Sprintzug warf eigenen Plan über Bord

Fehlentscheidungen kosten Greipel sein Geburtstagsgeschenk

Von Felix Mattis aus Villars-les-Dombes

Foto zu dem Text "Fehlentscheidungen kosten Greipel sein Geburtstagsgeschenk"
André Greipel (Lotto-Soudal) wurde auf der 14. Etappe von Montelimar nach Villars-les-Dombes Sechster. | Foto: Cor Vos

17.07.2016  |  (rsn) - Seit er 2011 zum ersten Mal bei der Tour de France angetreten ist, hat André Greipel (Lotto Soudal) Jahr für Jahr seinen Geburtstag in Frankreich verbracht. Und meistens musste er auf einer schweren Bergetappe leiden.

Diesmal aber bot ihm die Tour erstmals mit einer Flachetappe die Chance, sich per Sprintsieg selbst zu beschenken. Doch am Ende der 208,5 vom starken Gegenwind geprägten Kilometer zwischen Montelimar und dem Vogelpark von Villars-les-Dombes überquerte der Deutsche Meister die Linie trotzdem nur als Sechster.

"Geburtstag hin, Geburtstag her - wir wollten gewinnen, und das haben wir nicht geschafft", so ein enttäuschter Greipel am Mannschaftsbus, nachdem er sich, einige Minuten in Gedanken versunken, schweigend auf der Rolle ausgefahren hatte. Der 34-Jährige haderte damit, dass er und sein Team auf den letzten zwei Kilometern die falschen Entscheidungen trafen. "Es war bei dem Gegenwind eine Art Glücksspiel, vorne mit dabei zu sein. Es war schwierig, das Richtige zu machen", sagte er.

Nachdem Marcel Sieberg den Lotto-Sprintzug, dem der 60 Kilometer vor dem Ziel gestürzte und mit 2:38 Minuten Rückstand ins Ziel gekommene Jens Debusschere fehlte, 1.200 Meter vor der Linie mit einer massiven Beschleunigung am bis dahin dominanten Etixx-Quick-Step-Team um Marcel Kittel vorbei an die Spitze gezogen hatte, lief einiges schief. Es schien, als würde Greipel das Hinterrad seiner Anfahrer Jürgen Roelandts und Greg Henderson verlieren, dann rechts eingebaut werden und schließlich von zu weit hinten ohne Siegchancen nur noch um eine Position zu sprinten.

Doch Greipel erklärte, dass er die dritte Stelle rund 700 Meter vor dem Ziel Seite an Seite mit Alexander Kristoff (Katusha) sowie vor dem Etixx-Zug freiwillig aufgab. "Es sieht erstmal gut aus, aber im Gegenwind ist das natürlich ziemlich schwierig", sagte er zur Situation, als sein Kumpel Sieberg die Spitze des Feldes übernommen hatte. "Erst dachte ich: Super. Aber dann haben wir den Wind gemerkt und da dachte ich: Okay, könnte noch lang werden", so Sieberg selbst. "Eigentlich wollten wir später von hinten kommen, aber dann hat Jürgen (Roelandts, der im Zug hinter Sieberg sitzt, d. Red.) gesagt, dass ich losfahren soll. Das war vielleicht 200 Meter zu früh, aber hinterher ist man immer schlauer. Wenn Jens noch hinten dran gewesen wäre, hätte es gereicht."

"Man kann einmal mit Schwung von hinten kommen, aber das war eigentlich nicht der Plan", erklärte Greipel und sagte später den belgischen Kollegen etwas konkreter: "Wir wollten eigentlich nicht von vorne sprinten und ich weiß nicht, warum sie dann losgefahren sind. Ich habe dann nicht das Hinterrad meines Zuges gehalten, sondern habe versucht, mir meinen eigenen Weg zu bahnen, weil ich wusste, dass es schwer wird, den Sprint von vorne zu gewinnen."

Damit hatte er Recht, wie Kittel unfreiwillig demonstrierte. Der Erfurter zog den Sprint, leider nur auf den ersten Blick perfekt lanciert vom Etixx-Zug, bereits 250 Meter vor dem Ziel von vorne an, hatte im Gegenwind schließlich aber keine Chance gegen den aus dem Windschatten vorbeiziehenden Mark Cavendish (Dimension Data) und wurde schließlich ausrollender Fünfter. "Genau das wollte ich vermeiden", so Greipel. "Aber gut: Wenn man von zu weit hinten kommt... Das wollte ich natürlich auch vermeiden. Deshalb bin ich enttäuscht."

Greipels Wechsel vom Lotto-Sprintzug zum sich allein den Weg bahnenden Solisten war eine Entscheidung, die ein Sprinter in Sekundenbruchteilen trifft. Sie hätte, wie bei Cavendish, der Kittels Hinterrad fand, Gold wert sein können, war es aber am Ende nicht. "Ich habe darauf spekuliert, die linke Seite frei zu haben. Das war 500 Meter vor dem Ziel nicht der Fall und dann habe ich versucht, mir einen Weg zu bahnen."

Dabei fiel Greipel von Kristoffs Hinterrad und der vierten Position 550 Meter vor dem Ziel noch aus den ersten zehn Positionen heraus, um die Straßenseite zu wechseln und ab 300 Meter vor dem Ziel links im Wind noch nach vorne zu sprinten zu versuchen - weiter als bis auf Rang sechs kam er nicht mehr. "Wenn man von so weit hinten kommt, kann man schwer gewinnen."

Greipel nach der Etappe am Mannschaftsbus:

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