Barguil feiert zweiten Tour-Etapensieg

Bardet gibt am Izoard alles, aber Froome ist zu stark

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Romain Bardet (AG2R) und Chris Froome (Sky, re.) im Schlussanstieg der 18. Tour-Etappe | Foto: Cor Vos

20.07.2017  |  (rsn) - Chris Froome (Sky) musste sich seinem schärfsten Rivalen Romain Bardet (AG2R) in 2.360 Metern Höhe im Bergsprint um Rang drei zwar knapp geschlagen geben. Dennoch konnte der Titelverteidiger mit dem Ausgang der 18. Tour-Etappe zufrieden sein. Denn nach dem Showdown am Gipfel des Izoard, der erstmals in der Geschichte der Frankreich-Rundfahrt als Bergankunft im Programm stand, dürfte dem 32-jährigen Froome der vierte Gesamtsieg kaum noch zu nehmen sein.

Auch wenn nach der letzten, in Briancon gestarteten Prüfung im Hochgebirge, bei der sich der Franzose Warren Barguil (Sunweb) nach 179,5 Kilometern seinen bereits zweiten Tagessieg bei dieser Tour sicherte, der Brite im Gesamtklassement nur 23 Sekunden Vorsprung auf Bardet und 29 auf den drittplatzierten Kolumbianer Rigoberto Uran (Cannondale-Drapac) aufweist, wird Froome wohl nur noch durch einen Sturz oder einen Defekt in Gefahr geraten können. Denn nach der morgigen 19. Etappe, die keine großen topografischen Hindernisse mehr bereithält, steht am Samstag noch ein 23 Kilometer langes Zeitfahren an, in dem Bardet und Uran gegen den Gesamtführenden chancenlos sein dürften.

"Das war eine sehr, sehr schwere Etappe mit diesem Schlussanstieg. Glückwunsch Warren Barguil für diesen schönen Sieg! Ich bin natürlich zufrieden. Meine Teamkollegen haben im Finale toll gearbeitet, haben die Gruppe immer kontrolliert. Ich habe es dann auch versucht, aber Romain Bardet und Rigoberto Uran zu distanzieren war heute fast unmöglich“, sagte Froome, dem nun noch im Zeitfahren die Chance auf einen Etappensieg bleibt. Das Gelbe Trikot dagegen sitzt fest auf seinen Schultern und wird ihm wohl nicht mehr abzunehmen sein.

Dabei hatte Bardet, der Liebling der Franzosen, im 14 Kilometer langen Schlussanstieg nochmals alles gegeben, seine Mannschaft in der Vorbereitung einer Attacke "aufgebraucht“, um seine wohl letzte Chance auf das Gelbe Trikot zu nutzen. Doch Team Sky war auch auf dieser Alpenetappe schier unbezwingbar und ging selbst vier Kilometer vor dem Ziel durch Froomes Edelhelfer Mikel Landa in die Offensive. Bardet attackierte zwar noch zweimal, doch mehr als Rang drei - plus vier Bonussekunden - vor Titelverteidiger Froome sprang bei allen Mühen nicht heraus. "Ich habe heute alles gegeben. Ich habe am Ziel gedacht, ich würde ersticken. Wir haben dem Rennen unseren Stempel aufgedrückt, wir haben eine überragende Rolle gespielt", sagte der 26-jährige Bardet völlig atemlos im Ziel, das er 20 Sekunden nach Barguil zeitgleich hinter dem Kolumbianer Darwin Atapuma (UAE Team Emirates) erreichte.

Auch wenn es nicht zur erhofften Wachablösung reichte, so konnten sich die Franzosen doch über den bereits fünften Sieg eines heimischen Fahrers freuen. "Ich kann es immer noch nicht so richtig glauben. Ich habe attackiert und bin meinen Rhythmus gefahren“, sagte Barguil nach seinem erneuten Coup, mit dem er sich auch endgültig das Bergtrikot sicherte und auf Gesamtrang neun vorrückte. "Eigentlich wollte ich mich nur im Gesamtklassement verbessern. Ich bin dann einfach mein Tempo gefahren. Ich wusste keine Abstände und auch nicht, wer vorne war. Als ich Tony (Gallopin) eingeholt habe, dachte ich, ich sei in Führung, aber dann habe ich Atapuma gesehen. Ich habe mich an die Tour de Suisse erinnert, als er ausgerissen ist und ich Zweiter hinter ihm wurde. Dieses Mal hab ich mir gesagt, das wird mir nicht nochmal passieren“, so der Bretone, dessen Teamkollege Michael Matthews als Gewinner der Punktewertung feststeht.

"Ich hätte wirklich gerne gewonnen, für mich, für mein Team, für die Sponsoren und für das kolumbianische Volk, alle Leute in Kolumbien haben diese Etappe verfolgt. Es ist unser Unabhängigkeitstag und wir haben alles im Finale versucht“, sagte der 29-jährige Atapuma, der nur knapp seinen bisher größten Karriereerfolg verpasste.

