Haga der Schnellste im Abschlusszeitfahren

Carapaz gewinnt den Giro d´Italia

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Carapaz gewinnt den Giro d´Italia"
Richard Carapaz (Movistar) hat den 102. Giro d´Italia gewonnen. | Foto: Cor Vos

02.06.2019  |  (rsn) - Richard Carapaz ist der erste ecuadorianische Grand-Tour-Sieger in der Geschichte des Radsports. Der 26-Jährige hat das 17 Kilometer lange Abschlusszeitfahren des 102. Giro d'Italia in Verona sturzfrei überstanden und trotz eines Zeitverlustes von 49 Sekunden gegenüber Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida) auch als Tages-36. souverän das Rosa Trikot gesichert. Den letzten Tagessieg sicherte sich an der malerischen Arena von Verona etwas überraschend aber der US-Amerikaner Chad Haga (Sunweb).

Der 30-Jährige setzte sich in 22:07 Minuten mit vier Sekunden Vorsprung vor Zeitfahr-Europameister und Stundenweltrekordler Victor Campenaerts sowie sechs Sekunden vor dessen Teamkollege Thomas De Gendt (beide Lotto Soudal) durch. Haga war knapp zweieinhalb Stunden vor Carapaz ins Zeitfahren gestartet und saß entsprechend lange auf dem Hot Seat des Zeitschnellsten, um auf Top-Favorit Primoz Roglic (Jumbo - Visma) zu warten und dann in Freudentränen auszubrechen, als klar war, dass weder der Slowene noch Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida) oder Carapaz ihn unterbieten würden.

"Ich musste in den letzten zwei Wochen wirklich langsam fahren", grinste Haga im ersten Sieger-Interview von Eurosport, als er gefragt wurde, wie er dieses Zeitfahren gewonnen hatte. "Das Team hat mich darin unterstützt, es ruhiger angehen zu lassen, weil wir nach dem letzten Zeitfahren wussten, dass ich heute noch gut abschneiden könnte."

Haga war in San Marino auf der 9. Etappe Sechster geworden. Da Sunweb-Kapitän Tom Dumoulin den Giro früh aufgegeben hatte, musste man beim deutschen WorldTour-Rennstall umdenken und auf Etappenjagd gehen - und die Karte Haga hob man bis zum Schluss auf, um ihn möglichst frisch und perfekt vorbereitet ins Abschlusszeitfahren zu schicken. Schlüssel zum Erfolg war dann aber auch eine perfekte Streckenbesichtigung: "Die Abfahrt war sehr technisch und schnell. Ich bin sie zwar heute Morgen nur einmal runtergefahren, habe mir das Video davon aber ungefähr 20 mal angeschaut", so Haga, der dort die nötige Zeit gegen Campenaerts herausgeholt hatte.

Favoriten am Rundfahrtende zu müde für den Etappensieg

Roglic hatte, genau wie alle anderen Klassementfahrer, am Ende einer harten Schlusswoche nicht mehr die nötigen Reserven, um seinen dritten Zeitfahrsieg der Rundfahrt einzufahren. Der Slowene musste sich mit 26 Sekunden Rückstand mit Rang zehn im Tagesklassement begnügen, drei Sekunden hinter dem Gesamtzweiten Nibali. Das reichte allerdings, um sich noch um acht Sekunden an Mikel Landa (Movistar) vorbei aufs Gesamtwertungs-Podium zu schieben.

Unbeschadet ins Ziel kam auch Pascal Ackermann (Bora - hansgrohe), der damit der erste deutsche Gewinner des Maglia Ciclamino in der Geschichte der Italien-Rundfahrt ist. Grund zur Freude hatte Bora - hansgrohe in Verona aber auch wegen Rafal Majka noch einmal. Der Pole schob sich in der Gesamtwertung noch an Miguel Angel Lopez (Astana) vorbei auf den sechsten Platz.

Bohli setzt erste Duftmarke mit rasender Abfahrt

Den ersten Richtwert setzte bei sommerlichem Wetter in Verona der bereits als drittes gestartete Schweizer Tom Bohli (UAE Team Emirates). Er glänzte vor allem durch eine rasend schnelle Abfahrt in der zweiten Rennhälfte und blieb in 22:41 Minuten als Erster unter 23 Minuten.

Als knapp 45 Minuten später Stundenweltrekordler Victor Campenaerts (Lotto Soudal) das Ziel erreichte, war Bohlis Zeit auf dem Hot Seat jedoch abgelaufen. Der Zeitfahr-Europameister fuhr in 22:11 Minuten über den Zielstrich am großen Amphitheater von Verona, hatte oben am Berg aber bereits 49 Sekunden Vorsprung auf den Schweizer gehabt. Damit war klar: Die Abfahrt konnte man besser fahren.

