Denkzettel für Cycling Australia

Matthews lässt in Québec keinen Zweifel an seiner Top-Form

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Matthews lässt in Québec keinen Zweifel an seiner Top-Form"
Michael Matthews (Sunweb) gewinnt den GP Québec | Foto: Cor Vos

07.09.2018  |  (rsn) - Er drehte sich kurz vor der Ziellinie um, sah dass er den Sieg sicher hatte, richtete sich auf und trommelte mit seinen Fingern freudig in die Luft: Michael Matthews (Sunweb) konnte im Ziel des GP Québec jubeln, wie es sonst Ausreißer tun, obwohl er sich im Massensprint beim ersten der beiden kanadischen WorldTour-Rennen durchgesetzt hatte. So deutlich überlegen war der Australier, dass weder Greg Van Avermaet (BMC), noch Jasper Stuyven (Trek-Segafredo) seinem Antritt am Hinterrad folgen konnten und eine Lücke aufging, bis Matthews bereits 25 Meter vor der Linie langsamer wurde, weil er nicht mehr durchzog, sondern jubelte.

"Ich war hier schon Zweiter und Dritter. Jetzt stehe ich endlich ganz oben auf dem Podium. Das ist eine schöne Erleichterung - aber vor allem, weil ich endlich wieder die Arme in die Luft werfen konnte. Das war schließlich erst das zweite Mal dieses Jahr", freute sich Matthews im Siegerinterview. Tatsächlich überquerte der im Vorjahr so erfolgreiche 'Bling' in Québec erst zum zweiten Mal in 2018 einen Zielstrich als Erster. Das erste Mal war knapp drei Wochen zuvor auf der Schlussetappe der BinckBank Tour in Geraardsbergen. Zuvor gewann Matthews den Prolog der Tour de Romandie, doch im Zeitfahren jubelt man bei der Zielankunft schließlich nicht.

Während es für Matthews der dritte Saisonsieg war, bedeutete das Resultat für Van Avermaet den insgesamt vierten zweiten Platz beim GP Québec und den dritten in Folge. Doch der Olympiasieger hatte im Finale nicht den Hauch einer Chance gegen Matthews, obwohl es für den Australier in der Sprintvorbereitung gar nicht ideal lief.

"Es war etwas unorganisiert im Finale. Ich war schon einen Kilometer vor dem Ziel in dritter Position und deshalb nervös, ob ich nicht zu weit vorne sitze", erklärte Matthews, der an der 500-Meter-Marke hinter Roman Kreuziger (Mitchelton-Scott) auf der linken Straßenseite an zweiter Stelle fuhr. Doch bevor er in die Verlegenheit kam, den Sprint zu früh eröffnen zu müssen, zog 300 Meter vor dem Ziel auf der rechten Straßenseite Enrico Gasparotto (Bahrain-Merida) los.

"Ich bin in seinen Windschatten gesprungen, und dann sah ich links Greg gehen und bin losgesprintet." Es war zwar noch immer weit bis zur Linie, doch Matthews ging nicht ein, sondern riss auf den letzten 100 Metern sogar noch eine Lücke zwischen seinem Hinterrad und Van Avermaet auf, die ihm schließlich seinen ausgelassenen Jubel erlaubte. "Mein Team hat mich bis zum Schluss unterstützt und den Sieg ermöglicht. Ich kam in guter Form her, aber man weiß nie: Bei der Konkurrenz war klar, dass es ein sehr schwerer Sprint wird", so Matthews.

Für den Australier bedeutet der souveräne Sieg nach einer durchwachsenen Saison eine große Erleichterung. Nachdem die Klassikersaison nicht wunschgemäß verlaufen war, musste er die Tour de France, die er als Titelverteidiger in Sachen Grünes Trikot in Angriff genommen hatte, nach nur vier Tagen krank verlassen. Kurz bevor er bei der BinckBank Tour in Geraardsbergen Mitte August seine Saison zum Guten wendete, teilte ihm der australische Radsportverband mit, dass er nicht für die WM in Innsbruck eingeplant wäre. "Das hat mein Herz gebrochen", sagte Matthews dazu unlängst in einem langen Interview mit cyclingnews.com.

Nun aber geht es sportlich steil bergauf, auch weil Matthews im Kopf einen Schalter umgelegt hat. "Mit dem Eindruck der ersten Jahreshälfte in 2019 zu kommen, wäre sehr schwer gewesen. Also habe ich einfach versucht, im Kopf dabei zu bleiben und in der zweiten Saisonhälfte meine Frische vielleicht etwas zu nutzen, im Vergleich zu den Fahrern, die die ganze Tour bestritten haben", so Matthews. "Und, ja, jetzt habe ich hier gewonnen und bin superhappy!" Möglich, dass auch Cycling Australia es sich nun nochmal anders überlegt und Matthews als Helfer für seinen Kumpel Richie Porte doch mit nach Innsbruck nimmt.