Nach einer wilden Anfangsphase mit zahllosen Attacken formierte sich nach rund 20 Kilometern eine 54 Fahrer starke Spitzengruppe, in der bis auf Sky, Bora-hansgrohe und Lotto NL-Jumbo alle Teams vertreten waren und die sich bis zur Etappenhälfte einen Vorsprung von rund 8:30 Minuten herausfahren konnte. Im Feld kontrollierte wieder Sky das Geschehen und konnte es dabei vergleichsweise gelassen bleiben, da keiner der Ausreißer für Froome eine Gefahr darstellte.

Die Spitzengruppe, in der Direct Energie, Fortuneo-Oscaro und UAE mit jeweils fünf Fahrern, Lotto Soudal, Katusha-Alpecin und Astana mit je vier vertreten waren, zerfiel kurzzeitig im Anstieg zur ersten Bergwertung des Tages, der Côte des Demoiselles Coiffées (3. Kat.), die nach 60 Kilometern überquert wurde, fand danach aber wieder schnell zusammen. Den Zwischensprint nach 91 gefahrenen Kilometern holte sich Sonny Colbrelli (Bahrain-Merida) vor De Gendt.

Kurz darauf spannten sich auch Bora-Fahrer an die Spitze des Feldes und nahmen Sky einen Teil der Arbeit ab. In der Anfahrt zum Col de Vars (2.109 Meter) teilte sich die Ausreißergruppe, ehe sich im 9,3 Kilometer langen und 7,5 Prozent steilen Anstieg der 1. Kategorie Romain Sicard (Direct Energie), Tony Gallopin (Lotto Soudal), Atapuma und Arus Helfer Alexey Lutsenko kurz vor dem Gipfel lösen konnten. Im nur noch rund 40 Fahrer starken Feld ließ zeitgleich nun Bardet seine Mannschaft arbeiten und das Tempo deutlich verschärfen. Ergebnis: Am Gipfel 50 Kilometer vor dem Ziel war der Rückstand auf 6:30 Minuten geschrumpft.

Nach der Abfahrt wuchs die Gallopin-Gruppe weiter an - den Anschluss schafften noch Diego Ulissi (UAE Team Emirates), Rudy Molard (FDJ), Nicolas Edet und Daniel Navarro (beide Cofidis) sowie Tsgabu Grmay (Bahrain-Merida). Wenige Kilometer vor Beginn des Schlussanstiegs setzten sich Lutsenko und Edet ab und noch vor dem Beginn des Anstieg ließ der Kasache seinen Begleiter stehen und fuhr allein dem Ziel entgegen.

Im mit rund vier Minuten Rückstand folgenden Feld machte Froomes Mannschaft der Ag2R-Equipe nach rund der Hälfte des Schlussanstiegs einen Strich durch die Rechnung und setzte sich mit gleich vier Fahrern an die Spitze. Durch die Tempobeschleunigung dünnte die Favoritengruppe schnell aus und bereits 6,5 Kilometer vor dem Ziel hatte Aru zu kämpfen.

Kurz darauf machte sich Barguil auf und davon, schüttelte schnell Alberto Contador (Trek-Segafredo) ab, der sich ihm angeschlossen hatte, und holte sich einen Ausreißer nach dem anderen. 1,5 Kilometer vor dem Ziel zog der Träger des Bergtrikots dann auch scheinbar mühelos an Atapuma vorbei. Der Kolumbianer hatte sich sechs Kilometer vor dem Ziel an den ausgepumpten Lutsenko herangekämpft und durfte am kolumbianischen Nationalfeiertag vom größten Sieg seiner Laufbahn träumen.

In der immer kleiner werdenden Gruppe der Favoriten, in der das Sky-Team wie ein Uhrwerk funktionierte, war es Daniel Martin (Quick-Step Floors), der mit einer Attacke fünf Kilometer vor dem Ziel seine Konkurrenten in Zugzwang brachte. Doch zum wiederholten Mal bei dieser Tour kam der angriffslustige Ire nicht davon - sein Antritt hatte aber zur Folge, dass Aru endgültig den Anschluss verlor und als Etappendreizehnter wohl alle Chancen auf das Podium in Paris einbüßte.

Wer jetzt eine Attacke von Bardet erwartete, sah sich getäuscht, vielmehr war es Froomes Edelhelfer Landa, der mit seinem Antritt vier Kilometer vor dem Ziel alle überraschte. Der in Zugzwang gebrachte Bardet reagierte kurz darauf mit der von den französischen Fans herbeigesehnten Attacke, der allerdings Froome und Uran folgen konnten. Kurz darauf griff das Gelbe Trikot an und schloss - mit Bardet und Uran im Schlepptau - zu Landa auf, der die kleine Gruppe auf den Schlusskilometer führte.

Hier versuchte es Bardet mit einem allerletzten Antritt, von dem sich zwar weder Froome noch Uran überraschen ließen, der aber immerhin zu Rang drei hinter Barguil und Atapuma reichte. Die dafür fälligen vier Sekunden Zeitbonifikation könnten am Ende im Kampf um das Podium in Paris den Ausschlag gegenüber Uran geben. Allerdings scheint die oberste Stufe des Podiums für Titelverteidiger Froome reserviert zu sein, der seinen schärfsten Rivalen im Zeitfahren von Marseille am Samstag weitere Sekunden abnehmen dürfte.

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