Haga schlägt Campenaerts bergab

Und das gelang Haga. Dem US-Amerikaner fehlten nach 9,5 Kilometern sechs Sekunden zum Belgier, doch in der Abfahrt fuhr er nahezu perfekt. Dort war Haga zehn Sekunden schneller als Campenaerts, so dass er in 22:07 Minuten die Führung und den Hot Seat übernahm.

Dort durfte er zusehen, wie Jos van Emden (Jumbo - Visma / + 0:38 Minuten), Tobias Ludvigsson (Groupama - FDJ / + 0:11), Luke Durbridge (Mitchelton - Scott / + 0:27), Thomas De Gendt (Lotto Soudal / + 0:06) und Pello Bilbao (Astana / + 0:17) allesamt zwar starke Zeiten fuhren, trotzdem aber an seiner Bestmarke scheiterten.

Den Klassementfahrern fehlt am Schluss die Frische

Als um 16:46 Uhr Richard Carapaz (Movistar) im Rosa Trikot als letztes von der Startrampe rollte, saß Haga noch immer dort, und das Grinsen im Gesicht des 30-Jährigen wurde immer breiter, denn: Es kristallisierte sich zunehmend heraus, dass den Klassementfahrern am Ende der harten Schlusswoche die Frische fehlte, um im Zeitfahren um den Tagessieg zu kämpfen.

Zwar blieben sowohl Nibali als auch Roglic an der Zwischenzeit am Gipfel des Torricelle-Anstiegs bei Kilometer 9,5 beide in Schlagdistanz mit weniger als zehn Sekunden Rückstand auf Haga. Doch in der Abfahrt zum Ziel verloren beide weiter an Boden, so dass sie schließlich mit 23 beziehungsweise 26 Sekunden Rückstand nur die Plätze neun und zehn im Tagesklassement belegten und Haga bereits in Freudentränen ausbrechen durfte, als Carapaz noch auf der Strecke war.

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.10.2019Martens wurmt Roglics verpasster Giro-Sieg

(rsn) - Nach 60 Renntagen beendete Paul Martens vor drei Wochen beim belgischen Eintagesrennen Binche - Chimay - Binche ein Radsportjahr, in dem er sich wieder in den Dienst der Mannschaft gestellt ha

01.08.2019Sieg in der Wallonie: Cimolai kämpft sich aus Lebenskrise

(rsn) - Davide Cimolai (Israel Cycling Academy) hat sich aus einer Lebenskrise gekämpft und ist bei der Tour de Wallonie (2.HC) auch sportlich wieder in die Erfolgsspur zurückgekehrt. Der Italiener

10.07.2019Dumoulins Knieverletzung schlimmer als gedacht

(rsn) - Tom Dumoulins Knieverletzung, die ihn beim Giro d`Italia zum Ausstieg und auch zur Absage der Tour de France zwang, ist schlimmer als befürchtet. Wie die niederländische Zeitung De Telegraa

05.06.2019Wird Lopez für Schlag gegen Zuschauer doch noch bestraft?

(rsn) - Im laufenden Giro d´Italia entging Miguel Angel Lopez (Astana) einer Strafe, als er im letzten Anstieg der Italien-Rundfahrt von einem Zuschauer zu Boden gerissen worden war und diesen deshal

04.06.2019Giro d´Italia 2019: Analyse, Tops & Flops

(rsn) - Im gemeinsamen Podcast von radsport-news.com und meinsportpodcast.de werfen Malte Asmus, Eric Gutglück und Marc Winninghoff einen Blick zurück auf den 102. Giro d’Italia, der mit dem über

04.06.2019Martens: “Movistar hatte immer alles unter Kontrolle“

(rsn) - Zum erhofften Gesamtsieg hat es nicht gereicht, aber Jumbo - Visma scheint auch mit dem dritten Platz von Primoz Roglic beim Giro d’Italia zufrieden zu sein. Routinier Paul Martens etwa, der

04.06.2019Bora - hansgrohe kehrt mit vielen Lorbeeren vom Giro zurück

(rsn) - Mit drei Etappensiegen, dem Maglia Ciclamino sowie einem sechsten Gesamtrang kehrte das deutsche Team Bora - hansgrohe vom 102. Giro d’Italia zurück. Zudem erreichten alle acht Fahrer am

03.06.2019Startet der Giro 2020 im Zwift-Stil?

