Kellers Senegal-Tagebuch

Wir sind eiskalt attackiert und zerlegt worden

Von Hermann Keller

Foto zu dem Text "Wir sind eiskalt attackiert und zerlegt worden"
Das Team Embrace the World präsentierte nach der 1. Etappe das Gelbe und das Grüne Trikot der Senegal-Rundfahrt. | Foto: Niels Laengner

12.11.2019  |  (rsn) - Was machen wir für Sachen? Das haben wir uns gestern nach gut 120 Kilometer gefragt. Uns war klar, dass es nicht besonders leicht werden würde, aber es erschien uns möglich, die Trikots zu verteidigen. Der gutaussehende Mann auf meinem Trikot ist übrigens vor fünf Monaten verstorben und hatte sich in der Vergangenheit sehr für den Radsport im Senegal eingesetzt. Daher ist das Trikot keinem Sponsor, sondern ihm gewidmet. Eine schöne Geste!

Ich habe vor dem Start mit Thomas (Lienert) darüber gesprochen, was eigentlich das Geheimnis des Regulierens ist. Er erzählte mir von einer Parabel, in der es um das Vorgaukeln gemeinsamer Interessen ging. Leider waren die Interessen zwischen uns und den anderen Teams heute so unterschiedlich, dass selbst der Experte nicht mehr regulieren konnte. Gefühlt wurden wir alle zu Beginn der Etappe in eine Waschmaschine geworfen und den ganzen Tag über durchgeschleudert.

Anfangs hatten wir die Lage noch einigermaßen im Griff und kontrollierten das Geschehen, quasi im Schonwaschgang, später war es dann 90° Kochwäsche. Wie gesagt wollte kein Team kooperieren, wir ließen uns in eine blöde Situation bringen, in welcher wir den ganzen Tag knechten mussten und wurden dann 20 km vor dem Ziel noch eiskalt attackiert und zerlegt. Dabei purzelten wir einer nach dem andern aus der Waschmaschine heraus.

Die Strecke war nicht besonders technisch, da es während der gesamten Etappe nur eine 90°-Kurve gab. Lenken mussten wir dennoch sehr häufig, da immer wieder Ziegen, Rinder, Affen, Hunde & Wombats (sahen zumindest so aus) über die Strecke marschierten. Auch ein Lkw blockierte zur Hälfte die Straße und fuhr beim Wenden in das "Wohnzimmer“ einiger Hütten am Straßenrand. Sehr abenteuerlich das Ganze!

Wir verloren das Gelbe Trikot an Ruanda, was auf der einen Seite schade ist, aber auf der anderen Seite sind wir jetzt "befreit“ von den Pflichten des Maillot Jaune. Darüber hinaus haben wir uns nicht besonders clever angestellt, das Team aus Ruanda dafür umso mehr, also ist es verdient. Als Trostpflaster haben wir auch noch das schönste Trikot in unseren Reihen - Thomas trögt Grün - und liegen im Gesamtklassement  auf Platz 2 & 3.

Die Jungs aus Ruanda sind übrigens, wie auch sonst alle anderen Fahrer, extrem nett. Ich werde häufig mit Dan Craven verwechselt und mit Jesus angesprochen. Durch die ganzen Krämpfe während dem Rennen fühlte ich mich auch gestern wie gekreuzigt und bin sehr froh über unseren heutigen Ruhetag. Diesen verbringen wir allerdings wieder mit ca. zwölfstündigen Bustransfer in den Norden des Landes. Daher schreiben wir auch heute erst den Bericht von gestern und melden uns morgen wieder nach der Etappe.

Falls ihr was von den Tieren oder dem LKW sehen möchtet, schaut bei unserem Top Fotografen (von ihm stammt das Mannschaftsbild am Pool) Nils @nils_laengner vorbei. Der Mann ist gut!

Liebe Grüße,

die Bikestreetboys

Mehr Informationen zu diesem Thema

18.11.2019Startverzögerung durch Macrons Staatsbesuch

(rsn) - Alles hat ein Ende, auch die Tour du Senegal. So traurig sind wir darüber nicht, da es zwar wunderschön war, aber auch stressig und anstrengend. Die Schlussetappe wurde auf einem Rundkurs a

17.11.2019Alle Chancen auf das Gelbe Trikot gewahrt

(rsn) - Heute meldet sich die Betreuercrew zu Wort, um die Eindrücke aus dem Teamwagen zu übermitteln. Chris (Sportlicher Leiter), Nils (Fotograf) und ich (Ingo) als Betreuer versuchen Tag ein Tag

16.11.2019Fair Play-Preis! Meine bisher schönste Auszeichnung

(rsn) - Endlich am Meer! Direkt nach dem Ziel sind wir gestern mit unseren Rädern zu unserem Hotel gefahren, das auf einer Landzunge vor Saint Louis liegt, und haben uns in die Wellen gestürzt.Auf d