So lief das Rennen

Bevor Matthews in Québec nach 16 Runden auf einem 12,5 Kilometer langen, hügeligen Rundkurs seinen Sieg bejubelte, hatte zunächst eine fünfköpfige Ausreißergruppe das Rennen geprägt. Das Quintett um Rob Britton (Rally Cycling) bekam sechs Minuten Vorsprung gewährt, wurde auf der vorletzten Runde aber wieder zurückgeholt. Zu diesem Zeitpunkt hatte Peter Kennaugh (Bora-hansgrohe) bereits einen Gegenangriff gestartet. Der Brite hielt sich lange Zeit mit 20 Sekunden Vorsprung an der Spitze des Rennens, während hinter ihm mehrere Fahrer eine Verfolgergruppe zu kreieren versuchten. Ein Sextett mit Jakob Fuglsang (Astana) war sich allerdings nicht einig und wurde sieben Kilometer vor dem Ziel wieder gestellt.

BMC und Trek-Segafredo führten zu diesem Zeitpunkt das Hauptfeld an, das noch immer 18 Sekunden hinter Kennaugh lag. Auf den folgenden vier flachen Kilometern hin zu stufenförmig aufwärts zum Ziel führenden 3,5 Schlusskilometern schrumpfte Kennaughs Vorsprung auf fünf Sekunden zusammen. Doch der 29-Jährige, der wie Matthews eine schwere Saison hinter sich hat, zog weiter voll durch, kam mit noch immer fünf Sekunden Vorsprung auf den mit durchschnittlich vier Prozent ansteigenden Schlusskilometer und behauptete sich noch bis 500 Meter vor dem Zielstrich an der Spitze. Erst als Gasparotto den Sprint früh eröffnete, wurde Kennaugh gestellt und der Sieg unter den schnellen Männern ausgefahren.

Weitere Radsportnachrichten

23.11.2024Scott David: Trotz Traumwerten keine WorldTour

(rsn) – “Mein Ziel ist ein WorldTour- oder ProTeam-Vertrag. Ich habe mir ein Limit von zwei Jahren gesetzt, so lange möchte ich es auf Kontinental-Niveau versuchen“, hatte Scott David im letzte

23.11.2024Wafler: Rückkehr nach Paris weckt Olympia-Erinnerungen

(rsn) - Tim Wafler hat es erstmals in das illustre Feld der Ausdauerfahrer der UCI Track Champions League geschafft. Der Österreicher startet am Samstagabend im Velodrome National in Saint-Quentin-en

23.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

22.11.2024Top-Favoritin? Archibald nach schwerem Jahr eine “7 von 10“

(rsn) – Katie Archibald ist die Königin der Track Champions League. 2021 und 2023 gewann sie jeweils souverän den Titel in der Endurance League und auch 2022 wäre das wohl gelungen, wenn sie dama

22.11.2024Spiegel will “versuchen, ´die Großen´ etwas zu ärgern“

(rsn) – Luca Spiegel wird am Samstag sein Debüt in der Track Champions League geben. Der 20-jährige U23-Europameister im Sprint will auf der Bahn, auf der er im Sommer zu den jüngsten Olympia-Sta

22.11.2024Olympia-Reservistin Pröpster: Gelingt bei TCL der nächste Schritt?

(rsn) – Mit drei Rennsiegen, dem zwischenzeitlichen Tragen des Führungstrikots und schließlich Gesamtrang zwei in der Sprint League hat Alessa-Catriona Pröpster bei der Track Champions League 202

22.11.2024Eschborn-Frankfurt-Sieger van Gils: “Ich würde lieber gehen“

(rsn) – Maxim van Gils (Lotto - Dstny) scheint entschlossen, sein Team trotz eines noch bis Ende 2026 gültigen Vertrags so schnell wie möglich verlassen zu wollen. Wie er im Gespräch mit mehreren

22.11.2024Gall: Tour of the Alps “absoluter Fokus“ der ersten Saisonhälfte

(rsn) – Felix Gall bestritt 2022 seine bisher letzte Tour of the Alps. In seinem damals ersten Jahr im Trikot von Decathlon – AG2R La Mondiale beendete der Österreicher nach vier Top-Ten-Etappenp

22.11.2024Tour of the Alps auch 2025 ein Kletterfestival mit kurzen Wegen

(rsn) - Fünf Etappen, 739 Kilometer und 14.700 Höhenmeter: Das sind die Eckdaten der Tour of the Alps 2025. Die 48. Ausgabe des grenzüberschreitenden Etappenrennens findet vom 21. bis 25. April 202

22.11.2024Tour Colombia wegen finanzieller Probleme erneut in Gefahr

(rsn) – Nachdem sie bereits in den Jahren 2022 und 2023 aufgrund von finanziellen Problemen ausgefallen war, scheint die Tour Colombia (2.1) erneut zu wackeln. Wie die Zeitung El Tiempo berichtete,

22.11.2024Geht Vingegaard 2025 das Giro-Tour-Double an?

(rsn) – Schon seit einiger Zeit kursieren Gerüchte, wonach Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) Interesse am Giro d´Italia 2025 zeigen würde. In einem Interview mit dem dänischen TV 2 äuß

22.11.2024Track Champions League: Format, Kalender, Punktesystem

(rsn) – Nach Olympia in Paris im Sommer und den Weltmeisterschaften im Oktober im dänischen Ballerup endet das internationale Bahnjahr an den kommenden drei Wochenenden mit der Track Champions Leag

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine