Titelverteidiger nach 8. Tour-Etappe in Gelb

Entfesselter Froome überrascht mit Downhill-Attacke die Konkurrenten

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Entfesselter Froome überrascht mit Downhill-Attacke die Konkurrenten"
Chris Froome (Sky) hat die 8. Etappe der Tour de France gewonnen und das Gelbe Trikot erobert.| Foto: Cor Vos

09.07.2016  |  (rsn) - Der erwartete erste Schlagabtausch der Favoriten bei der 103. Tour de France in den Pyrenäen endete in einer Machtdemonstration von Chris Froome (Sky). Der Titelverteidiger gewann mit einer halsbrecherischen Attacke auf der letzten Abfahrt die 8. Etappe nach 184 Kilometern zwischen Pau und Bagneres-de-Luchon und übernahm auch das Gelbe Trikot von Greg Van Avermaet (BMC).
Daniel Martin (Etixx-QuickStep) führte die ersten Verfolger 13 Sekunden später ins Ziel und wurde vor Joaquim Rodriguez (Katusha) Zweiter. Einen starken Auftritt lieferte auch Emanuel Buchmann (Bora-Argon 18) ab, der Rang 15 belegte..

Es wird rückblickend als eine der beeindruckendsten Szenen der diesjährigen Tour de France in Erinnerung bleiben. Am Gipfel des Col de Peyresourde ergriff Froome die Initiative, beschleunigte und setzte bergab zu einer 15 Kilometer langen Soloattacke an, die ihresgleichen suchte. "Es war eigentlich nicht geplant. Ich dachte, ich versuche es einfach mal bergab, nachdem die Versuche im Anstieg nicht funktioniert haben. Sie hingen immer an uns. Also habe ich beschlossen, es auf der Abfahrt zu versuchen“, erklärte de 31-Jährige im Ziel gegenüber Eurosport.

Der Brite ging dabei volles Risiko, saß vornübergebeugt fast ständig auf dem Oberrohr seines Rennrads und jagte waghalsig die lange Abfahrt hinunter. "Es war cool. Radrennen machen einfach Spaß, auch wenn ich vielleicht ein bisschen zu viel Kraft verpulvert habe. Morgen ist wieder eine schwere Etappe, aber ich nehme jede Sekunde, die ich kriegen kann“, freute sich Froome nach seinem Coup. Sein Sieg war bereits der fünfte eines britischen Fahrers nach acht Etappen bei dieser Frankreich-Rundfahrt.

Teil zwei der Pyreäen-Triologie sah Schwergewichte wie den Col du Tourmalet, den Col de Val Louron-Azet und zum Finale den Col de Peyresourde vor. Doch bereits zuvor war das Feld am Anschlag. Erst nach mehr als 60 Kilometern bildete sich am Fuße des Tourmalet (2.115m) mit Rafal Majka (Tinkoff) und Thibaut Pinot (FDJ) eine kleine Spitzengruppe, zu der noch Tony Martin (Etixx-Quick-Step) aufschloss.

Die erste Rennstunde war da bereits mit einem bemerkenswerten Schnitt von 51 km/h zurückgelegt. Viele Fahrer konnten daraufhin frühzeitig am Tourmalet nicht mehr folgen, dazu zählten auch Giro-Sieger Vincenzo Nibali (Astana) und der Belgier Greg van Avermaet (BMC). Der Träger des Gelben Trikots handelte sich schnell mehrere Minuten an Rückstand ein und erreichte Bagneres-de-Luchon schließlich 25:54 Minuten hinter Froome.

Aber auch das Spitzentrio kam angesichts von weniger als drei Minuten Vorsprung auf das von Sky und - in geringerem Umfang - Movistar angeführte Feld nicht weit. Im Col de Val Louron-Azet 40 Kilometer vor dem Ziel war ihr Unterfangen schon wieder beendet. Pinot wurde am Ende zumindest zum kämpferischsten Fahrer des Tages gewählt und konnte sich den Jacques-Goddet-Preis in Höhe von 5.000 Euro am Gipfel des Tourmalet sichern, Majka übernahm die Führung in der Bergwertung.

Die Favoritengruppe erreichte geschlossen die finale Prüfung am Col de Peyresourde, doch lange hielten sich die großen Namen zurück. Kurz vor dem Gipfel verkleinerte zunächst Sergio Henao (Sky) mit einer Attacke die Gruppe, bevor Dan Martin, Nairo Quintana (Movistar) und Froome weitere zaghafte Tempovorstöße wagten.

