Däne fürchtet jetzt vor allem den Zeitfahranzug

Schweizer Sekundenkrimi: Gall gibt Gelb an Skjelmose zurück

Von Felix Mattis

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Felix Gall (AG2R - Citroen) | Foto: Cor Vos

15.06.2023  |  (rsn) – Exakt drei Kilometer vor dem Ziel der 5. Etappe in La Punt hat Mattias Skjelmose (Trek – Segafredo) das vorentscheidende Manöver gesetzt: Zwischen zwei Serpentinen in der Abfahrt vom Albulapass zum Tagesziel gab der Däne Vollgas, überolte Felix Gall (AG2R – Citroen) und schob sich in der anschließenden Linkskehre innen an Antonio Tiberi (Bahrain Victorious) vorbei. Gall blieb hinter dem Italiener hängen und zwei Kehren später entstand jenes Loch zwischen Skjelmose und Tiberi, das den Österreicher schließlich wohl das Gelbe Trikot dieser 86. Tour de Suisse (2.UWT) gekostet hat.

Denn ab da jagte Gall bis zum Zielstrich verzweifelt hinter Skjelmose und Co. her. Ganz zu bekam er die Lücke nicht mehr und so wurde Gall mit vier Sekunden Rückstand auf die Favoritengruppe gewertet, aus der heraus Skjelmose auf Etappenrang zwei sprintete und noch zusätzliche sechs Bonussekunden einheimste. Der Däne führt in der Gesamtwertung nun mit acht Sekunden Vorsprung auf den Österreicher.

"Am Ende haben Skjelmose die Bonifikationssekunden gereicht, um mir das Trikot wieder abzunehmen. Unabhängig von den Sekunden in der Abfahrt, hätte ich das Trikot sowieso abgeben müssen", bilanzierte Gall, gab aber zu, dass der auch auf der Straße entstandene Zeitverlust trotzdem zusätzlich schmerzte: "Dass ich das Gelbe Trikot in einer Abfahrt verliere ist aber schon bitter. Es war so verdammt schnell. Vor mir ging ein Loch auf, das ich bei hohem Tempo nicht mehr schließen konnte."

Dabei hatte Gall seinen bis dahin ärgsten Kontrahenten im Kampf um den Tour-de-Suisse-Sieg bergauf sogar abhängen können. Nach starker Vorarbeit seines Teams fuhr er dem Dänen davon und kam gemeinsam mit Wilco Kelderman (Jumbo – Visma) und Pello Bilbao (Bahrain Victorious) knapp zehn Sekunden vor der Skjelmose-Gruppe über den Albulapass zehn Kilometer vor dem Ziel. In der Abfahrt aber kamen die Verfolger wieder heran und fuhren schließlich allesamt an Gall vorbei.

Gall kämpft trotz starker Zeitfahr-Konkurrenz weiter um Gelb und Podium

"Unterm Strich bin ich jetzt einmal enttäuscht, dass ich um ein paar Sekunden in der Abfahrt und in der Folge durch den zweiten Platz des Dänen das Führungstrikot verloren habe. Aber ich bin noch Zweiter in der Gesamtwertung und morgen kommt wieder ein langer Tag mit hügeligem Finale", erklärte Gall aber auch, dass er den Kampf um Gelb und auch ums Podium nicht aufgeben will.

Bei acht Sekunden Rückstand sollte er das sicherlich ohnehin nicht tun – auch wenn das Restprogramm nicht unbedingt für ihn spricht: Entschieden wird die Tour de Suisse am Schlusstag nämlich mit einem 25 Kilometer langen, hügeligen Zeitfahren von St. Gallen nach Abtwil. Bis dahin warten noch zwei eher hügelige Etappen auf das Peloton. Die großen Berge sind absolviert und im Zeitfahren gelten sowohl der neue Gesamtführende Skjelmose, als auch der neue Gesamtdritte Juan Ayuso (UAE Team Emirates / + 0:18) – Etappensieger in La Punt – und der Gesamtvierte Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step + 0:46) als stärker.

Skjelmose nun Top-Favorit, fürchtet aber den gelben Einteiler

Skjelmose allerdings betonte in La Punt bereits, dass er sich im Gelben Trikot nicht unbedingt in der besten Ausgangslage fürs Zeitfahren sieht – gerade angesichts der engen Abstände. "Ich bin froh, dass ich das Trikot zurück habe. Das einzig schlechte daran ist, es im Zeitfahren nun zu tragen. Aber hoffentlich macht das nicht zu viel aus", so der Däne und spielte damit auf die aerodynamischen Unterschiede zwischen den teameigenen Aerosuits und den Leadertrikot-Einteilern der Rennveranstalter an.

Dass er am Albulapass zunächst nicht mitgehen konnte, als Gall attackierte, wollte Skjelmose dagegen nicht überbewertet sehen. "Als sie losgefahren sind hatte ich nicht unbedingt einen schlechten Moment, aber ich hatte etwas Angst, zu tief zu gehen, weil wir so weit in der Höhe waren und mir klar war: Wenn Du hier etwas zu tief gehst, zahlst Du dafür doppelt. Also bin ich kontrolliert weitergefahren, habe mit Remco gesprochen und wir beide sind unser Tempo gefahren", erklärte er und ergänzte selbstbewusst: "Am Ende habe ich dann nochmal Gas gegeben – vielleicht 200 Meter zu spät, sonst hätten wir sie vielleicht schon auf der Kuppe eingeholt."

Auf dem Podium ist noch alles möglich

So schlossen Skjelmose und seine Begleiter rund 3,5 Kilometer vor Schluss im unteren Teil der Abfahrt zu Gall, Kelderman und Bilbao auf. Und weil der Däne dann konsequent zum Überholen ansetzte und anschließend auch im Sprint der Gruppe um Tagesrang zwei der Stärkste war, trägt er nach einem Tag Pause nun wieder das Führungstrikot der Schweiz-Rundfahrt.

Im flacheren und nur 12,7 Kilometer langen Auftaktzeitfahren von Einsiedeln am Sonntag hatte Skjelmose 13 Sekunden auf Evenepoel verloren, war aber sechs Sekunden schneller als Ayuso und genau eine Minute schneller als Gall. Was die Besetzung der drei Podestplätze bei dieser Tour de Suisse angeht, scheint also alles offen und am Ende könnten wenige Sekunden entscheiden. Auch Ayuso jedenfalls glaubt nach seinem Solo über den Albulapass an seine Chance auf den Gesamtsieg: "Es wird schwer, aber es ist möglich", sagte der Spanier.

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