Kolumbianer gewinnt 72. Critérium du Dauphiné

Martinez tauscht nach Roglic-Aus noch Weiß gegen Gelb

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Daniel Martinez (EF) hat das 72. Critérium du Dauphiné gewonnen. | Foto: Cor Vos

16.08.2020  |  (rsn) - Daniel Felipe Martinez (EF) hat dank einer Attacke 30 Kilometer vor dem Ziel und der Aufgabe von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) als erster Kolumbianer seit Luis Herrera 1991 das Critérium du Dauphiné gewonnen und damit das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers gegen das Gelbe des Gesamtsiegers getauscht. Sein Fluchtgefährte Sepp Kuss (Jumbo – Visma) sicherte sich durch einen acht Kilometer langen Soloritt den Etappensieg in Megève.

Die Schlussetappe begann mit einer Schockmeldung für Jumbo - Visma, denn der am Vortag gestürzte Gesamtführende Roglic konnte aufgrund seiner Verletzungen nicht mehr zum fünften Teilstück der Rundfahrt antreten. Nähere Angaben zu den genauen Verletzungen des Slowenen machte sein Team nicht.

Durch das Ausscheiden von Roglic war Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) der neue Spitzenreiter. Da die Abstände unter den Besten sehr gering waren und das Team des Franzosen weitaus weniger bergfest als Jumbo – Visma ist, witterten die Kontrahenten Morgenluft. “Ich wusste es würde eine wilde Etappe werden und dass ich darum Chancen auf Sieg bekommen würde” fasste Martinez im Flashinterview seine Gedanken vor dem Start der Etappe zusammen.

Die Chance kreierte der 24-Jährige 30 Kilometer vor dem Ziel selbst, als er mit vier weiteren Fahrern aus der Pinot-Gruppe heraus angriff. Obwohl sein Vorsprung schnell auf über eine Minute anstieg, musste Martinez bis zum Ziel zittern: “Im Finale wurde mein Vorsprung auf Pinot immer kleiner. Ich bin voll am Limit gefahren und bin jetzt sehr glücklich", beschrieb er die letzten Kilometer vor seinem ersten Rundfahrtsieg und dem größten Erfolg seiner Karriere.

Kuss hat "härter trainiert als je zuvor"

29 Sekunden vor Martinez überquerte Kuss als Erster die Ziellinie und verpasste seinem Team damit ein Trostpflaster für den verpassten Gesamtsieg. “Wir waren alle geschockt. Aber es gab uns die Möglichkeit, aggressiv zu fahren“, erzählte der 25-jährige. “Es war einer der härtesten Renntage meiner Karriere. Es war vom Start weg nur Vollgas. Ich sah, dass alle sehr müde waren und konnte von meiner schlechten Position in der Gesamtwertung profitieren“, spielte der US-Amerikaner seinen entscheidenden Angriff etwas herunter.

Wie auch seine erfolgreichen Teamkollegen, für Jumbo - Visma war es bereits der zehnte Sieg nach der Corona-Pause, hatte Kuss eine simple Erklärung für die derzeitige Erfolgsserie: “Ich habe härter trainiert als je zuvor und ich habe momentan einfach sehr viel Spaß am Rad fahren.“

Auch Teamkollege Tom Dumoulin zeigte am Schlusstag eine hervorragende Leistung. Der Niederländer beendete die Etappe als Fünfter und schob sich so noch auf Rang sieben in der Gesamtwertung vor. “Ich hatte so viele harte Tage nacheinander. Ich bin echt komplett fertig. Aber das geht wohl allen so. Das sieht man nicht mal in der Tour, so viele Bergetappen nacheinander“, umschrieb Dumoulin gegenüber der NOS seinen Gemütszustand.

Dumoulin und Kämna mit starkem Finale

Nach dem Ausscheiden von Roglic und Steven Kruijswijk wird der 29-Jährige möglicherweise sogar der einzige Tour-de-France-Kapitän seiner Mannschaft sein. “Ich werde mich jetzt erstmal ausruhen und dann bin ich hoffentlich einen Schritt näher an meiner Tourform. Ich werde noch eine Woche in den Bergen bleiben. Ein paar Tage vor der Tour fahre ich dann nach Nizza (zum Grand Départ)“, beschrieb der Giro-Sieger von 2017 den letzten Teil seiner Vorbereitung auf die Frankreich – Rundfahrt.

Genauso stark wie Dumoulin präsentierte sich auch Lennard Kämna (Bora - hansgrohe). Der gestrige Tagessieger fuhr die gesamte Etappe mit den Favoriten mit und konnte im Finale sogar noch eine erfolgreiche Attacke reiten. “Ich konnte mit meinen Kräften gut haushalten, auch wenn ich am Limit war, habe ich es am Ende noch versucht“, erläuterte der 23-Jährige, der sich dank seines sechsten Etappenplatzes noch auf Platz acht in der Gesamtwertung vorschob. “Ich kann sehr zufrieden sein mit dieser Woche sein“, schloss der Norddeutsche seinen Kommentar auf der Homepage seines Teams ab.

In der Schlusswertung lag der 24-jährige Martinez letztlich 29 Sekunden vor Pinot und 41 Sekunden vor dessen Landsmann Guillaume Martin (Cofidis). Martinez gewann zudem die Nachwuchswertung, während Wout Van Aert (Jumbo - Visma) sich das Grüne Trikot des punktbesten Fahrers holte. David de la Cruz (UAE - Team Emirates) wurde der Bergkönig der Tour-Generalprobe, unter anderem dank dreier Etappensiege entschied Jumbo -Visma deutlich die Teamwertung für sich.

 

So lief das Rennen:

Mit offenem Visier ging Jumbo – Visma nach dem Ausfall von Kapitän Roglic in die Etappe, die acht Bergwertungen bereithielt. Unter dem Tempodiktat der Fahrer in Gelb-Schwarz fielen erst viele Fahrer aus dem Feld zurück, bis sich nach 15 Kilometern seine 15-köpfige Spitzengruppe mit Tom Dumoulin (Jumbo – Visma) und vielen weiteren Klassementfahrern formierte.

Dagegen hatten zunächst Guillaume Martin (Cofidis), Nairo Quintana (Arkea – Samsic), Richie Porte (Trek – Segafredo), Mikel Landa (Bahrain – Merida) und Daniel Martinez (EF) den Zug verpasst. Ihre Mannschaften jagten die Ausreißer, ehe am Col de Romme einige Fahrer um Martin und Martinez den Anschluss schafften. Die nun 23 Fahrer an der Spitze waren sich jedoch uneinig und unter anderem Dumoulin und Miguel Angel Lopez (Astana) probierten erneut wegzuspringen. Am Col de la Colombière setzten sich nach 57 Kilometern mit Julian Alaphilippe (Deceuninck – Quick Step) und Pavel Sivakov (Ineos) erstmals zwei große Namen entscheidender ab.

Während vorn endlich etwas mehr Ruhe einkehrte, wurde schnell deutlich, dass das Feld um den Gesamtdritten Landa geschlagen war. Der Vorsprung des Führungsduos betrug maximal 1:30 Minuten, ehe in der Abfahrt zur Côte de Donnancy Sivakov in einer Kurve auf dem Mittelstreifen wegrutschte. Der Russe konnte mit zerfetztem Trikot und diversen Hautabschürfungen weiterfahren und schloss kurz vor Beginn der Steigung sogar zu seinem Begleiter auf. In der Zwischenzeit hatte die Favoritengruppe den Vorsprung allerdings beinahe neutralisiert. Im Anstieg holten Pogacar, Martinez, Lopez und Kuss die beiden Spitzenreiter ein.

Kämna attackiert wieder rund vier Kilometer vor Schluss

Bei der nächsten Bergwertung musste Alaphilippe seine Mitstreiter ziehen lassen. Martinez hielt unterdessen das virtuelle Gelbe Trikot in seinen Händen, denn trotz aller Versuche Pinots und verbündeter Franzosen betrug der Abstand zwischen den beiden Gruppen etwas mehr als eine Minute. Zu Beginn der Schlusssteigung attackierte Kuss rund acht Kilometer vor dem Ziel. Lopez, der am vorletzten Berg bereits mehrmals Probleme hatte, fiel hier endgültig zurück. Martinez, Pogacar und Sivakov harmonierten gut in der Verfolgung des Amerikaners, trotzdem verloren sie Sekunde um Sekunde.

Die Gruppe um Pinot zerfiel derweil in ihre Einzelteile, wobei Kämna erneut einen sehr starken Eindruck hinterließ. Der 23-Jährige war nach einer Zweiteilung zwischenzeitlich abgehängt, kämpfte sich aber allein zurück und attackierte sogar vier Kilometer vor dem Ziel, an fast dergleichen Stelle wie gestern übrigens. Einen Kilometer später erhielt der Deutsche Gesellschaft von Dumoulin, mit dem er gemeinsam dem Ziel entgegenjagte, um schließlich Sechster hinter dem zeitgleichen Niederländer zu werden.

Das Duo kam 51 Sekunden nach dem souveränen Kuss an, der auf den letzten Kilometern nichts mehr anbrennen ließ und so Jumbo -Visma ein versöhnliches Dauphiné-Ende zu bescheren, nachdem der Tag mit Roglics Ausstieg denkbar schlecht begonnen hatte.

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