Als keiner mehr mit einer Attacke rechnete, überrumpelte schließlich Froome seine Konkurrenten mit der entscheidenden Attacke über den Gipfel. Mit seinem überlegen herausgefahrenen Tagessieg übernahm er mit 16 Sekunden vor Adam Yates (Orica-BikeExchange) und Joaquim Rodriguez (Katusha) auch die Fühung in der Gesamtwertung. Sein vermutlich schärfster Konkurrent Quintana liegt weiter auf Platz sechs, allerdings mit nun schon 23 Sekunden Rückstand.

Eine starke Leistung zeigte auch Emanuel Buchmann (Bora-Argon 18). Der 23-Jährige hielt bis drei Kilometer vor dem Gipfel des Col de Peyresourde in der Gruppe um Froome mit und führte als Fünfzehnter der Etappe mit 1:41 Minuten Rückstand eine Gruppe um Warren Barguil (Giant-Alpecin) und Alberto Contador (Tinkoff) ins Ziel. Für den Spanier bedeutete dies den nächsten Rückschlag, der ihn mittlerweile auf Platz 20 mit einem Rückstand von 3:12 Minuten zurückwarf. Buchmann liegt in der Gesamtwertung auf Rang  23 (+5:36). "Es war eine brutal schwere Etappe, aber ich bin zufrieden. Es läuft von Tag zu Tag besser“, sagte Buchmann im Ziel de ARD.

Nach der 8. Etappe muss die Tour de France auch die erste Aufgabe verzeichnen. Michael Mörkov (Katusha) war bereits im Finale der 1. Etappe schwer gestürzt und hatte sich seitdem unter Schmerzen durch die erste Woche gequält. Auf der 8. Etappe verlor der Däne früh den Anschluss und lag zwischenzeitlich mit 26 Minuten aussichtslos zurück – und gab auf.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

14.07.2020Video-Rückblick: Froome joggt 2016 den Ventoux hinauf

(rsn) – Heute vor vier Jahren erlaubten staunende Zuschauer am Mont Ventoux das Finale eines denkwürdigen Tour-Tages. Nach einem Sturz im Schlussanstieg der 12. Etappe rannte Chris Froome am Franz

27.07.2016Nibali hatte bei der Tour schon Rio im Blick

(rsn) – Vincenzo Nibali hat verärgert auf die Kritik an seinen Leistungen bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Tour de France reagiert. Der Italiener und sein Astana-Team waren ohne Etappensieg ge

26.07.2016Erneuter Tour-Ausstieg der ARD darf kein Thema sein

(rsn) - Drei Wochen Tour de France. Ein paar Tage "als Fan" selbst dabei. Den großen Rest aber am Bildschirm. Bis zum grandiosen Schlussakkord auf den Champs Elysees, gesetzt im "Sprint des Jahres" v

26.07.2016Quintana will weiter für seinen Gelben Traum kämpfen

(rsn) – Kolumbien muss weiter auf seinen ersten Tour-de-France-Sieger warten. Auch im dritten Anlauf hat es Nairo Quintana nicht geschafft – doch noch nie war der Movistar-Kapitän weiter vom Gelb

26.07.2016Künftig ein britisches Duell um das Gelbe Trikot?

(rsn) – Wie sein berühmter Landsmann Bradley Wiggins wird auch Adam Yates in die Geschichtsbücher des Radsports eingehen. War der mittlerweile 36-jährige Stundenweltrekordler vor vier Jahren der

26.07.2016Kittel kam bei der Tour in keinen "richtigen Flow"

(rsn) – Bei André Greipel (Lotto Soudal) lief am Sonntag auf den Champs-Élysées alles nach Wunsch. Wie bereits 2104 gewann der Deutsche Meister die prestigeträchtige Abschlussetappe der 103. Tou

26.07.2016Hektische Sprints und Cavendish machten Greipel das Leben schwer

(rsn) – Nach drei teils frustrierenden Wochen schien für André Greipel (Lotto Soudal) doch noch die Sonne. Am Sonntagabend holte sich der Deutsche Meister in Paris auf den Champs-Élysées den so

25.07.2016Bardet zum dritten Mal in Folge in Paris auf dem Tour-Podium

(rsn) – Romain Bardet hat den heimischen Fans die Tour de France gerettet. Der 25 Jahre alte Kapitän der Ag2R-Equipe legte auf den letzten drei Tagen ein Finale sondergleichen hin, sicherte sich au

