Knees en tour - Etappe 20

Jubel in Paris und ein Abendessen ohne Nudeln

Von Christian Knees

24.07.2006  |  Samstag Abend haben wir in Couche übernachtet. Dort gab es ein großes Dorffest mit Kirmesbuden und einem Rockkonzert – das volle Programm in voller Lautstärke. Wir hatten die Wahl zwischen Pest und Cholera: Denn Fenster auf hieß Lärm – Fenster zu Hitze Aber dank meiner Oropax konnte ich gut schlafen. Wahrscheinlich am besten von uns allen.

Morgens nach dem Frühstück sind wir dann gemütlich mit einem TGV-Sonderzug gen Paris gefahren, wo in einem Vorort die letzten Etappe gestartet werden sollte. Auf diese „tour d’honneur“, wie sie von den Franzosen genannt wird, habe ich mich sehr gefreut.

Diesmal gab’s super Stimmung an der Strecke UND im Feld. Entlang der gesamten Strecke nach Paris standen die jubelnden Menschen so dicht aneinander, da war kaum mal ein Meter Raum dazwischen. Man hatte nicht mal eine Platz für eine Pinkelpause finden können.

Die ersten Kilometer sind wir sehr gemütlich gefahren und haben die Fahrt richtig genossen. Richtig Rennen gefahren wurde erst kurz vor Paris. Phonak hat plötzlich richtig Tempo gemacht und das Feld auf den Champs-Elysées geführt. Die Atmosphäre dort war der Wahnsinn. Ich war noch nie in Paris gewesen. Arc de Triomphe, Eiffelturm - ein bisschen was konnte ich auf der ersten Runde schon in mich aufnehmen.

Mit dem Kopfsteinpflaster und einer kleinen Welle haben die acht Runden zu je 6,5 Kilometer am Ende richtig weh getan, zumal wir nicht langsamer als 50-55 km/h gefahren sind.

Auf der zweiten Runde haben dann einige Fahrer attackiert. Ich war zu dem Zeitpunkt weit vorne platziert und bin hinterher gegangen. Mit 15 Mann konnten wir uns schnell einen kleinen Vorsprung von etwa 30 Sekunden auf das Feld erarbeiten.

Ich kann nur sagen: Es ist ein geiles Gefühl, auf der Champs-Elysées in einer Spitzengruppe zu fahren. Hinten haben sich dann aber leider zwei Sprinter-Teams formiert, um uns wieder einzuholen. Nach und nach kamen das Peloton näher. Dann erfolgte noch mal eine Attacke aus der Gruppe heraus, ich war wieder dabei. Wir waren plötzlich nur noch zu sechst, der Rest wurde vom Feld geschluckt.

Dann hatte ich Defekt - sehr ärgerlich in dem Moment. Ich bin langsam weiter gefahren - mit 'nem Platten im Vorderrad auf dem Kopfsteinpflaster ging es auch nicht anders. Nach dem Radwechsel habe ich eine halbe Runde gebraucht, um wieder ans Feld ranzukommen, das mittlerweile alle Ausreißer wieder gestellt hatte und mit einem tierisch hohen Tempo unterwegs war.

Ich habe mich dann im Feld nach vorne gekämpft, um Erik Zabel zu helfen und ihn gut in Position zu fahren. Bis drei Kilometer vor dem Ziel habe ich noch mal alles für Ete gegeben. Dann hab ich mich ein wenig ins Feld zurück fallen lassen. Erik wurde am Ende immerhin Vierter.

Abends sind wir mit dem gesamten Team und unseren Frauen bzw. Freundinnen zum Abschlussessen gegangen. Es war herrlich, zum ersten Mal seit drei Wochen gab es keine Nudeln. Dann haben wir alle auf das Ende unserer ersten Tour angestoßen und uns ganz radsportler-untypisch ein, zwei Bierchen genehmigt.

Das war nach 23 Tagen voller Strapazen ein schöner Tour-Ausklang. Und auch wenn’s für einen Etappensieg leider nicht ganz gereicht hat, können wir ganz zufrieden sein mit unserem Auftreten bei der Tour.

Für mich war die Tour eine tolle Erfahrung. Trotz aller Quälerei und diversen Stürzen hat es großen Spaß gemacht. Ich hoffe, dass ich in den nächsten Jahren noch öfter die „Große Schleife“ fahren werde, um mir meinen Traum erfüllen zu können: einen Etappensieg bei der Tour de France.

Christian Knees ist im Team Milram der Aufsteiger des Jahres. Der 25 Jahre alte Profi aus Bornheim bei Bonn etablierte sich im neuen ProTour-Team schnell als unentbehrlicher Helfer von Alessandro Petacchi und konnte im Frühjahr bei „Rund um Köln“ seinen ersten Profisieg feiern. Danach gab Knees sein erfolgreiches Debüt beim Giro d’Italia. Jetzt tritt „der Mann mit dem starken Motor“, wie ihn sein Teamchef Gianluigi Stanga nennt, auch bei der Tour de France erstmals an. Im Tagebuch für Radsport aktiv berichtet Christian Knees täglich über seine Erlebnisse beim größten Radrennen der Welt.

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