Interview mit dem Deutschen U23-Meister

Peter: “Es war ein Ritt auf der Rasierklinge“

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Peter: “Es war ein Ritt auf der Rasierklinge“"
Jannis Peter (Mitte) und seine Teamkollegen von P&S Benotti nach dem erfolgreichen DM-Rennen | Foto: P&S Benotti

04.07.2022  |  (rsn) - Nach einer starken Leistung hat sich Jannis Peter (P&S Benotti) am Sonntag im Rahmen der Drei-Länder-Meisterschaft im luxemburgischen Diekirch den Titel des Deutschen U23-Meisters gesichert. radsport-news.com sprach am Tag nach dem Coup mit dem 21-Jährigen.

Sie sind am Sonntag Deutscher U23-Straßenmeister geworden. Was bedeutet Ihnen dieser Erfolg?

Peter: Ich bin sehr happy mit dem Titel und natürlich bedeutet mir dieser auch sehr viel. So ein wichtiges Rennen in meiner Alterskategorie zu gewinnen macht mich überglücklich.

Die Form war ja zuletzt schon gut. Hatten Sie sich insgeheim schon Chancen auf den DM-Sieg ausgerechnet?

Peter: Ich wusste, dass meine Form stimmt und ich ganz vorne würde mitfahren können. Aber dass es sich dann so im Rennen entwickelt hat und der Titel raussprang, das ist einfach nur geil. Gerade nach einem enttäuschenden sechsten Platz bei der Zeitfahr-DM im Sauerland, in einer Disziplin, die mir eigentlich sehr gut liegt, kam dieser Erfolg nun zum genau richtigen Zeitpunkt, auch für den Kopf.

Sie haben Ihre entscheidende Attacke im letzten Anstieg gesetzt. War das von vorne herein der Plan oder hat sich das spontan ergeben?

Peter: Für mein Team und mich war klar, dass ich es im letzten Anstieg probieren muss, um den Unterschied zu machen. Mir war aber auch klar, dass es noch ein langer Weg bis ins Ziel sein würde. Es folgte nach dem Berg nämlich noch eine längere, nicht sonderlich steile Abfahrt, auf der man richtig treten musste. Ich konnte es aber nicht auf den Sprint ankommen lassen, weil meine Chancen gegen viele endschnellere Fahrer in der Gruppe deutlich geringer gewesen wären.

Bei Ihrer Attacke konnte nur ein Schweizer mitgehen. Waren Sie überrascht, dass keiner der deutschen Starter an Ihrem Hinterrad saß?

Peter: Auf den drei Schlussrunden mit dem steileren Berg sind wir schon die ersten beiden Runden richtig schnell hochgefahren, weil wir noch eine Ausreißergruppe einholen mussten. Ich hatte mich in jeder Runde berghoch ziemlich gut gefühlt und mir gesagt: ich packe alles in die letzte Runde. Bei der letzten Runde hatte ich es schon zu Beginn des Anstieges kurz probiert, aber da hingen noch alle am Rad. Zum Glück wurde bis zur Kuppe richtig schnell weitergefahren. Kurz vor der Kuppe wusste ich: jetzt oder nie. Natürlich war ich dann überrascht, dass kein weiterer Deutscher dabei war, aber da merkte ich das erste Mal: Hey, das kann heute realistisch was werden.

Am Ende haben Sie auch noch Ihren Schweizer Mitstreiter abgeschüttelt. War es das Ziel, nicht nur den Meistertitel zu holen, sondern auch als Erster über den Zielstrich zu fahren?

Peter: Natürlich war mir der Meistertitel sehr wichtig. Aber aus der Situation heraus wollte ich auch das gesamte Rennen gewinnen. Wenn man am Start steht, möchte man immer gewinnen, gerade wenn drei Länder dabei sind. So ist es viel schöner Meister zu werden, als wenn man nur Dritter oder Vierter im Rennen wird. Ich war aber natürlich auch froh, erst mal noch einen Begleiter zu haben, um nicht alleine gegen die Verfolger in die flachere Abfahrt gehen zu müssen. Der Schweizer hat mir aber relativ früh klar gemacht, dass er nicht mehr viel zur Führungsarbeit beisteuern konnte. Da wusste ich, dass ich es alleine machen musste.

Wann war Ihnen klar, dass es mit dem Titel klappen würde?

Peter: Das war in etwa an der Flamme Rouge. Für mich war es zuvor auf der Abfahrt ein Ritt auf der Rasierklinge, da die Gruppe hinter mir immer auf Sichtweite war. Immer wenn ich mich umdrehte, dachte ich mir: oh, das wird eng. Kurz nach der Kilometermarke kam dann noch eine Serpentine, da wurde es deutlich steiler, ehe noch eine Rechtskurve kam. Da wusste ich, dass es reichen würde.

Sie sind im Winter von rad-net Rose zu P&S Benotti gewechselt. Fühlen Sie sich durch den Meistertitel bestätigt, dass Sie die richtige Wahl getroffen haben?

Peter: Ich fühle mich im Team sehr wohl. Ich wurde dort super aufgenommen, kann mich sehr gut entwickeln. Mir hat die Mentalität des Teams schon immer sehr gefallen. Mit P&S habe ich dieses Jahr ein Team, das immer hinter mir steht und auch in schwierigen Zeiten die richtigen Entscheidungen trifft. Das ist für eine gute Entwicklung absolut zielführend. Das hat mir auch dabei geholfen, da zu stehen wo ich jetzt stehe. Jetzt nach einem halben Jahr das in mich gesetzte Vertrauen durch den Titel zurückzahlen zu können, ist toll, das macht mich sehr glücklich.