15.11.2019Die Slowaken hauten zu früh auf den Putz

(rsn) - Und mal wieder sende ich Grüße aus Thiès, Senegal. Auch heute ging es nach dem Frühstück mit dem Bus zum Start. Auf dem Plan standen knapp 150 Kilometer, zur Abwechslung mal ein paar Kur

14.11.2019Erst gelangweilt, dann gewonnen und das Spendenmaterial verteilt

(rsn) - Oh kommet Freunde, lasset uns glücklich sein! Ein Gedanke, der uns gestern den ganzen Tag begleiten sollte.Das erste Mal erfuhren wir pures Glück, als wir mit dem Rad zum Start rollen konnte

11.11.2019Regulator Lienert hatte alle im Griff

(rsn) - Vorweg: Wir haben es geschafft, heute standen tatsächlich alle sechs Fahrer mit Rad am Start der 1. Etappe. Aber bis dahin war es ein steiniger Weg. Ich konnte auf das Ersatzrad zurückgreife

10.11.2019Warten als probates Mittel

(rsn) - Hallo und herzlich willkommen zu meinem Tagebuch von der Tour du Senegal. Ich habe das Vergnügen, euch von den kommenden sieben Etappen  zu berichten. Diese Zeilen schreibe ich im Bus, da

Weitere Radsportnachrichten

28.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

28.04.2024Dorn in der Türkei am Berg und beim Zwischensprint der Stärkste

(rsn) - Vor allem für die Teams Bike Aid und rad-net - Oßwald verlief die zurückliegende Woche erfolgreich. Santic - Wibatech, MYVELO und Rembe Sauerland konnten gegen WorldTour-Konkurrenz zuminde

28.04.2024Famenne Classic: De Lie feiert seinen ersten Saisonsieg

(rsn) - Arnaud De Lie (Lotto - Dstny) hat bei der Famenne Ardeche Classic (1.1) seinen ersten Saisonsieg eingefahren. Der Belgier setzte sich nach hügeligen 195 Kilometern rund um Marche-en-Famenne

28.04.2024Lidl - Trek gewinnt trotz Stürzen Auftakt der Vuelta Femenina

(rsn) – Trotz eines Sturzes in der letzten Kurve hat Lidl – Trek das Teamzeitfahren zum Auftakt der 10. Vuelta Femenina (2.WWT) für sich entscheiden können. Obwohl Ellen van Dijk und Eleanor Bac

28.04.2024Highlight-Video der 5. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Dorian Godon (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat zum Abschluss der 77. Tour de Romandie (2.UWT) seinen zweiten Tagessieg eingefahren. Der Franzose entschied bei regnerischem Wetter die 5. E

28.04.2024Zangerle verpasst für sein Team nur knapp den Heimsieg

(rsn) –Lukas Kubis (Elkov – Kasper) hat in Österreich das 62. Kirschblütenrennen gewonnen, das erstmals als UCI-Rennen der Kategorie 1.2 ausgetragen wurde und zugleich der zweite Stopp der Road

28.04.2024Carlos Rodriguez feiert Gesamtsieg vor Vlasov und Lipowitz

(rsn) – Beinahe noch eine Spur deutlicher als auf der 1. Etappe ging es im Sprint der Schlussetappe der Tour de Romandie (2.UWT) zu. Der Sieger war dabei derselbe: Dorian Godon (Decathlon – AG2R L

28.04.2024Lechner lässt in Tschechien nichts mehr anbrennen

(rsn) – Am letzten Tag der Gracia-Rundfahrt (2.2) hat Corinna Lechner (Wheel Divas) nichts mehr anbrennen lassen und sich den Gesamtsieg der tschechischen Rundfahrt gesichert. Auf der 5. Etappe, di

28.04.2024Van den Broek gewinnt als erster Niederländer Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Wegen Regen und Wind musste die Schlussetappe der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) abgesagt werden. Frank van den Broeck (dsm-firmenich – PostNL) verteidigte so kampflos sein Führungstrikot

28.04.2024Lipowitz mit seiner Giro-Generalprobe mehr als happy

(rsn) – Auch wenn er im Vorjahr bei der Czech Tour die Gesamtwertung gewann, so ist die diesjährige Tour de Romandie als Durchbruch in der Karriere von Florian Lipowitz (Bora – hansgrohe) zu bewe

27.04.2024Reusser zurück im Feld und auf dem Weg zu Olympia

(rsn) - Knapp ein Monat ist seit dem schweren Sturz bei der Flandern-Rundfahrt vergangen, der für die 32-jährige Marlen Reusser (SD Worx - Protime) schwere Folgen hatte. Ober- und Unterkiefer, die

27.04.2024Huys saust im Zeitfahren allen davon

(rsn) – So schnell wie Tabea Huys (Maxx Solar Rose Women Racing) war noch nie eine Athletin auf dem 13,5 Kilometer langen Zeitfahrparcours der Gracia-Rundfahrt in der Tschechischen Republik. Seit 20

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)