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14.09.2017 | (rsn) - Durch seinen Sieg zum Abschluss der Rad-Bundesliga am Bilster Berg hat sich Raphael Freienstein (Lotto-Kern Haus) noch die Gesamtwertung der nationalen Rennserie gesichert. Dabei setzte sich der 26-Jährige in einer denkbar knappen Entscheidung gegen seinen punktgleichen Teamkollegen Joshua Huppertz durch. Im Interview mit radsport-news.com schilderte Freienstein das packende Finale und sprach über seine besondere Geste bei der Siegerehrung, den Stellenwert der Bundesliga sowie über seine Chancen auf einen Profivertrag.
Das Rennen am Bilster Berg entwickelte sich zu einem Herzschlagfinale. Was ging in Ihnen nach dem Zieleinlauf vor, bis klar war, dass Sie und Joshua Huppertz zwar punktgleich, Sie dennoch Gesamtsieger sind, da Sie in der Tageswertung besser platziert waren?
Freienstein: Wir haben uns nach dem Zieleinlauf natürlich erst einmal über den Tages und den damit verbundenen Mannschaftssieg gefreut. Wir hatten das Renngeschehen von der ersten Runde an gestaltet und einige taktische Varianten versucht. Über den Gesamtsieg hatte ich nach der Ziellinie gar nicht nachgedacht. Joshi (Joshua Huppertz) meinte zu mir, dass ich jetzt eventuell auch die Gesamtwertung gewonnen hätte, aber ich konnte es erst nicht glauben, da ich ja bereits einige Punkte Rückstand hatte und Joshi ja auch Vierter am Bilster Berg wurde. Unser Teamchef Florian Monreal hat mir dann ein paar Minuten nach dem Zieleinlauf gesagt, dass Joshi und ich punktgleich wären.
Vor dem Rennen war bereits klar, dass entweder Sie oder Huppertz die Serie gewinnen würden. Wie ist das Team mit dieser Konstellation umgegangen?
Freienstein: Wir waren wir nur froh, dass wir bereits vor dem letzten Lauf zur Bundesliga ziemlich sicher Platz 1 bis 4 in der Gesamtwertung belegen werden. Wer am Ende ganz oben stehen würde, war der Teamleitung unwichtig. Jedem wird der Sieg gegönnt.
Haben Sie vor dem Start auch mit dem Thema Punktgleichheit beschäftigt?
Freienstein: Nein. Ich persönlich wusste auch nicht, welches Ergebnis ich am Ende einfahren müsste, um noch die Gesamtwertung zu gewinnen. Wir haben uns nur voll und ganz auf das letzte Bundesliga-Rennen konzentriert.
Sie haben nach dem Rennen Joshua Huppertz bei der Siegerehrung ein zusätzliches Führungstrikot überreicht. Wie ist es dazu gekommen?
Freienstein: Dass am Ende der Bundesligaserie zwei Fahrer auf Platz 1 punktgleich sind, hatte ich noch nie erlebt. Es war ein Kopf an Kopf-Rennen mit einigen Führungswechseln. Joshi und ich hatten uns nicht abgesprochen, wer am Ende gewinnen soll und gönnen uns gegenseitig den Erfolg. Joshi ist das ganze Jahr super stark gefahren und hatte im Zeitfahren eindeutig mehr Punkte gesammelt als ich. Er ist wie ich ein sehr kompletter Fahrertyp, der mit jedem Terrain gut zurecht kommt und somit bei fast jedem Rennen punkten konnte. Ich denke, wir beide sind verdiente Gewinner der Rad-Bundesliga und das drückt sich in der Punktgleichheit aus. Deshalb wollte ich auch, dass Joshi ebenfalls als Gewinner gefeiert wird und nicht als Zweiter da steht.
Hatte Ihr Team den Gesamtsieg vor Saisonbeginn ins Visier genommen?
Freienstein: Bei den ersten Rennen der Bundesliga denkt man zuerst nicht an den Gesamtsieg, sondern zunächst nur an den Tageserfolg. Bei der Erzgebirgsrundfahrt kam es am Ende zu einem Sprint, den Joshi mir angefahren hatte. Er hat damit seine eigenen Ambitionen auf den Tagessieg und den möglichen Gesamtsieg aufgegeben. Da er zuvor bei Rund um Düren im ersten Lauf der Bundesliga im Finale beinahe gestürzt wäre und somit im Massensprint nicht mehr eingreifen konnte, war er bereits einige Punkte hinten dran. Dadurch hatte er beim nächsten Rennen in Chemnitz seine Chancen auf den Tagessieg hinten angestellt und ist für mich im Finale gefahren.
Welches Rennen war Ihr persönliches Highlight bei der Rennserie?
Freienstein: Highlight war natürlich die DM-Berg in der Rhön. Es war ein sehr schöner und vor allem ein schwerer Rundkurs, der mir lag. Dass ich am Ende dort meinen ersten Meistertitel einfahren konnte, war großartig.
Für viele Fahrer war der Gesamtsieg bei der Rad-Bundesliga das Sprungbrett zu einem großen Team. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein? Immerhin sind Sie schon 26 Jahre alt....
Freienstein: Die Rad-Bundesliga hat leider etwas an Prestige verloren und in den letzten Jahren hatte der Gesamtsieg keinem mehr zu einem Profivertrag verholfen. International hat die Rennserie keinen Stellenwert, und sie wird somit auch für mich oder Joshi leider nicht das gewünschte Sprungbrett zu einem Profiteam sein.
2014 und 2015 hatten Sie den Radsport wegen des Studiums und eines Auslandsaufenthaltes in Australien hinten angestellt. Sind das jetzt möglicherweise die beiden Jahre, die Sie für die Top Teams "zu alt machen"?
Freienstein: Hinterher ist man immer schlauer, aber ich denke, dass mein Australien-Aufenthalt sich eher positiv als negativ ausgewirkt hat. Natürlich hatte ich zwei Jahre lang kein ordentliches Rennprogramm und kein einziges UCI-Rennen, aber ich hatte dadurch die Möglichkeit, im Winter 2015 und 2016 nach Australien zurückzukehren und mich dort optimal auf die Saison vorzubereiten. Die Unterstützung, die ich in Melbourne von meiner Freundin und ihrer Familie hatte, bildete den Grundstein meiner Erfolge. So gesehen hätte ich niemals ohne meine Trainingslager in Australien so einen Leistungssprung gemacht.
Wie bewerten Sie insgesamt die Qualität der Rennen bei der Rad-Bundesliga, verglichen mit internationalen UCI-Rennen?
Freienstein: Die Bundesliga-Rennen haben ihren ganz eigenen Charakter. Durch die Mannschaftswertung ist es immer wichtig, drei Fahrer vorne zu platzieren und dadurch kann taktisch nicht das Optimale herausgeholt werden. Bei UCI-Rennen zählt nur der Sieg und es wird voll und ganz nur auf das Tagesergebnis gefahren. Bundesliga-Rennen sind zu taktisch geprägt und somit sind sie in der Regel eindeutig zu leicht im Vergleich zu internationalen Rennen. Da ich jetzt schon etwas älter bin, denke ich natürlich darüber auch etwas anders, aber für junge Fahrer, die der U23 Klasse angehören, ist die Bundesliga ein wichtiger Bestandteil der Karriereleiter und Ausbildung. Junge Fahrer können so auf sich aufmerksam machen und sich gegebenenfalls noch für die Nationalmannschaft oder Continental-Teams empfehlen.
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