Wie viel Anteil hatte gestern das Team am Titel?

Peter: Der Anteil war sehr groß. Wir standen zu Viert am Start und jeder hat seinen Teil dazu beigetragen. Vor allem Tim Oelke hat einen super Job gemacht, er hat viele Gruppen besetzt, so dass ich kaum die Nase in den Wind stecken musste. Ich hatte meine Ruhe, konnte gelassen bleiben und das war natürlich Gold wert. Danke aber auch an alle anderen Teammitglieder, die mich unterstützt und an mich geglaubt haben.

Die U23-Meister der letzten Jahre sind allesamt nun in der WorldTour aktiv. Ist das auch Ihr Ziel und denken Sie, dass sich Ihre Chancen durch den Titel nun merklich verbessert haben?

Peter: Mein Traum war es immer, Radprofi zu werden und ist es noch immer. Ich traue mir zu, diesen Schritt zu gehen und hoffe, dass ich durch den Erfolg in Diekirch entsprechend auf mich aufmerksam gemacht und gezeigt habe, was ich kann.

Was sind noch die weiteren Ziele für diese Saison?

Peter: Am Wochenende steht schon die EM an, danach geht es in die zweite Saisonhälfte. Ich möchte jetzt weiter beweisen, was ich kann. Leider hat mein Team keine Einladung für die Deutschland Tour erhalten. Mit dem Erfolg und dem Team zu Hause bleiben zu müssen, ist schade. Aber so ist der Sport. Ich freue mich aber jetzt erst mal über den Erfolg von gestern.

 

Weitere Radsportnachrichten

28.11.2025Auch Flanders Classics gegen ein allgemeines Eintrittsgeld

(rsn) – In der Diskussion um einen mögliches Eintrittsgeld bei Radrennen hat sich nun auch Flanders Classics zu Wort gemeldet. Wie bereits der Radsportweltverband UCI und die ASO reagiert der Veran

28.11.2025Intermarché verabschiedet Girmay mit emotionalem Video

(rsn) – Alle Zeichen deuteten schon seit einiger Zeit daraufhin, dass Biniam Girmay nach der Fusion von Intermarché – Wanty und Lotto nicht zum neuen Aufgebot gehören wird. Der Eritreer selbst h

28.11.2025Äthiopische WM-Siebte Kahsay Kiros zum Canyon-Nachwuchsteam

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

28.11.2025Einer geschmeidigen Saison folgt nun die Masterarbeit

(rsn) - Neues Jahr, neues Team – das war in der Vergangenheit bei Miguel Heidemann nur allzu oft der Fall. Ungewollt, freilich. Und so auch im letzten Winter. Erst im Februar war er bei Rembe – ra

28.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

27.11.2025Mit guten Beinen in Kigali zu WM-Silber

(rsn) – Auf der Liste mit den großen Überraschungen des Jahres 2025 muss Jan Huber (Remax Racingteam) unbedingt vermerkt sein. Denn der 20-jährige Schweizer war vor der Saison ein unbeschriebenes

27.11.2025In Abu Dhabi künstlicher Anstieg zu Pogacars Gunsten?

(rsn) – Wer gedacht hat, dass die Straßen-WM in Abu Dhabi 2028 zu einer Angelegenheit für die Sprinter werden würde, könnte sich getäuscht haben. Wie die spanische Sportzeitung Marca in Erfahru

27.11.2025Hat Lipowitz bereits Langzeitvertrag bei Red Bull unterschrieben?

(rsn) – Wie die belgische Zeitung Het Laatste Nieuws berichtete, bemühe sich das ab 2026 mit deutscher Lizenz ausgestattete Team Lidl – Trek um eine Verpflichtung von Florian Lipowitz zur Saison

27.11.2025Del Toro Mexikos Sportler des Jahres

(rsn) – Isaac Del Toro ist in Mexiko zum Sportler des Jahres gewählt worden. Der Profi von UAE – Team Emirates – XRG feierte in der abgelaufenen Saison nicht weniger als 18 Siege, nur sein Team

27.11.2025“Schwer erkrankt“: Lefevere mehr als drei Wochen in der Klinik

(rsn) – Der langjährige Soudal-Quick-Step-Teammanager Patrick Lefevere war nach eigenen Worten “schwer erkrankt“ und musste 24 Tage im AZ Delta Krankenhaus in Roeselare verbringen. Wie der Belg

27.11.2025Thomas soll als Renndirektor Ineos zu Grand-Tour-Siegen führen

(rsn) – Geraint Thomas hat nach der Tour of Britain seine lange eund erfolgreiche Karriere beendet. Allerdings wird der 39-jährige Waliser auch künftig in Diensten von Ineos Grenadiers stehen. Wie

27.11.2025Gaviria mit 2,36 Promille am Steuer: Zwei Jahre Fahrverbot

(rsn) – Fernando Gaviria ist wegen Trunkenheit am Steuer von einem Gericht in Monaco zu einer zweimonatigen Bewährungsstrafe und einem zweijährigen Fahrverbot verurteilt worden. Der 31-jährige Ko

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)