Tour of Mesopotamia-Tagebuch von Robert Müller

Zwei ereignisreiche und aufregende Wochen

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Zwei ereignisreiche und aufregende Wochen"
Robert Müller (mitte) und seine Teamkollegen bei der Tour of Mesopotamia | Foto: Müller

05.05.2019  |  (rsn) - Hallo aus Gasiantep, Südostanatolien, Türkei! Heute stand bereits die letzte Etappe an und wir sollten eigentlich um 8 Uhr mit den Bussen den Transfer zum Startort antreten. Da jedoch erstmal keine Busse da waren, verzögerte sich die Abfahrt um eine Dreiviertelstunde, während der eine Schafherde am Hotel vorbeizog und ihren Duft verbreitete. A

ls es dann endlich losging, hielten wir jedoch noch mehrmals an und so zog sich der Transfer über fast zwei Stunden hin. Am Start im Nirgendwo angekommen stellten wir fest, dass wir nicht am Fluss Euphrat waren, wo der Start eigentlich hätte sein sollen, sondern dieser kurzerhand einige Kilometer an die Bergwertung vorverlegt wurde, die damit natürlich flachfiel.

Dagegen hatte ich überhaupt nichts einzuwenden, denn damit blieb uns die Hauptschwierigkeit der Etappe erspart und wir hatten nur noch 104 Kilometer zu fahren. Lustig ist allerdings, dass das Bergtrikot heute jemand anderes als gestern trug, obwohl es bereits gestern keine Wertung dafür gab. Die Gesamtbergwertung ging somit mit gerademal drei Punkten und einer von zwei gewonnenen Wertungen weg, wobei es dafür mehr Preisgeld als für einen Etappensieg und den Zweiten im Gesamtklassement gibt.

Der Start verzögerte sich um eine knappe halbe Stunde, da wir erneut auf den Krankenwagen warten mussten, aber die Stimmung war gut. Nach einer kurzen Abfahrt ging es los und ich fuhr wie üblich die Startattacke mit, jedoch hatten wir alle auf dem groben und schlecht rollenden Asphalt irgendwie nicht so richtig Lust und wurden wieder eingeholt.

Auf den ersten 30 Kilometern gab es viele halbherzige und ein paar ernstgemeinte Attacken und mehrmals wurde hinten schon Barrage gemacht, um die Gruppe fahren zu lassen, aber irgendjemand wollte dann doch noch vorfahren und es war mit dem Frieden vorbei. Als sich endlich eine fünf Fahrer große Gruppe absetzen konnte, war ich froh, dass mein Teamkollege Peter Förster und nicht ich dabei waren. Die Gruppe wurde leider davon gelassen und an einem längeren Anstieg, der locker für eine Bergwertung getaugt hätte, fuhren wir im Feld ein strammes Tempo. Dadurch kamen wir oben der Gruppe so nahe, dass wir vier Fahrer wieder einholten und Peter plötzlich alleine dastand.

Er wusste nicht so recht, ob er nun weiter fahren sollte, doch unser Sportlicher Leiter Paul motivierte ihn dazu und so fügte er sich seinem Schicksal und fuhr alleine der Millionenstadt Gaziantep entgegen. Sein Vorsprung wuchs allerdings nur auf maximal eineinhalb Minuten, und als Bike Aid ernsthaft die Verfolgung aufnahm war klar, dass er heute kein Siegmaterial sein würde, wie er es nach dem Rennen ausdrückte. Wir fuhren wieder in der Altstadt an der Burg vorbei und erreichten dann die 3,2 Kilometer lange Zielrunde, die nun noch zehnmal zu befahren war. Auf den ersten Runden kam es zu einigen brenzligen Situationen, als mehrmals Fußgänger direkt vor dem Feld gemächlich die Rennstrecke überquerten, und ich rechnete jederzeit mit einem Sturz.

Nachdem einige Fahrer die Streckenposten lauthals darauf hingewiesen hatten, besser aufzupassen wurde es glücklicherweise auch besser. Um Peter war es bereits sieben Runden vor Ende geschehen und wir steuerten auf einen Massensprint zu. Wir fanden uns gut als Team in den letzten Runden, waren jedoch wieder etwas zu weit hinten und so zählte ich im Ziel fünf Fahrer vor mir, stand im Ergebnis allerdings als siebter, sei es drum. Gewonnen hat die Etappe das Grüne Trikot Ahmet Örken vor Aaron Grosser, der damit auch Zweiter in der Sprintwertung wurde und seinen dritten zweiten Platz innerhalb der letzten zwei Wochen hier in der Türkei einfuhr, allerdings auch mit einem Sieg nach Hause fährt. Die Rundfahrt gewann Branislau Samoilau und Adne van Engelen von Bike Aid wurde Gesamtdritter.

