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22.09.2024 | (rsn) – Für die Schweizer Zeitfahr-Spezialisten Stefan Küng und Stefan Bissegger ist der Auftakt zur Heim-WM in Zürich in ihrer Parade-Disziplin alles andere als traumhaft verlaufen. Bissegger, mit den Nachwehen einer Erkältung ins Rennen gestartet, rollte im Ziel am Sechseläutenplatz schon offensichtlich schwer enttäuscht durch die Mixed Zone, ohne ein Interview geben zu wollen, als das Rennen um die Medaillen noch in vollem Gang war. Er selbst hatte damit als 29. 4:04 hinter Weltmeister Remco Evenepoel letztlich aber überhaupt nichts zu tun.
Und Küng kam als Tagesachter (+ 1:48) rund eine halbe Stunde später mit ähnlich versteinerter Miene in das für alle Athleten verpflichtend zu durchfahrene Interview-Zelt. Sein Gesicht aber hellte sich zumindest auf, während er in aller Ausführlichkeit mit den zahlreichen Medienvertretern sprach – niemand tat das an diesem Tag länger, als der 30-jährige Lokalmatador.
"Die Interviews sind die erste Möglichkeit zur Selbstreflektion nach dem Rennen", erklärte er radsport-news.com, wie sich seine Mimik im langen Gespräch mit den Schweizer Journalisten verändert hat. "Ich probiere jeden Tag, bei jedem Wettkampf alles zu geben und wenn man dann hier in Zürich nicht das volle Leistungsvermögen abrufen kann, dann ist das ärgerlich. Aber ich bin auch nur ein Mensch und es läuft nicht immer alles nach Wunsch. Das muss man akzeptieren", sagte Küng RSN. ___STEADY_PAYWALL___
Auf dem Weg von der Radrennbahn in Oerlikon an den Sechseläutenplatz hatte der Vize-Europameister von elf Tagen zuvor schnell gemerkt, dass es diesmal wohl kein Edelmetall geben würde. Zwar war er nach dem flachen Start an der ersten Zwischenzeit bei Kilometer 12,5 noch mit neuer Bestzeit durchgekommen und auch am Ende des Tages dort immerhin Vierter gewesen, doch im anschließenden Anstieg nach Uetikon am See lief es nicht wie geplant.
"Dort wo ich eigentlich zulegen wollte, wurde es extrem zäh. Ich konnte den Rhythmus nicht so wechseln, wie ich es eigentlich wollte. Dann war es nur noch ein Kampf", schilderte der 30-Jährige, wo ihm die Chancen auf ein Spitzenergebnis entglitten. So war er an der zweiten Zwischenzeit nach 26,6 Kilometern nur noch Neunter. Und auch wenn es dem Schweizer gelang, in der rasanten Abfahrt an den Zürichsee nochmal auf Rang sechs vorzurücken, so fehlte im flachen Finale schließlich die Energie und er rutschte wieder auf Platz acht ab.
Für Küng geht bei der Heim-WM ein sehr voller Wettkampfsommer zu Ende. Nach der Klassiker-Kampagne im Frühjahr stieg er im Juni mit der Tour de Suisse wieder ins Renngeschehen ein, fuhr danach die Schweizer Meisterschaften und die Tour de France vor den Olympischen Spielen und bestritt dann auch die Vuelta a Espana sowie das Einzelzeitfahren der Europameisterschaft noch. 53 Renntage bedeutete das seit Mitte Juni.
Auf sein Rennprogramm wollte er die fehlende Power in Zürich aber nicht schieben. "Meine einzige Erklärung ist die Zeit zwischen der Vuelta und der WM. Vielleicht wollte ich zu viel. Wenn es gut läuft, dann hast du die Tendenz im Training immer wieder eine Schippe drauf zu legen. Manchmal wäre es besser nichts zu tun, Pausen zu machen und die Superkompensation auszuspielen", präsentierte er RSN bereits ein erstes Ergebnis der zuvor minutenlang auf Schweizerdeutsch absolvierten Interview-Selbstreflektion an den Mikrofonen der einheimischen Medien. "Es ist halt die Heim-WM und vielleicht hat mir dafür die Coolness gefehlt."
Bergauf ging nicht viel: Stefan Küng im WM-Zeitfahren von Zürich. | Foto: Cor Vos
Trotz aller sportlicher Enttäuschung konnte sich Küng aber auch über die Atmosphäre in und um Zürich freuen. "Ich würde lieber auf dem Podium stehen und den vielen Leuten von dort zuwinken. Aber ich werde mir die gute Stimmung nicht nehmen lassen. Heim-WM hast Du nicht jeden Tag", sagte er.
Und vorbei ist die Heim-WM mit dem Einzelzeitfahren schließlich auch nicht – im Gegenteil: Am Mittwoch in der Mixed Staffel wird Küng zwar fehlen, Bissegger aber steht dort gemeinsam mit Johan Jacobs und Silvan Dillier am Start. Und im Straßenrennen am kommenden Sonntag hoffen die Gastgeber dann auf den krönenden Abschluss – am liebsten natürlich mit der Krönung eines der ihrigen zum Straßen-Weltmeister.
"Eine WM schreibt immer ihre eigenen Geschichten. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Als ich Dritter wurde (2019 in Yorkshire, Anm. d. Red.) hatte mich, glaube ich, keiner auf der Rechnung. Und auch letztes Jahr habe ich mich selbst überrascht. Am Sonntag ist alles möglich – in die eine oder andere Richtung. Und wir haben mehrere Karten, die wir spielen können", meinte Küng. Neben ihm gelten vor allem die zuletzt beide bestens aufgelegten Mauro Schmid und Marc Hirschi als Kandidaten auf ein Schweizer Spitzenergebnis im Straßenrennen. Dazu kommen die in der Staffel startenden Dillier und Jacobs sowie Yannis Voisard.
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