Ende setzt sich Stärke immer durch.
Die Erfolge von Behrens haben natürlich alles überstrahlt. Mit wem waren Sie in der vergangenen Saison noch zufrieden?
Grabsch: Neben Behrens war Tim-Torn Teutenberg unser zweiter Siegfahrer, beide haben im U23-Bereich überragt. Dahinter haben wir starke Fahrer, die von den Junioren hochgekommen. Louis Leidert hat super Ansätze, aber ist bei der L`Avenir gestürzt. Bruno Keßler ist ein extrem starkes erstes Jahr gefahren, gleiches gilt für Leon Arenz, da bin ich sehr zuversichtlich. Auch Tobias Müller hat im zweiten Jahr auf internationaler Ebene sein Können bewiesen und Fausto Penna, der aus dem Nichts gekommen ist, ist in der Bundesliga überragend gefahren. Dazu haben wir noch Ben Jochum und Emil Herzog.
Herzog hatte bei der WM im schlechtesten Moment Schaden, er wäre vorne in der Gruppe gewesen und wird am Ende Sechzehnter. Das war eine starke Leistung, die aber keiner gesehen hat. Wir haben definitiv starke junge Jahrgänge. Aber man muss auch aufpassen, man darf sich kein schlechtes Jahr erlauben. Moritz Kretschy etwa war im letzten Jahr überragend und in seinem letzten U23-Jahr lief es nicht nach Wunsch. Julian Borresch und Ole Theiler waren in ihren ebenfalls letzten U23-Jahren stark unterwegs, aber sie drohen auch auf der Strecke zu bleiben. Ein deutsches ProTeam wäre für solche Fahrer sinnvoll, damit sie sich weiter entwickeln können. Wir haben Potenzial und bin zuversichtlich für die nächsten Jahre.
Die Situation der deutschen Kontinental-Teams dagegen ist sehr angespannt..
Grabsch: Ja, einige Teams verschwinden, stehen auf der Kippe oder verkleinern stark den Kader. Mit Lotto – Kern Haus und den fusionierenden rad-net Sauerland haben wir aber zwei starke KT-Teams, die für U23-Sportler eine super Arbeit machen. Natürlich sichern sich die Devo-Teams die Toptalente. Aber 2024 waren nur sieben Deutsche in Devo-Teams beschäftigt. Mit unseren KT-Teams bieten wir dem Rest ein super Sprungbrett. Tobi Müller hat es jetzt mit zwei starken Jahren bei rad-net – Oßwald ins Devo-Team von Intermarché - Wanty geschafft, Das ist der nächste Schritt, um in die World Tour zu kommen.
Ab der Saison 2025 dürfen bei der WM keine Profis mehr im U23-Rennen mitfahren. Ist das eine sinnvolle Entscheidung?
Grabsch: Ich befürworte diese Entscheidung. Nichts gegen die U23-Profis, aber sie haben sich für den Schritt entschieden, Profi zu werden. Der U23-Bereich bleibt ein Entwicklungsbereich, das sind zwei Paar Schuhe. Es war ja zuletzt schon eine Zweiklassengesellschaft, wenn man sieht, wie viele World-Tour und PKT-Fahrer bei den U23-Rennen vorne reingefahren sind.
Wie geht es mit Ihnen weiter – bleiben Sie U23-Bundestrainer?
Grabsch: Mehr als ein WM-Sieg ist nicht möglich. Es war für mich das große Highlight und bin damit total happy. Hätte man mir vor einem Jahr gesagt, dass wir auf dem Kurs in Zürich Weltmeister werden können, hätte ich es nicht geglaubt. Es war ein überragendes Ereignis. Meine Motivation besteht aber weiter darin, junge Sportler zu entwickeln, damit sie Profi werden können. Das ist meine Motivation, da habe ich Spaß dran, das ist meine Leidenschaft. Und ich habe in der Nationalmannschaft auch schon viel bewirkt, gerade, was unsere Fahrweise und unser kompaktes Auftreten betreffen. In der neuen Saison stehen Herausforderungen an, aber ich freue mich schon darauf. Es muss nicht zwingend wieder der WM-Titel rausspringen, aber ich denke, wir werden auch so wieder gute Ergebnisse erziehen. Letztlich ist es ein Kreislauf: Sportler verlassen die U23, neue stoßen dazu. Umso schöner ist es für mich zu sehen, wenn die Fahrer, die die U23 verlassen, in der WorldTour Fuß fassen.
Aus der U19 steigen starke Fahrer auf. Bauen sie schon auf sie?
Grabsch: Mit Paul Fietzke, Ian Kings, Toni Albrecht und Louis Grupp kommen in der Tat starke Talente hoch. Aber man sieht bei Louis Leidert, der zwar Vizemeister auf der Straße wurde und gute Ansätze zeigte, dass es kein Selbstläufer in der U23 wird. Die Vier müssen hart an sich arbeiten, dass sie den Übergang gut hinbekommen.
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