25.07.2016Kittel: Erst durch Defekte gestoppt, dann im Finale kraftlos

(rsn) – Zum großen Finale der 103. Tour de France wollten Marcel Kittel und sein Etixx-Quick-Step-Team nochmals zuschlagen. Der Erfurter, der bereits 2013 und 2014 jeweils den Schlussakkord auf den

25.07.2016Jogging-Einlage in Gelb und ein machtloser Herausforderer

(rsn) - Nach drei Wochen Tour de France fallen die Bilanzen der 22 teilnehmenden Mannschaften ganz unterschiedlich aus. Radsport News listet die Erfolge und Misserfolge auf. Wir präsentieren die Team

25.07.2016Dominator in Grün und Schweizer Coup durch einen Kolumbianer

(rsn) - Nach drei Wochen Tour de France fallen die Bilanzen der 22 teilnehmenden Mannschaften ganz unterschiedlich aus. Radsport News listet die Erfolge und Misserfolge auf. Wir präsentieren die Team

25.07.2016Kollision mit dem Teufelslappen und ein fataler Entschluss

(rsn) - Nach drei Wochen Tour de France fallen die Bilanzen der 22 teilnehmenden Mannschaften ganz unterschiedlich aus. Radsport News listet die Erfolge und Misserfolge auf. Wir präsentieren die Team

Weitere Radsportnachrichten

04.05.2024Arensman und Bardet müssen schon sehr früh Federn lassen

(rsn) – Riesig groß waren die Abstände unter den besten Kletterern des Giro d´Italia auf der 1. Etappe rund um Turin nicht. Und doch dürfte das Thema ´Podium in Rom´ für vier interessante Pro

04.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

04.05.2024Pogacar verpasst Rosa, setzt aber eine erste Duftmarke

(rsn) – Tadej Pogacar hat mit seinem UAE Team Emirates alles getan, um schon am ersten Tag des 107. Giro d´Italia das Maglia Rosa zu übernehmen. Die Männer in Weiß arbeiteten den ganzen Tag rund

04.05.2024Erste Bergankunft im Zeichen von Pantani

(rsn / ProCycling) – Wie bereits der gestrige Auftakt ist auch diese 2. Etappe verhältnismäßig kurz. Im Gegensatz zu den Vorjahren entschied sich der Veranstalter RCS in der ersten Hälfte der Ru

04.05.2024Highlight-Video der 1. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) hat mit seinem Sieg zum Auftakt des 107. Giro d’Italia das erste Rosa Trikot erobert. Der 27-jährige Ecuadorianer setzte auf der 1. Etappe über 140 Ki

04.05.2024Zocker Schachmann eröffnet den Giro mit Bravour

(rsn) - Im Ziel in Turin war Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) von den Emotionen überwältigt. Natürlich war er sauer, dass er zum Auftakt des Giro d’Italia so knapp am Rosa Trikot vorbei

04.05.2024Gasparotto: “Max hat das heute clever gemacht“

(rsn) – Viel fehlte nicht und Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) hätte zum Auftakt des 107. Giro d’Italia für eine dicke Überraschung gesorgt. Der 30-jährige Deutsche musste sich auf d

04.05.2024Nur Narvaez zum Giro-Auftakt schneller als Schachmann

(rsn) – Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) hat denkbar knapp einen perfekten Einstieg in den 107. Giro d’Italia verpasst. Der zweimalige Deutsche Meister belegte auf der 1. Etappe über 14

04.05.2024Bénin: Zeitbonifikation kostet Bike Aid den Gesamtsieg

(rsn) - Große Enttäuschung beim Team Bike Aid zum Finale der Tour du Bénin (2.2). Der marokkanische Nationalfahrer Achraf Ed Doghmy gewann die 154 Kilometer lange Schlussetappe nach Cotonou im Spr

04.05.2024Vos vollendet auf Windkantenetappe die Vorarbeit ihres Teams

(rsn) – Marianne Vos (Jumbo – Visma) hat sich bei der 10. Vuelta Femenina ihren zweiten Tagessieg gesichert. Die 36-jährige Niederländerin entschied die 7. Etappe über 138,6 Kilometer von San E

04.05.2024Tiberi verlängert bei Bahrain Victorious

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

04.05.2024Bardet will jeden Giro-Tag wie einen Klassiker angehen

(rsn) – Romain Bardet (dsm-firmenich – PostNL) kommt in Top-Form zum 107. Giro d´Italia. Daran besteht spätestens seit seinem zweiten Platz hinter Überflieger Tadej Pogacar (UAE Team Emirates)

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)