Für mich war es leider das letzte Rennen in der Türkei, denn ich bin aufgrund meiner ehrlichen Berichterstattung hier, die hohe Wellen geschlagen hat, bei Rennen in der Türkei zukünftig nicht mehr willkommen und werde daher nicht mehr eingeladen. Das ist schade, denn ich mag die Rundfahrten, die Landschaften, das Essen und auch die größtenteils sehr freundlichen Menschen hier - und die Rennen sind insgesamt auch gut organisiert. Sportlich lief es diesmal mit den Etappenplätzen vier und sieben einen Tick besser als bei der Tour of Mersin, wo ich ja Siebter und Neunter geworden war. Allerdings muss man schon zugeben, dass das Niveau hier nicht so hoch wie bei vielen anderen UCI-Rennen in Europa ist, geschenkt bekommt man deswegen aber trotzdem nichts.

Es waren auf jeden Fall zwei ereignisreiche, aufregende und meistens auch schöne Wochen in der Türkei und ich bin froh, sturzfrei und gesund durch die beiden Rundfahrten gekommen zu sein. Vielen Dank an die Sportlichen Leiter, Betreuer und Fahrer meiner beiden Teams Kibag BNP Costelo und Veloclub Ratisbona Regensburg für die Unterstützung und auch den Teams Radteam Herrmann und Bike Aid für die freundschaftliche gegenseitige Hilfe.

Zuletzt auch ein Dank an den geneigten Leser für sein Interesse an diesem Tagebuch, das diesmal allerdings etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen hat, als ich mir gewünscht hätte.

Gez. Sportfreund Radbert

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2025Auf Trainingsgruppe schießender Autofahrer festgenommen

(rsn) – Drei Tege nachdem die Trainingsgruppe des Drittdivisionärs S.C. Padovani Polo - Cherry Bank im Etschtal aus einem fahrenden Auto heraus aus nächster Nähe beschossen wurde, wurde der mutma

25.12.2025Baroncini: “Ein Wunder, dass ich noch lebe und sehen kann“

(rsn) – Am 6. August stürzte Filippo Baroncini (UAE – Emirates – XRG) bei der Polen-Rundfahrt (2.UWT) schwer. Er wurde in ein künstliches Koma versetzt und es wurde um sein Leben gefürchtet.

25.12.2025In Chongming um den WorldTour-Sieg gebracht

(rsn) – Zum dritten Mal in ihrer Karriere eroberte Kathrin Schweinberger (Human Powered Health) das Trikot der Österreichischen Meisterin, nachdem sie sich im Burgenland aus einer frühen Gruppe he

25.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

24.12.2025Saisonziel erster Profisieg schon früh im Jahr erreicht

(rsn) – Fabio Christen stammt aus einer radsportbegeisterten Familie. Der ältere Bruder von Jan Christen (UAE Emirates – XRG) hat bei Q36.5 Pro Cycling seine sportliche Heimat gefunden und ver

24.12.2025Thomas: “Oscar passt perfekt zu diesem Projekt“

(rsn) – Nach offensichtlich wochenlangen Verhandlungen haben sich Picnic - PostNL und Ineos Grenadiers über einen vorzeitigen Wechsel von Oscar Onley geeinigt. Wie beide Teams bestätigen, wird der

24.12.2025In einem Bilderbuchjahr “mich immer wieder selbst überrascht“

(rsn) – Wenn man dem Begriff ´Beständigkeit´ im deutschen Profiradsport in den letzten Jahren einen Namen geben sollte, dann sicherlich den von Franziska Koch (Picnic – PostNL). Mittlerweile g

24.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

24.12.2025Powless auch weiterhin mit EF auf Klassikerjagd

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

23.12.2025Del Grosso schlägt van Aert in Heusden-Zolder im Sprintduell

(rsn) – Tibor del Grosso (Alpecin – Deceuninck) hat in Heusden-Zolder seinen ersten internationalen Profisieg im Cross gefeiert. Bei der Superprestige war er im Sprintduell schneller als Wout van

23.12.202517.600 Fans beim Comeback: Hofstade reif für eine WM?

(rsn) – Erstmals seit 17 Jahren wurde in Hofstade wieder ein Crossrennen ausgetragen – und die Rückkehr in den Kalender war ein voller Erfolg. Nach Angaben der Veranstalter sahen 17.600 Zuschauer

23.12.2025Fouquenet feiert in Heusden-Zolder ihren bisher größten Sieg

(rsn) – Erstmals in ihrer Karriere hat Amandine Fouquenet (Arkéa – B&B Hotels) ein Rennen einer der drei großen Crosserien gewonnen. Bei der Superprestige in Heusden-Zolder kam die Französin a

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)