(rsn) - Seit einiger Zeit kursieren Gerüchte, wonach der Giro d’Italia 2020 mit einem “virtuellen Zeitfahren“, vergleichbar den Zwift-Wettbewerben, beginnen könnte. Möglicherweise handelt es

03.06.2019Gazzetta: Team Ineos will Carapaz´ Gehalt verzehnfachen

(rsn) – Mit Chris Froome und Geraint Thomas hat das Team Ineos die Tour-Sieger der vergangenen vier Jahre in seinen Reihen. Dazu kommen mit den aufstrebenden Egan Bernal und Pavel Sivakov zwei Talen

03.06.2019Cipollini: “Ackermann ist der perfekte Athlet“

(rsn) - Mario Cipollini hält Pascal Ackermann (Bora - hansgrohe) nach dessen Auftritt beim 102. Giro d’Italia für einen potenziellen Mailand-Sanremo-Gewinner. "Ackermann ist der perfekte Athlet un

03.06.2019Roglic empfindet seinen dritten Platz wie einen Sieg

(rsn) - Nach einer grandiosen ersten Giro-Hälfte mit den Siegen in den beiden Zeitfahren und vier Tagen im Rosa Trikot lief bei Primoz Roglic (Jumbo - Visma) seit der 15. Etappe mit dem schlecht orga

03.06.2019Nibali: “Ich habe nichts zu bereuen“

(rsn) - Zwar machte Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida) im abschließenden Zeitfahren des 102. Giro d’Italia nochmals deutlich Boden gegenüber Richard Carapaz (Movistar) gut. Die 49 Sekunden, die de

Weitere Radsportnachrichten

08.11.2025Kaija Budde startet bei der EM “tatsächlich“ aus Reihe 1

(rsn) – Wie Kai aus der Kiste kam Kaija Budde (Radsport Nagel) letzte Saison an die Spitze der deutschen Cyclocross-Szene. Mit nur 17 Jahren nahm sie 2024/25 ihren ersten Querfeldeinwinter in der U2

07.11.2025Israelisches Team ohne Sponsor! Premier Tech zieht sich zurück

(rsn) – Das kanadische Unternehmen Premier Tech, das als Co-Sponsor des Zweitdivisionärs Israel – Premier Tech in die Saison gegangen ist, zieht sich mit sofortiger Wirkung als Namens- und Geldge

07.11.2025EF gründet Cross-Team – für Toptalent Agostinacchio

(rsn) – Im September wurde bekannt, dass EF Education - EasyPost im Winter mit einem Cyclocross-Team an den Start gehen wird. Im Interview mit Wielerflits schilderte der Verantwortliche, Sebastian

07.11.2025Degenkolb strebt bei der Cross-EM die Top 15 an

(rsn) – Am Samstag beginnt im belgischen Middelkerke die Cross-EM. German Cycling entsendet 11 Athleten und nachdem um 11:00 Uhr Nina Budde bei den Juniorinnen ihr EM-Debüt feiert, erscheint um 13:

07.11.2025Kristoff wird Miteigentümer bei norwegischer Talentschmiede

(rsn) - Offiziell ist er noch Berufsradfahrer bei Uno-X Mobility, doch Alexander Kristoff hat schon bevor er richtig in der Radsportrente angekommen ist, einen neuen Job gefunden. Er ist der neue Mite

07.11.2025Renard-Haquin und Gaffuri unterschreiben bei Picnic - PostNL

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

07.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Urvater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt

07.11.2025Bock, Koch und ein multidisziplinäres Schweizer Talent

(rsn) – 139 Fahrer haben sich mit unserem neuen Punktesystem für die Radsport-News-Jahresrangliste 2025 qualifiziert. Nicht alle können wir in den letzten zwei Monaten des Jahres auch mit komp

07.11.2025Van Aert und Basketballlegende Miller geben einander Tipps

(rsn) – Während seines Trips in die USA rührt Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) die Werbetrommel für seinen Privatsponsor Red Bull. Mittwoch raste der Belgier noch in einem Porsche, natürli

06.11.2025CPA-Präsident Hansen: “Die Fahrer sind in Geiselhaft“

(rsn) – Die nötigen Papiere für den Anschluss des sich auflösenden Intermarché-Rennstalls an das belgische Traditionsteam Lotto sind bereits zur UCI geschickt worden und es ist davon auszugehen,

06.11.2025Bernals gelbes Toursieger-Rad von 2019 gestohlen

(rsn) - Egan Bernal ist in seiner kolumbianischen Heimat Opfer eines Raubes geworden. Wie der 28-Jährige in einer Videobotschaft auf dem X-Kanal des kolumbianischen Sportjournalisten Diego Rueda erkl

06.11.2025Top-Favorit für Cross-EM ist kein Mainstreamer

In einer Videobotschaft seines Teams Baloise - Glowi Lions war von Thibau Nys vor dem Koppenbergcross, das er überlegen für sich entschied, folgendes Statement zu hören: "Ich trainiere nicht, um zu

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine